2010–2019
Der Herr führt seine Kirche
Herbst-Generalkonferenz 2017


17:22

Der Herr führt seine Kirche

Der Herr kann seine Kirche nur führen, wenn diejenigen, die ihm auf Erden dienen, großen und festen Glauben haben.

Meine lieben Brüder, die Sie das Priestertum Gottes tragen, heute Abend möchte ich darüber sprechen, auf welch wunderbare Weise der Herr sein Reich auf Erden führt. Sie kennen bereits die Grundlagen. Ich bete dafür, dass der Heilige Geist sie Ihnen bestätigt.

Erstens: Jesus Christus ist das Oberhaupt der Kirche auf der ganzen Welt.

Zweitens: Er führt seine Kirche heute, indem er zu Männern spricht, die er als Propheten berufen hat, und er benutzt dazu Offenbarung.

Drittens: Er gab schon seinen Propheten vor alters Offenbarung, tut dies immer noch und wird es auch weiterhin tun.

Viertens: Er gibt denjenigen bestätigende Offenbarung, die unter der Führung seiner Propheten dienen.

Aus diesen Grundlagen erkennen wir, dass der Herr seine Kirche nur führen kann, wenn diejenigen, die ihm auf Erden dienen, großen und festen Glauben haben.

Es erfordert beispielsweise Glauben, darauf zu vertrauen, dass der auferstandene Herr täglich über alle Einzelheiten in seinem Reich wacht. Es erfordert Glauben, darauf zu vertrauen, dass er unvollkommene Menschen in Vertrauensstellungen beruft. Es erfordert Glauben, darauf zu vertrauen, dass er die Menschen, die er beruft, ihren Fähigkeiten wie auch ihrem Potenzial nach vollkommen kennt und daher bei Berufungen keine Fehler macht.

Dies ruft vielleicht bei einigen in dieser Versammlung ein Lächeln oder ein Kopfschütteln hervor – sowohl bei denen, die denken, ihre eigene Berufung wäre vielleicht ein Fehler gewesen, als auch bei denen, die jemanden vor Augen haben, der für seine Aufgabe im Reich des Herrn schlecht geeignet zu sein scheint. Mein Rat an beide Gruppen ist: Warten Sie mit diesem Urteil, bis Sie besser erkennen können, was der Herr sieht. Das Urteil, das Sie stattdessen fällen müssen, ist, ob Sie die Fähigkeit haben, Offenbarung zu empfangen und furchtlos danach zu handeln.

Das erfordert Glauben. Sogar noch größeren Glauben erfordert es, darauf zu vertrauen, dass der Herr unvollkommene, menschliche Diener dazu berufen hat, Sie zu führen. Ich habe heute Abend die Absicht, Ihren Glauben daran zu festigen, dass Gott Sie bei dem, was Sie für ihn tun, führt. Wichtiger noch: Ich hoffe, Ihren Glauben daran zu festigen, dass der Herr die unvollkommenen Menschen, die er als Ihre Führer berufen hat, inspiriert.

Sie mögen nun zunächst meinen, dass ein solcher Glaube für den Erfolg der Kirche des Herrn und seines Reiches unerheblich ist. Vielleicht erkennen Sie aber unabhängig davon, wo Sie sich in der Kette des Dienens im Priestertum befinden – vom Propheten des Herrn bis zum frisch ordinierten Träger des Aaronischen Priestertums –, dass der Glaube entscheidend ist.

Fangen wir damit an, was der Glaube für den Präsidenten eines Lehrer- oder Diakonskollegiums bedeutet. Er braucht den Glauben, dass der Herr ihn wohlwissend um seine Schwächen und Stärken persönlich berufen hat. Er muss Glauben haben, dass derjenige, der die Berufung ausgesprochen hat, Offenbarung durch den Geist Gottes empfangen hat. Seine Ratgeber und die Mitglieder seines Kollegiums brauchen den gleichen Glauben, um ihm mit furchtlosem Vertrauen zu folgen.

Solches Vertrauen habe ich gesehen, als ein Junge sich eines Sonntagmorgens mit seiner Diakonskollegiumspräsidentschaft zusammensetzte. Er war ihr neu berufener Sekretär. Diese junge Präsidentschaft beriet sich miteinander. Sie sprachen über verschiedene Möglichkeiten, wie sie der Bitte des Bischofs nachkommen könnten, einen weniger aktiven Jungen zur Kirche zurückzubringen. Nachdem sie gebetet und darüber gesprochen hatten, bestimmten sie den Sekretär dazu, zum Haus eines Jungen zu gehen, der noch nie zur Kirche gekommen war, und ihn einzuladen.

Der Sekretär kannte den Jungen nicht, aber er wusste, dass von den Eltern des Jungen einer weniger aktiv und der andere kein Mitglied war und eine ablehnende Haltung hatte. Der Sekretär war nervös, aber spürte keine Furcht. Er wusste, dass der Prophet Gottes die Priestertumsträger darum gebeten hatte, die verlorenen Schafe zurückzubringen. Und er hatte das Gebet seiner Präsidentschaft gehört. Er hatte gehört, wie sie sich auf den Namen des Jungen, um dessen Rettung es ging, und auf seinen eigenen Namen geeinigt hatten.

Ich sah zu, wie der Sekretär die Straße zum Haus des weniger aktiven Jungen hinaufging. Er ging langsam, so als würde er sich in große Gefahr begeben. Doch keine halbe Stunde später kam er die Straße wieder herunter, mit dem Jungen und glücklich lächelnd. Ich bin nicht sicher, ob er sich dessen damals bewusst war, aber er war in dem Glauben losgegangen, dass er einen Auftrag des Herrn ausführte. Dieser Glaube begleitete ihn weiter und wurde in seinen Jahren als Missionar, als Vater, als JM-Führer und als Bischof immer stärker.

Sprechen wir nun darüber, was ein solcher Glaube für einen Bischof bedeutet. Ein Bischof ist manchmal dazu berufen, Menschen zu dienen, die ihn gut kennen. Die Mitglieder der Gemeinde wissen ein wenig um seine menschlichen Schwächen und seine geistigen Stärken. Sie wissen, dass andere in der Gemeinde auch hätten berufen werden können – andere, die gebildeter, erfahrener, sympathischer oder gar attraktiver scheinen.

Diese Mitglieder müssen verstehen, dass die Berufung, als Bischof zu dienen, durch Offenbarung vom Herrn kam. Ohne ihren Glauben wird es dem Bischof, der von Gott berufen wurde, schwerer fallen, die Offenbarung zu bekommen, die er braucht, um ihnen helfen zu können. Ohne den Glauben der Mitglieder als Stütze wird er keinen Erfolg haben.

Glücklicherweise trifft auch das Gegenteil zu. Denken Sie an König Benjamin, den Diener des Herrn, der sein Volk zur Umkehr führte. Die Herzen der Menschen wurden durch ihren Glauben, dass er ungeachtet seiner menschlichen Schwächen von Gott berufen worden war und dass seine Worte von Gott stammten, erweicht. Sie wissen, was diese Menschen sagten: „Ja, wir glauben all den Worten, die du zu uns gesprochen hast; … wir wissen …, dass sie gewiss und wahr sind, durch den Geist des Herrn, des Allmächtigen, der in uns, oder in unserem Herzen, eine mächtige Wandlung bewirkt hat, sodass wir keine Neigung mehr haben, Böses zu tun, sondern, ständig Gutes zu tun.“ (Mosia 5:2.)

Damit ein Führer im Werk des Herrn Erfolg haben kann, muss das Vertrauen der Menschen, dass er von Gott berufen wurde, Vorrang haben vor ihrer Sicht auf seine Unzulänglichkeiten und irdischen Schwächen. Sie wissen, wie König Benjamin seine eigene Führungsrolle beschrieb:

„Ich habe euch nicht geboten, hier heraufzukommen, damit ihr mich fürchtet oder damit ihr denkt, dass ich aus mir selbst mehr sei als ein sterblicher Mensch.

Vielmehr bin ich euch gleich, bin allerart Schwächen an Leib und Sinn unterworfen; doch bin ich von diesem Volk erwählt und von meinem Vater geweiht worden, und die Hand des Herrn hat es zugelassen, dass ich Herrscher und König über dieses Volk sei; und bin durch seine unvergleichliche Macht erhalten und bewahrt worden, damit ich euch diene mit aller Macht, ganzem Sinn und aller Kraft, die der Herr mir gewährt hat.“ (Mosia 2:10,11.)

Ihr Führer in der Kirche des Herrn erscheint Ihnen vielleicht schwach und menschlich oder aber stark und inspiriert. Tatsache ist, dass jeder Führer eine Mischung aus diesen und anderen Eigenschaften ist. Was Dienern des Herrn, die dazu berufen wurden, uns zu führen, hilft, ist, wenn wir sie so sehen können, wie der Herr sie bei ihrer Berufung gesehen hat.

Der Herr hat einen ungetrübten Blick auf seine Diener. Er sieht ihr Potenzial und ihre Zukunft. Und er weiß, dass sich ihr Innerstes ändern kann. Er weiß auch, wie sie sich durch die Erfahrungen mit den Menschen, die von ihnen geführt werden, wandeln können.

Vielleicht haben Sie bereits die Erfahrung gemacht, dass Sie durch diejenigen stärker gemacht wurden, denen zu dienen Sie berufen waren. Ich wurde einmal als Bischof für junge Erwachsene berufen. Ich bin nicht sicher, ob der Herr dabei mehr die Veränderungen im Sinn hatte, die er durch mich an ihnen bewirken konnte, oder die Veränderungen, die sie an mir bewirken würden.

In einem Ausmaß, das mir unbegreiflich ist, verhielten sich die meisten der jungen Leute in dieser Gemeinde so, als ob ich von Gott speziell für sie berufen worden wäre. Sie bemerkten meine Schwächen, aber sahen darüber hinweg.

Ich erinnere mich an einen jungen Mann, der mich wegen seines weiteren Bildungsweges um Rat bat. Er hatte an einer sehr guten Universität ein Studium begonnen. Eine Woche nachdem ich ihm den Rat gegeben hatte, vereinbarte er einen Termin mit mir.

Als er in mein Büro trat, überraschte er mich mit den Fragen: „Bischof, können wir ein Gebet sprechen, bevor wir reden? Und können wir hinknien? Und darf ich das Gebet sprechen?“

Seine Bitten überraschten mich. Doch sein Gebet überraschte mich sogar noch mehr. Es lautete in etwa so: „Vater im Himmel, du weißt, dass Bischof Eyring mir letzte Woche etwas geraten hat, und es hat nicht funktioniert. Bitte inspiriere ihn, damit er weiß, was ich jetzt tun soll.“

Sie mögen nun darüber lächeln, ich aber tat es nicht. Er wusste bereits, was der Herr von ihm erwartete. Aber er achtete das Amt eines Bischofs in der Kirche des Herrn und wollte mir dadurch vielleicht die Gelegenheit geben, größeres Vertrauen aufzubringen, dass ich in dieser Berufung Offenbarung empfange.

Die Rechnung ging auf. Kaum waren wir aufgestanden und hatten uns wieder hingesetzt, erhielt ich die Offenbarung. Ich sagte ihm, was der Herr meinem Empfinden nach von ihm erwartete. Er war damals erst 18 Jahre alt, aber geistig schon reif an Jahren.

Er wusste bereits, dass er mit so einem Problem nicht zum Bischof gehen musste. Aber er hatte gelernt, den Diener des Herrn selbst in dessen irdischen Schwächen zu unterstützen. Später wurde er Pfahlpräsident. Er beherzigte stets die Lektion, die wir zusammen gelernt hatten: Wenn wir den Glauben haben, dass der Herr seine Kirche durch Offenbarung an die unvollkommenen Diener, die er beruft, führt, öffnet der Herr diesen die Schleusen des Himmels genauso wie uns.

Aus dieser Erfahrung habe ich gelernt, dass der Glaube derjenigen, denen wir dienen, uns manchmal mehr als unser eigener Glaube Offenbarung im Dienst des Herrn bringt.

Es gab noch eine weitere Lektion für mich. Wenn dieser Junge mich dafür verurteilt hätte, dass ich ihm beim ersten Mal keinen guten Rat gegeben hatte, wäre er niemals zurückgekommen, um mich noch einmal zu bitten. Weil er sich also dafür entschied, mich nicht zu verurteilen, erhielt er die gewünschte Bestätigung.

Und noch eine weitere Lektion aus dieser Erfahrung hat mir gute Dienste geleistet. Soweit mir bekannt ist, erzählte er nie jemandem in der Gemeinde davon, dass ich zuerst keinen guten Rat erteilt hatte. Wenn er das getan hätte, wären der Glaube und das Vertrauen der anderen Mitglieder der Gemeinde in die Inspiration des Bischofs vielleicht geschwächt worden.

Ich bemühe mich, die Diener des Herrn nicht zu verurteilen und nicht über ihre offenkundigen Schwächen zu reden. Und ich bemühe mich, meinen Kindern dies durch mein Beispiel beizubringen. Präsident James E. Faust trug einmal ein Credo vor, das auch ich mir zu eigen machen möchte. Ich empfehle es Ihnen:

„Wir müssen … die örtlichen Führer unterstützen, denn … sie wurden ‚berufen und erwählt‘. Jedes Mitglied dieser Kirche kann vom Bischof oder Zweigpräsidenten, vom Pfahl- oder Missionspräsidenten oder vom Präsidenten der Kirche und dessen Mitarbeitern Rat erhalten. Keiner dieser Brüder hat sich um seine Berufung beworben. Keiner von ihnen ist vollkommen. Dennoch ist jeder von ihnen ein Diener des Herrn, der von ihm durch jene berufen wurde, die ein Recht auf Inspiration haben. Diejenigen, die berufen, bestätigt und eingesetzt wurden, verdienen unsere Unterstützung und Zustimmung. …

Die Missachtung von kirchlichen Führern hat bei vielen dazu geführt, dass sie in geistiger Hinsicht schwach wurden und zugrunde gingen. Wir sollten über jede von uns wahrgenommene Unvollkommenheit, über jeden Makel und jeden Fehler an den Männern, die dazu berufen sind, über uns zu präsidieren, hinwegsehen und das Amt ehren, das sie bekleiden.“ („Berufen und erwählt“, Liahona, November 2005, Seite 54f.)

Dieser Ratschlag ist den Dienern Gottes unter allen Umständen ein Segen.

In den Anfangstagen der Kirche des Herrn begannen Führungsbeamte, die dem Propheten Joseph Smith nahestanden, über seine Fehler zu sprechen. Trotz allem, was sie gesehen hatten und über seinen Stand vor dem Herrn wussten, verbreitete sich ihre kritische und neidische Einstellung wie die Pest. Einer der Zwölf Apostel setzte für uns alle den Maßstab für Glauben und Treue, den wir haben müssen, wenn wir im Reich des Herrn dienen möchten.

Hier ist die Schilderung: „Einige Älteste [beriefen] eine Versammlung im Tempel ein, die für all diejenigen bestimmt war, die Joseph Smith als gefallenen Propheten betrachteten. Sie hatten die Absicht, David Whitmer zum neuen Führer der Kirche zu ernennen. … Nachdem Brigham [Young] sich die Argumente gegen den Propheten angehört hatte, stand er auf und bezeugte: ‚Joseph Smith war ein Prophet, und ich wusste es, und sie konnten ihn noch so bitter beschimpfen und schlecht machen, sie konnten einem Propheten, der von Gott erwählt war, nichts anhaben, sie konnten nur ihre eigene Vollmacht zunichtemachen und den Faden, der sie mit dem Propheten und Gott verband, durchtrennen und zur Hölle hinabfahren.‘“ (Die Geschichte der Kirche in der Fülle der Zeiten, 2002, Seite 171.)

Es gibt einen Faden, der uns in unserem Dienst mit dem Herrn verbindet. Er verläuft von überall, wo wir in seinem Reich zu dienen berufen sind, über diejenigen, die berufen wurden, über uns im Priestertum zu präsidieren, bis hinauf zum Propheten, der mit dem Herrn verbunden ist. Es erfordert Glauben und Demut, dort zu dienen, wohin wir berufen wurden, darauf zu vertrauen, dass der Herr uns und diejenigen, die über uns präsidieren, berufen hat, und sie mit uneingeschränktem Glauben zu unterstützen.

Es wird Zeiten wie damals in Kirtland geben, in denen wir den Glauben und die Redlichkeit eines Brigham Young brauchen werden, um dort zu stehen, wohin der Herr uns berufen hat, und seinem Propheten und den Führern, die er eingesetzt hat, treu zu sein.

Ich gebe Ihnen mein feierliches und auch freudevolles Zeugnis, dass der Herr Jesus Christus am Ruder steht. Er führt seine Kirche und seine Diener. Ich bezeuge, dass Thomas S. Monson der einzige Mensch ist, der alle Schlüssel des heiligen Priestertums auf Erden trägt und ausübt. Und ich erflehe Segnungen für all die demütigen Diener, die so bereitwillig und gut in der wiederhergestellten Kirche Jesu Christi mitwirken, die er persönlich führt. Ich bezeuge, dass Joseph Smith Gottvater und Jesus Christus gesehen hat. Sie haben mit ihm gesprochen. Die Schlüssel des Priestertums sind zum Wohle aller Kinder des himmlischen Vaters wiederhergestellt worden. Es ist unsere Aufgabe und unsere Obliegenheit, an dem uns zugewiesenen Platz in der Sache des Herrn zu dienen. Im Namen Jesu Christi. Amen.