2010–2019
„Beunruhigt euch nicht“
Oktober 2018


15:41

„Beunruhigt euch nicht“

Seien Sie guten Mutes, Brüder und Schwestern. Ja, wir leben in schweren, gefährlichen Zeiten, aber wenn wir auf dem durch Bündnisse vorgezeichneten Weg bleiben, brauchen wir uns nicht zu fürchten.

Nach den eben gehörten Botschaften von Präsident Russell M. Nelson und Elder Quentin L. Cook lege auch ich Zeugnis dafür ab, dass der Rat der Ersten Präsidentschaft und des Kollegiums der Zwölf Apostel in Einigkeit und Verbundenheit zusammenarbeitet. Ich weiß, dass diese auf Offenbarung beruhenden Ankündigungen dem Sinn und dem Willen des Herrn entsprechen und den Einzelnen, die Familie und die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage über Generationen hinweg segnen und stärken werden.

Vor einigen Jahren stellten eine meiner Töchter, die frisch verheiratet war, und ihr Mann meiner Frau und mir eine sehr gewichtige Frage: „Ist es überhaupt noch sicher und weise, in unserer offenbar schlechten, beängstigenden Welt Kinder zu bekommen?“

Über diese wichtige Frage sollten sich eine Mutter und ein Vater mit ihren geliebten verheirateten Kindern natürlich Gedanken machen. Wir konnten ihnen die Furcht anhören und die Furcht in ihrem Herzen spüren. Wir antworteten ihnen überzeugt: „Ja, es ist mehr als okay!“ Wir sprachen über grundlegende Lehren des Evangeliums und über eigene eindringliche Eingebungen und Erlebnisse.

Furcht ist nichts Neues. Den Jüngern Jesu Christi machten im Dunkel der Nacht auf dem See Gennesaret der „Wirbelsturm und die Wellen“ Angst. Auch wir, seine heutigen Jünger, fürchten uns. Die jungen Erwachsenen fürchten sich davor, Verpflichtungen wie etwa eine Ehe einzugehen. Frischverheiratete wie unsere Kinder fürchten sich womöglich, in einer immer schlechter werdenden Welt Kinder zu bekommen. Missionare fürchten sich vor so einigem, insbesondere davor, auf Fremde zuzugehen. Witwen fürchten sich, allein weiterzumachen. Jugendliche haben Angst davor, nicht akzeptiert zu werden; Schulanfänger fürchten sich vor dem ersten Schultag; Studenten haben Angst vor Prüfungsergebnissen. Wir haben Angst vorm Versagen, vor Zurückweisung, vor Enttäuschung und vor dem Unbekannten. Wir haben Angst vor Wirbelstürmen, Erdbeben und Bränden, die das Land verwüsten und uns die Lebensgrundlage nehmen. Wir haben Angst, nicht erwählt zu werden, und andererseits Angst, eben doch erwählt zu werden. Wir befürchten, nicht gut genug zu sein; wir befürchten, der Herr habe keine Segnungen für uns. Wir haben Angst vor Veränderung, und unsere Befürchtungen können in Panik ausarten. Habe ich jemanden vergessen?

Bereits vor alters hat Furcht den Blickwinkel der Kinder Gottes eingeschränkt. Mir hat der Bericht über Elischa in 2 Könige schon immer gefallen. Der König von Syrien hatte eine Armee gesandt. Sie erreichte „die Stadt in der Nacht und umstellt[e] sie“. Sie war darauf aus, den Propheten Elischa gefangen zu nehmen und zu töten. Dann lesen wir:

„Als der Diener des Gottesmannes am nächsten Morgen aufstand und hinaustrat, hatte die Truppe die Stadt mit Pferden und Wagen umstellt. Da sagte der Diener zu seinem Herrn: Wehe, mein Herr, was sollen wir tun?“

Da sprach die Angst.

„Doch [Elischa] sagte: Fürchte dich nicht! Bei uns sind mehr als bei ihnen.“

Aber damit nicht genug.

„Dann betete Elischa: Herr, öffne ihm die Augen, damit er sieht! Und der Herr öffnete dem Diener die Augen: Er sah den Berg rings um Elischa voll von feurigen Pferden und Wagen.“

Uns werden womöglich keine feurigen Pferde und Wagen geschickt, die unsere Furcht vertreiben und unsere Dämonen bezwingen, aber eins ist ganz klar: Der Herr ist mit uns, gibt auf uns acht und segnet uns, wie nur er es kann. Im Gebet können wir die Kraft und die Offenbarung herabrufen, die wir brauchen, um unsere Gedanken auf Jesus Christus und sein Sühnopfer auszurichten. Der Herr wusste, dass wir uns zuweilen fürchten würden. So ist es mir schon ergangen und Ihnen auch. Deshalb lesen wir in den heiligen Schriften immer wieder den Rat des Herrn:

„Seid guten Mutes und fürchtet euch nicht.“

„Blickt in jedem Gedanken auf mich; zweifelt nicht, fürchtet euch nicht.“

„Fürchtet euch nicht, kleine Herde.“ Mir gefällt, wie liebevoll „kleine Herde“ klingt. In dieser Kirche sind wir nach dem Maßstab der Welt nur wenige und können vielleicht nicht viel bewirken, aber wenn wir unsere geistigen Augen öffnen, sind „bei uns … mehr als bei ihnen“. Unser liebevoller Hirte, Jesus Christus, sagt dann weiter: „Lasst Erde und Hölle sich gegen euch verbinden, denn wenn ihr auf meinem Felsen gebaut seid, können sie euch nicht überwältigen.“

Wie vertreibt man die Furcht? Der junge Diener stand direkt neben Elischa, einem Propheten Gottes. Auch uns gilt diese Verheißung. Wenn wir auf Präsident Russell M. Nelson hören, wenn wir seinen Rat annehmen, stehen wir an der Seite eines Propheten Gottes. Denken Sie an Joseph Smiths Worte: „Und nun, nach den vielen Zeugnissen, die von ihm gegeben worden sind, ist dies, als letztes von allen, das Zeugnis, das wir von ihm geben: Dass er lebt!“ Jesus Christus lebt. Unsere Liebe zu ihm und seinem Evangelium vertreibt Furcht.

Unser Wunsch, seinen Geist immer bei uns zu haben, verdrängt die Furcht und wir sehen das Erdenleben aus einer ewigen Perspektive. Präsident Nelson hat uns gewarnt: „Es wird in künftigen Tagen nicht möglich sein, ohne den führenden, leitenden, tröstenden und steten Einfluss des Heiligen Geistes geistig zu überleben.“

Der Herr hat im Zusammenhang mit der Geißel, die das Land bedecken und vielen das Herz verhärten würde, gesagt: „Meine Jünger werden an heiligen Stätten stehen und werden nicht wanken.“

Und dann gibt Gott uns diesen Rat: „Beunruhigt euch nicht; denn wenn dies alles geschehen wird, könnt ihr wissen, dass die Verheißungen, die euch gemacht worden sind, in Erfüllung gehen werden.“

Stehen Sie an heiligen Stätten, seien Sie nicht beunruhigt – und Verheißungen werden sich erfüllen. Betrachten wir in Hinblick auf unsere Ängste diese drei Punkte einmal näher.

Erstens: Stehen Sie an heiligen Stätten. Wenn wir an heiligen Stätten stehen – ein rechtschaffenes Zuhause, ein geweihtes Gemeindehaus, ein heiliger Tempel –, spüren wir den Geist des Herrn. Wir finden Antworten auf Fragen, die uns umtreiben, oder den nötigen Frieden, sie auf sich beruhen zu lassen. Da sieht man den Heiligen Geist in Aktion. An diesen heiligen Stätten im Reich Gottes auf Erden bedarf es unserer Ehrfurcht, unseres Respekts anderen gegenüber, unserer besten Anstrengung, das Evangelium zu leben, und unserer Hoffnung, wenn wir unsere Ängste ablegen wollen und uns durch sein Sühnopfer um die heilende Macht Jesu Christi bemühen.

An diesen heiligen Stätten Gottes und im Herzen seiner Kinder ist kein Platz für Angst. Warum? Der Grund ist Liebe. Gott liebt uns – immer – und wir lieben ihn. Unsere Liebe zu Gott wirkt aller Furcht entgegen, und seine Liebe ist an heiligen Stätten reichlich vorhanden. Denken Sie einmal darüber nach! Wenn wir unsere Verpflichtungen dem Herrn gegenüber nur halbherzig erfüllen, wenn wir von seinem Weg, der zum ewigen Leben führt, abweichen, wenn wir unsere Bedeutung in seiner göttlichen Vorsehung in Frage stellen oder anzweifeln, wenn wir zulassen, dass Furcht all ihren Begleitern die Tür öffnet – etwa Entmutigung, Ärger, Frustration, Enttäuschung –, verlässt uns der Geist, und wir stehen ohne den Herrn da. Wer weiß, wie das ist, dem ist klar, dass das kein schöner Zustand ist. Wenn wir hingegen an heiligen Stätten stehen, können wir Gottes Liebe spüren, und „vollkommene Liebe vertreibt alle Furcht“.

Die nächste Verheißung lautet: „Beunruhigt euch nicht.“ Ganz gleich, wie viel Schlechtigkeit und Chaos es auf Erden geben mag, uns ist aufgrund unserer beständigen Treue gegenüber Jesus Christus „der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt“, verheißen. Und wenn Christus in aller Macht und Herrlichkeit erscheint, enden alles Böse, alle Rebellion und alle Ungerechtigkeit.

Vor langer Zeit prophezeite der Apostel Paulus über unsere Zeit und sagte dem jungen Timotheus:

„Das aber sollst du wissen: In den letzten Tagen werden schwere Zeiten anbrechen.

Die Menschen werden selbstsüchtig sein, habgierig, prahlerisch, überheblich, Lästerer, ungehorsam gegen die Eltern, undankbar, gottlos, …

mehr dem Vergnügen als Gott zugewandt.“

Denken Sie daran: „Bei uns“ sind auf beiden Seiten des Schleiers diejenigen, die den Herrn mit ganzem Herzen, aller Macht, ganzem Sinn und aller Kraft lieben, und das „sind mehr als bei ihnen“. Wenn wir unser Vertrauen aktiv in den Herrn und seine Wege setzen, wenn wir uns in seinem Werk einbringen, fürchten wir die Tendenzen in der Welt nicht und lassen uns nicht von ihnen beunruhigen. Ich bitte Sie inständig, sich von weltlichen Einflüssen und Belastungen abzukehren und sich im Alltag um Geistigkeit zu bemühen. Lieben Sie, was der Herr liebt – dazu gehören seine Gebote, sein heiliges Haus, unsere heiligen Bündnisse mit ihm, das Abendmahl am Sabbat, unser Gespräch mit ihm im Gebet – und Sie werden nicht beunruhigt sein.

Der letzte Punkt: Vertrauen Sie auf den Herrn und seine Verheißungen. Ich weiß, dass sich alle seine Verheißungen erfüllen werden. Ich weiß das so sicher, wie ich hier bei dieser heiligen Versammlung vor Ihnen stehe.

Der Herr hat offenbart: „Denn diejenigen, die weise sind und die Wahrheit empfangen haben und sich den Heiligen Geist als ihren Führer genommen haben und sich nicht haben täuschen lassen – wahrlich, ich sage euch: Sie werden nicht umgehauen und ins Feuer geworfen werden, sondern werden den Tag aushalten.“

Deshalb brauchen wir uns vom Aufruhr der heutigen Zeit, von denen im großen und geräumigen Gebäude, von denen, die über aufrichtiges Bemühen und hingebungsvollen Dienst für den Herrn Jesus Christus spotten, nicht beunruhigen lassen. Optimismus, Mut, ja, sogar Nächstenliebe entströmen einem Herzen, das nicht von Sorgen und Aufruhr belastet ist. Präsident Nelson, der „optimistisch [ist], was die Zukunft angeht“, hat uns ermahnt: „Wenn wir die geringste Hoffnung haben wollen, diese Unzahl von Stimmen und menschlichen Philosophien, die die Wahrheit bekämpfen, zu prüfen, müssen wir lernen, Offenbarung zu empfangen.“

Damit wir persönliche Offenbarung empfangen, müssen wir an erster Stelle das Evangelium leben und andere und uns selbst zu Glaubenstreue und Geistigkeit anspornen.

In meiner Jugend war unter anderem Spencer W. Kimball Prophet. In den letzten Jahren, seit ich als Apostel berufen wurde, hat mir seine erste Botschaft bei einer Generalkonferenz vom Oktober 1943 Frieden geschenkt. Seine Berufung war überwältigend für ihn; ich weiß, was für ein Gefühl das ist. Elder Kimball sagte damals: „Ich [habe] sehr viel und intensiv nachgedacht, gefastet und gebetet. Zwiespältige Gedanken drängten sich mir auf − als wären es Stimmen, die sagten: ‚Du wirst diese Arbeit nicht schaffen. Du bist nicht würdig. Du bist nicht fähig‘ –, doch schließlich kam mir immer der siegreiche Gedanke: ,Du musst die dir zugewiesene Aufgabe erfüllen – arbeite an dir, damit du fähig, würdig und qualifiziert bist.‘ Dieser Kampf nahm kein Ende.“

Das einem reinen Herzen entspringende Zeugnis dieses Apostels, der später der 12. Präsident dieser mächtigen Kirche werden sollte, macht mir Mut. Er erkannte, dass er seine Ängste hinter sich lassen musste, um die ihm zugewiesene Aufgabe zu erfüllen, und dass er sich auf den Herrn verlassen musste, um die Kraft zu haben, an sich zu arbeiten und „fähig, würdig und qualifiziert“ zu sein. Auch wir können das. Der Kampf wird kein Ende nehmen, aber wir stellen uns ihm mit dem Geist des Herrn. Wir sind nicht beunruhigt, denn wenn wir für den Herrn eintreten und für seine Grundsätze und seinen ewigen Plan, stehen wir auf heiligem Boden.

Was ist nun mit meiner Tochter und meinem Schwiegersohn, die vor Jahren eine sehr ernste Frage stellten, die ihnen auf dem Herzen lag und der Furcht entsprang? Die beiden dachten ernsthaft über unser Gespräch an jenem Abend nach; sie beteten und fasteten und kamen für sich zu einem Schluss. Glücklicherweise – für sie und auch für uns als Großeltern – sind sie mittlerweile mit sieben wundervollen Kindern gesegnet worden und gehen weiterhin mit Glauben und Liebe voran.

Sieben der Enkelkinder von Elder Rasband und seiner Frau

Seien Sie guten Mutes, Brüder und Schwestern. Ja, wir leben in schweren, gefährlichen Zeiten, aber wenn wir auf dem durch Bündnisse vorgezeichneten Weg bleiben, brauchen wir uns nicht zu fürchten. Ich segne Sie, dass dann die Zeiten, in denen wir leben, oder die Sorgen, die Ihres Weges kommen, Sie nicht beunruhigen werden. Ich segne Sie, dass Sie sich dafür entscheiden, an heiligen Stätten zu stehen und nicht zu wanken. Ich segne Sie mit dem Glauben an die Verheißungen Jesu Christi und daran, dass er lebt und dass er auf uns achtgibt, für uns sorgt und uns zur Seite steht. Im Namen unseres Herrn und Erretters Jesus Christus. Amen.