2010–2019
Unser Lagerfeuer des Glaubens
Oktober 2018


14:47

Unser Lagerfeuer des Glaubens

Für all diejenigen, die nach der Dämmerung des Glaubens suchen, sie zulassen und darauf hinleben, wird sie, manchmal vielleicht nur allmählich, anbrechen oder zurückkehren.

Liebe Brüder und Schwestern, ist es nicht wunderbar, dass wir durch Präsident Russell M. Nelson und die Führer unserer Kirche fortdauernd Offenbarung vom Himmel empfangen, durch die wir dazu angehalten werden, zuhause und in der Kirche auf eine neue und heiligere Weise zu leben, mit ganzem Herzen, ganzem Sinn und aller Kraft?

Hatten Sie schon einmal die Gelegenheit, etwas zu tun, worauf Sie Ihrer Meinung nach nicht vorbereitet waren oder wobei Sie sich unzulänglich gefühlt haben, wofür Sie aber gesegnet wurden, weil Sie es versucht haben?

Ich schon. Dazu ein Beispiel.

Vor einigen Jahren fragte mich Elder Richard G. Scott vom Kollegium der Zwölf Apostel ganz freundlich: „Gerrit, möchten Sie mit mir ein Aquarell malen?“

Elder Scott sagte, dass ihm das Malen helfe, zu beobachten und zu gestalten. Er schrieb einmal: „Versuchen Sie, kreativ zu sein, selbst wenn das Ergebnis bescheiden ist. … Kreativität kann ein Gefühl der Dankbarkeit für das Leben hervorrufen und für alles, was der Herr in Ihre Wesenszüge eingeflochten hat. … Wenn Sie sich weise entscheiden, muss es nicht viel Zeit in Anspruch nehmen.“

Präsident Henry B. Eyring beschreibt, dass seine künstlerischen Betrachtungen einem „Gefühl der Liebe“ entspringen, darunter auch der „Liebe eines Schöpfers, der von seinen Kindern erwartet, dass sie wie er werden, indem sie schaffen und gestalten“. Präsident Eyrings kreative Arbeiten vermitteln eine „einzigartige geistige Sicht auf das Zeugnis und den Glauben“.

Präsident Boyd K. Packers Kunst veranschaulicht eine grundlegende Botschaft des Evangeliums, nämlich „dass Gott der Schöpfer von Himmel und Erde ist und von allem, was darin ist, und dass die ganze Natur von dieser von Gott geleiteten Schöpfung zeugt und dass Natur, Wissenschaft und das Evangelium Jesu Christi vollkommen miteinander in Einklang stehen“.

Alma bezeugt: „Alles deutet darauf hin, dass es einen Gott gibt.“ Unsere PV-Kinder singen: „Der Himmel ist blau, wohin ich auch schau. Ich höre der Vögel Lied. … Wie freu ich mich über die herrliche Welt, die Gott Vater für mich hat gemacht!“ Der Schriftsteller Victor Hugo preist „[die wunderbaren Verknüpfungen] zwischen den Lebewesen und den Dingen[: In] dem unerschöpflichen Ganzen verachtet … die Sonne die Blattlaus nicht. … Alle Vögel, die da fliegen, tragen an ihren Pfötchen den Faden des Unendlichen mit sich. … Die Milchstraße [besteht] aus Millionen von Sternen.“

Und damit sind wir wieder bei Elder Scotts Einladung.

„Elder Scott“, entgegnete ich, „ich würde gerne lernen, besser zu beobachten und kreativer zu sein. Mich begeistert die Vorstellung, wie der Vater im Himmel mit wogenden Wolken und jedem erdenklichen Farbton des Himmels und des Wassers malt. Aber“ – und dann gab es eine lange Pause – „Elder Scott“, sagte ich, „ich kann nicht mit Aquarellfarben malen. Ich fürchte, dass Sie bei dem Versuch, es mir beizubringen, verzweifeln.“

Elder Scott lächelte und machte mit mir einen Termin aus. An dem vereinbarten Tag legte er Papier, Farben und Pinsel bereit. Er zeichnete einige Umrisse und half mir, das Papier anzufeuchten.

Lagerfeuer bei Sonnenuntergang

Als Vorlage verwendeten wir sein schönes Aquarell Lagerfeuer bei Sonnenuntergang. Beim Malen sprachen wir über Glauben – wie wir das Dunkel und die Unsicherheit hinter uns lassen, wenn wir uns dem Licht und der Wärme eines Lagerfeuers zuwenden, und wie uns in manchmal langen, einsamen Nächten unser Lagerfeuer des Glaubens Hoffnung und Sicherheit geben kann. Und dann bricht ein neuer Morgen an. Unser Lagerfeuer des Glaubens – unsere Erinnerungen, Erfahrungen und unser Vermächtnis des Glaubens an Gottes Güte und seine große, liebevolle Barmherzigkeit in unserem Leben – hat uns die Nacht über gestärkt.

Ich bezeuge: Für all diejenigen, die nach der Dämmerung des Glaubens suchen, sie zulassen und darauf hinleben, wird sie, manchmal vielleicht nur allmählich, anbrechen oder zurückkehren. Das Licht wird kommen, wenn wir es herbeisehnen und danach suchen, wenn wir geduldig sind und Gottes Gebote befolgen und wenn wir für Gottes Gnade, die Heilung durch ihn und für seine Gebote offen sind.

Als wir anfingen zu malen, ermutigte mich Elder Scott: „Gerrit, selbst nach nur einer Unterrichtsstunde werden Sie etwas malen, was Sie behalten wollen und woran Sie sich immer erinnern werden.“ Elder Scott hatte Recht. Das Aquarell mit dem Lagerfeuer des Glaubens, das ich mit Elder Scotts Hilfe gemalt habe, bedeutet mir sehr viel. Meine künstlerischen Fähigkeiten sind nach wie vor begrenzt. Doch unser Lagerfeuer des Glaubens kann uns auf fünf Arten anregen.

Erstens kann uns unser Lagerfeuer des Glaubens dazu anregen, Freude an erbaulicher Kreativität zu finden.

Es macht Freude, wenn man seine Vorstellungskraft nutzt, etwas lernt und lohnenden neuen Beschäftigungen nachgeht. Dies ist vor allem der Fall, wenn wir unseren Glauben an unseren himmlischen Vater und an seinen Sohn Jesus Christus und unser Vertrauen in sie stärken. Wir können uns selbst nicht genug lieben, um uns selbst zu erretten. Doch der Vater im Himmel liebt uns mehr und kennt uns besser als wir uns selbst. Wir können dem Herrn vertrauen und dürfen nicht auf unsere eigene Klugheit bauen.

Waren Sie schon einmal der Einzige, der nicht zu einer Geburtstagsfeier eingeladen wurde?

Wurden Sie schon einmal als Letzter oder gar nicht gewählt, als Mannschaften gebildet wurden?

Haben Sie sich schon einmal auf eine Klassenarbeit, ein Vorstellungsgespräch oder eine andere wichtige Sache vorbereitet und hatten dann das Gefühl, versagt zu haben?

Haben Sie schon einmal für eine Beziehung gebetet, die – aus welchen Gründen auch immer – letztendlich gescheitert ist?

Leiden Sie unter einer chronischen Erkrankung, hat Ihr Ehepartner Sie verlassen oder machen Sie sich Sorgen um Ihre Familie?

Unser Erretter kennt unsere Umstände. Wenn wir unsere gottgegebene Entscheidungsfreiheit ausüben und all unsere Fähigkeiten in Demut und voll Glauben nutzen, kann uns der Erretter Jesus Christus helfen, mit den Herausforderungen und den Freuden des Lebens umzugehen. Zum Glauben gehört, dass man den Wunsch hat und die Entscheidung trifft, zu glauben. Glaube kommt auch dadurch zustande, dass wir die von Gott zu unserem Segen gegebenen Gebote halten, während wir dem von Bündnissen vorgezeichneten Weg folgen.

Wenn wir uns unsicher, einsam, frustriert, verärgert, im Stich gelassen, enttäuscht oder von Gott und seiner wiederhergestellten Kirche entfremdet fühlen, kostet es vielleicht eine Extraportion Anstrengung und Glauben, um wieder seinen durch Bündnisse vorgezeichneten Weg zu betreten. Aber das ist es wert! Bitte kommen Sie zum Herrn Jesus Christus, oder kommen Sie zu ihm zurück! Gottes Liebe ist stärker als die Fesseln des zeitlichen und des geistigen Todes. Das Sühnopfer unseres Erretters ist unbegrenzt und ewig. Jeder von uns irrt einmal ab und wird den Erwartungen nicht gerecht. Vielleicht kommen wir sogar eine Zeit lang vom Weg ab. Gott versichert uns liebevoll, dass es immer einen Weg zurück gibt, ganz gleich, wo wir sind oder was wir getan haben. Er wartet mit offenen Armen auf uns.

Zweitens kann uns unser Lagerfeuer des Glaubens dazu anregen, andere auf neue, edlere und heiligere Weise zu betreuen, wie der Geist es uns eingibt.

Das bringt Wunder mit sich und die Segnungen, die mit Bündnissen einhergehen – wir verspüren Gottes Liebe und bemühen uns, andere in diesem Geiste zu betreuen.

Vor kurzem haben meine Frau und ich eine Familie kennengelernt, die dadurch gesegnet wurde, dass ein treuer Priestertumsträger zu ihrem Bischof ging und fragte, ob er der Heimlehrpartner des Vaters der Familie sein könne. Der Vater war nicht aktiv und hatte kein Interesse daran, heimlehren zu gehen. Doch als sich im Herzen des Vaters allmählich eine Wandlung vollzog, begannen er und der liebevolle Priestertumsträger, „ihre“ Familien zu besuchen. Nach einem dieser Besuche fragte ihn seine Frau, die ebenfalls nicht zur Kirche ging, wie die Besuche gewesen waren. Der Vater gab zu: „Vielleicht habe ich etwas verspürt“ – und dann ging er in die Küche und holte sich ein Bier.

Dann aber kam eins zum anderen: geistige Erlebnisse, liebevolle Betreuung, eine Herzenswandlung, ein Tempelvorbereitungskurs, die Teilnahme an den Versammlungen der Kirche, die Siegelung der Familie im heiligen Tempel. Stellen Sie sich nur vor, wie dankbar die Kinder und Enkelkinder ihren Eltern und dem betreuenden Bruder sind, der sich mit ihrem Vater anfreundete, damit sie gemeinsam andere betreuen und ihnen Liebe erweisen konnten.

Eine dritte Anregung ist dem Lagerfeuer des Glaubens zu verdanken: Kreative Freude im Evangelium und Segnungen stellen sich ein, wenn wir uns darum bemühen, den Herrn und andere mit ganzem Herzen und ganzer Seele zu lieben.

In den heiligen Schriften werden wir aufgefordert, unser gegenwärtiges und künftiges Ich auf den Altar der Liebe und des Dienens zu legen. Im Alten Testament wird uns in Deuteronomium aufgetragen, „den Herrn, deinen Gott“, mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft zu lieben. Josua mahnt: Liebt den Herrn, euren Gott, geht auf allen seinen Wegen, bewahrt seine Gebote, schließt euch ihm an und dient ihm mit eurem ganzen Herzen und eurer ganzen Seele.

Im Neuen Testament nennt unser Erretter die beiden wichtigsten Gebote: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft … und deinen Nächsten wie dich selbst.“

Im Buch Mormon, einem weiteren Zeugen für Jesus Christus, mühte König Benjamin „sich mit der ganzen Kraft seines Leibes und der Fähigkeit seiner ganzen Seele“ und stellte Frieden im Lande her. Wie jeder Missionar weiß, bittet uns der Herr im Buch Lehre und Bündnisse, ihm mit „ganzem Herzen, aller Macht, ganzem Sinn und aller Kraft“ zu dienen. Als die Heiligen im Kreis Jackson ankamen, gebot der Herr ihnen, den Sabbat heiligzuhalten, indem sie „den Herrn, [ihren] Gott, lieben mit [ihrem] ganzen Herzen, mit all [ihrer] Macht, ganzem Sinn und aller Kraft; und [ihm] im Namen Jesu Christi … dienen“.

Wir freuen uns über die Aufforderung, uns mit unserer ganzen Seele darum zu bemühen, Gott und unsere Mitmenschen auf eine noch edlere und heiligere Art und Weise zu lieben und unseren Glauben an den himmlischen Vater und an Jesus Christus in unserem Herzen, unserem Zuhause und in der Kirche zu stärken.

Viertens regt uns unser Lagerfeuer des Glaubens dazu an, uns rechtschaffene Gewohnheiten anzueignen, durch die unser Glaube und unsere geistige Gesinnung vertieft werden.

Zu diesen heiligen Handlungsweisen, rechtschaffenen Routinen und gebeterfüllten Gewohnheiten zählen unter anderem das Gebet, das Schriftstudium, das Fasten, das Gedenken an unseren Erretter und unsere Bündnisse beim heiligen Abendmahl, dass wir anderen zum Beispiel durch Missions- und Tempelarbeit oder durch Familienforschung die Segnungen des Evangeliums zugänglich machen, das sorgfältige Führen eines Tagebuchs und so weiter.

Wenn sich rechtschaffene Gewohnheiten mit geistiger Sehnsucht verbinden, finden Zeit und Ewigkeit zusammen. Wir empfangen geistiges Licht und Leben, wenn wir durch die regelmäßige Ausübung unserer Religion unserem Vater im Himmel und unserem Erretter Jesus Christus näherkommen. Wenn wir nach dem Geist und dem Buchstaben des Gesetzes leben, können die Dinge der Ewigkeit wie der Tau vom Himmel auf unsere Seele fallen. Durch täglichen Gehorsam und erquickendes lebendiges Wasser finden wir Antworten, Glauben und die Kraft, die Herausforderungen und Chancen eines jeden Tages mit der Geduld und der Freude anzugehen, die das Evangelium mit sich bringt, und sie aus dem Blickwinkel des Evangeliums zu betrachten.

Fünftens: Wenn wir die besten unserer Gewohnheiten beibehalten und gleichzeitig nach neuen und heiligeren Arten suchen, wie wir Gott lieben und uns und andere darauf vorbereiten können, vor den Herrn zu treten, kann unser Lagerfeuer des Glaubens uns daran erinnern, dass Vollkommenheit bei Christus zu finden ist und nicht in uns selbst oder in weltlichem Perfektionismus.

Gottes Aufforderungen sind voller Liebe und Möglichkeiten, denn Jesus Christus ist „der Weg und die Wahrheit und das Leben“. All diejenigen, die sich beladen fühlen, fordert er auf: „Kommt alle zu mir[!]“ Und all denen, die zu ihm kommen, verheißt er: „Ich will euch erquicken.“ „Kommt zu Christus, und werdet in ihm vollkommen, [liebt] Gott mit all eurer Macht, ganzem Sinn und aller Kraft …, dann ist seine Gnade ausreichend für euch, damit ihr durch seine Gnade in Christus vollkommen seiet.“

In dieser Zusicherung, „damit ihr durch seine Gnade in Christus vollkommen seiet“, stecken auch der Trost, der Friede und die Verheißung, dass wir auch weiterhin mit Glauben an den Herrn und mit Vertrauen in ihn vorangehen können, auch wenn sich nicht alles so fügt, wie wir es erhofft oder erwartet haben oder wie wir es vielleicht verdienen, selbst wenn uns keine Schuld trifft und wir unser Bestes gegeben haben.

Irgendwann und in irgendeiner Hinsicht fühlen wir uns alle einmal unzulänglich, unsicher und vielleicht sogar unwürdig. Doch bei unseren treuen Bemühungen, Gott zu lieben und unserem Nächsten zu dienen, können wir auf neue und heiligere Weise Gottes Liebe verspüren und die Inspiration erhalten, die wir für uns und andere brauchen.

Voll Mitgefühl bittet und verheißt der Erretter uns, dass wir „mit Beständigkeit in Christus vorwärtsstreben [können], erfüllt vom vollkommenen Glanz der Hoffnung und von Liebe zu Gott und zu allen Menschen“. Durch die Lehre Christi und das Sühnopfer des Erretters und indem wir den durch Bündnisse vorgezeichneten Weg von Herzen gern beschreiten, können wir seine Wahrheiten erkennen und frei werden.

Ich bezeuge, dass die Fülle des Evangeliums und Gottes Plan des Glücklichseins wiederhergestellt wurden und in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, in den heiligen Schriften und von den Propheten gelehrt werden – vom Propheten Joseph Smith an bis heute zu Präsident Russell M. Nelson. Ich bezeuge, dass Gottes durch Bündnisse vorgezeichneter Weg zu der größten Gabe führt, die unser liebevoller Vater im Himmel uns verheißt: „Ihr werdet ewiges Leben haben.“

Ich bete darum, dass wir seine Segnungen empfangen und dauerhafte Freude haben werden, wenn wir uns mit ganzem Herzen, mit all unseren Hoffnungen und mit unserer Entschlossenheit an unserem Lagerfeuer des Glaubens wärmen. Im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.