Geschichten aus der Reihe <i>Heilige</i>
Billy Johnson – Ghana


„Billy Johnson – Ghana“, Geschichten aus der Reihe „Heilige“, 2024

Billy Johnson – Ghana

Warten auf den Herrn in Cape Coast, Ghana

Verliere nicht den Mut!

Im Jahr 1968 war sich Joseph William Billy Johnson im westafrikanischen Ghana sicher, das wahre Evangelium Jesu Christi gefunden zu haben. Sein Freund Frank Mensah hatte ihm vier Jahre zuvor ein Buch Mormon und weitere Bücher und Broschüren der Kirche überreicht. Weder im Nachbarland Nigeria noch in Ghana gab es eine Gemeinde der Kirche. Frank wollte das ändern.

„Ich habe das Gefühl, du bist derjenige, der mir dabei helfen soll“, hatte er zu Billy gesagt.

Seitdem hatten sie in und um Accra, der Hauptstadt Ghanas, vier inoffizielle Gemeinden der Kirche gegründet. Sie standen mit dem Hauptsitz in Salt Lake City in Verbindung und wussten daher, dass die Kirche zögerte, Missionare nach Westafrika zu schicken. Aber LaMar Williams und andere hatten sie ermutigt, sich mit dem Evangelium zu befassen und mit gleichgesinnten Gläubigen zusammenzukommen. Als sie erfuhren, dass Virginia Cutler – eine Professorin an der Brigham-Young-Universität – in Accra war, um an der Universität von Ghana einen Lehrstuhl für Hauswirtschaft einzurichten, trafen sie sich mit ihr und kamen von da an zu einer wöchentlichen Sonntagsschule zusammen.

Billy hatte große Freude daran, anderen vom Evangelium zu erzählen. Er arbeitete in der Im- und Exportbranche, wollte aber seinen Job aufgeben und sich mehr der Missionsarbeit widmen. Seine Frau konnte sich für seinen Glauben nicht erwärmen. „Diese Kirche ist so neu“, meinte sie. „Ich will nicht, dass du deine Arbeit aufgibst.“

Doch Billy wollte unbedingt mehr Zeit dafür haben, das Evangelium zu verkünden. „In mir brennt etwas, was ich nicht zurückhalten kann“, entgegnete er ihr.

Religion war für Billy schon seit langem wichtig. Seine Mutter Matilda war praktizierende Methodistin, die ihn im Glauben an Gott erzogen und ihm beigebracht hatte, Gottes Wort zu lieben. In der Schule hatte sich Billy, wenn Pause war und die anderen spielten, oft zurückgezogen, um Kirchenlieder zu singen und zu beten. Einem seiner Lehrer fiel das auf und er sagte ihm, eines Tages werde er Priester werden.

Mit zunehmendem Alter wurde Billys Glaube durch bemerkenswerte Träume und Visionen gefestigt. Kurz nachdem Frank Mensah ihn mit dem wiederhergestellten Evangelium bekanntgemacht hatte, sprach Billy ein Gebet. Dabei sah er die Himmel sich öffnen und eine Schar von Engeln mit Posaunen erschien, die ein Loblied auf Gott anstimmten. „Johnson, Johnson, Johnson!“, hörte er eine Stimme rufen. „Wenn du so in meinem Werk arbeitest, wie ich es dir gebiete, werde ich dich und dein Land segnen.“

Billy und Frank und ihre Glaubensansichten stießen jedoch auch auf Ablehnung. Einige waren der Ansicht, sie seien einer falschen Kirche aufgesessen. Andere wiederum beschuldigten sie, nicht an Jesus Christus zu glauben. Was sie sagten, verletzte Billy. Er fragte sich, ob er denn in die Irre geführt worden sei. Daraufhin fastete er. Nach drei Tagen ging er bei sich zuhause in ein Zimmer, wo er Abbildungen der Präsidenten der Kirche an die Wand geheftet hatte. Er kniete nieder und bat Gott im Gebet um Hilfe.

„Ich möchte diesen Propheten gerne begegnen“, flehte er. „Ich möchte, dass sie mich anleiten.“

In der darauffolgenden Nacht erschien ihm Joseph Smith im Traum und sagte ihm: „Schon bald werden Missionare kommen. Der Prophet der Kirche, Präsident McKay, denkt an euch.“

Dann kam im Traum ein anderer auf ihn zu und sprach ihn an. Er stellte sich als Brigham Young vor. „Johnson, wir sind bei dir“, versicherte er. „Verliere nicht den Mut!“ Im Verlauf der Nacht erschien Billy jeder neuzeitliche Prophet bis hin zu George Albert Smith.

Billys Wunsch, mehr Zeit für die Verkündigung des Evangeliums zu erübrigen, bewog ihn bald dazu, seinen Job zu kündigen. Er zog in die südwestlich von Accra liegende Stadt Cape Coast, wo er eine Farm betreiben und eine neue Gemeinde gründen wollte. Seine Frau trug diese Entscheidung nicht mit. Sie zog nicht mit dem Rest der Familie um, sondern ließ sich von Billy scheiden und überließ ihm das Sorgerecht für ihre vier kleinen Kinder.

Billy war zutiefst erschüttert, fand aber Unterstützung bei seiner Mutter Matilda. Auch sie hatte ihre Zweifel, ob Billys Idee, seinen Job aufzugeben und mit der Familie nach Cape Coast zu ziehen – in eine Stadt, in der es bereits zahlreiche Glaubensgemeinschaften gab –, wirklich gut sei und ob er dort Erfolg haben könne. Doch Billy war das einzige ihr verbliebene Kind und sie war auf ihn angewiesen, also ging sie mit ihm.

Matilda nahm den Glauben ihres Sohnes an. Sie hatte Billy zwar nicht ernst genommen, als er ihr zum ersten Mal von seinen neuen Glaubensansichten erzählte, doch sie hatte miterlebt, welch guten Einfluss dieser Glaube auf ihn und auf diejenigen hatte, die er unterwies. Da war ihr klargeworden, dass ihr Sohn etwas Besonderes gefunden hatte. Sie wusste, dass es ihr und vielen anderen ein Segen sein würde, wenn die Kirche in Ghana Fuß fasste. Aus dieser Gewissheit schöpfte sie Mut.

Als sich die Familie in Cape Coast niedergelassen hatte, kümmerte sich Matilda um Billys Kinder, während er die Gründung seiner neuen Gemeinde in Angriff nahm. Sie unterstützte ihn auch moralisch, sprach ihm Mut zu und half, wo sie konnte, um die Gemeinde zu stärken.

„Ganz gleich, unter welchen Umständen wir leben, wie auch immer die Zukunft aussieht“, versicherte sie, „ich bin bereit, ehrlich für die Kirche einzustehen.“

Den vollständigen Text samt Anmerkungen und Quellenangaben finden Sie im Archiv Kirchenliteratur.

Gläubige in der „Kakaoschuppen-Kirche“

Anfang 1972 waren Billy Johnsons Kirchengruppen in und rund um Cape Coast in Ghana bereits auf hunderte von Gläubigen angewachsen. Zu den allertreuesten Mitgliedern gehörte Billys Mutter Matilda. Jacob und Lily Andoh-Kesson und ihre Kinder, die sich der Gruppe bald nach Billys Ankunft in Cape Coast angeschlossen hatten, waren ebenfalls engagierte Mitglieder und Freunde.

Als die Anzahl der Versammelten wuchs, machte Billy ein altes Gebäude ausfindig, das früher zur Lagerung von Kakaobohnen genutzt worden war. Jetzt war der Raum mit Bänken, einigen kleinen Stühlen und Tischen, einem Rednerpult und einer langen Kirchenbank an der Wand ausgestattet. Einige Leute in der Umgebung von Cape Coast machten sich über Billy und seine Anhänger lustig, weil sie sich in dem heruntergekommenen Gebäude trafen. Sie bezeichneten sie als „Kakaoschuppen-Kirche“. Aber die Zahl der Gläubigen wuchs weiter. Sie hatten kein Problem damit, sich dort zu versammeln, auch wenn durch das löchrige Dach der Regen tropfte und alle zusammenrücken oder Regenschirme aufspannen mussten, um trocken zu bleiben.

Billy tat sein Bestes, um das bescheidene Gebäude einladend und gemütlich zu gestalten. Er hängte zwischen den beiden Doppeltüren am Eingang ein Schild mit der Aufschrift „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen)“ auf. Ein Wandgemälde von Christus am Kreuz zierte eine Wand, an einer anderen war ein Bild des Erretters mit erhobenen Armen und den Worten „Kommt zu mir“ über seinem Haupt zu sehen. An den hellblau gestrichenen Wänden hingen Bilder von Joseph Smith, dem Tabernakelchor und weiteren Szenen aus dem Kirchenleben.

Lily Andoh-Kesson hielt das Gebäude sauber. Sie ging schon frühmorgens hin, um es für die Versammlungen herzurichten. Ihrer Tochter Charlotte erzählte sie, sie habe dort Engel gesehen, und sie wollte, dass die Engel einen sauberen Platz vorfänden.

Billys Gemeinde traf sich dreimal wöchentlich morgens und abends zum Gottesdienst. Dann war der Schuppen erfüllt von Liedern, Tänzen, Händeklatschen, Gebeten, Jubelrufen und Predigten. Manchmal ließ Billy, wenn er predigte, seinen kleinen Sohn Brigham auf seinen Schultern sitzen.

In seinen Predigten vermittelte Billy die Grundsätze, die er dem Material der Kirche, zum Beispiel den dreizehn Glaubensartikeln, entnommen hatte, und erzählte Geschichten von Mitgliedern aus der Anfangszeit der Kirche. Doch am allerliebsten griff er bei der Unterweisung auf das Buch Mormon zurück.

Billy glaubte fest, eines Tages würden Missionare vom Hauptsitz der Kirche kommen. Doch er befürchtete, die Mitglieder seiner Gruppe könnten durch das lange Warten mutlos werden. Einige hatten die Gruppe sogar verlassen, nachdem Kritiker ihnen berichtet hatten, die Kirche möge keine Schwarzen und werde ganz sicher niemals Missionare senden.

Gelegentlich bescherte Billys unermüdliches Predigen ihm Schwierigkeiten mit den Behörden vor Ort. Ihm wurde zur Last gelegt, Irrlehren zu verbreiten, weil er Zeugnis gab, dass die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage die einzige wahre Kirche auf Erden sei.

Einmal wurde er von der Polizei verhaftet. Bevor man ihn auf die Wache bringen konnte, sah er sich um in der Hoffnung, ein bekanntes Gesicht zu entdecken – jemanden, der ihn auf die Wache begleiten könnte. Zunächst war da niemand. Dann jedoch erblickte er einen Passanten, einen jungen Mann namens James Ewudzie, einen Freund seiner Familie.

James hatte Tränen in den Augen, als er auf Billy zukam. Zwar gehörte er nicht zu Billys Gemeinde, aber er berührte ihn am Arm und nannte ihn „Sofo“ – das Fante-Wort für Priester. „Keine Sorge“, sagte er beruhigend zu Billy. „Ich komme mit.“

Nachdem Billy auf die Wache gebracht worden war, verwickelte er James und die Polizisten schnell in ein Gespräch über Religion. Vier der Polizeibeamten waren von seiner Botschaft angetan und glaubten seinen Worten. Der Polizeichef schloss Billy ebenfalls sofort ins Herz, und schon bald ließen die Beamten James und ihn gehen. Später trug der Polizeichef Billy an, er könne der Polizei von Cape Coast jeden Freitagvormittag Evangeliumsunterricht erteilen.

James hatte unterdessen einen Traum gehabt, in dem er Billy im Gemeindehaus traf. Billy forderte ihn auf, sich hinzuknien, und nachdem er dies getan hatte, schien Licht durch das Dach. James schloss die Augen, aber das Licht leuchtete immer noch um ihn her. Dann hörte er eine Stimme, die bedächtig seinen Namen rief.

„Ich will meine Kirche nach Ghana bringen“, sprach der Herr. Er forderte James auf, sich mit Billy zusammenzutun. „Wenn du ihm hilfst, werde ich dich segnen – und ich werde Ghana segnen.“

James wusste: Was der Herr ihm im Traum zugesichert hatte, war wahr, und so folgte er seinem Gebot.

Den vollständigen Text samt Anmerkungen und Quellenangaben finden Sie im Archiv Kirchenliteratur.

Ob du es glaubst oder nicht

Im Jahr 1974 entdeckte Billy Johnson in Cape Coast in Ghana Bilder und Namen früherer Präsidenten der Kirche auf der Titelseite einer lokalen, religiös geprägten Zeitung. Zusätzlich dazu enthielt die Zeitung Artikel, welche die Kirche und ihre Führer verunglimpften. Das Ziel war eindeutig, Zweifel unter den Mitgliedern von Billys wachsender Gemeinde zu säen.

Billy und die der Kirche gewogenen Gläubigen waren schon oft wegen ihres Glaubens an das wiederhergestellte Evangelium kritisiert worden. Einige beschimpften Billy, weil er die Religion, mit der er aufgewachsen war, aufgegeben hatte. Sie behaupteten, die Heiligen verehrten Joseph Smith und glaubten nicht an Gott. Andere prangerten an, dass Schwarze in der Kirche ja nicht das Priestertum trugen. Sie verspotteten Billy und seine Gemeinde und meinten, sie würden nur ihre Zeit verschwenden.

Es war schwer, inmitten solcher Angriffe treu zu bleiben. Ein Jahr zuvor waren die Mitglieder der Gemeinde enttäuscht und entmutigt gewesen, weil nach so vielen Jahren noch immer niemand gekommen war, um sie zu taufen. Billy hatte sie sofort aufgefordert, gemeinsam mit ihm zu fasten und zu beten. Dabei hatten einige die starke Eingebung erhalten, dass sehr bald Missionare nach Ghana kommen würden.

Obwohl das die Gemeinde beruhigt hatte, hörten die Anfeindungen nicht auf. Einige Mitglieder waren besorgt, weil nun auch die Zeitung die Propheten kritisierte und sie nicht wussten, wie sie sich verhalten sollten. Billy betete mit ihnen und mahnte sie, solchen Zeitungen keinerlei Beachtung zu schenken. „Werft sie einfach weg“, forderte er sie auf.

Aber insgeheim fühlte sich auch Billy verunsichert. Eines Abends ging er ins Versammlungsgebäude, um dort zu beten. „Vater, auch wenn ich glaube, dass dies heute die wahre Kirche auf Erden ist“, sprach er, „brauche ich mehr Kraft und mehr Bestätigung, um dafür Zeugnis zu geben.“

Er flehte den Herrn an, sich zu offenbaren. Dann schlief er ein und träumte, der von Licht erfüllte Salt-Lake-Tempel komme vom Himmel herabgeschwebt und umgebe ihn. „Johnson, verliere nicht den Glauben an meine Kirche“, hörte er die Stimme des Herrn sagen. „Ob du es glaubst oder nicht, dies ist heute meine wahre Kirche auf Erden.“

Als Billy erwachte, tangierten ihn die Anfeindungen nicht länger. „Der Vater hat gesprochen“, sagte er. „Ich werde keine Angst mehr haben.“

In den darauffolgenden Tagen fühlte sich Billy jedes Mal im Glauben gestärkt, wenn er hörte, dass jemand die Kirche kritisierte, und er setzte alles daran, seine Glaubensgenossen zu stärken. „Es wird eine Zeit geben, in der die Kirche emporkommen wird“, bezeugte er. „Wir werden die Schönheit der Kirche erleben.“

Den vollständigen Text samt Anmerkungen und Quellenangaben finden Sie im Archiv Kirchenliteratur.

Weinend vor dem Herrn

Etwa zu dieser Zeit kamen Vertreter einer protestantischen Kirche aus den Vereinigten Staaten nach Cape Coast in Ghana. Sie wollten mit Billy Johnson sprechen. Sie hatten gehört, dass Billy mächtige Wunder vollbracht hatte, und hofften, ihn und seine Mitgläubigen dazu zu bringen, sich ihrer Kirche anzuschließen. Etwa viertausend Ghanaer in einundvierzig Gemeinden bezeichneten sich als Heilige der Letzten Tage. Fünf dieser Gemeinden betreute Billy. Die Vertreter der protestantischen Kirche brauchten jemanden, der die Leitung ihrer ghanaischen Gemeinden übernahm, und dafür schien Billy ihnen der richtige Mann zu sein.

Billy und seine Glaubensgenossen erklärten sich bereit, mit den Besuchern in einem städtischen Gemeindezentrum einen Gottesdienst zu feiern. Die Amerikaner begrüßten sie mit Geschenken wie Seife und Kosmetika. „Ihr freundlichen Menschen müsst unsere Brüder sein“, sagten sie, „und wir sollten uns zusammenschließen.“ Sie bedrängten Billy und die anderen, doch nicht länger auf die Missionare zu warten. „Sie werden nicht kommen.“

Einer der Besucher drängte Billy, sich ihnen anzuschließen und in ihrer Kirche eine Führungsrolle zu übernehmen. „Wir bezahlen dich dafür“, erklärte er. „Wir entlohnen eure Geistlichen.“ Sie boten zudem an, Billy zu unterstützen, damit er in die Vereinigten Staaten reisen könne, und versprachen, seine Gemeinde mit Musikinstrumenten und einem neuen Kirchengebäude auszustatten.

Am Abend lud Billy die Besucher ein, in seinem Haus zu übernachten, während er über ihr Angebot nachdachte. Da er so arm war, erwog er den Vorschlag ernsthaft. Aber er wollte weder Gott noch seinen eigenen Glauben an das wiederhergestellte Evangelium verraten.

Alleine in seinem Schlafzimmer kniend, weinte Billy. „Herr, was soll ich tun?“, betete er. „Ich habe so lange gewartet, und meine Brüder sind nicht gekommen.“

„Johnson, lass dich und die Mitglieder, die du führst, nicht durcheinanderbringen“, erklang da eine Stimme. „Halte an der Kirche fest, und schon bald werden deine Brüder kommen und dir beistehen.“

Billy beendete das Gebet und verließ sein Zimmer. Bald darauf kam einer der Gäste aus einem anderen Zimmer auf ihn zu. „Johnson“, sagte der Mann, „du schläfst nicht?“

„Ich überlege, wie ich mit der Sache umgehen soll“, gab Billy zu.

„Bruder Johnson“, erklärte da der Mann, „ich wollte zu dir kommen und an deine Tür klopfen, um dir zu sagen, dass deine Kirche bereits aufgerichtet ist. Ich darf dich nicht durcheinanderbringen.“ Er sagte, der Herr habe ihm diese Wahrheit offenbart. „Ich darf dir nur ein Bruder sein“, erklärte er. „Mach mit deiner Kirche weiter.“

„Der Herr hat auch zu mir gesprochen“, berichtete Billy. „Dies ist die Kirche des Herrn. Ich darf sie niemandem übergeben.“

Später kamen Vertreter anderer amerikanischer Kirchen mit ähnlichen Angeboten. Billy lehnte sie alle ab. Bald erfuhren Mitverantwortliche seiner eigenen Gemeinde, dass er Geld und Geschenke der Amerikaner zurückwies. Wütend stürmten sie in sein Haus. „Diese Leute sind gekommen, um zu helfen“, sagte einer der Männer. „Sie wollen uns bezahlen.“

„Ich werde die Kirche nicht verkaufen“, erwiderte Billy. „Und wenn es zwanzig Jahre dauert, ich werde auf den Herrn warten.“

„Du hast kein Geld“, wandte ein Mann ein. „Die wollen uns bezahlen.“

„Nein“, sagte Billy, „nein.“

Die Männer schienen kurz davor zu sein, Billy zu verprügeln. Aber er weigerte sich, seine Meinung zu ändern. Schließlich ließen sie ihn in Ruhe. Als sie abzogen, umarmte Billy einen nach dem anderen. Der letzte Mann brach in Tränen aus, als Billy ihn in die Arme nahm.

„Es tut mir leid, dass ich dir wehtue“, beteuerte der Mann. „Bitte Gott, mir meine Sünden zu vergeben.“

Billy weinte mit ihm. „Vater“, betete er, „vergib ihm.“

Den vollständigen Text samt Anmerkungen und Quellenangaben finden Sie im Archiv Kirchenliteratur.

Freudentränen

An einem Abend im Juni 1978 kam Billy Johnson nach Hause. Er hatte – wie zuvor schon so oft – zusammen mit anderen aus seiner Gemeinde in Cape Coast gefastet, doch diesmal wollte sich seine Stimmung durch das Fasten einfach nicht aufhellen. Er war müde und mutlos, denn die Zahl derer, die nicht mehr in den Gottesdienst kamen und stattdessen wieder ihre früheren Glaubensgemeinschaften aufsuchten, war angestiegen.

Billy sehnte sich nach geistiger und seelischer Stärkung. Ein paar Monate zuvor hatte ihm eine Frau aus seiner Gemeinde von einer Offenbarung erzählt, die sie gehabt hatte. „Sehr bald werden Missionare kommen“, hatte sie gesagt. „Ich habe gesehen, wie Weiße zu uns in die Gemeinde kamen. Sie umarmten uns und verehrten Gott gemeinsam mit uns.“ Auch eine zweite Frau hatte von einer ähnlichen Offenbarung berichtet. Billy hatte selbst einen Traum gehabt, in dem Weiße ins Gemeindehaus kamen und verkündeten: „Wir sind eure Brüder und wir sind gekommen, um euch zu taufen.“ In einem weiteren Traum hatte er Schwarze gesehen, die von weither gekommen waren, um sich der Kirche anzuschließen.

Doch Billy konnte die Mutlosigkeit einfach nicht abschütteln.

Obwohl es bereits spät war, fand er keinen Schlaf. Auf einmal hatte er das deutliche Gefühl, er müsse etwas tun, was er seit Jahren schon nicht mehr gemacht hatte: das Radio einschalten und BBC hören.

Also suchte er nach seinem braunen Radio mit den vier silbernen Knöpfen. Als er es fand und einschaltete, erwachte es knisternd zum Leben. Der rote Zeiger wanderte über die Senderskala, als er den Sendersuchknopf hin und her drehte, doch der gewünschte Sender blieb unauffindbar.

Endlich, nach einer Stunde vergeblichen Suchens, empfing Billy eine Nachrichtensendung der BBC. Der Nachrichtensprecher gab bekannt, der Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage habe eine Offenbarung erhalten. Von nun an sei es allen würdigen Männern in der Kirche unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft erlaubt, das Priestertum zu tragen.

Billy sank zu Boden und ließ seinen Freudentränen freien Lauf. Endlich sollte die Priestertumsvollmacht nach Ghana kommen.

Den vollständigen Text samt Anmerkungen und Quellenangaben finden Sie im Archiv Kirchenliteratur.