2002
Elder John M. Madsen von den Siebzigern
Juni 2002


Von Freund Zu Freund

Elder John M. Madsen von den Siebzigern

Schon als kleines Kind habe ich gelernt, wie wichtig das Beten und wie ungeheuer groß die Macht des heiligen Priestertums ist. Im Herbst 1942 befanden sich die Vereinigten Staaten im Krieg. Mein Vater war gerade dabei, unser Haus zu Ende zu bauen. Er konnte aber keinen Ofen bekommen, weil alles Baumaterial für den Krieg gebraucht wurde. Als es draußen kälter wurde, wurden Patricia, meine kleine Schwester, und ich sehr krank. Sie hatte Bronchitis und ich eine doppelseitige Lungenentzündung. Der Arzt hatte wenig Hoffnung, dass ich die Nacht überleben würde.

Wenn meine Mutter später von dieser „Schreckensnacht“ erzählte, sagte sie immer, wie verzweifelt sie mir den Puls fühlen wollte und ihn nicht mehr finden konnte. Sie sagte, ich hätte wie eine kleine Statue ausgesehen, als ich so auf meinem Bett lag. Inbrünstig betete sie zum Herrn und versprach ihm, wenn ich am Leben bliebe, würde sie mich ihm weihen, damit ich ihm diene. Während der Nacht gab Vater mir einen Priestertumssegen. Als er mir die Hände auflegte, schlug ich die Augen auf. Von diesem Augenblick an ging es mir besser. Ich weiß, dass ich aufgrund der Gebete meiner Eltern und der Macht des Priestertums am Leben geblieben bin.

Später zogen wir von Maryland nach Utah, wo wir auf einer Farm im Norden Logans lebten. Wir hatten ein paar Pferde, ein paar Kühe, ein paar Schweine, ein paar Hühner, zwei Hunde, einige Katzen und sogar ein Schwein als Haustier. Als mein Vater später die Kühe verkaufen musste, behielten wir wenigstens eine Milchkuh für uns.

Jeden Morgen vor der Schule half ich Lou, meinem älteren Bruder, beim Melken unserer Kuh. Eines Morgens war mein Bruder krank und ich musste die Kuh alleine melken. Ich war erst acht Jahre alt und musste nun zum ersten Mal die Kuh alleine melken. Also stellte ich Schemel und Eimer auf und fing an zu melken. Doch die Kuh trat den Eimer um und lief fort.

Ich hob Eimer und Schemel auf, ging zu ihr hinüber und fing wieder an zu melken. Wieder warf sie den Eimer um und lief fort. Ich musste sie aber melken, ehe ich zur Schule ging. Deshalb hob ich Schemel und Eimer also wieder auf und lief zu ihr hinüber und fing an zu melken. Zum dritten Mal warf sie den Eimer um und lief fort.

Ich brauchte Hilfe! Also kniete ich mich in der Morgensonne nieder und fing an zu beten. Ich erklärte dem himmlischen Vater: „Alleine schaffe ich das nicht. Bitte hilf mir!“ Dann hob ich ohne Zögern Eimer und Schemel wieder auf, lief hinüber zur Kuh und fing an zu melken. Die Kuh bewegte sich nicht. Sie stand mucksmäuschenstill da, bis ich zu Ende gemolken hatte. Schnell trug ich den Eimer ins Haus, gab ihn meiner Mutter und konnte dann zur Schule rennen, wo ich doch noch pünktlich ankam. Ich wusste ganz genau, dass der himmlische Vater mein Gebet erhört hatte.

Einige Zeit später befand ich mich eines Abends mit meinen Geschwistern zu Hause. Da hörten wir draußen ein Wimmern. Wir stürzten ans Fenster und starrten hinaus in die Dunkelheit. Da lief Major, unser Schäferhund, durch den Lichtschein, der aus dem Fenster fiel. Man konnte sehen, dass mit ihm etwas ganz und gar nicht in Ordnung war! Voller Angst rannte ich mit meinem älteren Bruder nach draußen. Wir zogen Major wieder in den Lichtschein zurück und sahen nun, warum er sich vor Schmerzen wand. Er hatte sich mit einem Stachelschwein angelegt und hatte nun zahllose Stacheln in der Nase, im Maul, in der Zunge und im Brustbereich.

Wir riefen sofort meinen Vater an. Er war noch im College, wo er arbeitete. Er kam gleich nach Hause und sagte traurig: „Wir werden ihn wohl einschläfern müssen.“ Wir wussten, was das bedeutete, und riefen unter Tränen: „Wenn du Major einschläfern lassen willst, dann musst du zuerst uns einschläfern lassen!“

Also blieb Vati keine andere Wahl, als die Stacheln einen nach dem anderen herauszuziehen. Wir litten mit, als Major vor Schmerzen winselte und heulte, denn an jedem ausgezogenen Stachel blieb auch ein Fetzen Fleisch haften.

Es dauerte aber gar nicht lange, bis er sich wieder erholt hatte und getreu seinen Dienst versah, uns und unsere Farm vor Eindringlingen zu schützen. Leider traf er ein paar Monate später wieder mit einem Stachelschwein zusammen und musste die ganze Prozedur noch einmal über sich ergehen lassen.

Aus diesen und anderen Erfahrungen habe ich gelernt, dass der himmlische Vater unser Beten hört und beantwortet. Mir ist auch bewusst geworden, dass man die Stacheln eines Stachelschweins mit der Sünde bzw. den feurigen Pfeilen des Satans vergleichen kann. Sünden bzw. falsche Entscheidungen können dazu führen, dass man Schmerzen und Leid erlebt, und wenn man nicht Umkehr übt, können diese Sünden zum geistigen Tod führen.

Ich bin dankbar für den Erretter, der bereit war, für uns zu leiden und zu sterben und es uns allen zu ermöglichen, umzukehren und den feurigen Pfeilen des Widersachers zu entgehen.

Wir wollen immer beten und an die folgenden Worte Nephis denken: „Ich sagte ihnen, … wer auf das Wort Gottes höre und daran festhalte, werde niemals zugrunde gehen; auch die Versuchungen und feurigen Pfeile des Widersachers könnten ihn nicht mit Verblendung schlagen und ins Verderben führen.“ (1. Nephi 15:24.)