„Kommt her zu mir, o ihr Haus Israel!“
Wenn wir zu Jesus Christus kommen, unserem Heiland, und im Herzen rein werden, sind wir alle ein Werkzeug bei der Erfüllung der machtvollen Verheißungen des Buches Mormon.
Während des Vietnamkriegs meldete ich mich freiwillig zur US-Marineinfanterie. Kurz nachdem ich in Quantico in Virginia zur Grundausbildung angekommen war, fand ich mich vor meinem Bett in unserer Baracke wieder und stand mit 54 weiteren Rekruten still. Unseren Ausbilder, einen kampferprobten Kriegsveteranen, lernte ich kennen, als er die Barackentür mit einem Fußtritt öffnete und mit einem von Schimpfwörtern durchsetzten Gebrüll hereinkam.
Nach dieser abschreckenden Vorstellung begann er an einem Ende der Baracke damit, jedem Rekruten Fragen an den Kopf zu werfen. Der Ausbilder fand ausnahmslos an jedem etwas, worüber er sich lautstark mit vulgären Ausdrücken lustig machen konnte. Er lief die Reihe entlang, und jeder Marinesoldat schrie zur Erwiderung seiner Fragen wie befohlen entweder „Jawoll!“ oder „Nein, Sergeant!“ Ich konnte nicht richtig sehen, was er machte, weil wir Befehl hatten, stillzustehen und stur geradeaus zu blicken. Als ich an der Reihe war, merkte ich, dass er nach meinem Seesack griff und ihn hinter mir auf meiner Matratze ausleerte. Er ging meine Sachen durch und baute sich dann vor mir auf. Ich machte mich auf seinen Angriff gefasst. In der Hand hielt er mein Buch Mormon. Ich nahm an, dass er mich nun anbrüllen würde, doch er beugte sich vor und flüsterte: „Bist du Mormone?“
Wie befohlen brüllte ich: „Jawoll, Sergeant!“
Wieder rechnete ich mit dem Schlimmsten. Stattdessen hielt er inne, hob das Buch Mormon in seiner Hand hoch und fragte ganz leise: „Glaubst du an dieses Buch?“
Wieder rief ich: „Jawoll, Sergeant!“
Inzwischen war ich mir ganz sicher, er werde nun abfällige Bemerkungen über die Mormonen und das Buch Mormon ausstoßen, doch er stand einfach nur stumm da. Einen Augenblick später ging er zu meinem Bett zurück und legte mein Buch Mormon sorgsam auf mein Bett. Dann ging er einfach an mir vorbei und machte sich mit vulgärer Ausdrucksweise über alle übrigen Rekruten lustig.
Ich habe mich oft gefragt, wieso mich dieser hartgesottene Ausbilder der Marineinfanterie damals verschont hat. Doch ich bin dankbar, dass ich ohne Zögern antworten konnte: „Ja, ich bin ein Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ und: „Ja, ich weiß, dass das Buch Mormon wahr ist.“ Dieses Zeugnis ist eine kostbare Gabe, die ich durch den Heiligen Geist und mit Hilfe zweier Missionare und eines Beraters des Priesterkollegiums empfangen habe.
Als ich vierzehn Jahre alt war, unterwiesen zwei Missionare namens Lee Pearson und Boyd Camphuysen meine Familie im Evangelium Jesu Christi, und ich ließ mich taufen. Zwei Jahre später forderte mich Richard Boren, der Berater meines Priesterkollegiums, auf, das Buch Mormon zu lesen. Ich nahm die Aufforderung an und las jeden Abend mindestens zehn Seiten, bis ich es durchgelesen hatte.
Auf dem Titelblatt las ich, es sei „geschrieben für die Lamaniten, die ein Überrest des Hauses Israel sind, und auch für die Juden und die Andern“. In der Einleitung zum Buch Mormon, einem weiteren Zeugen für Jesus Christus, steht, die Lamaniten seien „die Hauptvorfahren der amerikanischen Indianer“. Als ich das Buch Mormon las, schien es mir, es gehe darin um meine Vorfahren, die nämlich Indianer waren. In dem Buch wird die Geschichte eines Volkes erzählt, von dem ein Teil später als Lamaniten bezeichnet wird, und das etwa 600 v. Chr. von Jerusalem in ein „Land der Verheißung“ auswanderte (1 Nephi 2:20). Es ist ein Bericht über Gottes Umgang mit diesen Ureinwohnern, die vor langer Zeit irgendwo auf dem amerikanischen Kontinent gelebt haben. Es enthält auch einen Bericht über das geistliche Wirken Jesu Christi unter ihnen nach seiner Auferstehung. Bestimmte Stellen im Buch Mormon deuten darauf hin, dass sich die Einwohner im Laufe der Zeit in ganz Amerika und auf den Inseln der angrenzenden Meere ausbreiteten (siehe Alma 63:9,10). Ihre Propheten sagten voraus, dass einst die Andern in großer Zahl in dieses verheißene Land kommen würden und dass der Zorn Gottes auf die Lamaniten herabkommen werde und sie zerstreut, zerschlagen und fast vernichtet werden würden (siehe 1 Nephi 13:10-14).
Mein Urgroßvater Echo Hawk, ein Indianer vom Stamm der Pawnee, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts im heutigen Nebraska geboren. Er war 19 Jahre alt, als sich die Pawnee genötigt sahen, ihr über neun Millionen Hektar großes Stammesgebiet aufzugeben, um neuen Siedlern Platz zu machen. 1874 mussten die Pawnee in ein kleines Reservat ziehen, das hunderte Kilometer südlich im Indianerterritorium in Oklahoma lag. Als sie in Oklahoma angekommen waren, war die Anzahl der Pawnee von über 12.000 auf unter 700 gesunken. Die Pawnee waren, so wie andere Stämme auch, zerstreut, zerschlagen und fast vernichtet worden.
Das Buch Mormon enthält eine besondere Botschaft an die Nachkommen der Lamaniten, die ein Überrest des Volkes Israel sind. Nephi brachte diese Botschaft zum Ausdruck, als er die Vision seines Vaters von den Letzten Tagen auslegte: „Und an jenem Tage wird der Überrest unserer Nachkommen wissen, dass sie zum Haus Israel gehören und dass sie das Bundesvolk des Herrn sind; und dann werden sie ihre Vorväter erkennen und Kenntnis von ihnen erhalten und auch Kenntnis vom Evangelium ihres Erlösers, mit dem er ihren Vätern gedient hat; darum werden sie Kenntnis von ihrem Erlöser und den genauen Punkten seiner Lehre erhalten, sodass sie wissen, wie sie zu ihm kommen und errettet werden können.“ (1 Nephi 15:14.)
Das Buch Mormon ist eine heilige Schrift. Es enthält die Fülle des immerwährenden Evangeliums. Der Prophet Joseph Smith schrieb, „das Buch Mormon sei das richtigste aller Bücher auf Erden und der Schlussstein unserer Religion, und wenn man sich an dessen Weisungen halte, werde man dadurch Gott näher kommen als durch jedes andere Buch“ (Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Seite 70). Seine Botschaft richtet sich demnach an alle Menschen auf der Welt.
Als ich das Buch Mormon als 17-Jähriger zum ersten Mal las, konzentrierte ich mich auf die Verheißung Moronis: „Wenn ihr dieses hier empfangt, so fragt Gott, den Ewigen Vater, im Namen Christi, ob es wahr ist; und wenn ihr mit aufrichtigem Herzen, mit wirklichem Vorsatz fragt und Glauben an Christus habt, wird er euch durch die Macht des Heiligen Geistes kundtun, dass es wahr ist.“ (Moroni 10:4.)
Als ich mich hinkniete und betete, erhielt ich ein machtvolles geistiges Zeugnis, dass das Buch Mormon wahr ist. Dieses Zeugnis hat mir geholfen, meinen Kurs im Leben festzulegen.
Ich rate allen Menschen dringend, das Buch Mormon, einen weiteren Zeugen für Jesus Christus, zu lesen.
Ich fordere besonders den Überrest des Hauses Israel auf, die Nachkommen der Völker im Buch Mormon, wo auch immer sie sich befinden, das Buch Mormon immer wieder zu lesen. Erfahren Sie, welche Verheißungen darin enthalten sind. Befolgen Sie die Lehren und eifern Sie dem Beispiel Jesu Christi nach. Schließen Sie Bündnisse mit dem Herrn und halten Sie sie. Bemühen Sie sich, vom Heiligen Geist geführt zu werden, und hören Sie auf ihn.
Ich schließe mit den Worten Amalekis, eines weiteren Propheten aus dem Buch Mormon: „Und nun, meine geliebten Brüder, möchte ich, dass ihr zu Christus kommt, der der Heilige Israels ist, und an seiner Errettung und an der Macht seiner Erlösung teilhabt. Ja, kommt zu ihm und opfert ihm eure ganze Seele als Opfer, und fahrt fort mit Fasten und Beten, und harrt aus bis ans Ende; und so wahr der Herr lebt, werdet ihr errettet werden.“ (Omni 1:26.)
Wenn wir zu Jesus Christus kommen, unserem Heiland, und im Herzen rein werden, sind wir alle ein Werkzeug bei der Erfüllung der machtvollen Verheißungen im Buch Mormon. Das bezeuge ich im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.