Liahona
Nehmen wir vom Herrn das Geschenk der Umkehr an
November 2024


11:35

Nehmen wir vom Herrn das Geschenk der Umkehr an

Warten wir nicht, bis es schwierig wird, bevor wir uns an Gott wenden. Warten wir nicht bis zum Ende unseres Erdenlebens damit, wahrhaft umzukehren.

Ich bezeuge, dass wir einen liebevollen Vater im Himmel haben. Bei der Frühjahrs-Generalkonferenz 2019, kurz nachdem ich in meiner neuen Aufgabe als Generalautorität-Siebziger bestätigt worden war, sang der Chor das Lied „Erstaunt und bewundernd“ auf eine Art und Weise, die mir durch Mark und Bein ging.

Wie groß sein Erbarmen, dass er kam vom Himmelsthron,

zu retten mich störrischen, sündigen Erdensohn.

Er will durch sein Leiden ein Sühnopfer sein für mich,

die Schuld von mir nehmen, ja, heilgen und reingen mich.

Als ich diese Worte hörte, war ich voller Erstaunen und Bewunderung. Ich spürte, dass der Herr mich trotz meiner Unzulänglichkeiten und Fehler wissen ließ: „In seiner Kraft kann ich alles tun.“

Das verbreitete Gefühl der Unzulänglichkeit, Schwäche oder gar Unwürdigkeit ist etwas, womit viele von uns manchmal ringen. Ich ringe immer noch damit; ich habe es an dem Tag verspürt, an dem ich berufen wurde. Ich habe es oft verspürt und verspüre es auch gerade jetzt, da ich zu Ihnen spreche. Ich habe jedoch gelernt, dass ich mit diesen Gefühlen nicht allein bin. So gibt es in den heiligen Schriften viele Berichte über Menschen, die anscheinend ähnliche Gefühle hatten. Zum Beispiel haben wir Nephi als treuen und tapferen Diener des Herrn in Erinnerung. Manchmal rang sogar er mit Gefühlen der Unwürdigkeit, Schwäche und Unzulänglichkeit.

Er sagte: „Trotz der großen Güte des Herrn, da er mir seine großen und wunderbaren Werke gezeigt hat, ruft mein Herz aus: O was bin ich doch für ein unglückseliger Mensch! Ja, mein Herz grämt sich meines Fleisches wegen; meine Seele ist bekümmert meiner Übeltaten wegen.“

Der Prophet Joseph Smith sprach darüber, dass er in seiner Jugend oft das Gefühl hatte, seiner „Schwachheit und Unzulänglichkeiten wegen schuldig“ zu sein. Dass er sich unzulänglich fühlte und sich Sorgen machte, führte mit dazu, dass er gründlich nachdachte, viel las, lernte und betete. Wie Sie vielleicht noch wissen, ging er in ein Wäldchen in der Nähe seines Elternhauses, um zu beten und Wahrheit, Frieden und Vergebung zu finden. Er hörte, wie der Herr sagte: „Joseph, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben. Gehe deines Weges, handle nach meinen Satzungen und halte meine Gebote. Siehe, ich bin der Herr der Herrlichkeit. Ich bin für die Welt gekreuzigt worden, damit alle, die an meinen Namen glauben, ewiges Leben haben können.“

Josephs aufrichtiger Wunsch, umzukehren und die Errettung seiner Seele anzustreben, half ihm, zu Jesus Christus zu kommen und Vergebung seiner Sünden zu erlangen. Diese beständigen Bemühungen öffneten der fortdauernden Wiederherstellung des Evangeliums Jesu Christi die Tür.

Dieses erstaunliche Erlebnis des Propheten Joseph Smith veranschaulicht, inwiefern es uns helfen kann, unsere gefallene Natur zu erkennen, wenn wir uns schwach und unzulänglich fühlen. Wenn wir demütig sind, macht uns dies bewusst, dass wir auf Jesus Christus angewiesen sind; es weckt in unserem Herzen den aufrichtigen Wunsch, uns dem Erretter zuzuwenden und von unseren Sünden umzukehren.

Meine Freunde, Umkehr ist Freude! Herrliche Umkehr ist Teil eines täglichen Vorgangs, durch den der Herr uns Zeile um Zeile, Weisung um Weisung lehrt, ein Leben zu führen, in dem sich alles um seine Lehren dreht. Wie Joseph und Nephi können auch wir Gott um Barmherzigkeit anrufen; denn er ist mächtig, zu erretten. Er kann jeden rechtschaffenen Wunsch und jede Sehnsucht erfüllen sowie alle unsere Wunden heilen.

Im Buch Mormon, einem weiteren Zeugen für Jesus Christus, finden wir unzählige Berichte über Menschen, die gelernt haben, wie man durch aufrichtige Umkehr zu Christus kommen kann.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel für die große Barmherzigkeit des Herrn erzählen, eine Begebenheit, die sich auf meiner mir teuren Heimatinsel Puerto Rico zutrug.

In meiner Heimatstadt Ponce beschloss eine Schwester in der Kirche, Célia Cruz Ayala, einer Freundin ein Buch Mormon zu schenken. Sie wickelte es ein und machte sich auf den Weg, um dieses Geschenk zu überreichen, das ihr, wie sie sagte, kostbarer war als Diamanten oder Rubine. Unterwegs wurde sie von einem Dieb überfallen, der ihr die Handtasche entriss und mit dem besonderen Geschenk darin wegrannte.

Als sie diese Geschichte in der Kirche erzählte, meinte ihre Freundin: „Wer weiß, vielleicht war das deine Gelegenheit, das Evangelium zu verbreiten!“

Und stellen Sie sich vor, was einige Tage später geschah: Célia erhielt einen Brief. Dies hier in meiner Hand ist der Brief; Célia hat ihn mir gegeben. Darin steht:

„Frau Cruz,

verzeihen Sie mir, verzeihen Sie mir. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie leid es mir tut, dass ich Sie angegriffen habe. Doch mein Leben hat sich daraufhin geändert und wird sich weiter ändern.

Dieses Buch [das Buch Mormon] hat mir geholfen. Der Traum dieses Gottesmannes hat mich wachgerüttelt. … Ich gebe Ihnen Ihre fünf Dollar zurück, denn ich kann sie nicht ausgeben. Sie sollen wissen, dass Sie etwas ausgestrahlt haben. Dieses Licht hat mich davon abgehalten, Ihnen etwas anzutun, also rannte ich stattdessen weg.

Sie sollen wissen, dass Sie mich wiedersehen werden, aber Sie werden mich dann nicht erkennen, denn ich werde Ihr Bruder sein. … Hier, wo ich wohne, muss ich den Herrn finden und zu der Kirche gehen, der Sie angehören.

Die Botschaft, die Sie in dieses Buch geschrieben haben, trieb mir die Tränen in die Augen. Seit Mittwochabend kann ich nicht mehr aufhören, in dem Buch zu lesen. Ich habe gebetet und Gott um Verzeihung gebeten, und ich bitte auch Sie, mir zu vergeben. … Ich dachte, Ihr eingepacktes Geschenk sei etwas, was ich verkaufen könnte. Stattdessen hat es in mir den Wunsch geweckt, mein Leben zu ändern. … Verzeihen Sie mir, ich flehe Sie an, verzeihen Sie mir.

Ein Freund, den Sie nicht kennen.“

Brüder und Schwestern, das Licht des Erretters kann uns alle erreichen, ungeachtet unserer Umstände. „Es ist gar nicht möglich, dass ein Mensch so tief sinkt, dass die Lichtstrahlen des unbegrenzten Sühnopfers Christi ihn nicht zu erreichen vermögen“, erklärte Präsident Jeffrey R. Holland.

Was den unbeabsichtigten Empfänger von Célias Geschenk, dem Buch Mormon, angeht, erfuhr dieser Bruder auch weiterhin die Barmherzigkeit des Herrn. Es dauerte zwar einige Zeit, bis dieser Bruder sich selbst vergeben konnte, aber er fand Freude in der Umkehr. Welch ein Wunder! Eine glaubenstreue Schwester, ein Buch Mormon, aufrichtige Umkehr und die Macht des Erretters führten dazu, dass jemandem die Fülle der Segnungen des Evangeliums und heilige Bündnisse im Haus des Herrn zuteilwurden. Angehörige folgten seinem Beispiel und übernahmen heilige Aufgaben im Weingarten des Herrn, darunter das Erfüllen einer Vollzeitmission.

Wenn wir zu Jesus Christus kommen, führt unser Pfad der aufrichtigen Umkehr letztlich zum heiligen Tempel des Erretters.

Welch ein rechtschaffenes Motiv, sich zu bemühen, rein und der Fülle der Segnungen würdig zu sein, die der Vater im Himmel und sein Sohn durch heilige Tempelbündnisse ermöglichen! Wenn wir regelmäßig im Haus des Herrn dienen und bestrebt sind, die heiligen Bündnisse zu halten, die wir dort eingehen, wachsen unser Wunsch und unsere Fähigkeit, die Wandlung des Herzens, des Willens, des Sinnes und der Seele zu erleben, die notwendig ist, um mehr wie unser Erretter zu werden. Präsident Russell M. Nelson hat bezeugt: „Nichts wird den Himmel mehr öffnen [als der Gottesdienst im Tempel]. Nichts!“

Meine lieben Freunde, fühlen Sie sich unzulänglich? Fühlen Sie sich unwürdig? Zweifeln Sie, ob Sie richtig gehandelt haben? Vielleicht sorgen Sie sich und fragen: Bin ich gut genug? Ist es zu spät für mich? Warum scheitere ich immer wieder, wenn ich mich doch bemühe, mein Allerbestes zu geben?

Brüder und Schwestern, gewiss machen wir in unserem Leben immer wieder Fehler. Aber bitte denken Sie an Elder Gerrit W. Gongs Worte: „Das Sühnopfer unseres Erretters ist unbegrenzt und ewig. Jeder von uns irrt einmal ab und wird den Erwartungen nicht gerecht. Vielleicht kommen wir sogar eine Zeit lang vom Weg ab. Gott versichert uns liebevoll, dass es immer einen Weg zurück gibt, ganz gleich, wo wir sind oder was wir getan haben. Er wartet mit offenen Armen auf uns.“

Meine liebe Frau Cari Lu hat mir auch beigebracht, dass wir alle jeden einzelnen Tag umkehren, Änderungen vornehmen und „die Uhr auf Null zurückstellen“ müssen.

Es wird Hindernisse geben. Warten wir nicht, bis es schwierig wird, bevor wir uns an Gott wenden. Warten wir nicht bis zum Ende unseres Erdenlebens damit, wahrhaft umzukehren. Mögen wir uns stattdessen – ganz gleich, wo wir uns auf dem Weg der Bündnisse befinden – jetzt auf die erlösende Macht Jesu Christi und auf den Wunsch des Vaters im Himmel konzentrieren, dass wir zu ihm zurückkehren.

Das Haus des Herrn, seine heiligen Schriften und seine heiligen Propheten und Apostel inspirieren uns dazu, durch die Lehre Christi unsere persönliche Heiligkeit anzustreben.

Nephi sagte: „Und nun siehe, meine geliebten Brüder, dies ist der Weg; und es ist kein anderer Weg noch Name unter dem Himmel gegeben, wodurch der Mensch im Reich Gottes errettet werden kann. Und nun siehe, dies ist die Lehre Christi und die einzige und wahre Lehre des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

Unser Weg dahin, mit Gott eins zu sein, mag uns schwierig vorkommen. Aber Sie und ich können innehalten, ruhig sein, auf den Erretter blicken, uns bemühen, herauszufinden, was wir nach seinem Willen ändern sollen, und entsprechend handeln. Wenn wir dies mit voller Absicht tun, werden wir Heilung durch ihn erleben. Und denken Sie daran, wie unsere Nachkommen gesegnet werden, wenn wir vom Herrn das Geschenk der Umkehr annehmen!

Der Meister aller Töpfer, pflegte mein Vater zu sagen, wird uns formen und veredeln, und das kann schwierig sein. Gleichzeitig wird uns der größte aller Heiler auch reinigen. Ich habe diese heilende Macht erfahren und werde sie auch weiterhin erhalten. Ich bezeuge, dass sie durch Glauben an Jesus Christus und tägliche Umkehr erfolgt.

Oh, es ist wunderbar, für mich ertrug er dies,

gab selbst sein Leben hin.

Ich gebe Zeugnis für die Liebe Gottes und für die unbegrenzte Macht des Sühnopfers seines Sohnes. Wir können sie intensiv spüren, wenn wir aufrichtig und von ganzem Herzen umkehren.

Meine Freunde, ich bin Zeuge für die herrliche Wiederherstellung des Evangeliums durch den Propheten Joseph Smith und die derzeitige göttliche Führung des Erretters durch seinen Propheten und sein Sprachrohr, Präsident Russell M. Nelson. Ich weiß, dass Jesus Christus lebt und dass er für unsere Seele der größte aller Heiler ist. Ich weiß und bezeuge, dass dies wahr ist. Im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.

Anmerkungen

  1. „Erstaunt und bewundernd“, Gesangbuch, Nr. 118

  2. Alma 26:12

  3. 2 Nephi 4:17; siehe auch Vers 18,19

  4. Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:29

  5. Joseph Smith, „History, circa Summer 1832“, Seite 3, josephsmithpapers.org; siehe auch „Geschichte, etwa Sommer 1832“ unter Joseph Smiths Berichten von der ersten Vision, Archiv Kirchenliteratur

  6. Siehe Mosia 4:11,12

  7. Präsident Russell M. Nelson hat erklärt: „Wenn wir uns entscheiden, umzukehren, entscheiden wir uns dafür, uns zu ändern! Wir lassen es zu, dass der Erretter uns in das Beste umwandelt, was aus uns werden kann. Wir entscheiden uns dafür, geistig zu wachsen und Freude zu empfangen – Freude an der Erlösung in ihm. Wenn wir uns entscheiden, umzukehren, entscheiden wir uns dafür, mehr wie Jesus Christus zu werden!“ („Wir können besser handeln und besser sein“, Liahona, Mai 2019, Seite 67f.)

  8. Siehe 2 Nephi 28:30

  9. Siehe Alma 34:18

  10. „Meine Brüder und Schwestern, wie kostbar ist das Buch Mormon Ihnen? Würde man Ihnen Diamanten oder Rubine oder das Buch Mormon anbieten, was würden Sie wählen? Ganz ehrlich, was ist Ihnen mehr wert?“ (Russell M. Nelson, „Das Buch Mormon – wie wäre Ihr Leben ohne es?“, Liahona, November 2017, Seite 61.)

  11. In: F. Burton Howard, „Missionary Moments: ‚My Life Has Changed‘“, Church News, 6. Januar 1996, thechurchnews.com; siehe auch Saints: The Story of the Church of Jesus Christ in the Latter Days, Band 4, Sounded in Every Ear, 1955–2020, Seite 472ff., 477ff.

  12. Jeffrey R. Holland, „Die Arbeiter im Weinberg“, Liahona, Mai 2012, Seite 33

  13. Können wir eine Sekunde lang innehalten und an unsere Nachkommen denken? Aufgrund unserer kurzsichtigen Perspektive können wir es jetzt nicht erkennen, aber unsere Bereitschaft, uns mit voller Herzensabsicht dem Herrn zuzuwenden, uns zu ändern, umzukehren und das Evangelium Jesu Christi anzunehmen, kann Generationen beeinflussen! Stellen Sie sich die zusätzlichen Segnungen vor, die aus Demut, Sanftmut und dem Glauben einer einzelnen Seele an Jesus Christus unter selbst den unangenehmsten Bedingungen erwachsen können!

  14. Diese Einzelheiten erzählte Schwester Célia Cruz Elder Jorge M. Alvarado in einem persönlichen Gespräch am 10. September 2024.

  15. Russell M. Nelson, „Freude über die Gabe der Priestertumsschlüssel“, Liahona, Mai 2024, Seite 122

  16. Wenn wir uns Fragen wie diese stellen, ist es wichtig, an die Worte des Apostels Paulus zu denken:

    „Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert?

    [Nein,] in alldem tragen wir einen glänzenden Sieg davon durch den, der uns geliebt hat.

    Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten,

    weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ (Römer 8:35,37-39.)

  17. Gerrit W. Gong, „Unser Lagerfeuer des Glaubens“, Liahona, November 2018, Seite 41

  18. In dieser Hinsicht ist Nephi ein gutes Beispiel. Er rief aus:

    „Erwache, meine Seele! Welke nicht länger in Sünde dahin. Freue dich, o mein Herz, und gib dem Feind meiner Seele nicht länger Raum. …

    O Herr, wirst du meine Seele erlösen? Wirst du mich aus den Händen meiner Feinde befreien? Wirst du mich zittern machen beim Anblick von Sünde?“ (2 Nephi 4:28,31.)

  19. Präsident Dallin H. Oaks hat erklärt: „Wenn jemand den Weg [der Umkehr] gegangen ist, … bewirkt der Erlöser mehr für ihn, als ihn von Sünde zu reinigen. Er gibt ihm neue Kraft. Diese Stärkung ist wichtig für uns, damit wir den Sinn der Reinigung begreifen, nämlich dass wir zu unserem himmlischen Vater zurückkehren können. Um in seine Gegenwart eingelassen zu werden, müssen wir mehr als rein sein. Wir müssen auch eine Wandlung erlebt haben: von einem moralisch schwachen Charakter, der gesündigt hat, zu einem starken Charakter, der das geistige Format hat, in der Gegenwart Gottes wohnen zu können.“ („Das Sühnopfer und der Glaube“, Liahona, April 2008, Seite 12f.)

  20. 2 Nephi 31:21

  21. Wir ehren unsere Familie und den Vater im Himmel, wenn wir den Grundsatz der Umkehr annehmen und bestrebt sind, ein gutes Leben zu führen.

  22. Gesangbuch, Nr. 118