Kapitel 12
Jesus erzählt das Gleichnis von den bösen Weingärtnern – Er spricht über das Steuernzahlen, die celestiale Ehe, die zwei wichtigsten Gebote, darüber, dass Christus Gottes Sohn ist, und über die Scherflein der Witwe.
1 Er begann dann in Gleichnissen zu ihnen zu reden: „Ein Mann legte einen Weinberg an, umgab ihn mit einem Zaun, grub eine Kelter darin, baute einen Wachtturm, verpachtete ihn an Weingärtner und ging außer Landes.
2 Zur rechten Zeit sandte er dann einen Knecht zu den Weingärtnern, um seinen Teil der Früchte des Weinbergs von den Weingärtnern in Empfang zu nehmen.
3 Die aber ergriffen den Knecht, misshandelten ihn und schickten ihn mit leeren Händen zurück.
4 Da sandte er nochmals einen anderen Knecht zu ihnen; ihn schlugen sie auf den Kopf und beschimpften ihn.
5 Er sandte noch einen anderen, den sie töteten, und noch viele andere sandte er, von denen sie die einen misshandelten, die anderen töteten.
6 Nun hatte er noch einen einzigen, seinen geliebten Sohn; den sandte er zuletzt auch noch zu ihnen, weil er dachte: ‚Sie werden sich doch vor meinem Sohn scheuen.‘
7 Jene Weingärtner aber sagten zueinander: ‚Dieser ist der Erbe; kommt, wir wollen ihn töten: Dann wird das Erbe uns gehören.‘
8 So ergriffen sie ihn denn, schlugen ihn tot und warfen ihn vor den Weinberg hinaus.
9 Was wird nun der Herr des Weinbergs tun? Er wird kommen und die Weingärtner umbringen und wird den Weinberg an andere vergeben.
10 Habt ihr nicht auch dieses Schriftwort gelesen: ‚Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden;
11 durch den Herrn ist er das geworden, und ein Wunder ist es in unseren Augen?‘“
12 Da hätten sie ihn am liebsten festgenommen, fürchteten sich jedoch vor dem Volk; sie hatten nämlich wohl gemerkt, dass er das Gleichnis gegen sie gerichtet hatte. So ließen sie denn von ihm ab und entfernten sich.
13 Sie sandten darauf einige von den Pharisäern und den Anhängern des Herodes zu ihm, um ihn bei einem Ausspruch zu fangen.
14 Jene kamen also und sagten zu ihm: „Meister, wir wissen, dass du wahrhaftig bist und auf niemanden Rücksicht nimmst; denn du achtest nicht auf die Person, sondern lehrst den Weg Gottes mit Wahrhaftigkeit. Ist es recht, dass man dem Kaiser Steuern entrichtet, oder nicht? Sollen wir sie entrichten oder nicht?“
15 Da er nun ihre Heuchelei durchschaute, antwortete er ihnen: „Warum versucht ihr mich? Reicht mir einen Denar, damit ich ihn ansehe!“
16 Als sie ihm nun einen Denar gereicht hatten, fragte er sie: „Wessen Bild und Aufschrift ist das hier?“ Sie antworteten ihm: „Des Kaisers.“
17 Da sagte Jesus zu ihnen: „So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser zusteht, und Gott, was Gott zusteht!“ Und sie gerieten in Staunen über ihn.
18 Es traten dann Sadduzäer zu ihm, die da behaupten, es gebe keine Auferstehung, und legten ihm folgende Frage vor:
19 „Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: ‚Wenn einem sein Bruder stirbt und dieser eine Frau hinterlässt, aber kein Kind, so soll sein Bruder die Frau heiraten und für seinen Bruder Nachkommen erwecken.‘
20 Nun waren da sieben Brüder; der erste nahm eine Frau, hinterließ aber bei seinem Tod keine Kinder.
21 Da heiratete sie der zweite, starb aber auch, ohne Kinder zu hinterlassen; der dritte ebenso,
22 und alle sieben hinterließen keine Kinder; zuletzt nach allen starb auch die Frau.
23 In der Auferstehung nun, wenn sie auferstehen: Wem von ihnen wird sie dann als Frau angehören? Alle sieben haben sie ja zur Frau gehabt.“
24 Jesus antwortete ihnen: „Befindet ihr euch nicht deshalb im Irrtum, weil ihr die heiligen Schriften und die Kraft Gottes nicht kennt?
25 Denn wenn sie von den Toten auferstehen, dann heiraten sie weder, noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie Engel im Himmel.
26 Was aber die Auferstehung der Toten betrifft: Habt ihr nicht im Buch Mose bei der Erzählung vom Dornbusch gelesen, wie Gott zu Mose die Worte gesprochen hat: ‚Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs‘?
27 Gott ist doch nicht der Gott von Toten, sondern von Lebenden. Ihr seid arg im Irrtum!“
28 Da trat einer von den Schriftgelehrten hinzu, der ihnen zugehört hatte, wie sie miteinander stritten; und da er wusste, dass Jesus ihnen treffend geantwortet hatte, fragte er ihn: „Welches Gebot ist das erste von allen?“
29 Jesus antwortete: „Das erste ist: ‚Höre, Israel: Der Herr, unser Gott, ist Herr allein,
30 und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit deinem ganzen Denken und mit all deiner Kraft!‘
31 An zweiter Stelle steht dieses Gebot: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!‘ Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.“
32 Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: „Meister, mit Recht hast du der Wahrheit gemäß gesagt, dass Gott nur einer ist und es keinen anderen außer ihm gibt,
33 und ihn mit ganzem Herzen und mit ganzem Sinn und mit ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten wie sich selbst zu lieben, das ist weit mehr wert als alle Brandopfer und Schlachtopfer.“
34 Als Jesus ihn so verständig antworten hörte, sagte er zu ihm: „Du bist nicht weit vom Reich Gottes entfernt.“ Und niemand wagte fortan noch, Fragen an ihn zu richten.
35 Jesus warf dann, während er im Tempel lehrte, die Frage auf: „Wie können die Schriftgelehrten behaupten, dass Christus Davids Sohn sei?
36 David selbst hat doch durch den Heiligen Geist gesagt: ‚Der Herr hat zu meinem Herrn gesagt: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße.“‘
37 David selbst nennt ihn ‚Herr‘: Wie kann er da sein Sohn sein?“ Und die große Menschenmenge hörte ihm gern zu.
38 Und bei seiner Belehrung sagte er: „Hütet euch vor den Schriftgelehrten, die es lieben, in langen Gewändern einherzugehen und auf den Märkten gegrüßt zu werden,
39 die die Ehrensitze in den Synagogen und die obersten Plätze bei den Gastmählern beanspruchen,
40 die die Häuser der Witwen verschlingen und zum Schein lange Gebete verrichten. Sie werden ein um so strengeres Gericht erfahren.“
41 Als er sich dann dem Opferkasten gegenüber hingesetzt hatte, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten einwarfen, und viele Reiche taten viel hinein.
42 Da kam auch eine arme Witwe und legte zwei Scherflein hinein.
43 Da rief er seine Jünger herbei und sagte zu ihnen: „Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr hineingelegt als alle, die etwas in den Opferkasten getan haben.
44 Denn jene haben alle von ihrem Überfluss hineingelegt, sie aber hat aus ihrer Bedürftigkeit heraus alles, was sie besaß, hineingelegt, ihren ganzen Lebensunterhalt.“