Kapitel 14
Jesus wird mit Öl gesalbt – Er isst das Paschalamm, führt das Abendmahl ein, leidet in Getsemani und wird von Judas verraten – Jesus wird fälschlich angeklagt und Petrus leugnet, ihn zu kennen.
1 Es standen aber in zwei Tagen das Paschafest und die Tage der ungesäuerten Brote bevor. Da überlegten die Hohepriester und die Schriftgelehrten, auf welche Weise sie Jesus mit List festnehmen und töten könnten;
2 denn sie sagten: „Nur nicht während des Festes selbst, damit keine Unruhen im Volk entstehen!“
3 Als nun Jesus in Betanien im Haus Simons des einstmals Aussätzigen war, kam, während er bei Tisch saß, eine Frau, die ein Alabasterfläschchen mit echtem, kostbarem Nardensalböl hatte; sie zerbrach das Gefäß und goss es ihm über das Haupt.
4 Darüber waren einige der Anwesenden aufgebracht und sagten zueinander: „Wozu diente diese Verschwendung des Salböls?
5 Dieses Salböl hätte man ja für mehr als dreihundert Denare verkaufen und den Erlös den Armen geben können“; und sie machten der Frau arge Vorwürfe.
6 Da sagte Jesus: „Lasst sie in Ruhe! Warum bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan!
7 Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch und könnt ihnen Gutes tun, so oft ihr wollt; mich aber habt ihr nicht allezeit.
8 Sie hat getan, was in ihren Kräften stand: Sie hat meinen Leib im Voraus für das Begräbnis gesalbt.
9 Wahrlich, ich sage euch: Überall, wo das Evangelium in der ganzen Welt verkündet werden wird, da wird man auch von dem sprechen, was diese Frau getan hat, zu ihrem Gedächtnis.“
10 Da ging Judas Iskariot, einer von den Zwölfen, zu den Hohepriestern, um ihnen Jesus auszuliefern.
11 Als sie das hörten, freuten sie sich und versprachen, ihm Geld zu geben. Darauf suchte er nach einer guten Gelegenheit, um ihn zu überantworten.
12 Am ersten Tag der ungesäuerten Brote aber, an dem man das Paschalamm zu schlachten pflegte, fragten ihn seine Jünger: „Wohin sollen wir gehen, um alles vorzubereiten, damit du das Paschalamm essen kannst?“
13 Da sandte er zwei von seinen Jüngern aus und trug ihnen auf: „Geht in die Stadt: Da wird euch ein Mann begegnen, der einen Krug mit Wasser trägt; folgt ihm,
14 und wo er hineingeht, da sagt zu dem Hausherrn: ‚Der Meister lässt fragen: Wo ist das Gastzimmer für mich, in dem ich das Paschalamm mit meinen Jüngern essen kann?‘
15 Dann wird er euch ein geräumiges Obergemach zeigen, das mit Polstern ausgestattet ist und schon bereitsteht; dort bereitet alles für uns vor!“
16 Da machten sich die Jünger auf den Weg, und als sie in die Stadt gekommen waren, fanden sie alles dort so, wie er es ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Paschamahl vor.
17 Als es dann Abend geworden war, fand er sich dort mit den Zwölfen ein;
18 und während sie bei Tisch saßen und das Mahl einnahmen, sagte Jesus: „Wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich überantworten – einer, der hier mit mir isst.“
19 Da waren sie betrübt und fragten ihn, einer nach dem anderen: „Ich bin es doch nicht?“
20 Er antwortete ihnen: „Einer von euch Zwölfen, der mit mir in die Schüssel eintunkt.
21 Denn der Menschensohn geht zwar dahin, wie über ihn in der Schrift steht; doch wehe dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Für diesen Menschen wäre es besser, er wäre nicht geboren!“
22 Und während des Essens nahm Jesus das Brot, sprach den Lobpreis Gottes, brach das Brot und gab es ihnen mit den Worten: „Nehmt! Dies ist mein Leib.“
23 Dann nahm er einen Becher, sprach das Dankgebet und gab ihnen diesen, und sie tranken alle daraus;
24 und er sagte zu ihnen: „Dies ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.
25 Wahrlich, ich sage euch: Ich werde vom Erzeugnis des Weinstocks hinfort nicht mehr trinken bis zu jenem Tag, an dem ich es neu trinke im Reich Gottes.“
26 Nachdem sie dann den Lobpreis gesungen hatten, gingen sie aus der Stadt hinaus an den Ölberg.
27 Dabei sagte Jesus zu ihnen: „Ihr werdet alle Anstoß nehmen; denn es steht geschrieben: ‚Ich werde den Hirten niederschlagen, dann werden die Schafe sich zerstreuen.‘
28 Aber nach meiner Auferstehung werde ich euch nach Galiläa vorausgehen.“
29 Da antwortete ihm Petrus: „Mögen auch alle Anstoß nehmen, so doch ich nicht!“
30 Jesus erwiderte ihm: „Wahrlich, ich sage dir: Du wirst mich noch heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, dreimal verleugnen!“
31 Er beteuerte aber nur umso eifriger: „Wenn ich auch mit dir sterben müsste, werde ich dich doch nicht verleugnen!“ Das Gleiche versicherten auch die anderen alle.
32 Sie kamen dann an einen Ort namens Getsemani; dort sagte er zu seinen Jüngern: „Setzt euch hier nieder, bis ich gebetet habe!“
33 Dann nahm er Petrus, Jakobus und Johannes mit sich und fing an, zu zittern und zu bangen,
34 und sagte zu ihnen: „Zu Tode betrübt ist meine Seele; bleibt hier und wacht!“
35 Dann ging er noch ein wenig weiter, warf sich auf die Erde nieder und betete, dass, wenn es möglich sei, die Stunde an ihm vorübergehen möge;
36 dabei sagte er: „Abba, Vater! Alles ist dir möglich: Lass diesen Kelch an mir vorübergehen! Doch nicht, was ich will, sondern was du willst!“
37 Dann ging er zurück und fand sie schlafend und sagte zu Petrus: „Simon, du schläfst? Hattest du nicht die Kraft, eine einzige Stunde zu wachen?
38 Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet! Der Geist ist willig, das Fleisch aber ist schwach.“
39 Darauf ging er wieder weg und betete mit denselben Worten;
40 und als er zurückkam, fand er sie wiederum schlafend, denn die Augen waren ihnen vor Müdigkeit zugefallen, und sie wussten ihm nichts zu antworten.
41 Und er kam zum dritten Mal und sagte zu ihnen: „Schlaft ein andermal und ruht euch aus! Es ist genug: Die Stunde ist gekommen! Seht, der Menschensohn wird in die Hände der Sünder ausgeliefert!
42 Steht auf, lasst uns gehen! Seht, der mich überantwortet, ist nahe!“
43 Und sogleich darauf, während er noch redete, erschien Judas, einer von den Zwölfen, und mit ihm eine Schar mit Schwertern und Knüppeln, von den Hohepriestern, den Schriftgelehrten und Ältesten ausgesandt.
44 Sein Verräter hatte aber ein Zeichen mit ihnen verabredet, nämlich: „Der, den ich küssen werde, der istʼs; den nehmt fest und führt ihn sicher ab!“
45 Als er nun ankam, trat er sogleich auf Jesus zu und sagte: „Rabbi!“, und küsste ihn;
46 da legten sie Hand an Jesus und nahmen ihn fest.
47 Einer jedoch von den Dabeistehenden zog das Schwert, schlug auf den Knecht des Hohepriesters ein und hieb ihm das Ohr ab.
48 Jesus aber sagte zu ihnen: „Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen, um mich gefangen zu nehmen.
49 Täglich bin ich bei euch im Tempel gewesen und habe dort gelehrt, und ihr habt mich nicht festgenommen; doch die Aussprüche der Schrift müssen erfüllt werden.“
50 Da verließen ihn alle und ergriffen die Flucht.
51 Aber ein junger Mann folgte ihm nach, der nur einen leinenen Überwurf auf dem bloßen Leib anhatte; den ergriffen sie;
52 er aber ließ seinen Überwurf fahren und entfloh unbekleidet.
53 Sie führten nun Jesus zum Hohepriester ab, und alle Hohepriester, sowie die Ältesten und Schriftgelehrten kamen dort zusammen.
54 Petrus aber war ihm von fern bis hinein in den Palast des Hohepriesters gefolgt; dort hatte er sich zu den Dienern gesetzt und wärmte sich am Feuer.
55 Die Hohepriester aber und der gesamte Hoherat suchten nach einer Zeugenaussage gegen Jesus, um ihn zum Tode verurteilen zu können, fanden jedoch keine;
56 denn viele legten falsches Zeugnis gegen ihn ab, doch ihre Aussagen stimmten nicht überein.
57 Einige traten auch auf und brachten ein falsches Zeugnis gegen ihn vor, indem sie aussagten:
58 „Wir haben ihn sagen hören: ‚Ich werde diesen Tempel, der von Menschenhand errichtet ist, niederreißen und in drei Tagen einen anderen bauen, der nicht von Menschenhand errichtet ist‘“;
59 doch auch darin war ihr Zeugnis nicht übereinstimmend.
60 Da stand der Hohepriester auf, trat in die Mitte und fragte Jesus: „Entgegnest du nichts auf die Aussage dieser Zeugen?“
61 Er aber schwieg und gab keine Antwort. Nochmals befragte ihn der Hohepriester mit den Worten: „Bist du Christus, der Sohn des Hochgelobten?“
62 Jesus antwortete: „Ja, ich bin es, und ihr werdet den Menschensohn sitzen sehen zur Rechten der Macht und kommen mit den Wolken des Himmels!“
63 Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sagte: „Wozu brauchen wir noch weiter Zeugen?
64 Ihr habt die Gotteslästerung gehört: Was urteilt ihr?“ Da gaben sie alle das Urteil über ihn ab, er sei des Todes schuldig.
65 Nun fingen einige an, ihn anzuspucken, ihm das Gesicht zu verhüllen, ihn dann mit der Faust zu schlagen und zu ihm zu sagen: „Weissage uns!“ Auch die Gerichtsdiener versetzten ihm Schläge ins Gesicht.
66 Während nun Petrus unten im Hof des Palastes war, kam eine von den Mägden des Hohepriesters,
67 und als sie Petrus sich am Feuer wärmen sah, blickte sie ihn scharf an und sagte: „Du bist auch mit dem Nazoräer, mit Jesus, zusammen gewesen!“
68 Er aber leugnete es und sagte: „Ich weiß nicht und verstehe nicht, was du da sagst!“ Er ging dann in die Vorhalle des Hofes hinaus,
69 und als die Magd ihn dort sah, fing sie wieder an und sagte zu den Dabeistehenden: „Dieser ist auch einer von ihnen!“
70 Er aber leugnete es wiederum. Nach einer kleinen Weile sagten die Dabeistehenden wieder zu Petrus: „Wahrhaftig, du gehörst zu ihnen! Du bist ja auch ein Galiläer.“
71 Er aber fing an, sich zu verfluchen und mit einem Eid zu beteuern: „Ich kenne diesen Menschen nicht, von dem ihr da redet!“;
72 und alsbald krähte der Hahn zum zweiten Mal. Da dachte Petrus an das Wort Jesu, das er zu ihm gesagt hatte: „Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Als er daran dachte, brach er in Tränen aus.