Kapitel 26
Jesus wird gesalbt – Er hält das Paschamahl und führt das Abendmahl ein – Er leidet in Getsemani, wird von Judas verraten und wird Kajaphas vorgeführt – Petrus leugnet, Jesus zu kennen.
1 Als nun Jesus alle diese Reden beendet hatte, sagte er zu seinen Jüngern:
2 „Ihr wisst, dass übermorgen das Paschafest stattfindet; da wird der Menschensohn zur Kreuzigung ausgeliefert.“
3 Damals kamen die Hohepriester und die Ältesten des Volkes im Palast des Hohepriesters namens Kajaphas zusammen
4 und berieten sich in der Absicht, Jesus mit List festzunehmen und zu töten.
5 Dabei sagten sie aber: „Nur nicht während des Festes, damit keine Unruhen unter dem Volk entstehen!“
6 Als Jesus sich aber in Betanien im Haus Simons des einstmals Aussätzigen befand,
7 trat eine Frau mit einem Alabastergefäß voll kostbaren Salböls an ihn heran und goss es ihm auf das Haupt, während er bei Tisch saß.
8 Als die Jünger das sahen, waren sie aufgebracht und sagten: „Wozu diese Verschwendung?
9 Dieses Salböl hätte man doch teuer verkaufen und den Erlös den Armen geben können.“
10 Als Jesus es merkte, sagte er zu ihnen: „Warum macht ihr der Frau Vorwürfe? Sie hat ja doch ein gutes Werk an mir getan!
11 Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit.
12 Dass sie dieses Öl auf meinen Leib gegossen hat, hat sie für mein Begräbnis getan.
13 Wahrlich, ich sage euch: Wo immer dieses Evangelium in der ganzen Welt verkündet wird, da wird man auch von dem, was diese Frau getan hat, zum ehrenden Gedächtnis an sie erzählen.“
14 Hierauf ging einer von den Zwölfen namens Judas Iskariot zu den Hohepriestern
15 und sagte: „Was wollt ihr mir geben, dass ich ihn euch ausliefere?“ Da zahlten sie ihm dreißig Silberstücke aus.
16 Von da an suchte er nach einer guten Gelegenheit, um ihn auszuliefern.
17 Am ersten Tag der ungesäuerten Brote aber traten die Jünger zu Jesus und fragten ihn: „Wo sollen wir dir alles vorbereiten, damit du das Paschamahl halten kannst?“
18 Er antwortete: „Geht in die Stadt zu dem und dem und sagt zu ihm: ‚Der Meister lässt dir sagen: Meine Zeit ist nahe; bei dir will ich das Paschamahl mit meinen Jüngern halten.‘“
19 Die Jünger taten, wie Jesus ihnen aufgetragen hatte, und bereiteten das Paschamahl.
20 Als es dann Abend geworden war, setzte er sich mit den zwölf Jüngern zu Tisch;
21 und während des Essens sagte er: „Wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich ausliefern!“
22 Da waren sie tiefbetrübt und fragten ihn einer nach dem anderen: „Ich bin es doch nicht etwa, Herr?“
23 Er antwortete: „Der die Hand zusammen mit mir in die Schüssel getaucht hat, der wird mich ausliefern.
24 Der Menschensohn geht zwar dahin, wie über ihn in der Schrift steht; doch wehe dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Für diesen Menschen wäre es besser, er wäre nicht geboren!“
25 Da ergriff Judas, der ihn verraten wollte, das Wort und fragte: „Ich bin es doch nicht etwa, Rabbi?“ Er erwiderte ihm: „Du sagst es.“
26 Während des Essens aber nahm Jesus das Brot, sprach den Lobpreis Gottes, brach das Brot und gab es den Jüngern mit den Worten: „Nehmt, esst! Dies ist mein Leib.“
27 Dann nahm er einen Becher, sprach das Dankgebet und gab ihnen diesen mit den Worten: „Trinkt alle daraus!
28 Denn dies ist mein Blut, das Blut des neuen Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.
29 Ich sage euch aber: Ich werde von nun an von diesem Erzeugnis des Weinstocks nicht mehr trinken bis zu jenem Tag, an dem ich es mit euch neu trinken werde im Reich meines Vaters.“
30 Nachdem sie dann den Lobpreis gesungen hatten, gingen sie aus der Stadt hinaus an den Ölberg.
31 Unterwegs sagte Jesus zu ihnen: „Ihr werdet alle in dieser Nacht an mir Anstoß nehmen; denn es steht geschrieben: ‚Ich werde den Hirten niederschlagen, dann werden die Schafe der Herde sich zerstreuen.‘
32 Nach meiner Auferstehung aber werde ich euch voraus nach Galiläa gehen.“
33 Da antwortete ihm Petrus: „Mögen auch alle an dir Anstoß nehmen: Ich werde niemals an dir Anstoß nehmen!“
34 Jesus erwiderte ihm: „Wahrlich, ich sage dir: Noch in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“
35 Petrus antwortete ihm: „Wenn ich auch mit dir sterben müsste, werde ich dich doch niemals verleugnen!“ Das Gleiche versicherten auch die anderen Jünger alle.
36 Hierauf kam Jesus mit ihnen an einen Ort namens Getsemani und sagte zu den Jüngern: „Setzt euch hier nieder, während ich dorthin gehe und bete!“
37 Dann nahm er Petrus und die beiden Söhne des Zebedäus mit sich und fing an, zu trauern und von Angst erfüllt zu sein.
38 Da sagte er zu ihnen: „Zu Tode betrübt ist meine Seele; bleibt hier und wacht mit mir!“
39 Nachdem er dann ein wenig weitergegangen war, warf er sich auf sein Angesicht nieder und betete mit den Worten: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so lass diesen Kelch an mir vorübergehen! Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst!“
40 Hierauf ging er zu den Jüngern zurück und fand sie schlafend und sagte zu Petrus: „Seid ihr nicht in der Lage gewesen, eine einzige Stunde mit mir zu wachen?
41 Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet! Der Geist ist willig, das Fleisch aber ist schwach.“
42 Wiederum ging er zum zweiten Mal weg und betete mit den Worten: „Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht an mir vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille!“
43 Als er dann zurückkam, fand er sie wieder schlafend, denn die Augen waren ihnen vor Müdigkeit zugefallen.
44 Da verließ er sie, ging wieder weg und betete zum dritten Mal, wieder mit denselben Worten.
45 Hierauf kehrte er zu den Jüngern zurück und sagte zu ihnen: „Schlaft ein andermal und ruht euch aus! Doch jetzt ist die Stunde gekommen, da der Menschensohn in die Hände von Sündern ausgeliefert wird!
46 Steht auf, wir wollen gehen! Seht, mein Verräter ist nahe!“
47 Während er noch redete, da kam plötzlich Judas, einer von den Zwölfen, und mit ihm eine große Schar mit Schwertern und Knüppeln, ausgesandt von den Hohepriestern und Ältesten des Volkes.
48 Sein Verräter hatte aber ein Zeichen mit ihnen verabredet, nämlich: „Der, den ich küssen werde, der ist’s; den nehmt fest!“
49 Er trat also sogleich auf Jesus zu mit den Worten: „Sei gegrüßt, Rabbi!“, und küsste ihn.
50 Jesus aber sagte zu ihm: „Freund, tu das, wozu du hergekommen bist!“ Hierauf traten sie heran, legten Hand an Jesus und nahmen ihn fest.
51 Einer jedoch von den Begleitern Jesu streckte die Hand aus, zog sein Schwert, schlug damit nach dem Knecht des Hohepriesters und hieb ihm das Ohr ab.
52 Da sagte Jesus zu ihm: „Stecke dein Schwert wieder an seinen Ort! Denn wer zum Schwert greift, wird durchs Schwert umkommen!
53 Oder meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten und er würde mir nicht sogleich mehr als zwölf Legionen Engel zu Hilfe senden?
54 Wie sollten dann aber die Aussprüche der Schrift erfüllt werden, dass es so geschehen muss?“
55 In jener Stunde sagte Jesus zu der Menschenmenge: „Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen, um mich gefangen zu nehmen. Täglich habe ich im Tempel gesessen und gelehrt, und ihr habt mich nicht festgenommen.
56 Dies alles ist aber geschehen, damit die Schriften der Propheten erfüllt werden!“ Hierauf verließen ihn die Jünger alle und ergriffen die Flucht.
57 Die Männer aber, die Jesus festgenommen hatten, führten ihn zu dem Hohepriester Kajaphas ab, wo die Schriftgelehrten und die Ältesten sich versammelten.
58 Petrus aber folgte ihm von fern bis zum Palast des Hohepriesters, ging hinein und setzte sich dort zu den Dienern hin, um den Ausgang der Sache abzuwarten.
59 Die Hohepriester aber und der gesamte Hoherat suchten nach einer falschen Zeugenaussage gegen Jesus, um ihn zum Tode verurteilen zu können;
60 doch sie fanden keine, obgleich viele falsche Zeugen herzutraten. Zuletzt aber traten zwei auf
61 und sagten aus: „Dieser Mensch hat behauptet: ‚Ich kann den Tempel Gottes niederreißen und ihn in drei Tagen wieder aufbauen.‘“
62 Da stand der Hohepriester auf und fragte ihn: „Entgegnest du nichts auf das, was diese Zeugen gegen dich aussagen?“ Jesus aber schwieg.
63 Da sagte der Hohepriester zu ihm: „Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott: Sage uns: Bist du Christus, der Sohn Gottes?“
64 Da gab Jesus ihm zur Antwort: „Du sagst es! Doch ich tue euch kund: Von jetzt an werdet ihr den Menschensohn sitzen sehen zur Rechten der Macht und kommen auf den Wolken des Himmels.“
65 Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sagte: „Er hat Gott gelästert! Wozu brauchen wir noch Zeugen? Jetzt habt ihr selbst die Gotteslästerung gehört! Was urteilt ihr?“
66 Sie gaben zur Antwort: „Er ist des Todes schuldig!“
67 Hierauf spuckten sie ihm ins Gesicht und schlugen ihn mit den Fäusten; andere gaben ihm Ohrfeigen
68 und sagten: „Weissage uns, Christus! Wer ist es, der dich geschlagen hat?“
69 Petrus aber saß unterdessen draußen im Hof. Da trat eine Magd auf ihn zu und sagte: „Du bist auch bei Jesus, dem Galiläer, gewesen!“
70 Er aber leugnete es vor allen und sagte: „Ich weiß nicht, was du da sagst!“
71 Als er dann in die Torhalle hinausgegangen war, bemerkte ihn eine andere Magd und sagte zu den Leuten dort: „Dieser ist auch mit Jesus, dem Nazoräer, zusammen gewesen!“
72 Da leugnete er es wieder, diesmal mit einem Eid: „Ich kenne den Menschen nicht!“
73 Nach einer kleinen Weile aber traten die Leute, die dort standen, heran und sagten zu Petrus: „Wahrhaftig, du gehörst auch zu ihnen: Schon deine Sprache verrät dich!“
74 Da fing er an, sich zu verfluchen und zu schwören: „Ich kenne den Menschen nicht!“, und gleich darauf krähte der Hahn.
75 Da dachte Petrus an das Wort Jesu, der ihm gesagt hatte: „Noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Und er ging hinaus und weinte bitterlich.