Religionsunterricht für Jugendliche und junge Erwachsene – Podiumsdiskussion
2. Teil der Gesprächsrunde – Präsident Oaks, Chad Webb, Adam Smith
Präsident Dallin H. Oaks: Bruder Webb. Schön, heute hier bei Ihnen zu sein. Bruder Smith. Fangen wir an.
Bruder Chad Webb: Danke! Wir freuen uns, mit Ihnen hier sein zu dürfen. Vielen Dank auch für diese wunderbare Botschaft. Als wir Ihren Ratschlägen zugehört haben, sind uns einige Fragen gekommen, die wir gern besprechen möchten. Als Erstes: Sie haben über die Nächstenliebe für unsere Schüler gesprochen. Wenn wir unseren Schülern Nächstenliebe entgegenbringen, lehren wir sie das Evangelium und fördern Ihr Verständnis von den wichtigsten Grundsätzen. Wie können wir sichergehen, dass wir bei der großen Auswahl an Sachverhalten, die wir vermitteln können, das in den Mittelpunkt stellen, was für unsere Schüler am wertvollsten ist?
Präsident Oaks: Das Einzigartige am Bildungswesen der Kirche ist der in den heiligen Schriften begründete Auftrag, nicht nur durch Studium Wissen zu erlangen, sondern auch durch Glauben.
Bruder Adam Smith: Wenn ich darüber nachdenke, was für unsere Schüler am wertvollsten ist, lasse ich mich von einer Aussage von Präsident Eyring leiten, die ich anführen möchte. Er fragte: „Welche von allen Wahrheiten, die in diesem Schriftblock betont werden könnten, helfen meinen Schülern, dem Vater im Himmel und dem Erretter näherzukommen, und führen zur Errettung?“ Dann riet er: „Halten Sie nach Grundsätzen Ausschau, die eine Bekehrung herbeiführen, wenn Sie eine Lektion vorbereiten. … Ein Grundsatz, der die Bekehrung bewirkt, führt dazu, dass man dem Willen Gottes gehorcht.“1 Ich entnehme diesem großartigen Ratschlag von Präsident Eyring, dass für unsere Schüler das am wertvollsten ist, was auf persönliche und nachhaltige Weise eine Verbindung zum Vater im Himmel und zu Jesus Christus schafft. Wir müssen das vermitteln, was den Schülern hilft, die Wahrheiten des Evangeliums als wahr zu erkennen, besonders, dass Jesus Christus lebt und dass das Sühnopfer und die Auferstehung tatsächlich geschehen sind. Sie müssen begreifen, dass Jesus Christus tatsächlich die Macht hat, sie zu heilen, ihnen zu helfen, sie zu trösten und zu reinigen. Ich denke, das ist das Wichtigste, was wir vermitteln können.
Präsident Oaks: Eindrucksvoll und wahr.
Bruder Webb: Danke! Das geht auch sehr gut mit dem Gedanken einher, dass sie durch Glauben lernen sollen – dass sie im Glauben handeln und dann vom Heiligen Geist bestätigt bekommen, dass das, was sie lernen und leben, tatsächlich von unserem Vater im Himmel stammt. Vielen Dank! Präsident Oaks, Sie haben auch über die Aufgabe des Heiligen Geistes im Unterricht gesprochen. Ich möchte Sie fragen, welche weiteren Wahrheiten Sie uns über den Heiligen Geist, seinen Einfluss und seine Funktion im Unterricht mitgeben können.
Präsident Oaks: Ich glaube, der Schlüssel zu Eingebungen des Heiligen Geistes ist die Teilnahme am Abendmahl. Denn es gibt eine Verheißung in den Bündnissen, die wir beim Abendmahl schließen, nämlich dass „sein Geist immer mit [uns] sei“. Das ist die Grundlage.
Bruder Webb: Es freut mich, dass Sie das gesagt haben. Es erinnert mich daran, dass ich als junger Lehrer monatelang die Grundsätze studiert habe, auf denen das Wirken des Heiligen Geistes beruht. Und ich denke, es ist gut für uns alle, wenn wir uns weiterhin damit beschäftigen. Das Wichtigste jedoch, was ich herausgefunden habe, ist genau, was Sie eben gesagt haben: dass in den Abendmahlsgebeten gesagt wird, dass sein Geist mit uns sein wird, wenn wir immer an ihn denken. Und zwar nicht nur während des Abendmahls oder am Sonntag, sondern immer – auch in unserem Klassenzimmer. Wenn wir den Erretter in den Mittelpunkt stellen, wenn wir ihn als Vorbild dafür sehen, wie man das Evangelium lebt, und seine Macht und seine Lehren auf uns wirken lassen – wenn wir an ihn denken, wird der Heilige Geist das Lernen unterstützen. Die wichtigste Aufgabe des Heiligen Geistes ist meiner Meinung nach, Zeugnis für unseren liebenden Vater im Himmel abzulegen und für Jesus Christus als Mittelpunkt im Plan des Vaters im Himmel. Wenn wir also den Heiligen Geist im Unterricht haben möchten, sprechen wir am besten über das, wofür er Zeugnis ablegen wird. Wunderbarer Gedanke. Danke, Präsident Oaks.
Präsident Oaks: Präsident Nelson hat mit den folgenden Worten bekräftigt, wie wichtig das in unserer heutigen Zeit ist: Er sagte: „Es wird in künftigen Tagen nicht möglich sein, ohne den führenden, leitenden, tröstenden und steten Einfluss des Heiligen Geistes geistig zu überleben.“2
Bruder Webb: Danke! Danke für Ihre Kommentare. Das bringt mich zu dieser Frage: Wir haben nun darüber gesprochen, worauf sich die Lehrer konzentrieren können, damit der Heilige Geist anwesend ist. Wie helfen wir unseren Schülern, festzulegen, was in ihrem Leben am wichtigsten ist?
Präsident Oaks: Ich denke, wir und unsere Schüler sind heutzutage von sehr vielen weltlichen Einflüssen umgeben. Ich denke, dass wir dabei nie vergessen dürfen, dass die Dinge der Welt – das, was die Welt für wichtig hält, was auch immer das sein mag – von vergänglichem Wert sind. Im Verlauf der Zeit sind sie weniger wichtig als die Grundsätze, die dazu führen, dass wir den Zweck des Lebens und unsere Bestimmung in der Ewigkeit verstehen. Was sagen Sie dazu, Bruder Smith?
Bruder Smith: Präsident Oaks, als Sie das gesagt haben, ist mir eine Schriftstelle eingefallen. Als der Erretter ein inniges Gebet sprach, bevor er nach Getsemani ging, sagte er: „Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus.“3 Ich denke, wir müssen den Schülern erklären, dass sie für sich festlegen müssen: Wenn ich damit meine Zeit verbringe und dem meine Aufmerksamkeit schenke, werde ich dadurch den Vater im Himmel und Jesus Christus kennen und lieben lernen? Ich verbinde damit auch einen Gedanken, den Sie uns unlängst in einer Generalkonferenz mitgeteilt haben, Präsident Oaks, nämlich die Frage zu stellen: „Wo führt das hin?“ Man kann diese Frage in diesem Kontext stellen: „Führt mich das näher zum Vater im Himmel und zu Jesus Christus? Führt mich das dazu, meiner göttlichen Bestimmung gerecht zu werden?“ Ich glaube, das kann für jeden von uns ein wirksamer Filter sein. Wir können unseren Schülern beibringen, wie sie diesen Filter auf ihre Entscheidungen anwenden können, womit sie ihre Zeit verbringen und was sie sich anschauen und anhören. Die Entscheidung müssen sie dann selbst treffen. Aber wir können ihnen helfen, sich zu fragen: „Wo führt das hin? Und führt es mich näher zum Vater im Himmel und zu Jesus Christus?“
Präsident Oaks: Das ist äußerst wichtig. Wie bedeutsam es wäre, wenn alle unsere Schüler diesen Grundsatz verständen!
Bruder Webb: Und wenn die Lehrer das vermitteln und für die Grundsätze Zeugnis geben, die der Heilige Geist als wichtig bestätigen kann – nicht nur, dass diese Grundsätze wahr sind, sondern dass sie für ihr Leben wichtig sind. Ich würde auch gern den Gedanken der Relevanz ansprechen. Ich denke da an alles, was wir tun können, damit die Schüler merken, dass diese Grundsätze für ihr Leben relevant sind. Manchmal drücken wir uns so aus, dass es wirkt, als würden die verschiedenen Dinge um ihre Zeit oder Aufmerksamkeit konkurrieren. Manchmal müssen wir auch tatsächlich einer Sache den Vorzug geben, die wertvoller ist. Aber ich glaube, wir können ihnen auch zeigen, wie das Evangelium in den Alltag hineinspielt. Als Student habe ich zum Beispiel gelernt, dass das Studium besser lief, wenn ich den Sabbat heilighielt und vor dem Lernen in den heiligen Schriften studierte, als wenn ich es getrennt hätte und gesagt hätte: „Ich nehme mir Zeit für das Geistige und ich nehme mir auch Zeit für das Zeitliche.“ In jedem Aspekt des Lebens ist es so: Wenn man den Vater im Himmel einbezieht, wenn man seinen Geist bittet, einem zu helfen – dann erkennt man selbst in den Dingen, die unsere Schüler als eher zeitlich einschätzen würden, die Relevanz des Evangeliums in dem, was man erreichen möchte. Anstatt um unsere Zeit zu konkurrieren, kommen diese Bereiche zusammen.
Präsident Oaks: Und dann erinnern wir uns, dass der Herr uns verkündet hat, dass er nie ein zeitliches Gebot gegeben hat. Alle seine Gebote und Weisungen sind geistiger Natur.
Bruder Smith: Mir fiel dabei noch die Initiative für Kinder und Jugendliche der Kirche ein, zumindest für unsere Seminarschüler. Das ist ein sehr nützliches Hilfsmittel, um dem Evangelium Relevanz zu verleihen und praktische Ziele zu setzen, wie man das Evangelium anwenden kann, um in jedem Aspekt unseres Lebens mehr wie der Erretter zu werden.
Präsident Oaks: In der Tat. Ich möchte nun zwei Männern, die von Beruf Religionslehrer sind, eine Frage stellen: Was haben Sie und Ihre Mitarbeiter während der Pandemie, die wir alle erlebt haben, über das Unterrichten des Evangeliums Jesu Christi gelernt?
Bruder Smith: Ich würde sagen, wir haben vor allem gelernt – oder eher, wurden daran erinnert oder es trat deutlich zutage –, dass wir wunderbare Lehrer haben, dass sie Gott wirklich lieben und ihre Schüler schätzen. Sie haben Überragendes geleistet, wofür wir zutiefst dankbar sind. Durch die Pandemie ist auch das seelsorgerische Element des Religionsunterrichts deutlicher sichtbar geworden. Wir werden immer besser darin, den Schülern zuzuhören, ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten zu erkennen und auf sie einzugehen, sie so zu lieben, wie sie sind, und kreative Möglichkeiten zu finden, damit sie dem Vater im Himmel und Jesus Christus näherkommen. Ich denke, in dieser schwierigen Zeit der Pandemie haben wir auch gesehen, dass den Lehrern, die von Herzen versuchen, Gott zu lieben und für ihre Schüler da zu sein und ihr Bestes zu geben, göttliche Hilfe zuteilwird.
Bruder Webb: Das ist sehr gut ausgedrückt. Ich möchte mich auch bedanken und meine Wertschätzung ausdrücken. Wissen Sie, manche Lehrer haben persönlich unterrichtet, andere haben gelernt, digital zu unterrichten. Manche mussten Masken tragen, die manchmal unbequem sind. Manche haben sich einem Risiko ausgesetzt. Aber sie haben es aus Nächstenliebe für ihre Schüler und aus Liebe zu Gott getan und waren so engagiert. Ich möchte Ihnen für all die Opfer und Anstrengungen in dieser äußerst schwierigen Zeit danken.
Präsident Oaks: Ich schließe mich im Namen der Ersten Präsidentschaft Ihrem Dank an. Wir empfinden Hochachtung für Sie, liebe Brüder und Schwestern, die Sie im Seminar und im Institut, an Universitäten und Hochschulen Religion unterrichten.
Bruder Webb: Danke, das bedeutet uns viel. Es gibt eine Frage, die ich Ihnen aufgrund Ihrer Aussagen bei anderen Veranstaltungen unbedingt stellen wollte: Warum ist es wichtig, dass wir Grundsätze vermitteln, nicht Regeln?
Präsident Oaks: Es freut mich, dass Sie danach fragen. Das ist eins meiner Lieblingsthemen. In einem lesenswerten Beitrag in der Church News hat Tad R. Callister, unser ehemaliger Präsident der Sonntagsschule, dazu gesagt: „Erstens sind Regeln oft auf eine oder mehrere konkrete Situationen begrenzt, während Grundsätze meist einen größeren Anwendungsbereich haben. Zweitens schaffen Grundsätze Bedingungen für maximale Entscheidungsfreiheit, während Regeln diese Freiheit begrenzen, indem sie unsere Entscheidungen einschränken oder gar vorgeben.“ Ich möchte hinzufügen, dass der Erretter das Gesetz des Mose, das auf Regeln beruhte, durch das höhere Gesetz Christi ersetzte, das auf Grundsätzen beruht. Bruder Callister hat dazu Folgendes gesagt: „Grundsätze sind mit dem höheren Gesetz vereinbar, Regeln mit dem geringeren. Wir sollten stets die Grundsätze der Lehre vermitteln. Warum? Weil Grundsätze es uns am ehesten ermöglichen, uns zu celestialen Höhen aufzuschwingen, und schlussendlich werden im celestialen Reich Grundsätze – nicht Regeln – gelten.“4 Ende des Zitats.
Bruder Webb: Wunderbarer Gedanke. Das hat auch einen weiteren Vorteil. Ich habe vor Kurzem mit einigen Lehrern gesprochen, die mir sagten, es gäbe jetzt im Unterricht mehr – sie verwendeten das Wort „Auseinandersetzungen“, da die Schüler mehr Fragen stellen und Sachverhalte unterschiedlich betrachten und wahrnehmen. Und was Sie gerade gesagt haben, passt wunderbar dazu. Es hat mich an diese Unterhaltung erinnert, und mir ist klar geworden, dass man in einer solchen Situation nicht die Anwendung besprechen sollte, wo sie dann diskutieren, wie was in ihrer Situation anzuwenden ist, sondern dass man den Grundsatz des Evangeliums vermitteln sollte. Zurück zu den Wurzeln – wir lehren den Plan der Erlösung, die Lehre Christi und die Grundsätze des Evangeliums und lassen sie all das mit der Hilfe des Heiligen Geistes selbst auf sich anwenden.
Präsident Oaks: Gut gesagt!
Bruder Webb: Ich denke, das ist für das, was wir erreichen wollen, sehr praktisch und hilfreich. Danke, Präsident Oaks. Bruder Smith, möchten Sie etwas hinzufügen?
Bruder Smith: Ja. Das geht in die Richtung von dem, was Sie gesagt haben, Bruder Webb. Wenn wir statt der Anwendung den Grundsatz vermitteln, laden wir außerdem den Schüler ein, den Lernprozess mitzugestalten und Eigenverantwortung für sein geistiges Wachstum zu übernehmen. Er kann sich um persönliche Offenbarung zu dem Grundsatz bemühen, darüber lesen und nachdenken und selbst überlegen, wie er ihn am besten auf seine persönliche Situation anwendet.
Bruder Webb: Danke! Die Frage, die sich nun automatisch stellt, ist: Bei all den Einflüssen, all den Stimmen in der Welt – wie helfen wir unseren Schülern, die vielen Einflüsse in der Gesellschaft zu unterscheiden?
Präsident Oaks: Uns muss klar sein, dass der Teufel der Vater der Lügen ist – „ein Lügner … von Anfang an“5, wie es in den Schriften heißt. Am gerissensten verbreitet er seine Lügen, indem er sie mit der Wahrheit vermischt. Dadurch werden auch gute Menschen bei ihrer Suche von seiner Mischung aus Wahrheit und Lüge angezogen und beeinflusst. Zum Wertvollsten, was wir im Leben lernen können, gehört daher, die Eingebungen des Heiligen Geistes zu erkennen, durch die wir merken, was wahr ist und was nicht.
Bruder Smith: Außerdem löst der Widersacher in seiner Mischung aus Wahrheit und Lügen die Wahrheit aus dem Kontext der Ewigkeit und aus ihrem Platz in Gottes Plan. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie falsch angewendet oder falsch verstanden wird. Zum Beispiel haben Sie vor wenigen Minuten über den Grundsatz der Liebe und seinen Platz in Gottes Plan gesprochen, Präsident Oaks – wie wichtig es ist, Gott und unseren Nächsten zu lieben, und dass Liebe der Grund ist, warum der Vater im Himmel uns auf das ewige Leben vorbereiten möchte, was – wie wir wissen – die größte aller Gaben Gottes ist. So ist es auch unsere Liebe zu Gott, die uns motiviert, andere selbstlos zu lieben und ihnen zu dienen. Nun, wenn der Widersacher den Grundsatz der Liebe erfolgreich aus seinem Kontext löst, kann er leicht verdreht werden. Und jemand, der Liebe missversteht, widmet sich möglicherweise einer falschen Sache. Er wird womöglich gar Gottes Gesetzen und Gottes Propheten widersprechen, weil das Herauslösen der Wahrheit aus dem Kontext der Ewigkeit zu einer Verfälschung oder einem zusammenhanglosen Verständnis führen kann. So geht der Widersacher mit vielen Grundsätzen vor.
Präsident Oaks: Das sehen wir heute in der Welt immer wieder, nicht wahr? Bruder Webb, wie geht man als Lehrer am besten mit Fragen um, die den Schülern derzeit Sorge bereiten, wie Fragen zu schwierigen Themen in der Geschichte der Kirche, Fragen zum Thema LGBT, Fragen zu den Einschränkungen der Regierung aufgrund der Pandemie und so weiter? Es gibt unzählige solcher Fragen. Wie geht man im Religionsunterricht am besten mit solchen Fragen um?
Bruder Webb: Das ist eine sehr gute Frage, Lehrer haben ständig damit zu tun. Als Erstes möchte ich sagen, dass ich die Aufforderung des Apostels Paulus wunderbar finde, dass wir von der Liebe geleitet lehren sollen. Natürlich müssen wir das Evangelium lehren. Wir müssen die Worte aus den Schriften und der neuzeitlichen Propheten lehren. Wir müssen Wahrheit lehren. Es hilft niemandem, wenn wir etwas lehren, was nicht wahr ist. Das führt nicht zu Glücklichsein. Der andere Aspekt ist aber auch äußerst wichtig: dass er sagt, dass wir von der Liebe geleitet sein sollen, was Sie heute auch aufgegriffen haben. Da sollten wir bei den Beziehungen anfangen. Es wurde viel geforscht und eindeutig nachgewiesen, dass das Lernen der Schüler von Beziehungen abhängt. Eine gute Beziehung fängt für mich damit an, dass der Lehrer bereit ist, zuzuhören, also den Schüler und seine Situation wirklich zu verstehen, und mitfühlend versucht, dessen Bedürfnisse herauszufinden. Ich denke, wir müssen auch anerkennen, dass jeder etwas beizutragen hat, dass wir einander brauchen. Wir brauchen die Erfahrungen der anderen, um daraus zu lernen. Es gibt so viel zu dieser Frage zu sagen, es ist eine wunderbare Frage. Meine Antwort ist, dass wir von der Liebe geleitet lehren, und das heißt, dass wir Beziehungen aufbauen, damit wir einander vertrauen, gemeinsam lernen und gemeinsam den Heiligen Geist einladen.
Präsident Oaks: Was sie über Beziehungen gesagt haben, erinnert mich an eine wunderbare Ansprache, die der Präsident der Jungen Männer, Steven J. Lund, vor kurzem bei der Frauenkonferenz der BYU gehalten hat. Er sagte dort, dass wir durch Beziehungen diejenigen motivieren können, die nach Vorbildern und Mentoren suchen. Er sagte: „Unsere Forscher haben herausgefunden, dass die geistige Entwicklung der Jugendlichen in der Kirche zum großen Teil von ihren Beziehungen abhängt – unter anderem zu ihren Eltern, Freunden und Lehrern. Die Beziehungen zu Führungsverantwortlichen entstehen am ehesten im Seminar, in der Sonntagsschule, im Kollegium und in den Klassen, wo sie ihre Leiter und die anderen Mitglieder respektieren und lieben lernen.“6 Ende des Zitats. All das ist eine beeindruckende Bestätigung dafür, wie wichtig es ist, dass die Lehrer ihre Schüler wertschätzen und mit ihnen arbeiten. Das Vertrauen, das sich dadurch entwickelt, verleiht ihnen die Stärke, die Antworten auf schwierige Fragen selbst zu finden.
Bruder Webb: Danke! Ja, ich glaube, dass Beziehungen von zentraler Bedeutung für das sind, was wir erreichen wollen. Davon ausgehend, was Sie gerade vorgelesen haben, können wir also im Seminar auch dazu beitragen, dass sie andere Beziehungen stärken. Sie haben die Initiative für Jugendliche erwähnt. Wir können sie an die Jugendlichen mit Führungsaufgaben verweisen, an ihren Bischof, an die JD-Präsidentin. Wir können ihnen dadurch, wie wir über Familien sprechen, helfen, ihre Beziehung zu ihren Eltern zu stärken, sie zu ihren Eltern lenken. Ich finde das alles äußerst wichtig – nicht nur selbst eine Beziehung zu ihnen aufzubauen, sondern ihre Beziehungen zu anderen, die sie in die richtige Richtung weisen, zu stärken. Danke dafür. Vor diesem Hintergrund würde ich gern ein wenig mehr darüber sprechen, wie wir diese wichtigen Grundsätze vermitteln können, ohne die jungen Menschen vor den Kopf zu stoßen, zu verschrecken oder vom Evangelium wegzubringen. Ich möchte ein Beispiel erzählen, um die Frage klarer zu umreißen. Erst letzte Woche rief mich wieder ein Lehrer an, der mir erzählte, dass eine Mutter ihre Tochter vom Seminar abgemeldet hatte, weil er Grundsätze zum Thema Familie und die Bedeutung der Familie vermittelt hatte. Diese Mutter fühlte sich wegen ihrer Familiensituation verletzt und wollte nicht, dass ihr Kind über die entscheidende Rolle der Familie belehrt wird – selbst nicht im Kontext des Erlösungsplans. Der Lehrer war sehr traurig, diese Schülerin zu verlieren, und fragte mich: „Wie vermittle ich Wahrheit? Wie gehe ich damit in dieser Welt um, wo wir niemanden vor den Kopf stoßen wollen, aber unseren Schülern das Evangelium trotzdem klar vermitteln müssen?“
Präsident Oaks: Ein sehr gutes Beispiel. Bruder Smith, was haben Sie zu diesem Thema zu sagen?
Bruder Smith: Nun, ich dachte wieder an Beziehungen. Ich weiß, wir haben gerade erst davon gesprochen. Aber ich denke, ein Schüler, der seinem Lehrer vertraut und merkt, dass dieser ihn schätzt, wird sich öffnen. Manchmal gehen Mauern hoch, wenn wir ein Ideal vermitteln, das nicht der Lebenssituation des Schülers entspricht. Solche Mauern fangen am ehesten zu bröckeln an, wenn der Schüler den Lehrer mag und ihm vertraut. Das ist also wirklich wichtig. Ich möchte damit den Kommentar zur vorherigen Frage untermauern. Wir müssen eine Beziehung zu den Schülern aufbauen.
Präsident Oaks: In der Tat. Ich denke, wir müssen verstehen, dass wir nicht mit allem einverstanden sein müssen, was uns präsentiert wird – ob von einem Schüler, den Eltern eines Schülers oder anderen in der Gesellschaft. Es ist nicht unsere Aufgabe, alle Ansichten und Weltanschauungen, die es gibt, zu bekräftigen. Unsere Aufgabe ist, die Wahrheit zu lehren. Dabei müssen wir jedoch darauf achten, dass wir nie vor der Verantwortung zurückweichen, die uns der Erretter gegeben hat, nämlich unseren Nächsten zu lieben. Was wir auch tun, muss aus und mit Liebe geschehen, damit wir uns keiner Person entgegenstellen. Wir vermitteln stattdessen unsere Lehren, sodass die Lehren den irrigen Ansichten gegenüberstehen. Brigham Young, der für sich genommen ziemlich kämpferisch war, hat den Unterschied deutlich herausgearbeitet, wie ich kürzlich in den „Discourses of Brigham Young“ gelesen habe. In einer seiner Ansprachen sagte er, und ich zitiere: „Es hat noch niemals meine Gefühle gegenüber den Menschen, ob Mann oder Frau, geändert, ob sie an das gleiche glauben wie ich oder nicht. Könnt ihr als Nachbarn mit mir leben? Ich kann es mit euch; und es beunruhigt mich nicht sonderlich, ob ihr an das gleiche glaubt wie ich oder nicht.“7 Damit endet das Zitat von Brigham Young. Das war eine unerwartete Quelle einer solch deutlichen Botschaft, dass wir liebevoll mit denjenigen umgehen können, deren Meinung wir nicht teilen.
Bruder Webb: Das ist ein guter Hinweis für unsere Lehrer. Ich denke, eine der wichtigsten Eigenschaften eines Jüngers Christi in der heutigen Zeit ist, dass man unterschiedlicher Meinung sein kann und die Leute weiterhin gern hat und in der Beziehung zu ihnen aufrichtig bleibt, auch wenn man unterschiedliche Ansichten hat.
Präsident Oaks: Die andere Seite davon ist, dass wir uns bemühen müssen, dass unsere Wertschätzung und Akzeptanz – der freimütige Umgang mit unseren Mitmenschen – nicht als Zustimmung missverstanden wird. Das ist ein schmaler Grat. In der Politik und im öffentlichen Leben sehen wir von verschiedenen Akteuren immer wieder, dass das nicht erkannt wird. Oft nehmen Menschen an, dass wir etwas billigen, weil wir mit den Menschen, die daran beteiligt sind, liebevoll umgehen.
Bruder Webb: Das bringt alles zusammen, oder? Da geht es wieder um Beziehungen, ums Zuhören und Mitfühlen. Es geht aber auch wieder darum, Grundsätze zu lehren. Es geht darauf zurück, warum wir glauben, was wir leben. Und das basiert auf dem Erlösungsplan und auf der Lehre Christi. Wir müssen das alles zusammen betrachten und auf diesem schmalen Grat balancieren.
Präsident Oaks: Ich denke, das geht auch auf das erste und wichtigste Gebot zurück, nämlich Gott zu lieben. Der Erretter sagte dazu: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“8 Und das zweite Gebot ist dann, unseren Nächsten zu lieben. Dass wir unseren Nächsten lieben, heißt also nicht, dass wir nicht zuerst Gott lieben und zuerst seine Gebote halten.
Bruder Webb: Danke!
Bruder Smith: Ich stelle mir vor, dass ein Lehrer voller Liebe die Wahrheit verkündet und mutig die Lehre Christi verteidigt, aber auch seine Schüler gern hat, wodurch sich die Schüler geborgen fühlen und den Lehrer mögen und ihm vertrauen. Wenn dann ein Schüler mit einem Aspekt der Lehre Christi – oder vielleicht besser gesagt, mit einem Grundsatz des Evangeliums – nicht einverstanden ist, kommt er trotzdem weiter zum Unterricht. Er geht weiter zum Institut oder zum Seminar, weil er sich sicher fühlt, weil er das Gefühl hat, er kann in dieser Atmosphäre Glauben an Jesus Christus entwickeln. Deswegen ist dieses Gleichgewicht, von dem wir reden, so wichtig: klar und deutlich die Wahrheit zu verteidigen und diejenigen, die der Wahrheit nicht zustimmen, zu lieben, damit die Seminar- oder Institutsklasse ein Zufluchtsort für die Schüler ist.
Präsident Oaks: Mir ist wichtig, anzumerken, dass unsere Zuhörer, die im Institut unterrichten oder an Universitäten und Hochschulen Religion unterrichten, in dieser Hinsicht vor einer größeren Herausforderung stehen. Die Schüler sind in diesem Alter reifer und denken eigenständiger. Es ist also wahrscheinlicher, dass sie auf Konfrontation gehen, als das im Seminar der Fall ist. Es gelten jedoch dieselben Grundsätze. Die Umsetzung hängt von der Situation und der Reife des Schülers ab, aber es gelten die Grundsätze, über die wir hier gesprochen haben.
Bruder Webb: Danke!
Präsident Oaks: Ich möchte eine Frage stellen, die vom bisherigen Thema etwas abweicht, die aber heutzutage von Bedeutung ist: Wie können wir unsere Schüler dazu überreden, im Unterricht das Handy zur Seite zu legen?
Bruder Webb: Das ist eine großartige Frage, die sogar mit dem Thema Konfrontation im Unterricht zusammenhängt, denn manchmal kommt es genau deswegen dazu, nicht wahr? Also – Bruder Smith?
Bruder Smith: Ich denke, es gibt definitiv Momente im Unterricht, wo das Handy stört und die Schüler ihr Handy weglegen sollten. Ich denke, das funktioniert am ehesten, wenn der Unterricht fesselnd und begeisternd ist. Elder Ballard – oder eher Präsident Ballard – hat uns einmal gesagt, unser Unterricht muss begeisternd sein. Ich glaube, es gibt aber auch Situationen, in denen wir die Schüler einladen können, ihr Handy zum Lernen zu benutzen. Dank des Materials auf ChurchofJesusChrist.org und in der App „Archiv Kirchenliteratur“ können wir sicherlich ab und zu das Interesse der Schüler wecken, indem wir glaubensstärkende Inhalte auf ihrem Handy einbeziehen. Ich glaube, darin kann auch ein Segen liegen. Es kann sich positiv auswirken. Sie merken dann, dass das Handy nicht nur zum Spielen da ist oder für die sozialen Medien oder – für einige – eine Quelle der Versuchung darstellt. Sie lernen, dass sie mit demselben Gerät auch Glauben an Jesus Christus entwickeln können. Ich denke, dazu braucht der Lehrer Inspiration – und es muss Ausgewogenheit geben. Ich glaube, der Herr wird uns dabei helfen, Gelegenheiten zu finden, über das Handy ihren Glauben zu stärken, aber auch zu merken, wann wir die Handys ausschalten und weglegen sollten.
Präsident Oaks: Ihr Gedanke, dass wir Handys nicht ablehnend gegenüberstehen sollten, erinnert mich an ein Erlebnis von früher – vor etwa 10 oder 15 Jahren – als ich einmal eine Sonntagsschulklasse mit Jugendlichen im Seminar-Alter besuchte. Ich hatte eine ablehnende Einstellung zu Handys. Doch als ich mich in der Klasse mit den etwa zwölf Schülern umschaute, merkte ich, dass nur ein Jugendlicher seine Schriften in Buchform dabei hatte. Alle lasen die Schriften und die Lektion auf ihrem Handy mit. Da habe ich erkannt, dass es nicht darum geht, Handys zu verbieten, sondern um eine ausgewogene Nutzung.
Bruder Webb: Das fasst es gut zusammen, danke. Präsident Oaks, es war eine Freude, mit Ihnen zu sprechen. Danke für Ihre Ratschläge. Wir würden uns gern kurz die Zeit nehmen – Bruder Smith, Sie vielleicht zuerst –, dass jeder ein Zeugnis gibt. Anschließend werde ich das tun und überlasse Ihnen die restliche Zeit.
Bruder Smith: Danke! Wenn ich an den heiligen Auftrag denke, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Kirche zu unterrichten, vor allem im Bildungswesen, kommt mir in den Sinn, was unser geliebter Prophet, Präsident Russell M. Nelson, gesagt hat: „Viele [der] edelsten Geister [Gottes] – … vielleicht … sein bestes Team [– wurden] zu genau dieser Zeit auf die Erde gesandt. … [Sie zählen] zu den Allerbesten, die der Herr jemals auf diese Welt gesandt hat.“9 Ich möchte Ihnen sagen, dass ich überzeugt davon bin, dass die jungen Leute, die wir unterrichten, alles sind, was die Propheten Gottes uns über sie gesagt haben. Es ist ein heiliges Vorrecht, dass wir ihnen bezeugen dürfen, dass Jesus Christus lebt und dass das Sühnopfer und die Auferstehung tatsächlich geschehen sind. Und ich gebe heute mein Zeugnis, dass Jesus Christus das Sühnopfer erbracht hat und auferstanden ist; dass dies seine Kirche ist; dass wir von Gottes lebenden Propheten, Sehern und Offenbarern geführt werden; und dass wir in seinem Werk mitwirken, wenn wir die Jugendlichen in den Letzten Tagen unterrichten. Ich gebe dieses Zeugnis im Namen Jesu Christi. Amen.
Bruder Webb: Amen. Ich möchte dem mein Zeugnis hinzufügen, dass wir tatsächlich einen liebenden Vater im Himmel haben und dass Jesus Christus der Erretter und Erlöser der Welt ist; dass dies seine Kirche und sein Reich auf Erden ist. Ich bin so dankbar dafür, dass ich jeden Tag meines Lebens Zeugnis für ihn geben und anderen sein Evangelium beibringen darf. Ich bin dankbar für diejenigen, die mich unterrichtet haben, die mir durch ihren Glauben und ihr Zeugnis ein Segen waren. Ich bin dankbar, gemeinsam mit Ihnen das wiederhergestellte Evangelium Jesu Christi zu unterrichten. Da ich gerade an die Liebe unseres Vaters im Himmel denke, möchte ich kurz erwähnen, dass wir oft darüber sprechen, wie sehr der Vater im Himmel unsere Schüler liebt. Ich möchte dem hinzufügen, dass ich weiß, dass der Vater im Himmel Sie liebt. Er ist dankbar dafür, dass Sie Ihr Leben damit verbringen, seine Kinder zu unterrichten. Er liebt Ihre Familie. Und während Sie ihm weiter treu dienen und seine Kinder unterrichten, wird er Sie und Ihre Familie segnen, so wie Sie seinen Kindern durch Ihren Unterricht und Ihr Zeugnis und Ihr Vorbild ein Segen sind. Danke für das, was Sie sind und was Sie tun. Im Namen Jesu Christi. Amen.
Präsident Oaks: Amen. Ich möchte mein Zeugnis dem Zeugnis dieser wunderbaren Diener des Herrn hinzufügen. Ich gebe Zeugnis für den Vater und den Sohn, durch die Macht des Heiligen Geistes. Ich bezeuge, dass dies das Werk des Herrn ist und dass Sie seine Diener sind, Lehrer des Evangeliums Jesu Christi. Ich erflehe den Segen des Himmels für Sie, während Sie dem Herrn dienen und mit Ihren Familien der Bestimmung entgegengehen, die Gott für seine würdigen Kinder vorgesehen hat: nämlich ewiges Leben. Dies tue ich im Namen Jesu Christi. Amen.
Alle: Amen.