Durch seine Kirche zu seinem Evangelium bekehrt
Die Kirche ist dazu da, dass wir das Evangelium besser leben können.
Mir bedeuten das Evangelium Jesu Christi und die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage sehr viel. Manchmal benutzen wir die Ausdrücke Evangelium und Kirche fast gleichlautend, doch sie bedeuten nicht dasselbe. Sie sind jedoch auf wunderbare Weise miteinander verknüpft und wir brauchen beide.
Das Evangelium ist der herrliche Plan Gottes, nach dem wir als seine Kinder die Gelegenheit bekommen, alles zu empfangen, was der Vater hat (siehe LuB 84:38). Dies wird als das ewige Leben bezeichnet und als „die größte aller Gaben Gottes“ (LuB 14:7). Ein entscheidender Teil dieses Plans sind unsere Erfahrungen auf der Erde. Hier sollen wir Glauben entwickeln (siehe Moroni 7:26), umkehren (siehe Mosia 3:12) und uns mit Gott versöhnen (siehe Jakob 4:11).
Wegen unserer irdischen Schwächen und weil es „in allen Dingen einen Gegensatz“ gibt (2 Nephi 2:11), sollte dieses Leben sehr schwierig werden und wir sollten uns nicht selbst von unseren Sünden reinigen können. Es war ein Erlöser erforderlich. Als Elohim, der ewige Gott und Vater des Geistes aller Menschen, seinen Erlösungsplan vorstellte, gab es einen unter uns, der sagte: „Hier bin ich, sende mich“ (Abraham 3:27). Sein Name war Jehova.
Als Sohn eines himmlischen Vaters, sowohl geistig als auch körperlich, besaß er die Allmacht, die Welt zu überwinden. Als Sohn einer irdischen Mutter war er dem Schmerz und Leid des irdischen Daseins unterworfen. Der große Jehova wurde auch Jesus genannt. Zusätzlich erhielt er den Titel Christus, was „der Messias“ oder „der Gesalbte“ bedeutet. Sein krönendes Werk war das Sühnopfer, bei dem er „hinabgefahren ist unter alles“ (LuB 88:6) und damit befähigt wurde, jeden von uns loszukaufen.
Die Kirche wurde von Christus aufgerichtet, als er auf Erden wirkte, sie ist „auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut“ (Epheser 2:20). In dieser „Evangeliumszeit der Fülle“ (LuB 128:18) stellte der Herr wieder her, was schon einmal bestand, und er gab dem Propheten Joseph Smith konkret mit auf den Weg: „Ich werde durch deine Hand eine Kirche aufrichten.“ (LuB 31:7.) Jesus Christus war und ist das Oberhaupt seiner Kirche und wird auf der Erde von Propheten vertreten, die apostolische Vollmacht besitzen.
Dies ist eine großartige Kirche. Ihre Organisation, ihr Wirkungsgrad und ihre reine Güte werden von allen geachtet, die aufrichtig danach streben, sie zu verstehen. In der Kirche gibt es Programme für Kinder, Jugendliche, Männer und Frauen. Es gibt schöne Versammlungshäuser, über 18.000 an der Zahl. Insgesamt 136 erhabene Tempel bedecken die ganze Erde, 30 weitere befinden sich in Bau oder sind angekündigt. Eine mächtige Truppe von über 56.000 jungen und weniger jungen Vollzeitmissionaren leistet in 150 Ländern Missionsdienst. Die humanitäre Arbeit der Kirche in aller Welt beweist auf wundervolle Weise, wie großzügig unsere Mitglieder sind. Durch unser Wohlfahrtssystem wird für die Mitglieder gesorgt und Eigenständigkeit auf eine Weise gefördert, die ihresgleichen sucht. In dieser Kirche sind selbstlose Führungsbeamte ehrenamtlich tätig, und wir bilden eine Gemeinschaft von Heiligen, die willens sind, einander auf bemerkenswerte Weise zu dienen. Es gibt auf der ganzen Welt nichts, was sich mit dieser Kirche vergleichen ließe.
Als ich geboren wurde, wohnte meine Familie in einer winzigen Hütte auf dem Gelände eines großartigen historischen Versammlungshauses der Kirche, dem Tabernakel in Honolulu. Ich entschuldige mich hiermit bei meinen lieben Freunden in der Präsidierenden Bischofschaft, die für die Liegenschaften der Kirche zuständig sind. Als Junge habe ich nämlich jeden Zentimeter dieses Grundstücks über-, unter- oder durchklettert – vom Grund des wassergefüllten Brunnenbeckens bis ganz nach oben ins Innere der beeindruckenden beleuchteten Turmspitze. Wir schaukelten sogar (wie Tarzan) an den langen Ranken der riesigen Banyan-Feigenbäume auf dem Grundstück.
Die Kirche war unser Ein und Alles. Wir besuchten eine Menge Versammlungen, sogar mehr als heutzutage. Zur PV gingen wir donnerstagnachmittags. Die FHV fand dienstagmorgens statt. Die gemeinsamen Aktivitäten für Jugendliche waren mittwochabends. Samstags gab es Gemeindeaktivitäten. Am Sonntag gingen alle männlichen Mitglieder morgens zur Priestertumsversammlung. Mittags hatten wir Sonntagsschule. Am Abend kamen wir wieder, zur Abendmahlsversammlung. Mit all den Versammlungen und den damit verbundenen Wegen schienen wir unsere Zeit den ganzen Sonntag lang und an den meisten übrigen Wochentagen mit Kirchenveranstaltungen zu verbringen.
So viel mir die Kirche auch bedeutete, bekam ich doch schon in diesen Kindertagen erstmals ein Gefühl dafür, dass sogar noch mehr dazugehörte. Als ich fünf Jahre alt war, fand eine große Konferenz im Tabernakel statt. Wir gingen den Weg, wo wir wohnten, entlang und überquerten die kleine Brücke, die zu dem prächtigen Versammlungshaus führte. Dort saßen wir dann etwa in der zehnten Reihe der großen Kapelle. David O. McKay, der Präsident der Kirche, führte den Vorsitz in der Versammlung und trat auch als Sprecher auf. Ich kann mich an keines seiner Worte mehr erinnern, aber weiß noch sehr lebhaft, was ich sah und verspürte. Präsident McKay trug einen cremefarbenen Anzug und sah mit seinem welligen weißen Haar sehr majestätisch aus. Wie es auf den Inseln Tradition ist, trug er einen dreifachen roten Blumenkranz. Als er sprach, hatte ich ein ganz intensives Gefühl, das mich allein betraf. Später wurde mir klar, dass ich da den Einfluss des Heiligen Geistes verspürt hatte. Dann sangen wir das Schlusslied.
Wer steht zum Herren, wer?
Jetzt heißts entschieden sein;
wir fragen ohne Furcht:
Wer steht zum Herren, wer?
(„Wer steht zum Herren, wer?“, Gesangbuch, 1977, Nr. 208.)
Diese Worte wurden zwar von fast 2000 Menschen gesungen, aber sie kamen mir vor wie eine Frage, die nur an mich gerichtet war, sodass ich aufstehen und rufen wollte: „Ich!“
Manche glauben, das oberste Ziel sei es, in der Kirche aktiv zu sein. Darin liegt eine Gefahr. Man kann nämlich in der Kirche aktiv sein, aber weniger aktiv im Evangelium. Ich möchte klarstellen: In der Kirche aktiv zu sein ist ein höchst erstrebenswertes Ziel, aber es reicht nicht aus. In der Kirche aktiv zu sein ist ein äußerliches Zeichen für das, wonach man sich geistig sehnt. Wenn wir die Versammlungen besuchen, Aufgaben in der Kirche haben und ihnen nachgehen und anderen Gutes tun, bekommt das jedermann mit.
Im Gegensatz dazu ist das, was das Evangelium ausmacht, gewöhnlich weniger sichtbar und schwerer zu beurteilen, aber es ist in ewiger Hinsicht bedeutsamer. Zum Beispiel: Wie viel Glauben haben wir wirklich? Wie umkehrwillig sind wir? Welche Bedeutung haben die heiligen Handlungen in unserem Leben? Wie stark konzentrieren wir uns auf unsere Bündnisse?
Ich wiederhole: Wir brauchen das Evangelium und die Kirche. Tatsächlich ist die Kirche dazu da, dass wir das Evangelium besser leben können. Wir fragen uns oft: Wie kann jemand als Jugendlicher in der Kirche völlig aktiv sein und dann nicht mehr, wenn er älter ist? Wie kann es sein, dass ein Erwachsener, der regelmäßig kam und für andere da war, plötzlich fortbleibt? Wie kann jemand, der von einem Führungsbeamten oder einem anderen Mitglied enttäuscht wurde, denn zulassen, dass er deswegen nicht mehr zur Kirche kommt? Vielleicht rührt das daher, dass er nicht ausreichend zum Evangelium bekehrt war – zu dem, was von ewigem Belang ist.
Ich schlage drei grundlegende Methoden vor, wie wir das Evangelium zu unserer Grundlage machen können:
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Vertiefen Sie Ihr Verständnis von der Gottheit. Die drei Mitglieder der Gottheit eingehend zu kennen und anhaltend zu lieben ist unabdingbar. Beten Sie mit Bedacht im Namen des Sohnes zum Vater und streben Sie nach Führung durch den Heiligen Geist. Verbinden Sie das Gebet mit beständigem Schriftstudium, sinnen Sie demütig darüber nach, und entwickeln Sie auf diese Weise nach und nach unerschütterlichen Glauben an Jesus Christus. „Denn wie soll jemand den Herrn kennen, … der für ihn ein Fremder ist und den Gedanken und Absichten seines Herzens ferne steht?“ (Mosia 5:13.)
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Konzentrieren Sie sich auf die heiligen Handlungen und Bündnisse. Falls Ihnen noch eine der wichtigen Verordnungen fehlt, bereiten Sie sich gründlich darauf vor, eine jede von ihnen zu empfangen. Danach müssen Sie dann die Disziplin entwickeln, Ihren Bündnissen treu zu sein und das Abendmahl, das Ihnen jede Woche geschenkt wird, voll auszuschöpfen. Viele von uns erfahren keine regelmäßige Wandlung durch seine reinigende Macht, weil es uns an Ehrfurcht vor dieser heiligen Handlung mangelt.
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Vereinen Sie Evangelium und Kirche. Wenn wir uns auf das Evangelium konzentrieren, wird die Kirche ein größerer Segen für uns, kein geringerer. Wenn wir jede Versammlung so vorbereitet besuchen, dass wir „nach Wissen [trachten], ja, durch Studium und auch durch Glauben“ (LuB 88:118), wird der Heilige Geist unser Lehrer sein. Wenn wir kommen, um unterhalten zu werden, werden wir oft enttäuscht sein. Präsident Spencer W. Kimball wurde einmal gefragt: „Was machen Sie, wenn Sie in einer langweiligen Abendmahlsversammlung sitzen?“ Er gab zurück: „Das weiß ich nicht. Ich habe das noch nie erlebt.“ (Zitiert von Gene R. Cook, in Gerry Avant, „Learning Gospel Is Lifetime Pursuit“, Church News, 24. März 1990, Seite 10.)
Wir sollten uns für unser Leben das wünschen, was sich ereignet hat, nachdem der Herr zu den Menschen in der Neuen Welt gekommen war und seine Kirche aufgerichtet hatte. In den Schriften steht: „Und es begab sich: So gingen sie [gemeint sind die Jünger Jesu] hin unter alles Volk Nephi und predigten allen Menschen auf dem Antlitz des Landes das Evangelium Christi; und diese wurden zum Herrn bekehrt und wurden mit der Kirche Christi vereinigt, und so wurde das Volk jener Generation gemäß dem Wort Jesu gesegnet.“ (3 Nephi 28:23.)
Der Herr möchte, dass die Mitglieder seiner Kirche vollständig zu seinem Evangelium bekehrt sind. Dies ist der einzig zuverlässige Weg, heute geistig in Sicherheit und auf ewig glücklich zu sein. Im Namen Jesu Christi. Amen.