2010–2019
Beständiges und unverwüstliches Gottvertrauen
Herbst-Generalkonferenz 2019


10:23

Beständiges und unverwüstliches Gottvertrauen

Dem Herrn zu vertrauen bedeutet auch, seinem Zeitplan zu vertrauen, und erfordert Geduld und Ausdauer, die die Stürme des Lebens überdauern

Auf seiner Mission in Afrika wurde unser Sohn Dan schwerkrank und in ein eher dürftig ausgestattetes Krankenhaus eingeliefert. Im ersten Brief nach seiner Erkrankung erwarteten wir Niedergeschlagenheit, doch stattdessen schrieb er: „Sogar als in der Notaufnahme lag, empfand ich Frieden. So beständig und unverwüstlich glücklich war ich noch nie.“

Meine Frau und ich waren sehr gerührt, als wir diesen Satz lasen. Beständig und unverwüstlich glücklich! So eine Beschreibung von Glück hatten wir noch nie gehört, doch sie schien stimmig. Uns war klar, dass das von ihm beschriebene Glück nicht einfach bloß Wohlbehagen oder ein Stimmungshoch war. Er sprach von dem Frieden und der Freude, die sich einstellen, wenn wir uns Gott überlassen und in allem unser Vertrauen in ihn setzen. Auch wir hatten schon erlebt, dass Gott unserer Seele Frieden zusprach und uns Hoffnung in Christus schenkte, selbst in schwierigen, ungewissen Zeiten.

Lehi erklärte: Wären Adam und Eva nicht gefallen, „wären sie in einem Zustand der Unschuld verblieben und hätten nicht Freude gehabt, denn sie kannten kein Elend. …

Aber siehe, alles geschah gemäß der Weisheit dessen, der alles weiß.

Adam fiel, damit Menschen sein können, und Menschen sind, damit sie Freude haben können.“

Auf eher paradoxe Weise versetzen uns Bedrängnis und Kummer in die Lage, Freude zu empfinden – vorausgesetzt, dass wir auf den Herrn und seinen Plan für uns vertrauen. Diese Wahrheit wurde von einem Dichter des 13. Jahrhunderts äußerst beredt zum Ausdruck gebracht: „Leid ist dein Wegbereiter zur Freude. Ungestüm fegt Leid alles aus deinem Haus, auf dass neue Freude darin Raum finde. Die dürren Blätter schüttelt es vom Geäst deines Herzens, auf dass an deren Stelle frische, grüne Blätter nachwachsen können. Die verfaulten Wurzeln zieht es heraus, auf dass die neuen Wurzeln, die darunter verborgen liegen, Platz zum Wachsen haben. Was auch immer der Kummer von deinem Herzen schüttelt – bei weitem Besseres kehrt dann dort ein.“

Präsident Russell M. Nelson hat gesagt: „Die Freude, die [uns] durch den Erretter möglich ist[,] ist beständig, sie versichert uns, dass unsere Bedrängnisse … nur einen kleinen Augenblick dauern [Lehre und Bündnisse 121:7] und uns zum Gewinn geweiht werden.“ Unsere Prüfungen und Bedrängnisse können Raum schaffen für größere Freude.

Die frohe Botschaft des Evangeliums besteht nicht darin, dass uns ein Leben frei von Kummer und Mühsal zugesagt wird, sondern darin, dass das Leben Sinn und Zweck hat. In einem derart sinnerfüllten Leben können Kummer und Bedrängnis „in der Freude über Christus verschlungen“ werden. Der Erretter hat gesagt: „In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt.“ Sein Evangelium ist eine Botschaft der Hoffnung. Leid gepaart mit Hoffnung auf Jesus Christus birgt die Verheißung dauerhafter Freude in sich.

Der Bericht von der Überfahrt der Jarediten ins verheißene Land lässt sich gut auf unsere Reise durchs Erdenleben übertragen. Der Herr verhieß Jareds Bruder und dessen Volk, dass er „vor [ihnen] her in ein Land gehen [werde], das vor allen Ländern der Erde erwählt ist“. Er gebot ihnen, Schiffe zu bauen, und sie gingen gehorsam ans Werk und bauten sie gemäß den Anweisungen des Herrn. Doch im Zuge der Fertigstellung kamen Jareds Bruder Bedenken, dass der Bauplan des Herrn nicht ausreichend sein könnte. Er rief aus:

„O Herr, ich habe das Werk getan, das du mir geboten hast, und ich habe die Schiffe gemacht, wie du mich angewiesen hast.

Und siehe, o Herr, darinnen ist kein Licht.“

„O Herr, wirst du zulassen, dass wir dieses große Wasser im Finstern überqueren?“

Haben Sie schon einmal Gott Ihr Herz in ähnlicher Weise ausgeschüttet? Haben Sie sich – wenn Sie sich doch bemühen, so zu leben, wie der Herr es gebietet, Ihre gerechten Erwartungen sich aber dennoch nicht erfüllen – schon einmal gefragt, ob Sie denn im Finstern durchs Leben gehen müssen?

Jareds Bruder äußerte dann eine noch größere Sorge, nämlich wie sie in den Schiffen überleben könnten. Er klagte: „Und wir werden auch zugrunde gehen, denn darinnen können wir nicht atmen, außer die Luft, die darinnen ist.“ Haben Ihnen die Schwierigkeiten des Lebens schon einmal buchstäblich keine Luft mehr zum Atmen gelassen, sodass Sie sich gefragt haben, wie Sie denn überhaupt diesen einen Tag überstehen können – ganz zu schweigen davon, wie Sie es jemals zurück in Ihre himmlische Heimat schaffen können?

Der Herr nahm sich Jareds Bruders an und räumte sämtliche Bedenken aus. Dann stellte er jedoch fest: „Ihr könnt diese große Tiefe nicht überqueren, außer ich bereite euch [den Weg] gegen die Wogen des Meeres und die Winde, die ausgegangen sind, und die Fluten, die kommen werden.“

Der Herr erklärte unmissverständlich, dass die Jarediten es letztlich ohne ihn gar nicht ins verheißene Land schaffen konnten. Es lag nicht in ihrer Hand. Die einzige Art und Weise, wie sie über die große Tiefe gelangen konnten, bestand darin, dass sie ihr Vertrauen in ihn setzten. Diese Erlebnisse und Belehrungen durch den Herrn vertieften offenbar den Glauben von Jareds Bruder und stärkten sein Vertrauen in den Herrn.

Achten Sie darauf, wie er in seinen Gebeten nun weder Fragen noch Bedenken zum Ausdruck brachte, sondern vielmehr Glauben und Vertrauen:

„Ich weiß, o Herr, dass du alle Macht hast und zum Nutzen des Menschen tun kannst, was auch immer du willst. …

Siehe, o Herr, du kannst dies tun. Wir wissen, dass du imstande bist, große Macht zu erzeigen, die dem Verständnis der Menschen gering erscheint.“

Den Aufzeichnungen zufolge begaben sich die Jarediten anschließend „an Bord ihrer … Schiffe und fuhren hinaus auf die See, indem sie sich dem Herrn, ihrem Gott, anempfahlen. Anempfehlen bedeutet so viel wie anvertrauen oder überantworten. Die Jarediten bestiegen die Schiffe also nicht etwa, weil sie im Detail gewusst hätten, wie die gesamte Reise verlaufen werde. Sie gingen vielmehr an Bord, weil sie gelernt hatten, der Macht, Güte und Barmherzigkeit des Herrn zu vertrauen, und daher gewillt waren, sich selbst und jegliche Zweifel oder Ängste dem Herrn zu überlassen.

Neulich hatte unser Enkel Abe Angst davor, auf ein Karusselltier zu steigen, das sich auf und ab bewegte. Er wollte lieber eines, das sich nicht bewegte. Seine Großmutter überzeugte ihn schließlich davon, dass das eine sichere Sache sei, und weil er ihr vertraute, stieg er auf das Tier. Dann sagte er breit lächelnd: „Ich fühl mich zwar nicht sicher, aber ich bin es.“ Vielleicht ging es den Jarediten ebenso. Gott zu vertrauen mag zuerst nicht immer mit einem Gefühl der Sicherheit verbunden sein, doch folgt darauf Freude.

Abe auf dem Karussell

Die Reise war für die Jarediten nicht leicht. Oftmals „wurden sie in den Tiefen des Meeres begraben, wegen der Wellenberge, die über sie hereinbrachen“. Dennoch „hörte [der Wind] nie auf, [sie] zum verheißenen Land hin zu blasen“. Einleuchtend ist das nicht unbedingt – besonders wenn wir starkem Gegenwind und stürmischer See ausgesetzt sind –, und doch können wir Trost finden in dem Wissen, dass Gott in seiner grenzenlosen Güte uns immer in Richtung Heimat bläst.

Und weiter heißt es: „So wurden sie hingetrieben; und kein Meeresungeheuer konnte sie zerschmettern, auch kein Wal konnte ihnen etwas anhaben; und sie hatten beständig Licht, sei es über dem Wasser oder unter dem Wasser.“ Wir leben in einer Welt, da die Monsterwellen Tod, körperliche oder psychische Erkrankungen, Prüfungen und Bedrängnisse jeder Art über uns hereinbrechen. Doch dank unseres Glaubens an Jesus Christus und unseres Vertrauens in ihn können auch wir beständig Licht haben – sei es über dem Wasser oder unter dem Wasser. Wir können zuversichtlich sein, dass Gott niemals aufhört, uns in Richtung unseres himmlischen Zuhauses zu blasen.

Während die Jarediten in den Schiffen umhergeworfen wurden, lobsangen sie „dem Herrn … und dankte[n] dem Herrn und pries[en] ihn den ganzen Tag lang; und als die Nacht kam, hörten sie nicht auf, den Herrn zu preisen“. Selbst inmitten ihrer Bedrängnisse waren sie froh und dankbar. Sie waren noch gar nicht im verheißenen Land angekommen, und doch freuten sie sich dank ihres beständigen und unverwüstlichen Vertrauens in den Herrn bereits an der verheißenen Segnung.

Dreihundertvierundvierzig Tage lang wurden die Jarediten auf dem Wasser dahingetrieben. Können Sie sich das vorstellen? Dem Herrn zu vertrauen bedeutet auch, seinem Zeitplan zu vertrauen, und erfordert Geduld und Ausdauer, die die Stürme des Lebens überdauern.

Zu guter Letzt „landeten [die Jarediten] an der Küste des verheißenen Landes. Und als sie den Fuß auf die Küsten des verheißenen Landes gesetzt hatten, beugten sie sich auf dem Antlitz des Landes nieder und demütigten sich vor dem Herrn und vergossen Tränen der Freude vor dem Herrn wegen seiner liebevollen, großen Barmherzigkeit für sie.“

Wenn wir unsere Bündnisse treu halten, kommen auch wir eines Tages sicher zuhause an und beugen uns dort vor dem Herrn nieder und vergießen Freudentränen wegen der liebevollen, großen Barmherzigkeit des Herrn, die wir so reichlich erfahren haben – wozu auch der Kummer gehört, der Raum für mehr Freude geschaffen hat.

Ich bezeuge: Wenn wir uns dem Herrn anempfehlen und beständig und unverwüstlich auf Jesus Christus und seine göttlichen Absichten für unser Leben vertrauen, sucht er uns auf mit Zusicherungen, spricht unserer Seele Frieden zu und bringt uns dazu, die „Hoffnung auf unsere Befreiung in ihn [zu setzen]“.

Ich gebe Zeugnis, dass Jesus der Messias ist. Er ist die Quelle aller Freude. Seine Gnade ist ausreichend, und er hat die Macht, uns zu erretten. Er ist das Licht, das Leben und die Hoffnung der Welt. Er lässt uns nicht zugrunde gehen. Im Namen Jesu Christi. Amen.