Auszeit für eine Mission

Elyse Alexandria Holmes

Würdest du die Chance, einen langgehegten Traum zu verwirklichen, aufgeben, um auf Mission zu gehen?

Der Schweiß rinnt ihm übers Gesicht, doch Australiens Rugby-Star William Hopoate lässt den Ball nicht aus den Augen. Seine Mannschaft, die Blues, die für New South Wales spielt, steht ihrem Gegner, den Maroons aus Queensland, im wichtigsten Spiel des Jahres gegenüber. Nach den ersten zwanzig Minuten ist Wills Mannschaft im Rückstand und muss rasch aufholen. Will muss viel beweisen. Es ist sein erstes Spiel mit dieser Mannschaft. Außerdem ist er der jüngste Spieler in seiner Mannschaft und der zweitjüngste, der je in der State-of-Origin-Serie mitgespielt hat.

Will beobachtet, wie der Ball zuerst seinem Mannschaftskameraden und dann ihm zugeworfen wird. Er springt hoch, um ihn zu fangen. Er hat ihn! Mit dem Ball in der Hand sprintet Will auf die Ziellinie zu. Die Verteidiger sind ihm bei seinem Lauf über das Spielfeld dicht auf den Fersen. Nur noch wenige Meter. Am Ende des Spielfeldes angelangt, bleibt Will fast keine Zeit mehr, ein Tor zu erzielen, bevor der Ball im Aus landet. Er schiebt sich nach vorn, springt voll Glauben in Richtung Tor und schlägt den Ball auf den Boden. Einen Augenblick lang halten alle inne. Hat er es geschafft? Da hört er, wie die Zuschauer in Jubel ausbrechen!

Er ist mit Rugby aufgewachsen

Als Will vier Jahre alt war, meldeten ihn seine Eltern beim örtlichen Rugbyverein an. Das mag einem früh erscheinen, aber schon damals liebte Will „Footy“ (wie Rugby hier umgangssprachlich genannt wird). Als Will zwölf war, war Rugby für ihn mehr als ein Spiel geworden, und er wurde für eine Mannschaft ausgewählt, die in der Junior League spielte. Mit sechzehn spielte er bereits als Profi für eine Mannschaft in der Junior Professional League.

In Australien darf man ab zwanzig als Profi bei den Erwachsenen spielen. Will bekam schon mit achtzehn von allen Seiten Angebote. Er war äußerst gefragt. Eine Mannschaft bot ihm einen Vertrag über 1,5 Millionen australische Dollar an – ein Angebot, das Spieler in seinem Alter selten erhalten. Aber Will hatte in unmittelbarer Zukunft etwas anderes vor. Er hatte sich entschieden, auf Mission zu gehen.

Die Entscheidung für eine Mission

Als Will bekanntgeben musste, ob er auf Mission gehen oder den Vertrag für die Rugby-Liga annehmen wollte, fiel ihm die Entscheidung nicht schwer. „Schon als Jugendlicher habe ich die Mission in Herz und Sinn verankert, und ich habe mir fest vorgenommen, mich von keinen weltlichen Wünschen davon abhalten zu lassen“, sagt er.

Die Welt mag fragen: Was ist mit dem Geld? Mit den Verträgen? Mit dem Lebenstraum, Profi-Spieler zu werden? Wie wäre sein Leben verlaufen, wenn er den Profi-Vertrag angenommen hätte? „Meiner Familie hätte es finanziell sehr geholfen. Meine Zukunft wäre für die nächsten paar Jahre gesichert gewesen“, räumt er ein.

Warum hat er also das Angebot nicht angenommen? „Die Mission ist das, was der Herr von mir erwartet, von den jungen Männern in der Kirche“, erklärt er. „So kann ich dem Herrn für alles danken, was er in den neunzehn Jahren, die ich hier auf der Erde bin, für mich getan hat. Und letzten Endes wäre ich wohl nicht so glücklich gewesen, wenn ich zuhause geblieben wäre. Ich habe mich für die Mission entschieden, weil Rugby warten kann.“

Viele waren verblüfft und schockiert, als Will seine Entscheidung bekanntgab. Über seine Freunde, die nicht der Kirche angehören, sagt er: „Den wahren Grund, warum ich auf Mission gehe, verstehen sie nicht. Sie sehen nur, dass ich zwei Jahre lang nicht Rugby spielen werde.“ Will sagte ihnen: „Ich erzähle den Menschen von Jesus Christus und vom Dienst am Nächsten. Ich möchte das machen.“ Nachdem Will seine Beweggründe erklärt hatte, bekam er mehr Unterstützung von seinen Freunden.

Die Vorbereitung auf die Mission

Will stellte fest, dass der Wunsch, eine Mission zu erfüllen, nicht ausreichte. Er wusste, dass es wichtig war, sich vorzubereiten. Unter anderem begleitete er die Vollzeitmissionare zu Terminen. „Wenn die Missionare mich baten, eine Frage zu beantworten, schienen mir Worte in den Sinn zu kommen, an die ich selbst gar nicht gedacht hätte und die es demjenigen, der sich für das Evangelium interessierte, ein wenig näherbringen konnten“, erzählt er. „Ein paar Menschen, denen die Missionare das Evangelium erläutert haben – und bei deren Unterweisung ich mitwirken durfte –, haben sich vor kurzem taufen lassen. Für mich war es schön, das mitzuerleben.“

Inzwischen ist Will Missionar in der Australien-Mission Brisbane, aber er hat Rugby nicht ganz aus den Augen gelassen. Er kann zwar nicht spielen, aber er widmet sich der Missionsarbeit mit dem gleichen Feuereifer. Vor seiner Mission sagte er: „Für das Rugbyspielen und für den Dienst für den Herrn braucht man die gleiche Leidenschaft und Motivation. Bei jedem Sport muss man hart trainieren, um erfolgreich zu sein. Das kann man auch auf die Missionsarbeit beziehen: Ich arbeite hart, um Menschen zu finden, die sich für das Evangelium interessieren.“

Ehrenvolle Rückkehr

Wenn sich ein Top-Sportler eine Zeit lang aus dem Sportgeschehen zurückzieht – vor allem, wenn es sich um zwei Jahre handelt –, fragen sich die Leute, wie es wohl weitergeht, wenn er zurückkommt. Will weiß, dass er durch seine Mission womöglich sehr viel aufgibt. Er weiß aber auch, dass er es für etwas noch Besseres eintauscht. „Es ist sicher ein großes Opfer, aber ich bin bereit, es auf mich zu nehmen“, erklärt er. „Man weiß nicht, was geschieht, und zwei Jahre sind im Sport eine recht lange Pause. Wenn es nach mir geht, spiele ich nach meiner Rückkehr wieder Footy.“

Als Profi Rugby zu spielen war schon immer Wills Traum. Aber er weiß, dass die Segnungen, die eine Mission mit sich bringt, von ewiger Dauer sind. „In der Rugby-Liga freut man sich natürlich über Siege und Punkte, aber diese Freude dauert nur wenige Wochen oder Tage an. Man kann sie nicht beliebig lange festhalten“, meint er. „Wenn aber Freunde oder Interessenten in die Kirche kommen und erkennen, dass das Evangelium ihr Leben für immer zum Guten verändert, ist das eine Freude, die nicht vergeht.“

Foto von Bryan Rowland