Was hat Sie nach Rexburg geführt?
Sandra Rush, Idaho
Nachdem ich jahrzehntelang an Orten gelebt hatte, wo die Mitglieder der Kirche eine Minderheit bilden, zogen mein Mann und ich in ein Viertel von Rexburg in Idaho, wo gerade einmal zwei Familien nicht der Kirche angehörten. Wir hatten das Glück, neben einer dieser Familien zu wohnen.
Der Vater mähte gerade den Rasen, als wir zum ersten Mal in unsere Einfahrt einbogen. Also überquerten mein Mann und ich unseren Rasen, um uns vorzustellen. Ich streckte dem Mann die Hand entgegen und fragte: „Was hat Ihre Familie nach Rexburg geführt?“
Er erwiderte: „Berufliche Gründe – und wir waren auf der Suche nach einer Stadt, die man mit Jesus Christus vertraut machen muss.“
Es war, als hätte man mir einen Eimer kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet, aber ich lächelte freundlich. In diesem Moment nahm ich mir vor, dass wir – ganz gleich, was unser Nachbar sagen oder tun würde – die besten Nachbarn sein würden, die diese Familie je gehabt hatte. Wir würden uns bemühen, in allem Umgang mit ihnen freundlich, liebevoll und vernünftig zu handeln, wie Jesus es tun würde.
In den folgenden acht Jahren unternahmen wir vieles mit unseren Nachbarn. Die Mutter kam zu Veranstaltungen der FHV, zu denen ich sie eingeladen hatte. Sie wiederum lud mich und andere Nachbarinnen, die unserer Kirche angehörten, zu einem Klausurtag für Frauen ein, der von ihrer Kirche veranstaltet wurde. Mein Mann und ich wurden zu Tanzvorführungen oder Klavierabenden der Nachbarskinder eingeladen. Wenn in der Nachbarschaft ein Picknick oder ein Grillfest stattfand, waren auch unsere Nachbarn eingeladen. Die älteren Kinder riefen uns manchmal an, wenn sie von der Arbeit abgeholt werden mussten und sie ihre Eltern nicht erreichen konnten.
Da die Eltern befürchteten, ihre Kinder könnten an den Heiligen der Letzten Tage zu großen Gefallen finden, erlaubten sie ihren Söhne nicht, am Scout-Programm der Gemeinde teilzunehmen. Aber unser Zuhause betrachteten sie als einen sicheren Ort. Sie ließen ihre Kinder bei uns spielen, wenn unsere Enkelkinder zu Besuch waren.
Jedes Mal, wenn unsere Nachbarn uns klarmachten wollten, auf welchem „Irrweg“ wir uns befanden, erklärten wir ihnen, dass wir ihre Glaubensansichten achteten und es sehr bewunderten, wie sie lebten und wie sie ihre Kinder erzogen. Wir baten sie dann, unsere Glaubensansichten ebenso zu respektieren, schließlich stünden die Lehren Jesu ebenfalls im Mittelpunkt unseres Glaubens.
Als die Mutter versuchte, aus unseren unterschiedlichen Ansichten eine tiefe, unüberwindliche Kluft zu machen, indem sie darauf beharrte, dass die Heiligen der Letzten Tage an einen „anderen Jesus“ glauben, sagte ich nur, dass wir ja beide daran glaubten, dass Jesus Gottes geliebter Sohn sei. Mit der Zeit entwickelte sich eine herzliche Freundschaft.
Später zog die Familie wieder weg. Sie hatte sich nicht der Kirche angeschlossen. Wenn sie aber sagen können: „Wir haben mitten unter den Mormonen gelebt, und sie sind gute, von Herzen aufrichtige Menschen“, ist es uns wohl gelungen, gute Nachbarn zu sein. Dann haben wir dazu beigetragen, dass sie ein offeneres und faires Bild von den Mitgliedern der Kirche Jesu Christi haben.