Tempel und Technik in meinen Tagen
Aus der Ansprache „Find Our Cousins“, die am 8. Februar 2014 anlässlich einer Andacht für Jugendliche in Verbindung mit der Familienforschungskonferenz RootsTech 2014 in Salt Lake City gehalten wurde. wurde. Näheres dazu steht auf lds.org/go/Andersen215. Die Ansprache vom 14. Februar dieses Jahres ist auf lds.org/discoverfamily zu sehen.
Dies ist eure Zeit, euer Herz vermehrt euren Vorfahren zuzuwenden und insgesamt Millionen Angehörigen die errettenden heiligen Handlungen zu bringen.
Habt ihr euch schon einmal gefragt, warum ihr jetzt und nicht zu einem anderen Zeitpunkt in der Geschichte zur Erde gesandt worden seid? Wie wäre es wohl gewesen, an der Seite von Mose zu stehen oder eine Freundin von Maria, der Mutter Jesu, zu sein? Wie wäre es gewesen, in Nauvoo zu leben, wo man auf der Straße dem Propheten Joseph begegnet wäre, oder zu den Jugendlichen zu gehören, die über tausend Meilen einen Handkarren zogen und schoben, bis sie ihre neue Heimat im Salzseetal erreichten?
Manchmal denken wir an vergangene Tage oder andere Orte und fragen uns: „Warum ich nicht? Warum bin ich hier an diesem Ort, und warum jetzt?“
Ihr seid nicht die Ersten, die sich Gedanken darüber machen, warum sie gerade in dieser Zeit und an diesem Ort leben. Ein Prophet auf dem amerikanischen Kontinent stellte die gleichen Fragen. Er hieß Nephi – nicht der Nephi vom Anfang des Buches Mormon, sondern Nephi, der Sohn Helamans (des zweiten Helamans) und ein Urenkel des Propheten Alma der Jüngere.
In der Welt, in der Nephi lebte, waren Geld, Macht und Beliebtheit wichtiger als das, was gut und richtig ist. Viele setzten sich offen über die Gebote hinweg. Sie logen, nahmen an sich, was nicht ihnen gehörte, und missachteten das Gesetz der Keuschheit. Diejenigen, die die Gebote hielten, wurden verspottet und misshandelt (siehe Helaman 7:4,5,21; 8:2,5,7,8).
„Als Nephi [dies] sah, schwoll ihm vor Besorgnis das Herz … und in seinem Seelenschmerz rief er aus:
O dass doch meine Tage in den Tagen gewesen wären, da mein Vater Nephi anfangs aus dem Land Jerusalem gekommen war, dass ich mich mit ihm im verheißenen Land erfreut hätte; damals war sein Volk leicht zu bewegen, standhaft im Halten der Gebote Gottes und langsam, sich zum Übeltun verführen zu lassen; und sie waren schnell, auf die Worte des Herrn zu hören –
ja, wenn nur meine Tage in jenen Tagen hätten sein können, dann hätte meine Seele an der Rechtschaffenheit meiner Brüder Freude gehabt.“ (Helaman 7:6-8.)
Nephi war ein beeindruckender Prophet Gottes, doch einen Moment lang fragte er sich, warum er zu seiner Zeit auf der Erde lebte. Er wusste, dass der Erlöser in nicht allzu ferner Zukunft auf die Erde kommen würde, aber es scheint, dass ihm die herrlichen Ereignisse, die nahe bevorstanden, in diesem Augenblick nicht gegenwärtig waren.
Nur zwanzig Jahre nach seinen Äußerungen verging eine Nacht, in der es keine Finsternis gab, und Jesus wurde in Betlehem geboren. 55 Jahre danach kam der Erlöser, auferstanden und verherrlicht, aus dem Himmel herab zu den Heiligen im Land Überfluss. Nephis Sohn war unter ihnen, und Jesus Christus sprach zu ihm und ordinierte ihn als einen der Zwölf Jünger, die er in der Neuen Welt erwählte. Man kann davon ausgehen, dass Nephis Töchter und Söhne und seine Enkeltöchter und Enkelsöhne unter den 2500 Heiligen waren, die Christus einzeln zu sich rief und die die Nägelmale in seinen Händen und Füßen berühren durften. Man kann sich auch leicht vorstellen, dass Nephis Urenkel zu den kleinen Kindern gehörten, die der Erlöser eines nach dem anderen segnete, die von Feuer umgeben waren und denen Engel dienten. Hätte Nephi die Zukunft seiner rechtschaffenen Angehörigen und Freunde deutlich vor Augen gehabt, hätte er sich gewiss nicht gewünscht, zu einer anderen Zeit zu leben.
Glücklicherweise blieb Nephi rechtschaffen, verkündete mutig das Evangelium, vollbrachte mächtige Wundertaten und prophezeite, gemeinsam mit dem Propheten Samuel, das baldige Kommen des Erlösers. Der Herr verhieß Nephi persönlich, er werde ihn immerdar segnen (siehe Helaman 10, 11 und 16).
Obwohl sich Nephi fragte, warum er gerade in dieser Zeit und an diesem Ort lebte, sagte er am Ende etwas Eindrucksvolles: „Siehe, [dies sind] nun meine Tage.“ (Helaman 7:9.)
Meine lieben jungen Brüder und Schwestern, dies sind eure Tage. Ihr seid erwählt worden, in den letzten Jahren vor der Rückkehr des Erlösers zu leben. Wir kennen den genauen Tag oder das Jahr seines Kommens nicht, aber die Zeichen, die seinem Kommen vorausgehen, sind leicht zu erkennen.1
Eines Tages werden wir – wie Nephi, der schließlich erkannte, welch wichtige Rolle ihm dabei zukam, die Ankunft des Erlösers bei den Nephiten vorzubereiten – zurückblicken und erkennen, was für ein großer Segen es war, dass wir in unserer Zeit leben und die Welt auf die Rückkehr des Erlösers vorbereiten durften. Sehen wir doch über die unmittelbar vor uns liegenden Schwierigkeiten und Hindernisse hinweg und richten wir den Blick auf die wichtigen Aufgaben und die herrlichen Tage, die uns bevorstehen. Sagen wir doch mit Nephi: „Dies sind nun meine Tage.“
Wenn dies eure Tage sind, was erwartet der Herr von euch? Erstens sollt ihr den Namen Jesu Christi auf euch nehmen. Lernt ihn und seine Liebe und seine unbeschreibliche Güte euch gegenüber immer besser kennen und fasst den Entschluss, immer seine Gebote zu halten. Ihr sollt dem Erlöser folgen, Gott lieben und euren Mitmenschen helfen. Wir alle dürfen als Jünger Christi leben, geführt von seinem Geist, und die Menschen, die uns umgeben, aufrichten.
Eine heilige Pflicht
Manche Erfahrungen sind bestimmten Generationen vorbehalten. Ich möchte eine eurer heiligen Pflichten ansprechen, die keiner Generation vor euch in dieser Form aufgetragen wurde.
Erst seit wenigen Jahren stehen überall auf der Welt Tempel zur Verfügung. Mit der Weihung des Phoenix-Arizona-Tempels am 16. November 2014 sind nun weltweit 144 Tempel in Betrieb. Als ich jung war, gab es auf der ganzen Welt gerade einmal 13 Tempel.
Meine Frau, Kathy, ist im Bundesstaat Florida aufgewachsen. Als sie fünf Jahre alt war, gingen ihre Eltern mit ihren Kindern in den Tempel, um für immer aneinander gesiegelt zu werden. Sie mussten über 4000 Kilometer weit quer durch die Vereinigten Staaten zum Salt-Lake-Tempel fahren. Das dauerte sechs Tage. Heute gibt es 47 Tempel, die ihrem Heimatort in Florida näher liegen als der Salt-Lake-Tempel.
Präsident Thomas S. Monson hat die Jugend der Kirche aufgerufen, oft in den Tempel zu gehen, um an Taufen für Verstorbene teilzunehmen. Er sagte: „Euch, meinen Freunden im Jugendalter, möchte ich sagen: Richtet euren Blick stets auf den Tempel. Tut nichts, was euch davon fernhält, den Tempel zu betreten und an den heiligen und ewigen Segnungen dort teilzuhaben. Ich möchte euch, die ihr bereits regelmäßig in den Tempel geht und euch für Verstorbene taufen lasst, loben; ihr steht zum Teil sehr früh am Morgen auf und nehmt vor Schulbeginn an einer Taufsession teil. Es gibt wohl nichts Besseres, um den Tag zu beginnen.“2
Ihr seid dem Ruf des Propheten gefolgt, und jedes Jahr erhalten Millionen auf der anderen Seite des Schleiers die Gelegenheit, ihre Taufe anzunehmen. Keine Generation, die jemals auf der Erde gelebt hat, konnte im gleichen Maße wie ihr den Segen genießen, durch die Türen des Hauses des Herrn zu treten und bei der Errettung derer, die euch vorausgegangen sind, mitzuwirken.
Ihr wisst ja, dass es einen wichtigen ersten Schritt gibt, der es uns ermöglicht, die heilige Arbeit im Tempel zu verrichten. Wir müssen unsere Verwandten ausfindig machen, die uns vorangegangen sind.
Als Moroni dem Propheten Joseph Smith zum ersten Mal erschien, unterrichtete er ihn, dass „das Herz der Kinder … sich ihren Vätern zuwenden [wird]“ (LuB 2:2). Der Prophet hat dann später erklärt, dass die Mitglieder der Kirche „Befreier auf dem Berg Zion werden“ sollen. „Wie aber können sie Befreier auf dem Berg Zion werden?“, fragte er. „Indem sie ihre Tempel bauen … und darangehen, für ihre verstorbenen Vorfahren sämtliche Verordnungen [zu empfangen]. Hierin liegt die Kette, die das Herz der Väter an die Söhne und die Söhne an die Väter bindet: Damit ist der Auftrag Elijas erfüllt.“3
Der Prophet Joseph Smith nannte dieses Werk ein „Bindeglied“, das Familien von einer Generation zur nächsten miteinander verbindet (siehe LuB 128:18). Ein Bindeglied wurde zur damaligen Zeit angefertigt, indem man zwei Metallstücke in heißem Feuer schmolz und weich machte, sie zusammenfügte, solange sie biegbar waren, und dann abkühlen und härten ließ. So entstand eine unzerbrechliche Kette. Wie bedeutend das mächtige Bindeglied ist, das uns alle für immer miteinander verbindet, kommt in den Schriften klar zum Ausdruck: „Ohne sie können wir nicht vollkommen gemacht werden, und auch sie können nicht ohne uns vollkommen gemacht werden.“ (LuB 128:18.)
In der Vergangenheit fiel die Arbeit, die Namen von Angehörigen ausfindig zu machen, zu erfassen und zum Tempel zu bringen, hauptsächlich den älteren Mitgliedern zu. Warum war das so? Weil sie sehr viel Zeit und einen enormen Aufwand erforderte. Meist bedeutete es, zunächst einmal große Rollen Mikrofilm mit genealogischen Aufzeichnungen durchzusehen. Man benötigte höchste Aufmerksamkeit, um Daten und Orte zu finden, wälzte dicke Bücher mit historischen Angaben, die jedoch nur begrenzt zur Verfügung standen, und gelegentlich besuchte man einen abgelegenen Friedhof.
Die Möglichkeit, unsere Vorfahren über das Internet ausfindig zu machen, hat sich erst in den letzten paar Jahren entwickelt, wobei in den letzten Monaten gewaltige Entwicklungen stattgefunden haben. In den kommenden Monaten werden immer mehr Daten zur Verfügung stehen.
Eure Generation ist inzwischen sehr eifrig darin, den Tempel zu besuchen, und in den kommenden Monaten und Jahren werdet ihr ebenso hervorragend dabei sein, Namen zu finden und zum Tempel zu bringen.
Ich möchte, dass sich jeder von euch ein persönliches Ziel setzt, nämlich mitzuhelfen, so viele Namen für den Tempel vorzubereiten, wie ihr Taufen im Tempel durchführt. (Um die Herausforderung anzunehmen, ruft lds.org/go/3215150 auf.) Von diesem Werk – nämlich diejenigen ausfindig zu machen, die die Verordnungen des Tempels benötigen, mehr über sie zu erfahren und schließlich daran mitzuwirken, dass sie die heiligen Handlungen empfangen –, geht eine große Kraft aus. Ihr werdet auf diese Weise „Befreier auf dem Berg Zion“ (siehe Obadja 1:21 und LuB 103:9). Dies bringt große Freude und Zufriedenheit mit sich, wie nur der Heilige Geist sie vermitteln kann. Wir sind für immer mit unseren Vorfahren verbunden.
Manche Familien sind schon seit vielen Generationen in der Kirche, und die Tempelarbeit ist für die meisten der direkten Vorfahren bereits erledigt. 2013 konnte ich zum ersten Mal einen Fächerstammbaum meiner Vorfahren im Internet anschauen. Einer von ihnen ist mein Urgroßvater Niels Andersen, nach dem ich benannt bin, ein anderer mein Ururgroßvater Moroni Stocks, der erste in unserer Familie, der nach einem Propheten aus dem Buch Mormon benannt wurde. Ich konnte im Internet Dutzende Fotos von Angehörigen anschauen. Wisst ihr, wie eure Urgroßeltern aussahen?
Findet eure entfernteren Verwandten
Wenn eure Ahnentafel nicht so vollständig ist wie meine, ist es eure wichtigste Aufgabe, sie so weit auszufüllen wie möglich. Jeden Monat stehen mehr Daten zur Verfügung.
Auch wenn eure Ahnentafel so vollständig ist wie meine, gibt es immer noch genug wichtige Arbeit für euch zu tun. Dieses Werk geht immer weiter. Es wird auch dann noch nicht fertig sein, wenn der Erretter zurückkehrt. Wenn unser Stammbaum vollständig zu sein scheint, helfen wir anderen, ihre Linie zu vervollständigen, und wir suchen die Verwandten derer, die auf unserer Ahnentafel stehen. Dadurch finden wir unsere entfernteren Verwandten.
Wie machen wir das? Es gibt zwei Möglichkeiten.
Erstens: Wir schauen unsere Ahnentafel an und suchen nach denen, die mit unseren Urururgroßeltern eng verwandt sind. Beispielsweise hatte meine Großmutter Frances Bowen Evans fünf Schwestern und zwei Brüder. Ich könnte also nach den Familien dieser Geschwister meiner Großmutter Evans suchen. Auf diese Weise finde ich meine entfernteren Verwandten.
Zweitens können wir Menschen in unserer Umgebung helfen. Wir beginnen mit dem Heft Meine Familie. Wenn eure Familie mit der Familienforschung noch nicht begonnen hat, füllt das Heft aus. Wenn euer Stammbaum eher wie meiner aussieht, gebt das Heft einem neuen Mitglied oder jemandem, der mit der Familiengeschichte noch nicht so weit vorangekommen ist wie eure Familie. Helft ihnen, ihre Vorfahren ausfindig zu machen. Dadurch helft ihr anderen, Namen von Verstorbenen zum Tempel zu bringen. Auch sie sind eure Brüder und Schwestern, sozusagen eure entfernten Verwandten.
Wir sind alle Brüder und Schwestern in Gottes Familie. Unsere eigene Familie ist nicht einfach nur zufällig zusammengewürfelt worden. Präsident Monson hat gesagt: „Wir erfahren etwas über uns selbst, wenn wir unsere Ahnen kennenlernen.“4
Wenn wir uns im großen Familienverbund betrachten – diejenigen, die uns vorausgegangen sind, und diejenigen, die nach uns kommen – erkennen wir, dass wir Teil eines großen Ganzen sind, dass wir miteinander verbunden sind. Wenn wir unsere Vorfahren ausfindig machen und ihre Namen zum Tempel mitnehmen, geben wir ihnen etwas, was sie ohne uns nicht erlangen könnten. Das verbindet uns mit ihnen, und der Herr bestätigt unserer Seele durch seinen Geist, von welch bedeutender ewiger Tragweite dies ist.
Präsident Monson hat gesagt: „Wer die ewigen Segnungen des Tempels begreift, weiß, dass kein Opfer zu groß, kein Preis zu hoch und keine Anstrengung zu schwer ist, um diese Segnungen empfangen zu können.“5
Seinen Worten füge ich hinzu, dass unseren Angehörigen, die uns vorausgegangen sind, Segnungen und Macht aus der Höhe zuteilwerden, wenn sie die heiligen Handlungen annehmen, die wir im heiligen Tempel für sie vollziehen. Sie haben ihr Erdenleben hinter sich, aber sie leben. Wir werden „Befreier auf dem Berg Zion“ und sind für immer mit ihnen verbunden.
Ihr seid in einer Zeit geboren, da uns viele Tempel zur Verfügung stehen und die Technik weit fortgeschritten ist. Dies sind eure Tage, euer Herz vermehrt euren Vorfahren zuzuwenden.
Eure Erkenntnis und euer Glaube an den Erlöser werden zunehmen, wenn ihr euch bemüht, zu diesem heiligen Werk beizutragen. Ihr werdet ein tieferes Zeugnis empfangen, dass das Leben hinter dem Schleier weitergeht. Ihr werdet Schutz vor den Versuchungen erhalten, die euch umgeben, und euch selbst und die Welt, in der ihr lebt, auf das Zweite Kommen des Erlösers vorbereiten.
Ich weiß, dass das Leben hinter dem Schleier weitergeht. Ich bezeuge, dass Jesus der Messias ist. Er ist unser Erretter und Erlöser. Er lebt. Sein unvergleichliches Sühnopfer macht es möglich, dass die im Tempel vollzogenen heiligen Handlungen auf ewig Bestand haben.