Kapitel 6
Die Stimme des Herrn hören
Wie können wir vom Herrn persönliche Offenbarung erhalten?
Einleitung
Präsident Harold B. Lee sagte einmal: „Ich habe ein gläubiges Herz, das mit einem einfachen Zeugnis begann, das ich als Kind erhalten habe – ich war wohl etwa zehn, elf Jahre alt. Ich war mit meinem Vater auf einer Farm, weg von zu Hause, wo ich mich beschäftigen musste, bis mein Vater wieder nach Hause fuhr. Auf der anderen Seite des Zauns standen ein paar halbverfallene Schuppen, die einen neugierigen Jungen natürlich anzogen, und ich war voller Abenteuerlust. Ich fing an, durch den Zaun zu klettern, da hörte ich eine Stimme – so deutlich, wie Sie jetzt meine Stimme hören. Sie rief mich beim Namen und sagte: ,Geh nicht dorthin!‘ Ich drehte mich um, weil ich dachte, mein Vater spräche mit mir, aber er befand sich am anderen Ende des Felds. Es war niemand zu sehen. Da wurde mir, schon als Kind, bewusst, dass es Wesen gab, die ich nicht sehen konnte, denn ich hatte eindeutig eine Stimme gehört. Seitdem weiß auch ich, wenn ich etwas über den Propheten Joseph Smith höre oder lese, was es heißt, eine Stimme zu hören, da ich es ja selbst erlebt habe.“1
Der Herr spricht vielleicht vernehmlich zu uns, während wir lernen, mit ihm zu sprechen und zu erkennen, wie er sich uns mitteilt, aber wir können ihn doch allmählich kennenlernen. Präsident Lee hat gesagt: „Gott und Jesus Christus, den er gesandt hat, zu erkennen (siehe Johannes 17:3), wie der Meister seinen Jüngern erklärt hat, geleitet uns auf den sicheren Weg, der zum ewigen Leben in der Gegenwart dieser verherrlichten Wesen führt.“2
Lehren von Harold B. Lee
Wie teilt der himmlische Vater sich seinen Kindern mit?
Ich habe an der Brigham Young University eine inspirierte Predigt von Präsident [J. Reuben] Clark gehört. … Er analysierte darin die verschiedenen Arten von Offenbarung. Zunächst sprach er von der Theophanie, die er als Erlebnis bezeichnete, bei dem der Vater oder der Sohn oder beide einem Menschen persönlich erscheinen beziehungsweise direkt mit ihm sprechen. Mose sprach von Angesicht zu Angesicht mit dem Herrn [siehe Mose 1:1–4]. Daniel hatte eine Theophanie beziehungsweise persönliche Erscheinung [siehe Daniel 10]. Als der Meister zu Johannes dem Täufer kam, um sich taufen zu lassen, ertönte bekanntlich eine Stimme aus dem Himmel, die sagte: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.“ [Matthäus 3:17.] Auch bei der Bekehrung des Paulus … gab es ein persönliches Erscheinen, und es war eine Stimme zu hören [siehe Apostelgeschichte 9:1–6]. Anlässlich der Verklärung, als Petrus, Jakobus und Johannes mit dem Meister auf einen hohen Berg gingen, wo ihnen dann Mose und Elija erschienen, war wieder eine Stimme aus dem Himmel zu hören, die sagte: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.“ (Matthäus 17:5.)
Die größte aller Theophanien unserer Zeit war wohl das Erscheinen des Vaters und des Sohns vor dem Propheten Joseph Smith im Wald [siehe Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:14–17]. Im Anschluss daran gab es noch weitere Erscheinungen; eine von ihnen ist im 100. Abschnitt des Buchs Lehre und Bündnisse festgehalten. Damals erschien der Erretter Joseph und Oliver. …
Eine weitere Form der Offenbarung hat der Prophet Enos festgehalten. In seinem Bericht im Buch Mormon findet sich die folgende bedeutsame Aussage: „Und während ich so im Geiste rang, siehe, da erging die Stimme des Herrn abermals an meinen Sinn.“ [Enos 1:10.]
Mit anderen Worten: manchmal hören wir, wie die Stimme des Herrn an unseren Sinn ergeht, und dann sind die Eindrücke genauso stark, als ob er direkt neben uns die Trompete blasen würde. …
In einer Begebenheit im Buch Mormon macht Nephi seinen Brüdern Vorhaltungen und ruft sie zur Umkehr auf. Er bringt mit den folgenden Worten denselben Gedanken zum Ausdruck: „… Er hat mit einer leisen, sanften Stimme zu euch gesprochen, aber ihr hattet kein Gefühl mehr dafür, und so konntet ihr seine Worte nicht fühlen.“ (1 Nephi 17:45.)
So gibt uns der Herr durch Offenbarung Gedanken ein, als ob eine Stimme spräche. Das möchte ich demütig bezeugen. Ich war einmal in einer Situation, wo ich Hilfe brauchte. Der Herr wusste, dass ich Hilfe brauchte, da ich mich auf einer wichtigen Mission befand. Ich wurde in den frühen Morgenstunden wach und hatte eine Eingebung zu etwas, das ich machen sollte, mir aber vorher ganz anders vorgenommen hatte. Jetzt lag der Weg klar und deutlich vor mir, als ich morgens so dalag, und zwar genauso gewiss, als hätte jemand an meinem Bett gesessen und mir gesagt, was ich tun sollte. Ja, die Stimme des Herrn kommt uns in den Sinn und wir können uns von ihr leiten lassen.
Wir erhalten auch durch die Macht des Heiligen Geistes Offenbarung. Der Herr sagte in der Anfangszeit der Kirche zu dem Propheten Joseph Smith: „Ja, siehe, ich werde es dir im Verstand und im Herzen durch den Heiligen Geist sagen, der … in deinem Herzen wohnen wird. Nun siehe, dies ist der Geist der Offenba- rung.“ (LuB 8:2,3.) Der Meister tröstete, Sie werden sich entsinnen, seine Jünger vor seiner Kreuzigung mit den folgenden Worten: … „Wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen. … Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit [der Heilige Geist], wird er euch in die ganze Wahrheit führen. … Er wird … euch verkünden, was kommen wird.“ (Johannes 16:7,13.) „Er wird … euch an alles erinnern.“ (Johannes 14:26.) So sehen wir also die Macht des Heiligen Geistes. Der Prophet Joseph Smith hat dazu gesagt: „Niemand empfängt den Heiligen Geist, ohne Offenbarungen zu empfangen. Der Heilige Geist ist ein Offenbarer.“ (Lehren des Propheten Joseph Smith, 335.)
Ich möchte das umkehren und sagen: Ein Heiliger der Letzten Tage, der sich hat taufen lassen und dem von den Amtierenden die Hände aufgelegt worden sind, wobei ihm geboten wurde, er solle den Heiligen Geist empfangen, der vom Heiligen Geist noch keine Offenbarung erhalten hat, hat die Gabe des Heiligen Geistes, auf die er doch ein Anrecht hat, noch nicht empfangen. Das ist eine sehr wichtige Sache. Ich möchte auf etwas verweisen, was der Prophet Joseph Smith zum Thema Offenbarung gesagt hat:
„Man kann daraus Nutzen ziehen, dass man auf die ersten Anzeichen des Geistes der Offenbarung achtet; zum Beispiel: Wenn jemand spürt, dass reine Intelligenz in ihn einströmt, taucht vielleicht plötzlich ein Gedanke in ihm auf, und wenn er diesen beachtet, wird er ihn noch am gleichen Tag oder bald darauf verwirklicht sehen; das nämlich, was der Geist Gottes ihm vorgelegt hat, wird eintreffen. Und wenn man auf diese Weise den Geist Gottes kennen und verstehen lernt, kann man in das Prinzip Offenbarung hineinwachsen, bis man vollkommen wird in Christus Jesus.“ (Lehren des Propheten Joseph Smith, 153.)
Zu welchen Angelegenheiten kann man nun eine Offenbarung erhalten? Verblüfft es Sie, zu hören, dass Sie – also alle Mitglieder der Kirche, die den Heiligen Geist empfangen haben – Offenba- rung erhalten können? Nicht für den Präsidenten der Kirche, nicht dazu, wie die Angelegenheiten der Gemeinde, des Pfahls oder der Mission, in der Sie leben, zu regeln sind, sondern jeder für seinen Lebensbereich – dafür kann er durch den Heiligen Geist Offenba- rung erhalten und er hat ein Anrecht darauf. …
Jeder darf diese Gaben und Rechte im Rahmen seiner Belange wahrnehmen: für die Erziehung seiner Kinder, für seine geschäft- lichen Angelegenheiten, für alles, was er tut. Er hat ein Anrecht auf den Geist der Offenbarung und der Inspiration, so dass er das Richtige tut, weise und umsichtig ist, gerecht und gut, und zwar in jeder Hinsicht. Ich weiß, dass das ein wahrer Grundsatz ist, und ich möchte, dass alle Heiligen der Letzten Tage das wissen. Wir sollten uns also alle bemühen, auf die plötzlichen Gedanken, die uns in den Sinn kommen, zu achten, und wenn wir darauf achten und uns darin üben, diese Eingebungen wahrzunehmen, können auch wir – ein jeder von uns – im Geist der Offenbarung wachsen.
Es gibt noch eine weitere Form der Offenbarung, und das sind Träume. Damit will ich nicht sagen, jeder Traum sei direkte Offenbarung vom Herrn. … Aber leider gibt es in unserer gebildeten Zeit Menschen, die den Träumen keinerlei Sinn und Zweck einräumen. Dabei finden wir doch in den heiligen Schriften immer wieder Fälle, wo der Herr sein Volk durch Träume geleitet hat. …
Wir sollten alle bemüht sein, die Gebote des Herrn zu halten und so zu leben, dass er unsere Gebete, die Gebete unserer Lieben, die Gebete der Generalautoritäten beantworten kann. Wir beten immer für die Mitglieder der Kirche und wir danken Gott, wenn wir wissen, dass sie für uns beten. Wenn wir würdig leben, führt der Herr uns auch – durch sein persönliches Erscheinen oder durch seine tatsächliche Stimme oder durch seine Stimme, die an unseren Geist ergeht, oder durch Eingebungen, die wir im Herzen und in der Seele spüren. Wie dankbar wir doch sein sollten, wenn der Herr uns einen Traum schickt, in dem uns die Schönheit der Ewigkeit offenbart wird oder in dem er uns warnt und uns zu unserem ganz besonderen Trost Anweisungen gibt. Ja, wenn wir so leben, führt der Herr uns – zu unserer Errettung und unserem Nutzen.
Als einer der demütigsten unter ihnen und als derjenige, der dieses Amt innehat, möchte ich Ihnen mein demütiges Zeugnis davon geben, dass ich durch die Stimme und die Macht der Offenbarung die Erkenntnis erlangt habe, dass Gott lebt. …
Ich bezeuge Ihnen feierlich, dass die Kirche heute durch Offenbarung geführt wird. Jeder in der Kirche, der mit dem Heiligen Geist gesegnet ist, kann Offenbarung erhalten. Gott helfe uns allen, dass wir immer so leben, dass der Herr durch uns die Gebete der Gläubigen erhören kann.3
Wie können wir so zum Vater im Himmel beten, dass er uns auch führt?
Es ist etwas ganz anderes, ob man ein Gebet spricht oder ob man mit Gott spricht. Es gibt ein paar Menschen, die ich habe beten hören, die mit Gott sprechen, und zu ihnen gehörte auch der verstorbene [Elder] Charles A. Callis. Immer wenn ich ihn am heiligen Altar im Tempel beten hörte, immer wenn wir auf einer schwierigen Mission gemeinsam niederknieten, schien es mir, wenn er sprach, als träte er direkt durch die Eingangstür in die heilige Wohnstätte des Vaters ein und spräche mit göttlichen Wesen. Sagen Sie keine Gebete auf, lesen Sie keine Gebete ab, sondern lernen Sie, mit Gott zu sprechen. Dieses Gespräch mit Gott hatte wohl auch Moroni im Sinn, als er im letzten Kapitel des Buches Mormon schrieb …:
„Ich möchte euch auffordern: Wenn ihr dieses hier empfangt, so fragt Gott, den ewigen Vater, im Namen Christi, ob es wahr ist; und wenn ihr mit aufrichtigem Herzen, mit wirklichem Vorsatz fragt und Glauben an Christus habt, wird er euch durch die Macht des Heiligen Geistes kundtun, dass es wahr ist.“ [Moroni 10:4.]
… Das verstehe ich unter einem gläubigen Gebet, … es ist vom Glauben an Gott und an seinen Sohn Jesus Christus geprägt, und ohne diesen Glauben kann niemand mit Gott sprechen.4
Ich möchte etwas erzählen, was unser geliebter Richard Evans [vom Kollegium der Zwölf] auf einer seiner Reisen erlebt hat. … Er saß vor kurzem mit einem Mann beim Abendessen, einem erfolgreichen Industriellen, der ihm in wenigen Sätzen erzählte, wie er mit den großen Problemen seines Lebens umging und sich den Entscheidungen jedes einzelnen Tages stellte. „Wenn ich morgens aufstehe“, sagte er, „habe ich oft das Gefühl, ich schaffe es nicht. Wenn ich dann aber niederknie und einfach sage: ,Gott, hilf mir, das zu tun, was ich heute tun muss‘, kommt die Kraft und ich habe das Gefühl, ich schaffe es. Ich stelle ihn mir einfach als meinen Vater vor und rede einfach und direkt mit ihm, wie ich früher mit meinem Vater geredet habe, als er noch hier auf der Erde war.“ …
[Elder Evans meinte dazu:] „Was mir der offene und einfache Freund, mit dem ich neulich abends zusammensaß, sagte, ging mir sehr zu Herzen und stimmte mich demütig. Er gehörte nicht meinem Glauben an, aber ich glaube aufrichtig, dass er nicht so überzeugt und gewiss mit Gott hätte sprechen können, wenn er ihn sich bloß als irgendeine Kraft, als unbeschreibliche Wesenheit vorgestellt hätte, über deren Eigenarten und Absichten er nichts wusste, zumindest nichts, was ihm das sichere Gefühl verleihen konnte, dass er tatsächlich mit seinem Vater sprach.“ …
Wie Jakob zu seiner Familie sagte … „O wie groß ist die Heiligkeit unseres Gottes! Denn er weiß alles – es gibt nichts, was er nicht weiß.“ (2 Nephi 9:20.) Wenn Sie das im Sinn behalten, haben Sie schon einen Ausgangspunkt, Sie haben eine Beziehung zu ihm. Wir sind sein Sohn, seine Tochter. Er kennt uns. Er kennt die Dinge und die vorherbestimmten Zeiten und den Ort, an dem wir leben sollten, und die Zeit, in der wir leben sollten. Wir können also nur ihm voll und ganz vertrauen.5
Mit das Kostbarste, das wir besitzen können, die kostbarste Erkenntnis, die wir haben können, ist die, dass der Herr Gebete hört und erhört – oder, um es anders zu formulieren, dass wir lernen können, mit Gott zu reden. Beten ist nicht bloß das Aufsagen irgendwelcher Worte, wie manche Kirchen es lehren, sondern dass wir Gott, unseren himmlischen Vater, und seinen Sohn, Jesus Christus, als lebendige, wirkliche Wesen erkennen und dass wir durch das Wirken der dritten Person der Gottheit, nämlich des Heiligen Geistes, mit ihm, mit unserem himmlischen Vater, kommunizieren können, dass wir auf unsere Fragen eine Antwort und für unsere Tage Kraft erhalten können.6
Seien Sie bereit, demütig wie Paulus zu sagen: „Herr, was soll ich tun?“ (Apostelgeschichte 22:10.) Und sagen Sie unerschrocken wie der junge Samuel: „Rede, Herr; denn dein Diener hört.“ (1 Samuel 3:9.) Seien Sie demütig, beten Sie immer, dann nimmt der Herr Sie sozusagen an der Hand und gibt Ihnen auf Ihr Beten Antwort [siehe LuB 112:10].7
Präsident [David O.] McKay hat uns dies einmal im Tempel erklärt. … „Ich möchte Ihnen etwas sagen: Wenn der Herr Ihnen sagt, was Sie tun sollen, dann müssen Sie den Mut aufbringen, es auch zu tun, sonst fragen Sie ihn besser nicht noch einmal.“ Die Erfahrung habe auch ich gemacht. Manchmal werde ich mitten in der Nacht wach und kann erst wieder einschlafen, wenn ich aufgestanden bin und das, was mir zu schaffen macht, zu Papier gebracht habe. Aber man braucht großen Mut, um das zu tun, was einem in der Antwort auf das Gebet gesagt wird.8
Fasten Sie an zwei Mahlzeiten am ersten Sonntag im Monat und bezahlen Sie den vollen Gegenwert der beiden Mahlzeiten, die Sie weggelassen haben. … Der Herr hat zu Jesaja gesagt, diejenigen, die auf diese Weise fasten und an die Hungrigen ihr Brot austeilen, könnten rufen und der Herr werde ihnen antworten, sie könnten um Hilfe schreien und der Herr werde sagen: „Hier bin ich.“ [Siehe Jesaja 58:6–9.] Das ist eine Möglichkeit, mit dem Herrn ins Gespräch zu kommen. Probieren Sie es dieses Jahr. Leben Sie vollkommen nach dem Gesetz des Fastens.9 Wenn wir an einem Scheideweg stehen und uns zwischen zwei Alternativen entscheiden müssen, wollen wir daran denken, wozu der Herr uns aufgefordert hat: die ganze Sache mit dem Verstand durcharbeiten, bis wir zu einer Schlussfolge- rung gelangen; ehe wir etwas tun, den Herrn fragen, ob es richtig ist, und uns dann auf die geistige Antwort einstimmen – entweder haben wir das Brennen im Herzen und wissen, dass unsere Schlussfolgerung richtig ist, oder wir haben eine Gedankenstarre, die uns vergessen lässt, wenn wir uns falsch entschieden haben [siehe LuB 9:7–9]. Und dann wird uns gemäß der Verheißung des Herrn „durch das Gebet des Glaubens“ der Geist gegeben (siehe LuB 42:14). …
Wenn wir aufrichtig suchen, können wir in der geistigen Sphäre nach den Antworten suchen, die uns nicht nur großen Segen einbringen, sondern auch das erhabene Zeugnis im Herzen, dass unser Tun, unser Leben und unsere Mühen das Siegel der Billigung des Herrn und Schöpfers aller tragen.10
Was können wir tun, um vom Herrn persönliche Offenbarung zu erhalten?
Das Wichtigste, das man tun kann, ist, dass man lernt, mit Gott zu reden. Reden Sie mit ihm wie mit Ihrem Vater, denn er ist Ihr Vater und er möchte, dass Sie mit ihm reden. Er möchte, dass Sie sich im Zuhören üben, wenn er Ihnen die Eingebungen des Geistes schenkt, um Ihnen zu sagen, was Sie tun sollen. Wenn Sie lernen, auf die Ideen, die Ihnen plötzlich in den Sinn kommen, zu achten, werden Sie feststellen, dass sie genau dann kommen, wenn Sie sie brauchen. Wenn Sie sich darin üben, diese Eingebungen wahrzunehmen, werden Sie irgendwann gelernt haben, mit dem Geist der Offenbarung zu leben.11
Wie entwickeln wir nun die geistigen Eigenschaften, die wir brauchen, um unsere irdische Mission völliger zu erfüllen und uns auf die unendliche Macht [Gottes] einzustimmen … ?
Ammon hat diese Frage teilweise beantwortet: „Ja, wer umkehrt und Glauben übt und gute Werke hervorbringt und beständig ohne Unterlass betet, dem ist es gegeben, die Geheimnisse Gottes zu wissen. … .“ (Alma 26:22.) …
David, der Psalmist, erfuhr schon als junger Mann die Quelle geistiger Macht. Der Geist flüsterte: „Lasst ab und erkennt, dass ich Gott bin. … Der Gott Jakobs ist unsre Burg.“ (Psalm 46:10.)
Die Propheten in alter Zeit lernten, und das sollten wir alle tun, wie man durch Beten mit dem Herrn kommuniziert, wie man mit dem Herrn spricht und dann auf seine Weise Antworten erhält. …
Der Herr sagte zu dem Propheten Elija: „Komm heraus und stell dich auf den Berg vor den Herrn! Da zog der Herr vorüber: Ein starker, heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging dem Herrn voraus. Doch der Herr war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Doch der Herr war nicht im Erdbeben.
Nach dem Beben kam ein Feuer. Doch der Herr war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln.
Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle. … .“ (1 Könige 19:11–13.)
Allzuoft ist das sanfte, leise Säuseln, mit dem Gott spricht, so wie damals zu Elija in der Höhle, für unsere physischen Ohren nicht vernehmbar, da wir, wie ein kaputtes Radio, vielleicht nicht auf das Unendliche eingestellt sind.
… Die Menschen leben heute häufig so weit von geistigen Dingen entfernt, dass sie, wenn der Herr ohne vernehmlichen Klang zu ihren physischen Ohren oder zu ihrem Sinn spricht oder wenn er sich durch seine bevollmächtigten Diener an sie wendet, die, wenn der Geist sie anleitet, so sind wie seine Stimme selbst, nur irgendein Geräusch hören – wie damals die Menschen in Jerusalem. Und so erhalten sie dann keine inspirierte Weisheit, keine innere Gewissheit darüber, dass der Herr durch seine Propheten und Führer seinen Sinn kundgetan hat..
… Enos, Lehis Enkel, erklärt, warum manche Menschen Erkenntnis von den Dingen Gottes erlangen können, während es anderen nicht gelingt. Enos berichtet, wie er darum rang, Verge- bung für seine Sünden zu erlangen, um seiner hohen Berufung würdig zu sein.
Abschließend sagt er: „Und während ich so im Geiste rang, siehe, da erging die Stimme des Herrn abermals an meinen Sinn, nämlich: Ich will deinen Brüdern vergelten gemäß dem Eifer, womit sie meine Gebote halten. …“ [Enos 1:10.]
Da haben Sie, in schlichten Worten, einen wichtigen Grundsatz: Nicht der Herr hält sich von uns zurück. Wir halten uns von ihm zurück, weil wir seine Gebote nicht halten.12 Wenn wir den Herrn um einen Segen angehen, wollen wir darauf achten, dass wir würdig sind, das, worum wir beten, auch zu erhalten.13
Wollen Sie nicht gern so leben, dass Sie Gott, wenn er zu ihnen spricht, auch hören oder dass Sie dessen würdig sind, dass Ihnen ein Engel erscheint oder dass Sie in die Gegenwart des Herrn gelangen? Der Herr hat erklärt, wie wir uns dafür bereitmachen können. Hier spricht er in einer erhabenen Offenbarung die folgenden Worte: „Wahrlich, so spricht der Herr: Es wird sich begeben: Jede Seele, die von ihren Sünden lässt und zu mir kommt und meinen Namen anruft und meiner Stimme gehorcht und meine Gebote hält, wird mein Angesicht sehen und wissen, dass ich bin.“ (LuB 93:1.)
Als die Stimme aus dem Himmel zu den Menschen im Land Überfluss sprach, verstanden sie sie nicht. Um sie herum herrschte wohl ein solches Durcheinander, dass sie erst ihr Herz darauf einstimmen mussten. Und als sie sich dann ganz darauf einstellten, verstanden sie die Stimme auch (siehe 3 Nephi 11:3–5).14
Gebe Gott, dass ein jeder von uns so leben möge, dass wir durch den Heiligen Geist diese Gemeinschaft mit Gott haben und ohne Zweifel wissen, dass er lebt, damit wir eines Tages bereit sind, in seine Gegenwart einzutreten.15
Anregungen für Studium und Diskussion
-
In welchen Angelegenheiten können wir Offenbarung erhalten? Wie können wir die Fähigkeit, die Stimme des Herrn zu hören und in das Prinzip der Offenbarung hineinzuwachsen, steigern?
-
Welche Möglichkeiten gibt es, durch die leise, sanfte Stimme des Geistes Offenbarung zu erhalten?
-
Was ist der Unterschied zwischen dem Sprechen eines Gebets und einem Gespräch mit Gott? Was bedeutet es, mit „wirklichem Vorsatz“ zu beten? (Siehe Moroni 10:4.)
-
Wie wirkt sich das Wissen darum, dass Sie ein Sohn beziehungsweise eine Tochter Gottes sind, darauf aus, wie Sie sich im Gebet an ihn wenden? Inwiefern hilft Ihnen dieses Wissen, ihm zu vertrauen?
-
Was sollten Sie tun, um vom Herrn Weisung zu erhalten, wenn Sie vor wichtigen Entscheidungen stehen? Warum braucht man Mut, um auf die Eingebungen des Geistes zu hören?
-
Wie ziehen wir uns manchmal vor dem himmlischen Vater zurück? Wie können wir uns ihm persönlich und mit unserer Familie kontinuierlich nahen?