Kann man ohne Kinder dazugehören?
Wir konnten keine Kinder bekommen, und das gab mir das Gefühl, es gäbe in der Kirche keinen Platz für mich.
Ich hatte mich immer in der Kirche zugehörig gefühlt, bis mein Ehemann Cameron und ich Schwierigkeiten hatten, Kinder zu bekommen. Der Anblick der Kinder und Familien, die ich sonst gern in der Kirche gesehen hatte, schmerzte mich nun und machte mich traurig.
Ohne Kind im Arm und Wickeltasche in der Hand fühlte ich mich leer. In der Frauenhilfsvereinigung wurden Spielgruppen bekanntgegeben, die Mütter unterhielten sich und es schien, als ginge es in jeder Lektion um das Muttersein.
Ich kam mir verloren vor.
Ich hatte kein Kind, das ich zu einer Spielgruppe bringen konnte. Ich konnte keine Geschichten davon erzählen, wie ich mein Kind im Evangelium erzog.
Ich wollte so gern bei den Gesprächen über das Muttersein mitreden und mich mit den Schwestern in meiner Gemeinde anfreunden. Aber es kam mir so vor, als ob wir nichts gemeinsam hätten, weil ich keine Mutter war.
Der schwierigste Tag war unser erster Sonntag in einer neuen Gemeinde. Da wir keine Kinder hatten, wurden wir gefragt, ob wir frisch verheiratet waren und ob wir schon über Kinder nachdachten. Ich war eigentlich schon ziemlich gut darin geworden, solche Fragen zu beantworten, ohne verletzt zu sein. Ich wusste ja, dass sie gut gemeint waren.
Aber an diesem Sonntag waren diese Fragen besonders schwer zu beantworten. Wir hatten gedacht, ich könnte schwanger sein, aber es hatte sich gezeigt, dass ich es – wieder einmal – nicht war.
Ich war niedergeschlagen, als wir zur Abendmahlsversammlung gingen, und fand es schwer, diese typischen Kennenlernfragen zu beantworten. Während des Abendmahls schaute ich mich nach anderen jungen Paaren ohne Kinder um, mit denen mein Ehemann und ich uns anfreunden könnten. Doch ich sah keine.
In der Sonntagsschule brach mir dann wirklich das Herz. In der Lektion sollte es um die göttliche Rolle der Mutter gehen. Doch die Stimmung schlug schnell um und bald waren nur noch Beschwerden zu hören. Es tat mir im Herzen weh, zu hören, wie Frauen sich über eine Segnung beschwerten, für die ich alles gegeben hätte. Tränen flossen mir die Wangen herab.
Ich verließ die Kirche, so schnell ich konnte. Zuerst wollte ich gar nicht wieder hingehen. Ich wollte mich nicht noch einmal so ausgegrenzt fühlen. Doch abends sprach ich mit meinem Mann darüber und wir beschlossen, weiter in die Kirche zu gehen. Nicht nur, weil der Herr es geboten hat, sondern weil wir beide wussten, dass die Freude, die durch die Erneuerung der Bündnisse und durch den Heiligen Geist in der Kirche entsteht, größer ist als die Traurigkeit, die ich an jenem Tag verspürt hatte.
Jeder fühlt sich mal nicht zugehörig
Dieses Erlebnis ist vier Jahre her. Es ist einige Zeit vergangen. Und ich habe immer noch kein Baby auf dem Arm oder eine Wickeltasche in der Hand. Aber ich weiß jetzt mehr als je zuvor, dass ich in der Kirche dazugehöre.
Während ich versuchte, meine Traurigkeit zu verarbeiten, habe ich die Menschen um mich herum mehr beobachtet. Ich schaue mich jetzt immer noch in der Versammlung um, aber jetzt suche ich nach Mitgliedern, die sich vielleicht gerade nicht in der Kirche zugehörig fühlen. Und ich habe festgestellt, dass sich jeder mal nicht zugehörig fühlt.
In der Kirche gibt es verwitwete, geschiedene und alleinstehende Mitglieder. Bei manchen sind Angehörige vom Evangelium abgefallen. Es gibt Mitglieder mit chronischen Krankheiten oder finanziellen Schwierigkeiten. Manche Mitglieder fühlen sich vom gleichen Geschlecht angezogen. Andere versuchen, eine Sucht oder ihre Zweifel zu überwinden. Es gibt Neubekehrte und neu Hinzugezogene und bei manchen sind die Kinder schon aus dem Haus. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.
Wir können alle einmal das Gefühl bekommen, wegen unserer Prüfungen oder Lebensumstände nicht dazuzugehören, aber in Wahrheit sind es genau unsere unterschiedlichen Lebensumstände und Schwierigkeiten, derentwegen wir zur Kirche Christi gehören.
Wir gehören zu unserem Erretter
Man wird Mitglied der Kirche, um Christus zu folgen. Wir gehören zu unserem Erretter, und deswegen gehören wir zu seiner Kirche. Er hat uns gesagt: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“ (Matthäus 11:28.)
Der Herr lädt uns ganz unabhängig von unseren Umständen ein, zu ihm zu kommen. Wir gehen in die Kirche, um unsere Bündnisse zu erneuern, unseren Glauben zu stärken, Frieden zu finden und das zu tun, was er in seinem Erdenleben so vollkommen gemacht hat: sich um die zu kümmern, die sich nicht zugehörig fühlen.
Manchmal bin ich die Einzige in der FHV, die keine Kinder hat. Und manchmal fragen Leute immer noch, warum wir keine Kinder haben. Das sind schwierige Momente, doch auf jeden schwierigen Moment kommen viel mehr schöne Momente.
Dass ich in der Kirche den Heiligen Geist spüren und meine Liebe für meinen Erretter zum Ausdruck bringen kann, wird immer stärker als das Gefühl der Einsamkeit sein. Ich weiß, dass wir durch Christus Frieden erlangen können. Ich weiß, dass wir durch die Versammlungen der Kirche Heilung erlangen können. Ich weiß, dass wir gesegnet werden, wenn wir weiter vorangehen. Wir haben vielleicht nicht dieselben Probleme wie andere in der Kirche, aber aufgrund unserer Erfahrungen können wir mehr Mitgefühl für diejenigen entwickeln, die sich nicht zugehörig fühlen. Und dadurch können uns diese Erfahrungen vereinen.
Ich weiß, dass ich durch mein Zeugnis und meine Offenheit anderen zeigen kann, dass sie – und jeder andere auch – zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gehören.