Matt Bettilyon
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Ich dachte, ich wollte eine Offenbarung

Matt Bettilyon
07/22/21 | 4 min Lesedauer
Ich dachte, ich wollte eine Offenbarung – doch eigentlich wollte ich nur ein Zeichen.

Während meines Studiums fand ich einen guten Arbeitgeber mit einer Stelle, die zu meinem Studiengebiet passte. Nach dem Studium zogen meine Frau und ich zweimal mit der Firma um, und ich wurde dabei jedes Mal befördert. Meine Karriere verlief wunderbar. Doch nach fast fünf Jahren in derselben Position fragte ich mich, ob es an der Zeit wäre, mich nach einem neuen Arbeitgeber umzuschauen. Ich hatte das Gefühl, nicht voranzukommen, und war besorgt, dass ich nicht fähig sein würde, die finanziellen Bedürfnisse meiner Frau und meiner zwei Kinder zu decken, wenn ich nicht den Kurs änderte. Als ich mit meiner Frau darüber sprach, wurde mir bewusst, dass ich mich eigentlich gern fortbilden wollte, und zwar schon seit Präsident Gordon B. Hinckleys Ansprache darüber, dass sich die Männer in der Kirche so umfassend ausbilden sollten, wie es ihnen nur möglich sei.1 Daher entschloss ich mich, parallel zu meiner Vollzeittätigkeit Betriebswirtschaft zu studieren.

Am Ende meines Studiums begann ich, intensiv nach einer neuen Arbeit zu suchen. Meine derzeitige Firma hatte einige Stellenangebote, auf die ich mich bewarb, doch es wurde leider nichts daraus. Nach vielen Bewerbungen und anstrengenden Vorstellungsgesprächen zahlte sich die Mühe aus: Man bot mir bei einer anderen Firma eine Tätigkeit an. Das wachsende Unternehmen schien sehr vielversprechend für die Zukunft zu sein.

Ich wollte den Job unbedingt haben! Dennoch fiel es mir sehr schwer, eine deutliche Eingebung dafür oder dagegen zu spüren. Sowohl meine Frau als auch ich machten uns viele Sorgen darüber, ob ich das Angebot annehmen sollte. Veränderung ist ja oft beängstigend. Doch Angst vor Veränderung schien uns nicht der rechte Grund dafür zu sein, das Angebot abzulehnen.

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Ich begann, alle Facetten meines damaligen Arbeitsplatzes zu beleuchten. An guten Tagen kam ich nach Hause und dachte mir: „Der Job ist toll! Ich brauche nicht zu wechseln. Ich sollte noch ein bisschen länger abwarten.“ Doch an anderen Tage gab es bei der Arbeit etwas, was mich störte. Dann betrachtete ich dieses Ereignis als Grund und dachte mir: „Deshalb muss ich weg hier. Das ist nicht mehr der richtige Platz für mich.“ Meine Meinung, ob ich bleiben oder doch den neuen Job annehmen sollte, schwankte hin und her. Nach einer Woche wollte mein potenzieller neuer Arbeitgeber endlich eine Antwort. Schließlich beschloss ich also, zur neuen Firma zu wechseln. Doch obwohl ich mich darauf freute, spürte ich hinsichtlich dieser Entscheidung keinen großen Frieden.

Nach einiger Überlegung wurde mir klar, dass ich bei der Entscheidungsfindung nicht nach Offenbarung, sondern nach einem Zeichen getrachtet hatte. Als ich in alltäglichen Ereignissen nach Zeichen Ausschau hielt, fand ich sie auch. Das ergibt auch Sinn, denn der Herr hat gesagt: „Und wer nach Zeichen trachtet, wird Zeichen sehen, aber nicht zur Errettung.“ (Lehre und Bündnisse 63:7.)

Ich wollte meine Entscheidung auf zufällige Tagesereignisse stützen. Indem ich darauf achtete, was an einem Tag gut oder schlecht lief, versuchte ich mich der Verantwortung zu entziehen, eine Entscheidung zu treffen – für mich und für das Wohlergehen meiner Familie. Der Herr hat mich mit einem klaren Verstand ausgestattet und mir eine gute Ausbildung ermöglicht, sodass ich kluge Entscheidungen treffen kann. Als ich über all das nachdachte, machte mir der Herr klar, warum es so gefährlich war, dass ich ein Zeichen wollte: Ich hatte versucht, meine Entscheidungsfreiheit einem anderen Menschen oder gar einem Gegenstand oder einem Prozess zuzuweisen!

Wie sich herausstellte, mochte ich die neue Tätigkeit gar nicht. Die Arbeit war aufreibend und das Pendeln sehr ermüdend. Nach einem Jahr am neuen Arbeitsplatz betete ich zum Vater im Himmel: „Ich weiß, dass es meine Entscheidung war, diese Arbeitsstelle anzunehmen, aber ich halte es hier nicht mehr viel länger aus. Kannst du mir helfen, einen Ausweg zu finden?“ Fast ein ganzes Jahr lang betete ich jeden Tag mehrfach darum. Schließlich schrieben mir mehrere ehemalige Arbeitskollegen über eine neue freie Stelle.

Ich war mir nicht sicher, ob diese Tätigkeit richtig für mich war, doch ich bewarb mich, wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen und bekam die Stelle angeboten. Nach den Gesprächen und einiger Erkundigung wusste ich rein rational, dass ich diesen Job wollte. Als ich über die Entscheidung betete, hatte ich das Gefühl, die Tätigkeit sei die richtige für mich – auch wenn sie nicht dem entsprach, was ich mir je für meine berufliche Laufbahn vorgestellt hatte. Diesmal hielt ich für die Antwort nicht nach guten oder schlechten Tagen oder Situationen Ausschau. Stattdessen bemühte ich mich aus mir selbst und aufgrund meines Wissens um eine Antwort, und der Herr sorgte dafür, dass ich bei meiner Entscheidung Frieden verspürte.

Eines habe ich dabei gelernt: Obwohl ich ja ein Zeugnis vom Erretter und vom wiederhergestellten Evangelium habe, konnte es mir dennoch unterlaufen, dass ich nach einem Zeichen trachtete – weil ich Angst davor hatte, für meine Handlungen verantwortlich zu sein. Dass man nach einem Zeichen trachtet, kann sich einschleichen, wenn man sich erstmals ein Zeugnis erarbeitet. Es kann aber auch jederzeit auf unserem Weg der Bündnisse vorkommen und unsere Fähigkeit beeinträchtigen, den Herrn zu hören. Ich bin dankbar, dass Gebete erhört werden und dass ich den Herrn durch ein friedvolles Gefühl in mir hören kann.

Anmerkungen
1. Siehe Gordon B. Hinckley, „Seid des Mädchens würdig, das ihr eines Tages heiraten werdet“, Frühjahrs-Generalkonferenz 1998


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