2021
Gebete für Tessa
Oktober 2021


Gebete für Tessa

Die Verfasserin lebt in Colorado, USA.

„Keiner will mich in seiner Mannschaft“, sagte Tessa.

„Wer steht zum Herren, wer? Jetzt heißts, entschieden sein.“ (Gesangbuch, 1977, Nr. 208)

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girl playing kickball

Tessa starrte auf ihre Schuhe. Der Sportunterricht begann. Die anderen wählten gerade die Mannschaften für Völkerball. Tessa wusste, dass man sie als Letztes wählen würde. Das war immer so.

Bald war nur noch Tessa übrig. „Dann müssen wir Tessa wohl schon wieder nehmen“, flüsterte der Mannschaftskapitän seinem Kumpel zu. Die beiden kicherten.

Tessa tat so, als hätte sie sie nicht gehört.

Das Spiel begann. Ein paar Minuten später warf ein Mädchen aus der gegnerischen Mannschaft den Ball. Er kam direkt auf Tessa zu.

Denen zeig ich’s!, dachte Tessa. Sie wich nicht aus, sondern sprang nach vorn, um den Ball zu fangen. Er traf sie aber am Arm und fiel dann zu Boden.

„Du kriegst echt gar nichts gebacken!“, rief der Mannschaftskapitän.

Tessa wirbelte herum und schaute ihm in die Augen. „Von mir aus! Dann spielt halt ohne mich!“ Sie lief zum Ball und warf ihn so kräftig, wie sie konnte.

Shondra, Tessas beste Freundin, lief auf sie zu. „Komm schon, ist doch halb so wild“, sagte Shondra. „Jeder wird mal abgeworfen.“

„Ach ja? Und warum will mich dann keiner in seiner Mannschaft?“, rief Tessa.

„Vielleicht, weil du immer so schnell ausflippst“, meinte Shondra. Sie ging zurück zum Spielfeld, wo die anderen schon warteten.

Tessa setzte sich auf eine Bank in der Ecke der Turnhalle. Tränen brannten ihr in den Augen. Sie wollte nicht, dass die Schule wieder ihre Eltern anrief. Das war schon mal geschehen. Der Direktor hatte gesagt, dass sich Tessa nicht mit ihren Mitschülern verstand.

Tessa wusste selbst nicht, warum sie sich manchmal so verhielt. Sie wollte sich doch gar nicht mit den anderen anlegen. Aber manchmal war sie wütend und traurig zugleich und konnte sich dann einfach nicht zurückhalten.

Tessa seufzte. „Ich werd nie dazugehören“, sagte sie sich.

Nach der Schule lief Tessa nach draußen. Ihre Mama wartete schon auf sie. Sie hörte zu, als Tessa ihr vom heutigen Tag berichtete.

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girl walking with her mom

„Keiner will mich in seiner Mannschaft“, sagte Tessa. „Niemand ist auf meiner Seite.“

„Ach mein Schatz, das tut mir leid“, sagte Mama. „Manchmal werden wir gemein behandelt. Aber der Vater im Himmel ist immer auf deiner Seite. Und deine Familie auch.“ Sie umarmte Tessa ganz fest. „Komm, fahren wir heim. Dort wartet eine Überraschung auf dich.“

Zuhause stellte Tessa fest, dass ihre Oma zu Besuch war! Darüber freute sie sich immer sehr.

„Erzähl mir alles, was dich gerade beschäftigt“, sagte Oma. „Was macht die Schule?“

Tessa sah auf den Boden. „Nicht so doll.“

„Deine Mama hat schon erzählt, dass du gerade Probleme hast“, meinte Oma. „Du weißt schon, dass sie und Papa für dich beten, oder?“

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girl sitting with her grandma

„Ja.“

„Und du weißt auch, dass Opa und ich für dich beten, oder?“

Tessa nickte.

„Und momentan beten auch noch ganz viele andere für dich!“

„Wie meinst du das?“, fragte Tessa.

„Ich hab deinen Namen im Tempel auf die Gebetsliste geschrieben“, erklärte Oma. „Deswegen beten jetzt ganz viele für dich. Sogar Leute, die dich gar nicht kennen.“

„Also … sind sie sozusagen in der gleichen Mannschaft wie ich?“, fragte Tessa.

„Klar, das könnte man so sagen!“, meinte Oma. „Und der Vater im Himmel feuert dich immer an! Und auch die Leute, die gerade für dich beten.“

„Danke, Oma!“ Tessa drückte Oma an sich.

Als Tessa sich das nächste Mal in der Schule aufregte, schloss sie einfach die Augen und holte tief Luft. Sie dachte an all die Leute, die für sie beteten. Da ging es ihr gleich ein bisschen besser. Dann neigte sie den Kopf, um selbst zu beten.

Danke, Vater im Himmel, betete sie. Danke, dass du mich anfeuerst.

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Friend Magazine, Global 2021/10 Oct

Illustrationen von Rayanne Vieira

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