„Ana erkennt ihren Wert“, Unser Freund, Februar 2024, Seite 40f.
Ana erkennt ihren Wert
Warum war Mila nur immer so perfekt?
Diese Geschichte spielt in Kanada.
„Mamá, weißt du was?“, fragte Mila, Anas ältere Schwester. Sie hielt ihr Zeugnis hoch. „Ich hab in jedem Fach ʼne Topnote!“
Ana verdrehte die Augen. Warum war Mila nur immer so perfekt?
„Das ist ja super!“, rief Mamá. „Ich bin stolz auf dich!“ Sie wandte sich Ana zu. „Und wie sieht dein Zeugnis aus?“
Ana gab es ihr. „Ganz okay“, sagte sie und schaute zu Boden. Ana hatte sich in der Schule wirklich angestrengt. Aber sie hatte nicht überall die beste Note wie Mila.
„Ich bin auch stolz auf dich!“, sagte Mamá. Sie nahm Ana in den Arm.
Das sagt sie nur, damit ich mich nicht blöd fühle, dachte Ana. Mila war schon immer klüger als sie gewesen.
Und sie war nicht nur eine bessere Schülerin als Ana – sie war in allem besser! Sie hatte mehr Freunde. Sie hatte schönere Haare. Sie war sportlicher. Alle liebten Mila!
Anas Eltern waren bemüht, dass es ihr besser ging.
„Du bist wichtig, Ana“, sagte Papi immer.
„Du bist hübsch und klug“, sagte Mamá immer.
Aber Ana fühlte sich weder wichtig noch hübsch noch klug. Nicht im Vergleich zu Mila.
Eines Tages spielten Ana und Mila ein Brettspiel. „Du hast schon wieder gewonnen“, stöhnte Ana.
„Möchtest du noch etwas anderes spielen?“, fragte Mila. „Wie wäre es, wenn wir rausgehen? Bestimmt gewinnst du im Fußball!“
„Nein!“, fauchte Ana. „Ich habe keine Lust mehr, immer zu verlieren! Es nervt mich so, dass du immer besser bist als ich!“ Sie fühlte sich, als koche sie innerlich über.
Mila machte große Augen. „Es tut mir leid, ich –“
Ana drehte sich um und rannte in ihr Zimmer, bevor Mila den Satz beenden konnte. „Ich werde nie so perfekt sein wie du!“, rief sie noch, ehe sie die Tür zuknallte.
Ana warf sich aufs Bett und vergrub das Gesicht im Kissen. Sie kochte vor Wut!
Dann atmete sie ein paar Mal tief durch. Als sie ruhiger war, kniete sich Ana hin und betete. „Lieber Vater im Himmel“, sagte sie. „Bitte hilf mir. Ich bin immer eifersüchtig auf Mila!“ Sie wurde leiser. „Ich habe immer das Gefühl, dass ich nie gut genug sein werde. Hast du mich wirklich lieb?“
Ein warmes Gefühl durchströmte Ana von Kopf bis Fuß. Da kam ihr ein Gedanke. Der Vater im Himmel liebte alle Menschen, weil sie seine Kinder waren. Nicht, weil sie immer am besten waren. Vielleicht musste Ana gar nicht besser sein als die anderen, damit man sie liebte. Jetzt gerade verspürte sie doch auch Liebe!
Ana blieb noch auf den Knien. Sie wollte das schöne Gefühl nicht verlieren. Der Vater im Himmel hatte sie wirklich lieb – sehr lieb!
Da klopfte es sachte an der Tür. Es war Mamá. Sie setzte sich neben Ana aufs Bett. „Ich hab gehört, dass du dich ärgerst?“
Ana nickte. „Ja. Es geht mir aber schon besser. Ich weiß, dass ich nicht auf Mila wütend sein sollte, weil sie gute Noten hat oder ein Spiel gewinnt. Ich hab gebetet. Das hat mir sehr geholfen.“
Mamá legte einen Arm um Ana. „Wie hast du dich denn beim Gebet gefühlt?“
„Gut!“, erwiderte Ana. „Ich hatte das Gefühl, dass ich dem Vater im Himmel wirklich wichtig bin.“
Mamá drückte Ana fest an sich. „Du warst schon immer wichtig – dem Vater im Himmel und uns auch. Aber ich bin froh, dass dir das jetzt auch bewusst ist.“
„Ich auch. Ich werde mich bei Mila entschuldigen, weil ich sie angeschrien habe.“ Ana lächelte. „Und ich frage sie, ob sie mit mir Fußball spielt!“