Unser Freund
Elise, die Ingenieurin
Juni 2024


„Elise, die Ingenieurin“, Unser Freund, Juni 2024, Seite 30f.

Elise, die Ingenieurin

Vielleicht bin ich nicht schlau genug, dachte Elise.

Diese Geschichte spielt in Kenia.

„Elise, aufstehen!“, rief Mutti.

Elise stöhnte und drehte sich zur anderen Seite herum. Sie wollte weiterschlafen!

Einen Augenblick lang kniff sie die Augen zusammen. Dann musste sie an ihre Schulfreunde denken und was sie in der Schule alles lernen würde. Schließlich kroch sie aus dem Bett und sprach ein Gebet.

„Lieber Vater im Himmel“, betete sie. „Danke für den neuen Tag. Bitte hilf mir, pünktlich in die Schule zu kommen. Hilf mir, etwas zu lernen und freundlich zu sein. Im Namen Jesu Christi. Amen.“

Es war erst vier Uhr morgens. Draußen war es noch dunkel. Elises Schule war weit weg. Deshalb musste sie so früh aufstehen. Sie wusste aber, dass Bildung wichtig war. Außerdem wollte sie eines Tages Ingenieurin werden – und deshalb musste sie natürlich zur Schule gehen.

Bevor sie sich auf den Weg machte, griff Elise nach ihrer Büchertasche und nahm sich ein paar Chapati als Frühstück für unterwegs. Sie aß die Fladenbrote, während sie auf den Bus wartete.

Als der Bus kam, waren über den Gebäuden in der Ferne die ersten Sonnenstrahlen zu sehen. Elise stieg in den Bus und setzte sich. Sie schaute aus dem Fenster und überlegte, was sie als Ingenieurin alles machen wollte. Eines Tages wollte sie Maschinen bauen, mit denen sie anderen helfen konnte.

Als Elise aus dem Bus stieg, musste sie noch ein paar Straßen weiter bis zur Schule laufen. Sie schaute auf die Uhr und rannte los. Auf keinen Fall durfte sie zu spät kommen!

„Willkommen, liebe Klasse“, sagte Auntie Claudia. In Kenia sagt man zur Lehrerin „Auntie“, das bedeutet „Tante“. „Heute lernen wir Bruchrechnung.“

Sofort saß Elise kerzengerade auf ihrem Stuhl. Sie fand Mathe toll!

Doch als Auntie Claudia die Gleichung an die Tafel schrieb, war Elise verwirrt. Sie schaute ins Mathebuch und dann in ihr Heft. Die Zahlen ergaben gar keinen Sinn!

„Bitte erledigt bis morgen die Aufgabe auf Seite 42“, sagte Auntie Claudia. „Bis zum Ende der Stunde könnt ihr schon mal anfangen.“

Mädchen schaut verwirrt auf seine Hausaufgaben

Elise schrieb die erste Aufgabe ab. Sie begann mit dem Rechenweg, kam aber nicht weiter. Sie seufzte. Vielleicht konnte ihre Freundin Jessie helfen.

„Jessie!“, flüsterte Elise. „Hilfst du mir bei der ersten Aufgabe?“

Jessie schüttelte den Kopf. „Ich will die Aufgaben vor dem Klingeln fertig haben.“

Elise ließ den Kopf hängen. Sie wandte sich ihrem Freund Miguel zu. „Verstehst du die erste Aufgabe?“, fragte sie.

Aber auch Miguel hatte keine Zeit. „Tut mir leid“, sagte er und rechnete weiter.

Elise wurde ganz mulmig zumute. Normalerweise war sie so gut in Mathe!

Als Elise nach Hause kam, war es wieder dunkel. Sie war müde. Aber sie musste ihre Hausaufgaben noch fertigstellen.

Erneut setzte sich Elise an die Aufgabe. Aber sie konnte sie noch immer nicht lösen. Von den Zahlen brummte ihr der Schädel. Vielleicht würde sie es gar nicht schaffen, Ingenieurin zu werden!

In diesem Augenblick setzte sich ihre ältere Schwester Emma zu ihr. „Ist alles in Ordnung?“, fragte sie.

Elise stöhnte. „Ich verstehe diese Aufgabe nicht! Alle anderen verstehen sie. Ich bin einfach nicht schlau genug.“

Emma lachte. „Natürlich bist du schlau!“, sagte sie. „Wenn etwas schwierig ist, bedeutet das doch nicht, dass du nicht schlau bist. Du musst einfach mehr üben! Zeig mir die Aufgabe doch mal. Ich kann dir beibringen, wie man sie löst.“

Elise zeigte ihr die Gleichung, und Emma schrieb ein paar Zahlen auf. Nach ein paar Minuten ergab plötzlich alles Sinn. Elise nahm Emma den Bleistift aus der Hand und rechnete die Aufgabe zu Ende.

„Du hast es geschafft!“, rief Emma. „Üb weiter. Wenn du wieder nicht weiterkommst, helfe ich dir.“

Glücklich und erleichtert setzte sich Elise an die nächste Aufgabe. Der Vater im Himmel hatte ihr Morgengebet erhört und ihr geholfen, etwas dazuzulernen! Sie war dankbar, dass er ihr eine geduldige ältere Schwester gegeben hatte, die ihr die Aufgabe erklären konnte. Mit der Hilfe des himmlischen Vaters und wenn sie sich richtig anstrengte, konnte sie eines Tages wirklich Ingenieurin werden!

Ein Mädchen sitzt mit seiner Schwester an den Hausaufgaben und stellt sich vor, sie wäre erwachsen in Arbeitskleidung, mit Schutzbrille und Klemmbrett
Artikel (PDF)

Illustration von Simini Blocker