1990–1999
Der Glaube an den Herrn Jesus Christus”
April 1994


Der Glaube an den Herrn Jesus Christus”

Glaube an den Herrn Jesus Christus ist die Überzeugung und ist das Vertrauen, daß Gott uns kennt und liebt und unsere Gebete hört und entsprechend dem, was für uns am besten ist, beantwortet.

Meine lieben jungen Schwestern, ich bin von den Gebeten, der Musik und den Worten in dieser wunderbaren Versammlung sehr inspiriert worden. Ich glaube, daß jedes Mädchen, das heute zuhört, in seinem Entschluß bestärkt worden ist, das zu werden, wozu Präsidentin Janette C. Haies euch aufgefordert hat: eine rechtschaffene, glaubensstarke Frau, die Probleme lösen kann.

Diese großartigen Frauen, die die JD-Präsidentschaft der Kirche des Herrn bilden, haben uns gesagt, wie man das erreichen kann - wie wir danach trachten, Glauben an den Herrn Jesus Christus zu erlangen, und wie wir ihn stärken. Schwester Pearce hat uns inspirierende Beispiele von Männern und Frauen aufgezeigt, die ihren Glauben und ihr Vertrauen in den himmlischen Vater und seinen Sohn, Jesus Christus, gesetzt haben, indem sie daran glaubten, daß die Welt unter ihrer Obhut steht, daß sie uns kennen und lieben und daß sie einen Plan für uns haben. Schwester Pinegar hat uns gelehrt, daß wir danach trachten und uns dafür entscheiden können und müssen, an den Erretter und seine Liebe zu glauben.

Dies sind wahre Lehren und wahre Lehrerrinnen. Für mich ist es eine große Aufgabe, diese Versammlung über ein so grundlegendes Thema nun abzuschließen.

Der erste Grundsatz des Evangeliums ist nicht „Glaube”. Der erste Grundsatz des Evangeliums ist „Glaube an den Herrn Jesus Christus” (4. Glaubensartikel). Ich möchte über diese überaus wichtige Wahrheit zu euch Mädchen sprechen.

Glaube an sich existiert nicht. Glaube braucht ein Objekt. Es kann nur Glauben an etwas oder jemand geben.

In dieser Hinsicht ist der Glaube wie die Liebe. Auch die Liebe kann nicht ohne ein Objekt existieren. Ich möchte das mit einem persönlichen Erlebnis veranschaulichen. Meine Frau und ich haben sechs Kinder, davon vier Töchter. Unsere jüngste Tochter ist noch im Teenageralter. Als Eltern haben wir viel über Töchter im Teenageralter gelernt. Ich kann mich noch daran erinnern, wie eine unserer Töchter einmal verkündet hat, sie sei in acht Jungen verliebt. Sie schrieb alle ihre Namen auf eine Liste. Ich hatte bemerkt, daß sie mit manchen der Jungen noch nicht einmal ausgegangen war, und einem davon war sie noch nie begegnet. Innerhalb weniger Wochen strich sie einige Namen aus der Liste und fügte andere hinzu. Als ich sie fragte, wie sie in so kurzer Zeit in so viele Jungs verliebt sein und dann wieder nicht mehr verliebt sein konnte, bekannte sie weise: „Ich glaube, ich bin gar nicht in diese Jungs verliebt. Ich bin einfach in die Liebe verliebt.” Eure Eltern und Großeltern erinnern sich vielleicht an das alte Lied: „In die Liebe verliebt zu sein, das heißt, in Einbildungen vernarrt zu sein.” (Lorenz Hart, „Fällung in Love with Love”, The Boysfrom Syracuse, 1938.)

Liebe ist bedeutungslos, solange sie nicht irgend etwas oder irgend jemand gilt. Wir lieben unsere Eltern. Wir lieben unsere Brüder und Schwestern. Wir lieben den Herrn.

So ist es auch mit dem Glauben. Wenn wir meinen, Glauben zu haben, müssen wir uns fragen, an wen oder an was glauben wir? Für manche ist Glaube nichts anderes als der Glaube an sich selbst. Das ist aber nur Selbstvertrauen oder sogar Ichbezogenheit. Andere haben Glauben an den Glauben, was etwa bedeutet, sich auf die Macht des positiven Denkens zu verlassen oder felsenfest überzeugt zu sein, daß wir bekommen können, was wir wollen, indem wir die Kräfte in uns manipulieren.

Der erste Grundsatz des Evangeliums ist der Glaube an den Herrn Jesus Christus. Ohne diesen Glauben, sagt der Prophet Mormon, sind wir „nicht geeignet, dem Volk seiner Kirche zugezählt zu werden” (Moroni 7:39).

Die Schrift lehrt uns, daß der Glaube dadurch kommt, daß wir das Wort Gottes hören (siehe Römer 10:17). Das Wort, das wir durch die heilige Schrift, durch prophetische Lehren und durch persönliche Offenbarung erhalten, lehrt uns, daß wir Kinder Gottes, des ewigen Vaters, sind. Es belehrt uns über die Identität und Mission Jesu Christi, seines einziggezeugten Sohnes, unseres Erretters und Erlösers. Gegründet auf diesem Wissen ist der Glaube an den Herrn Jesus Christus, die Überzeugung und das Vertrauen, daß Gott uns kennt und liebt und unsere Gebete hört und sie entsprechend dem, was für uns am besten ist, beantwortet.

Ja, Gott tut sogar noch mehr als das, was für uns am besten ist. Er tut das, was für uns und für alle Kinder des himmlischen Vaters am besten ist. Die Überzeugung, daß der Herr mehr weiß als wir und unsere Gebete so beantwortet, wie es für uns und alle seine Kinder am besten ist, ist ein wesentlicher Bestandteil des Glaubens an den Herrn Jesus Christus. Diese wichtige Tatsache wird in einem Erlebnis, das in Eider John H.

Grobergs kürzlich veröffentlichtem Buch In the Eye of the Storni erwähnt wird, sehr treffend veranschaulicht. Er beschreibt, was er als junger Missionar erlebt hat, unterwegs in einem Segelboot zwischen den Tongainseln.

„Wir beteten immer um Schutz, Erfolg und eine ruhige See und Wind, um an unser Ziel zu kommen. Einmal bat ich den Herrn, uns mit einem guten Rückenwind zu segnen, damit wir schnell nach Foa gelangen konnten. Unterwegs sagte einer der älteren Männer:, Eider Groberg, Sie müssen Ihre Gebete ein wenig ändern.’

,Wie das?’ erwiderte ich.

,Sie haben den Herrn um Rückenwind gebeten, damit wir schnell nach Foa gelangen. Wenn Sie um Rückenwind nach Foa beten, was ist dann mit den Leuten, die versuchen, von Foa nach Pangai zu kommen? Es sind gute Menschen, und Sie beten gegen sie. Beten Sie doch einfach für einen guten Wind, nicht für Rückenwind.’

Daraus habe ich etwas Wichtiges gelernt. Manchmal beten wir für etwas, was für uns von Vorteil ist, anderen aber vielleicht Schmerz zufügt. Vielleicht beten wir für ein bestimmtes Wetter oder daß jemand das Leben gerettet wird, doch die Antwort auf unser Gebet würde vielleicht jemand anderen verletzen. Deshalb müssen wir immer im Glauben beten, denn wir können keinen wahren, gottgegebenen Glauben an etwas haben, das nicht seinem Willen entspricht. Wenn es seinem Willen entspricht, ist es für alle Beteiligten von Nutzen. Ich habe gelernt, für einen guten Wind zu beten und dafür, sicher anzukommen, anstatt für Rückenwind.” (In the Eye ofthe Storni, Seite 175.)

Glaube muß auch Vertrauen einschließen. Ich bin froh, daß jede Schwester der JD-Präsidentschaft dies in ihrer Ansprache betont hat. Wenn wir Glauben an den Herrn Jesus Christus haben, müssen wir ihm vertrauen. Wir müssen ihm genügend vertrauen, um seinen Willen zu akzeptieren in dem Wissen, daß er weiß, was für uns am besten ist.

Der Glaube, der auch Vertrauen in den Herrn einschließt, steht im Gegensatz zu vielen Nachahmungen. Manche Leute vertrauen nur sich selbst. Andere schenken einem Freund oder jemandem aus der Familie ihr höchstes Vertrauen, weil sie vielleicht annehmen, der Betreffende sei rechtschaffener oder weiser als sie. Aber das ist nicht der Weg des Herrn. Er hat uns angewiesen, unseren Glauben und unser Vertrauen in den Herrn Jesus Christus zu setzen.

Der Erretter selbst hat uns das Beispiel für diese Art von Glauben und Vertrauen gegeben. Wißt ihr noch, wie er in den qualvollen Stunden in Getsemani zum Vater gebetet hat? Dies war der Höhepunkt seines Lebens, die nahende Erfüllung seiner Mission als Erretter. Im Evangelium nach Lukas, korrigiert in der inspirierten Übersetzung des Propheten Joseph Smith, wird beschrieben, wie er sich niederkniete und betete: „Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.” (Bibelübersetzung von Joseph Smith, Lukas 22:42.)

Hier sehen wir den bedingungslosen Glauben und das Vertrauen des Erretters in den Vater. „Aber”, sagte er, „nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.” Die Antwort des Vaters war, der Bitte seines einziggezeugten Sohnes nicht nachzukommen. Das Sühnopfer mußte von dem Lamm ohne Fehl und Makel vollbracht werden. Doch obwohl die Bitte des Sohnes abgeschlagen wurde, wurde doch sein Gebet erhört. In der Schrift heißt es: „Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und gab ihm neue Kraft.” (Bibelübersetzung von Joseph Smith, Lukas 22:43.)

Vom Himmel bestärkt, den Willen des Vaters zu tun, erfüllte der Erretter seine Mission. „Und er betete in seiner Angst noch inständiger, und er schwitzte Blut, das auf die Erde tropfte.” (Bibelübersetzung von Joseph Smith, Lukas 22:44.)

Wenn wir versuchen, Glauben an den Herrn Jesus Christus zu entwickeln, anstatt einfach nur Glauben als ein abstraktes Prinzip der Macht auszuüben, dann begreifen wir, was der Erretter gemeint hat, als er sagte: „Wenn ihr Glauben an mich habt, werdet ihr Macht haben, alles zu tun, was mir ratsam ist.” (Moroni 7:33.)

Gleichermaßen hat der Erretter die Nephiten gelehrt, daß sie immer in seinem Namen zum Vater beten müssen und hat hinzugefügt: „Und alles, was ihr den Vater in meinem Namen bittet - sofern es recht ist und ihr darauf vertraut, daß ihr es empfangen werdet -, siehe, das wird euch gegeben werden.” (3 Nephi 18:20.)

Hier erinnert uns der Erretter, daß Glaube, wie stark er auch sein mag, nichts hervorbringen kann, was im Gegensatz zum Willen dessen steht, dessen Macht der Glaube ist. Die Ausübung des Glaubens an den Herrn Jesus Christus unterliegt der Ordnung des Himmels, der Güte und dem Willen, der Weisheit und dem Zeitplan des Herrn. Deshalb können wir keinen wahren Glauben an den Herrn haben ohne auch vollständiges Vertrauen in seinen Willen und seinen Zeitplan zu haben. Wenn wir in dieser Weise an den Herrn glauben und ihm vertrauen, dann erfahren wir wahre Sicherheit im Leben. Präsident Spencer W. Kimball hat gesagt: „Sicherheit erlangen wir nicht durch unerschöpflichen Reichtum, sondern durch unauslöschlichen Glauben.” (The Teachings of Spencer W. Kimball Hg. Edward L. Kimball, Seite 72 f.)

Ich habe von einem Mädchen gelesen, das diese Art von Glauben und Vertrauen ausgeübt hat. Viele Monate lang war ihre Mutter schon schwer krank. Schließlich rief der glaubenstreue Vater die Kinder ans Bett der Mutter und sagte ihnen, sie sollten sich von ihr verabschieden, denn sie müsse sterben. Die zwölfjährige Tochter protestierte:

„Papa, ich möchte nicht, daß Mama stirbt. Ich war mit ihr im Krankenhaus … sechs Monate lang; immer wieder … hast du ihr einen Krankensegen gegeben und ihr wurden die Schmerzen genommen und sie konnte ruhig einschlafen. Ich möchte, daß du meiner Mama die Hände auflegst und sie heilst.”

Der Vater, es war Eider Heber J. Grant, sagte den Kindern, daß er in seinem Herzen spürte, daß für ihre Mutter die Zeit gekommen war. Die Kinder gingen und er kniete sich neben das Bett seiner Frau. Später erzählte er: „Ich sagte dem Herrn, daß ich seine Hand im Leben und im Tod anerkannte … Ich sagte ihm aber auch, daß ich nicht die Kraft hatte, meine Frau sterben zu sehen und zu wissen, daß dies den Glauben meiner kleinen Kinder erschütterte.” Er flehte den Herrn an, seine Tochter „wissen zu lassen, daß es seine Absicht und sein Wille war, daß ihre Mutter sterben müsse”. Innerhalb der nächsten Stunde starb die Mutter. Als Elder Grant die Kinder wieder in das Zimmer rief und es ihnen sagte, begann sein sechsjähriger Junge bitterlich zu weinen. Seine zwölfjährige Schwester nahm ihn in die Arme und sagte: „Weine nicht, Heber, nachdem wir dieses Zimmer verlassen haben, hat mir die Stimme des Herrn vom Himmel gesagt, im Tod deiner Mama wird der Wille des Herrn erfüllt.” (Bryant S. Hinckley, Heber }. Grant: Highlights in the Life ofa Great Leader, Seite 243 f.)

Wenn wir diese Art von Glauben und Vertrauen besitzen, die dieses Mädchen gezeigt hat, haben wir genügend Kraft, um in jedem wichtigen Ereignis in unserem Leben zu bestehen. Präsident Spencer W. Kimball hat gesagt, daß wir, wie er es nannte, „einen Glaubensvorrat” brauchen, um allen Versuchungen und Angriffen des Lebens standhaft zu widerstehen. (Spencer W. Kimball, Faith Precedes the Miracle, Seite 110f.)

Meine lieben jungen Schwestern, jede von euch muß sich einen Glaubensvorrat zulegen, auf den ihr zurückgreifen könnt, wenn jemand, den ihr liebt oder achtet, euch im Stich läßt, wenn eine wissenschaftliche Entdeckung anscheinend einen Evangeliumsgrundsatz in Frage stellt oder wenn jemand das, was heilig ist, verspottet, wie den Namen Gottes oder die heiligen Zeremonien des Tempels. Ihr müßt auf euren Glaubensvorrat zurückgreifen, wenn ihr schwach seid oder wenn jemand anders euch bittet, ihn zu stärken. Ihr müßt auch auf euren Glaubensvorrat zurückgreifen, wenn die Mitgliedschaft oder der Dienst in der Kirche etwas von euch fordert, was mit euren persönlichen Neigungen in Konflikt gerät.

Ihr braucht die Kraft, die dem Glauben an und dem Vertrauen in den Herrn Jesus Christus entspringt, wenn ihr eure Obliegenheit, „allzeit und in allem, wo auch immer ihr euch befinden mögt, … als Zeugen Gottes aufzutreten” (Mosia 18:9), ganz erfüllen wollt. In Zeiten der Prüfung braucht ihr den Trost, den die heiligen Schriften euch bieten, die euch versichern, daß ihr, wenn ihr den Schild des Glaubens ergreift, „alle feurigen Pfeile der Schlechten auslöschen könnt” (LuB 27:17).

Der Glaube an den Herrn Jesus Christus macht euch für alles bereit, was das Leben bringen mag. Diese Art von Glaube macht euch bereit, mit den Möglichkeiten, die das Leben bringt, richtig umzugehen - diejenigen zu nutzen, die sich euch bieten, und die Enttäuschung über diejenigen zu überwinden, die verloren sind.

Vor allem öffnet der Glaube an den Herrn Jesus Christus die Tür zur Errettung und Erhöhung: „Denn gemäß den Worten Christi kann ein Mensch nicht errettet werden, wenn er nicht Glauben an seinen Namen hat.” (Moroni 7:38.)

Ich bezeuge, daß dies wahr ist. Ich erbitte den Segen des allmächtigen Gottes auf euch, meine treuen jungen Schwestern, in eurem Bemühen, euren Glauben und euer Vertrauen in den Herrn Jesus Christus zu entwickeln und auszuüben, und in eurem Bemühen, ihm zu dienen und seine Gebote zu halten. Im Namen Jesu Christi. Amen.