Sei ein Vorbild
Ihr könnt euer Zeugnis auf vielerlei Weise geben – durch das, was ihr sagt, durch das Beispiel, das ihr gebt, durch die Art und Weise, wie ihr euer Leben führt.
Meine lieben Schwestern, die ihr hier im riesigen Konferenzzentrum versammelt seid oder überall in der Welt diese Versammlung via Satellit verfolgt, ich hoffe, dass ihr mich mit euren Gebeten unterstützt, damit ich die Aufgabe, zu euch zu sprechen, gut erfüllen kann.
Die Worte der JD-Präsidentschaft, die schöne Musik und der Geist, der in dieser Versammlung herrscht, haben uns erbaut und inspiriert. Wir haben den Propheten Joseph Smith, sein Leben und das wiederhergestellte Evangelium Jesu Christi wieder mehr schätzen gelernt.
Ihr liegt der Ersten Präsidentschaft der Kirche sehr am Herzen, und sie vertraut euch und euren Führerinnen. Ihr seid ein Beispiel für Rechtschaffenheit in einer Welt, die euren Einfluss und eure Kraft dringend braucht.
Vielleicht ist folgende Aufforderung des Apostels Paulus an seinen geschätzten Mitstreiter Timotheus ein passender Schlachtruf für euch: „Sei den Gläubigen ein Vorbild in deinen Worten, in deinem Lebenswandel, in der Liebe, im Glauben, in der Lauterkeit.“1
Heute treiben Freizügigkeit, Unsittlichkeit, Pornografie und Gruppenzwang viele auf einem Meer von Sünden hin und her und lassen sie an den zerklüfteten Klippen vergebener Chancen, eingebüßter Segnungen und zerplatzter Träume zerschellen.
Ich möchte euch, den kostbaren jungen Damen, und Ihnen, den Müttern, JD-Führerinnen und -Beraterinnen, einen Verhaltenskodex nahe legen, der einen jeden, der sich daran hält, sicher durch das Erdenleben zurück ins celestiale Reich des himmlischen Vaters führt. Ich habe diesen Verhaltenskodex in vier Bereiche unterteilt:
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Ihr habt ein Erbe – haltet es in Ehren.
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Ihr werdet mit Versuchung konfrontiert – widersteht ihr.
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Ihr kennt die Wahrheit – lebt danach.
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Ihr habt ein Zeugnis – lasst andere daran teilhaben.
Erstens: Ihr habt ein Erbe – haltet es in Ehren. Wie ein Donnerschlag klingen uns folgende Worte, die auf dem Sinai gesprochen wurden, in den Ohren: „Ehre deinen Vater und deine Mutter.“2
Wie sehr eure Eltern euch doch lieben und wie inbrünstig sie für euch beten. Ehrt sie!
Wie kann man seine Eltern ehren? Mir gefallen diese Worte von William Shakespeare: „Nicht liebt, wer nimmer offenbart die Liebe.“3 Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie ihr eurer Mutter und eurem Vater zeigen könnt, dass ihr sie wirklich liebt. Ihr könnt euren Eltern gehorchen und das tun, was sie euch sagen; sie werden euch nie in die Irre führen. Ihr könnt ihnen Achtung erweisen. Sie haben viel für euch geopfert und tun es auch weiterhin.
Seid ehrlich zu eurer Mutter und zu eurem Vater. Eure Ehrlichkeit gegenüber euren Eltern zeigt sich unter anderem darin, dass ihr mit ihnen sprecht. Schmollt nicht schweigend vor euch hin. Die Uhr tickt laut – ihre Zeiger scheinen sich noch langsamer zu bewegen, wenn es dunkel wird –, es ist schon spät, und eine geliebte Tochter ist immer noch nicht nach Hause gekommen. Wenn ihr aufgehalten werdet, greift doch zum Telefon: „Mutter, Vater, alles in Ordnung! Wir haben uns nur noch etwas zu essen besorgt. Macht euch keine Sorgen, uns geht es gut. Ich bin bald zu Hause.“
Vor einigen Jahren besuchte ich eine Versammlung für Jugendliche auf dem Friedhof von Clarkston in Utah, wo sie das Denkmal am Grab von Martin Harris, einem der drei Zeugen für das Buch Mormon, besichtigten. Mir fiel noch ein anderer Grabstein auf, klein und unscheinbar, auf dem ein Name und der folgende, bewegende Vers zu lesen waren: „Bei uns zu Hause ist ein Licht erloschen, eine geliebte Stimme ist verstummt. In unserem Herzen ist ein Platz jetzt leer, und leer bleibt er für immer.“
Wartet nicht, bis dieses Licht bei euch zu Hause erloschen ist, wartet nicht, bis die euch vertraute Stimme verstummt, ehe ihr sagt: „Ich liebe dich, Mutter; ich liebe dich, Vater.“ Jetzt ist die Zeit zum Nachdenken und die Zeit zum Danken. Ich bin sicher, dass ihr beides tun werdet. Ihr habt ein Erbe – haltet es in Ehren.
Weiter in unserem Verhaltenskodex: Ihr werdet mit Versuchung konfrontiert – widersteht ihr.
Der Prophet Joseph Smith stand vor Versuchungen. Könnt ihr euch vorstellen, wie sehr er verspottet, verhöhnt und verachtet wurde, nachdem er verkündet hatte, dass er eine Vision gehabt hatte? Ich glaube, es muss für den Jungen nahezu unerträglich geworden sein. Ihm war gewiss klar, dass es leichter für ihn wäre, das, was er über die Vision gesagt hatte, zu widerrufen und einfach mit seinem normalen Leben fortzufahren. Er gab aber nicht nach. Dies sind seine Worte: „Ich hatte tatsächlich ein Licht gesehen, und mitten in dem Licht hatte ich zwei Personen gesehen, und sie hatten wirklich zu mir gesprochen; und wenn man mich auch hasste und verfolgte, weil ich sagte, ich hätte eine Vision gesehen, so war es doch wahr; … Ich hatte eine Vision gesehen, das wusste ich; und ich wusste, dass Gott es wusste; ich konnte es nicht leugnen und wagte es auch gar nicht.“4 Joseph Smith zeigte durch sein Beispiel, was Mut ist. Er blickte der Versuchung ins Auge und widerstand ihr.
Viele von euch kennen das Stück Camelot. Ich möchte euch von einer meiner liebsten Stellen in diesem Drama erzählen. Als die Schwierigkeiten zwischen König Artus, Sir Lancelot und Königin Ginerva zunehmen, sagt der König warnend: „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Leidenschaft unsere Träume zerstört.“ Diese flehentliche Bitte richte ich heute Abend an euch. Lasst nicht zu, dass die Leidenschaft eure Träume zerstört. Haltet der Versuchung stand!
Denkt daran, was im Buch Mormon steht: „Schlecht zu sein hat noch nie glücklich gemacht.“5
Entscheidend für euren Erfolg und für euer Glück ist folgender Rat: „Seid vorsichtig bei der Wahl eurer Freunde.“ Wir neigen dazu, so zu werden wie diejenigen, die wir bewundern, und das sind gewöhnlich unsere Freunde. Wir sollten mit denen Umgang pflegen, die, gleich uns, nicht nur auf zeitweiliges Vergnügen, wertlose Ziele und geringe Anstrengung aus sind, sondern auf das, worauf es am meisten ankommt, nämlich Ziele für die Ewigkeit.
Haltet den Blick auf die Ewigkeit gerichtet! Plant für die Zukunft die Eheschließung im Tempel ein. Ihr werdet nie etwas Schöneres erleben als den besonderen Tag, an dem ihr heiratet – kein anderer Zeitpunkt wird je wieder so heilig sein wie dieser Tag. Dann und dort bekommt ihr einen Vorgeschmack auf celestiale Freude. Habt Acht; lasst nicht zu, dass Versuchung euch dieses Segens beraubt!
Stellt euch vor jeder Entscheidung, die ihr treffen müsst, folgende Fragen: Was macht das aus mir? Was werden die Folgen für mich sein? Fragt euch bei eurem Verhaltenskodex nicht „Was werden die anderen von mir halten?“, sondern überlegt vielmehr, „Was werde ich selbst von mir halten?“ Lasst euch von der sanften, leisen Stimme führen. Denkt daran, dass jemand, der Vollmacht hatte, euch bei der Konfirmierung die Hände aufgelegt und zu euch gesagt hat: „Empfange den Heiligen Geist.“ Öffnet dieser besonderen Stimme, die von der Wahrheit Zeugnis ablegt, das Herz, ja, eurer tiefstes Inneres. Der Prophet Jesaja hat verheißen: „Deine Ohren werden es hören, wenn er dir nachruft: Hier ist der Weg, auf ihm müsst ihr gehen.“6
Unsere Zeit ist von Freizügigkeit gekennzeichnet. Überall sehen wir, wie die Idole aus dem Kino, die Helden aus der Welt des Sports – diejenigen, denen viele junge Menschen gern nacheifern möchten – die Gesetze Gottes missachten und sündhafte Verhaltensweisen rechtfertigen, scheinbar ohne Schaden zu nehmen. Glaubt das ja nicht! Es gibt eine Zeit der Abrechnung, zu der Soll und Haben aufgerechnet werden. Sogar für Aschenputtel ist der Ball irgendwann vorbei – dann kommt das letzte Gericht, die Abschlussprüfung des Lebens. Seid ihr bereit? Seid ihr mit eurer Leistung zufrieden?
Hilfe könnt ihr aus vielen Quellen erhalten. Eine ist der Patriarchalische Segen. Er enthält Kapitel aus dem Buch eurer Möglichkeiten in der Ewigkeit. Lest euren Patriarchalischen Segen oft. Lest ihn aufmerksam. Achtet auf die Warnungen, die darin stehen. Lebt so, dass ihr euch das verdient, was euch darin verheißen wird.
Ist eine von euch auf der Reise zu Fall gekommen, gibt es einen Weg zurück. Dieser Weg ist die Umkehr. Der Heiland ist gestorben, um uns dieses kostbare Geschenk zu machen. Der Weg ist steinig, aber die Verheißung gibt es wirklich: „Wären eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee.“7 „An ihre Sünde denke ich nicht mehr.“8 Ihr werdet vor Versuchungen stehen; ich bete darum, dass ihr standhalten werdet.
Weiter in unserem Verhaltenskodex: Ihr kennt die Wahrheit – lebt danach.
Nach der Vision im heiligen Hain bekam Joseph Smith drei Jahre lang keine weitere Offenbarung. Könnt ihr euch vorstellen, wie es wohl ist, wenn man Gott den Vater und seinen Sohn Jesus Christus gesehen hat, wenn Christus zu einem gesprochen hat, und dann folgt drei Jahre lang keine weitere Kundgebung? Würdet ihr irgendwann zweifeln? Würdet ihr euch wundern und fragen, was los ist? Der Prophet Joseph Smith wunderte sich nicht, stellte nicht in Frage, was er erlebt hatte, und zweifelte nicht am Herrn. Er hatte die Wahrheit empfangen und lebte danach.
Meine lieben jungen Freundinnen, ihr seid zurückbehalten worden, um zu dieser besonderen Zeit, in der das Evangelium Jesu Christi auf der Erde wiederhergestellt ist, hervorzukommen. Präsident Gordon B. Hinckley hat über das Evangelium und über das persönliche Zeugnis gesagt: „Das, was wir Zeugnis nennen, … ist … so wirklich und mächtig wie nur irgendeine Kraft auf der Erde. … Wir finden es bei Jung und Alt. … Es schenkt uns die Gewissheit, dass das Leben einen Sinn hat, dass einiges viel wichtiger ist als anderes, dass wir uns auf einer ewigen Reise befinden und dass wir uns vor Gott verantworten müssen.“9
Eure Eltern und eure Lehrer in der Kirche haben euch die Wahrheiten des Evangeliums beigebracht. Ihr werdet in den heiligen Schriften, in den Worten der Propheten und durch die Inspiration, die ihr erhaltet, wenn ihr niederkniet und Gott um Hilfe bittet, noch mehr Wahrheit finden.
Vergesst nicht, dass Glaube und Zweifel in eurem Herzen nicht nebeneinander existieren können, das eine wird das andere vertreiben. Legt jeden Zweifel ab! Nährt den Glauben! Bemüht euch stets, den kindlichen Glauben zu bewahren, der Berge versetzen und den Himmel ein Stück näher zum Herzen und zu euch nach Hause holen kann.
Wenn euer Zeugnis vom Evangelium, vom Erretter und vom Vater im Himmel fest verwurzelt ist, wird es auf alles, was ihr tut, Einfluss nehmen. Es wird euch bei der Überlegung helfen, wie ihr eure Zeit verbringen und mit wem ihr Umgang haben wollt. Es wird sich darauf auswirken, wie ihr mit eurer Familie und mit anderen umgeht. Es wird Liebe, Frieden und Freude in euer Leben bringen. Das Zeugnis sollte euch den Entschluss leichter machen, euch anständig zu kleiden und auszudrücken. Seit etwa einem Jahr bemerken wir, dass sich einige Mädchen in der Kirche leider nicht mehr so anständig kleiden wie zuvor. Der Kleidungsstil ändert sich, Modeerscheinungen kommen und gehen, doch wenn ein Kleidungsstil unanständig ist, dürfen sich unsere jungen Damen nicht darauf einlassen. Wenn ihr euch anständig kleidet, beweist ihr Achtung vor dem himmlischen Vater und vor euch selbst. Zu dieser Zeit, in der sich die Mode an der spärlichen Kleidung einiger aktueller Film- und Musikstars orientiert, ist es vielleicht schwer, in Bekleidungsgeschäften etwas Anständiges zu finden. Es ist dennoch möglich und unerlässlich. Der Apostel Paulus hat verkündet: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? … Gottes Tempel ist heilig, und der seid ihr.“10 Ihr kennt die Wahrheit – lebt danach.
Und als Letztes: Ihr habt ein Zeugnis – lasst andere daran teilhaben. Unterschätzt niemals den weitreichenden Einfluss eures Zeugnisses. Ihr könnt einander stark machen; ihr seid fähig, das Unbemerkbare zu bemerken. Wenn ihr Augen habt, die sehen, Ohren, die hören, und ein empfindsames Herz, könnt ihr anderen in eurem Alter zu Hilfe eilen und sie retten.
Ich möchte das anhand eines Erlebnisses veranschaulichen, das ich vor einigen Jahren hatte, als meine Frau nach einem Sturz im Krankenhaus lag. Sie bat mich, in einen Supermarkt zu gehen und einige Einkäufe zu tätigen. Das hatte ich noch nie zuvor getan. Ich hatte eine Einkaufsliste, auf der auch Kartoffeln standen. Ich schnappte mir gleich einen Einkaufswagen und legte einige Kartoffeln hinein. Ich wusste nichts von den Plastiktüten, in die man die Waren normalerweise steckt. Als ich den Wagen vor mir herschob, rutschten die Kartoffeln durch zwei kleine Öffnungen auf der hinteren Seite des Wagens heraus und landeten auf dem Boden. Eine diensteifrige Angestellte eilte herbei und rief: „Kann ich Ihnen helfen?“ Ich versuchte ihr zu erklären, dass mit meinem Einkaufswagen etwas nicht stimmte. Da hörte ich zum ersten Mal, dass alle Einkaufswagen hinten diese zwei Löcher haben und dass diese für die Beine von Kindern bestimmt sind.
Als Nächstes nahm sie meine Liste und half mir, alles, was darauf stand, zu finden. Dann sagte sie: „Sie sind Bischof Monson, nicht wahr?“
Ich erwiderte, dass ich viele Jahre zuvor tatsächlich Bischof gewesen war. Sie fuhr fort: „Damals wohnte ich in der Gale Street im Gebiet Ihrer Gemeinde. Ich war kein Mitglied der Kirche. Sie haben dafür gesorgt, dass die Mädchen, die der Kirche angehörten, sich jede Woche bei mir meldeten und mich zu den Aktivitäten der Jungen Damen und der Jugendlichen mitnahmen. Sie waren sehr nett, und ihre Freundschaft und Freundlichkeit sprachen mich an. Ich möchte Ihnen sagen, dass ich mich der Kirche angeschlossen habe, weil Sie dafür gesorgt haben, dass man mich in die Gemeinschaft aufnahm. Das hat mich sehr glücklich gemacht“, sagte sie, „und ich danke Ihnen dafür, dass Sie so lieb waren.“
Ihr könnt euer Zeugnis auf vielerlei Weise geben – durch das, was ihr sagt, durch das Beispiel, das ihr gebt, durch die Art und Weise, wie ihr euer Leben führt.
Möge ein jeder von uns dem hervorragenden Beispiel des Propheten Joseph Smith nacheifern! Er lehrte die Wahrheit; er lebte nach der Wahrheit; er ließ andere an der Wahrheit teilhaben. Ihr habt ein Zeugnis – lasst andere daran teilhaben.
Möge Gott euch segnen, meine lieben Schwestern. Wir haben euch lieb und wir beten für euch. Denkt daran, dass ihr nicht allein seid. Der Herr hat euch verheißen: „Ich werde vor eurem Angesicht hergehen. Ich werde zu eurer rechten Hand sein und zu eurer linken, und mein Geist wird in eurem Herzen sein und meine Engel rings um euch, um euch zu stützen.“11
Morgen ist Ostern. Mögen sich unsere Gedanken jetzt, am Vorabend des Festes, dem zuwenden, der für unsere Sünden gesühnt hat und der uns gezeigt hat, wie wir leben und wie wir beten sollen und der uns durch seine Taten Beispiel gegeben hat, wie wir dies tun können. Der Sohn Gottes, der in einem Stall zur Welt gekommen ist und in einer Krippe gelegen hat, fordert einen jeden von uns auf, ihm zu folgen. „Welch Trost mir die Erkenntnis gibt: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!“12 Möge sein Geist immer bei euch sein, darum bete ich in seinem heiligen Namen – im Namen Jesu Christi, des Herrn. Amen.