Was für Männer und Frauen sollt ihr sein?
Mögen Ihre Bemühungen, christliche Eigenschaften zu entwickeln, erfolgreich sein, damit Sie das Abbild Christi in Ihren Gesichtsausdruck aufnehmen und seine Charaktereigenschaften in Ihrem Verhalten offenbar werden.
Sein oder Nichtsein“, das ist eigentlich eine sehr gute Frage.1 Der Erretter stellte sie auf eine weitaus tiefgründigere Weise, wodurch sie für jeden von uns zu einer entscheidenden Glaubensfrage wird: „Was für Männer [und Frauen] sollt ihr sein? Wahrlich, ich sage euch: So, wie ich bin.“ (3 Nephi 27:27; Hervorhebung hinzugefügt.) Das Verb sein heißt in der ersten Person Präsens ich bin. Er fordert uns auf, seinen Namen auf uns zu nehmen und uns sein Wesen anzueignen.
Um so zu werden, wie er ist, müssen wir auch das tun, was er tat: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Dies ist mein Evangelium; und ihr wisst, was ihr in meiner Kirche tun müsst; denn die Werke, die ihr mich habt tun sehen, die sollt ihr auch tun.“ (3 Nephi 27:21; Hervorhebung hinzugefügt.)
Sein und tun gehören untrennbar zusammen. Als miteinander verflochtene Lehren bestärken und unterstützen sie einander. Glaube zum Beispiel veranlasst uns zu beten, und das Gebet wiederum stärkt unseren Glauben.
Der Erretter prangerte oft diejenigen an, die etwas taten, ohne es zu sein, und bezeichnete sie als Heuchler: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.“ (Markus 7:6.) Etwas zu tun, ohne es auch zu sein, ist Heuchelei; wer vorgibt, etwas zu sein, was er nicht ist, ist ein Heuchler.
Umgekehrt ist es ebenso sinnlos, etwas zu sein, ohne es jedoch zu tun: „So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat.“ (Jakobus 2:17; Hervorhebung hinzugefügt.) Etwas zu sein, ohne es zu tun, ist nicht wirklich sein, sondern es ist Selbsttäuschung, da man glaubt, man sei gut, bloß weil die Absichten gut sind.
Zu tun, ohne zu sein (Heuchelei), vermittelt anderen ein falsches Bild, während zu sein, ohne zu tun, uns selbst ein falsches Bild vermittelt.
Der Erretter wies die Schriftgelehrten und Pharisäer wegen ihrer Heuchelei zurecht: „Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr gebt den Zehnten“ (etwas, was sie taten) „von Minze, Dill und Kümmel und lasst das Wichtigste im Gesetz außer Acht: Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue.“ (Matthäus 23:23.) Anders ausgedrückt: Sie waren nicht das, was sie hätten sein sollen.
Obwohl er erkannte, wie wichtig das Tun ist, nannte der Erretter das Sein „das Wichtigste“. Dass das Sein von größerer Wichtigkeit ist, wird an den folgenden Beispielen deutlich:
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In die Wasser der Taufe zu steigen ist etwas, was wir tun. Das Sein, das dem vorausgehen muss, ist der Glaube an Jesus Christus und eine mächtige Herzenswandlung.
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Vom Abendmahl zu nehmen ist etwas, was wir tun. Würdig zu sein, vom Abendmahl zu nehmen, ist jedoch bedeutsamer und weitaus wichtiger.
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Die Ordinierung zum Priestertum ist eine Handlung, also etwas, was wir tun. Wichtiger jedoch ist die Macht des Priestertums, die auf den „Grundsätzen der Rechtschaffenheit“ (LuB 121:36), also dem Sein, beruht.
Viele von uns schreiben Listen, was zu tun ist, die uns daran erinnern sollen, was wir erreichen wollen. Aber wir führen nur selten eine Liste darüber, wie wir sein wollen. Warum? Was zu tun ist, besteht aus Unternehmungen oder Ereignissen, die auf der Liste abgehakt werden können, wenn sie getan sind. Zu sein ist jedoch niemals abgeschlossen. Bei dem Sein kann man sich kein Häkchen verdienen. Ich kann meine Frau diesen Freitag zu einem netten Abend ausführen – etwas, was zu tun ist. Aber ein guter Ehemann zu sein, ist kein Ereignis; es muss Teil meines Wesens sein, meines Charakters oder dessen, der ich bin.
Wann kann ich als Vater oder Mutter ein Kind auf meiner Liste schon als getan abhaken? Wir sind nie damit fertig, gute Eltern zu sein. Mit das Wichtigste, was wir als gute Eltern unseren Kindern beibringen können, ist, wie sie dem Erretter ähnlicher sein können.
Wie Christus zu sein kann man nicht sehen, doch es ist die treibende Kraft hinter dem, was wir tun, und das kann man sehen. Wenn Eltern beispielsweise einem Kind helfen, laufen zu lernen, sieht man sie etwas tun, wenn sie ihr Kind stützen und loben. Dieses Tun offenbart die unsichtbare Liebe in ihrem Herzen und den unsichtbaren Glauben und die unsichtbare Hoffnung, was die Fähigkeiten ihres Kindes betrifft. Tag für Tag strengen sie sich an, was ein Beweis für das unsichtbare Vorhandensein ihrer Geduld und ihres Eifers ist.
Da das Sein zum Tun führt und die Motivation hinter dem ist, was wir tun, wird das Verhalten viel wirksamer verbessert, wenn die Erziehung auf das Sein ausgerichtet wird, als wenn man sich auf das Tun konzentriert.
Wenn Kinder sich nicht benehmen, weil sie zum Beispiel miteinander streiten, richten unsere Erziehungsmaßnahmen sich oftmals fälschlicherweise auf das, was sie getan haben, oder auf den Streit, den wir mitbekommen haben. Aber das Tun – ihr Verhalten – ist nur ein Symptom des unsichtbaren Beweggrunds in ihrem Herzen.Wir könnten uns fragen: „Welche Eigenschaften, wenn das Kind sie versteht, könnten dieses Verhalten in Zukunft ändern? Geduldig und vergebungsbereit zu sein, wenn man geärgert wird? Liebevoll und ein Friedensstifter zu sein?Die Verantwortung für sein Handeln selbst zu übernehmen und nicht die Schuld auf andere zu schieben?“
Wie erziehen Eltern ihren Kindern diese Charaktereigenschaften an? Es gibt keine bessere Möglichkeit, unseren Kindern christliche Eigenschaften anzuerziehen und vorzuleben, als durch die Art und Weise, wie wir ihnen Disziplin beibringen. Disziplin hat denselben Wortstamm wie das englische Wort disciple, das „Jünger“ bedeutet, und setzt von unserer Seite geduldiges Lehren voraus. Dabei darf Zorn keine Rolle spielen. Wir können und sollen Disziplin so beibringen, wie es in Lehre und Bündnisse 121 steht, nämlich „mit überzeugender Rede, mit Langmut, mit Milde und Sanftmut und mit ungeheuchelter Liebe, mit Wohlwollen und mit reiner Erkenntnis“ (Vers 41 und 42). Diese Eigenschaften gehören dazu, wie Christus zu sein, und sollten Teil dessen sein, was wir als Eltern und Jünger Christi sind.
Durch Disziplin lernt ein Kind, dass alles Konsequenzen hat. In solchen Augenblicken ist es hilfreich, Negatives in Positives umzuwandeln. Wenn ein Kind zugibt, etwas Falsches getan zu haben, loben Sie es dafür, dass es so mutig war, das zuzugeben. Fragen Sie das Kind, was es aus dem Fehler oder Fehlverhalten gelernt hat. Das gibt Ihnen und vor allem dem Geist eine Gelegenheit, das Kind zu erreichen und zu belehren. Wenn wir ihm durch den Geist die Lehre nahebringen, kann diese mit der Zeit den Charakter (das Sein) ändern.
Alma erkannte denselben Grundsatz, denn „das Predigen des Wortes [führte sehr dazu], dass das Volk das tat, was gerecht war – ja, es hatte eine mächtigere Wirkung auf den Sinn des Volkes gehabt als das Schwert“ (Alma 31:5; Hervorhebung hinzugefügt). Warum? Weil es mit dem Schwert nur darum ging, falsches Verhalten zu bestrafen (das Tun), während das Predigen des Wortes den Charakter der Menschen änderte; wer sie waren oder wer sie werden konnten.
Ein liebes, gehorsames Kind verschafft seinen Eltern nur einen Einstiegskurs in Kindererziehung. Wenn Sie jedoch mit einem Kind bedacht wurden, das Ihre Geduld bis ins Unendliche strapaziert, werden Sie auf diesem Fachgebiet bald zur Kapazität. Anstatt sich zu fragen, was Sie im vorirdischen Dasein falsch gemacht haben mögen, um so etwas zu verdienen, können Sie das schwierige Kind als Segnung und Chance betrachten, Gott ähnlicher zu werden. Bei welchem Kind werden Ihre Geduld, Langmut und anderen christlichen Tugenden wohl am ehesten geprüft, entwickelt und verfeinert? Könnte es sein, dass Sie dieses Kind ebenso dringend brauchen, wie es Sie braucht?
Wir haben alle den Rat gehört, dass wir die Sünde verurteilen sollen und nicht den Sünder. Wenn unsere Kinder sich schlecht benehmen, müssen wir gleichfalls vorsichtig sein, dass wir nichts sagen, was unsere Kinder glauben ließe, dass sie das sind, was sie fälschlicherweise getan haben. „Lassen Sie niemals zu, dass sich Fehlverhalten zu einer Identität mit der entsprechenden Etikettierung entwickelt wie ‚dumm‘, ‚langsam‘, ‚faul‘ oder ‚ungeschickt‘.“2 Unsere Kinder sind Gottes Kinder. Das ist ihre wahre Identität und ihr wahres Potenzial. Sein Plan besteht darin, seinen Kindern zu helfen, Fehler und Fehlverhalten zu überwinden und mehr so zu werden, wie er ist. Enttäuschendes Verhalten sollte daher als etwas Vorübergehendes betrachtet werden, nicht als etwas Bleibendes; als eine Handlung, nicht als Identität.
Wir müssen uns daher hüten, ständig wiederkehrende Formulierungen wie „Immer machst du …“ oder „Nie machst du …“ zu verwenden, wenn wir ein Kind zu Disziplin anhalten. Passen Sie auf bei Sätzen wie „Nie nimmst du auf mich Rücksicht“ oder „Warum lässt du uns jedes Mal warten?“ Sätze wie diese können eine Handlung als eine Identität erscheinen lassen und die Selbstwahrnehmung und das Selbstwertgefühl eines Kindes nachteilig beeinflussen.
Verwirrung bezüglich der Identität können wir auch stiften, wenn wir ein Kind fragen, was es einmal sein möchte, wenn es groß ist – als ob das, was man beruflich tut, darüber bestimme, wer man ist. Weder Beruf noch Besitz sollten die Identität oder das Selbstwertgefühl bestimmen. Der Erretter zum Beispiel war ein einfacher Zimmermann, aber das war kaum prägend für sein Leben.
Wenn wir einem Kind helfen, zu entdecken, wer es ist, und sein Selbstwertgefühl stärken, können wir seine Leistungen und sein Verhalten (also das Tun) in passender Weise loben. Noch klüger wäre es aber, seinen Charakter und seine Überzeugungen (also, wer es ist) in den Mittelpunkt unseres Lobes zu rücken.
Bei einer Sportveranstaltung wäre es klug, die Leistung unseres Kindes (das Tun) im Hinblick darauf zu loben, wer es ist; seine Energie, seine Ausdauer, sein Selbstvertrauen angesichts von Rückschlägen und so weiter. Somit loben wir sowohl das Sein als auch das Tun.
Wenn wir ein Kind bitten, etwas im Haushalt zu tun, können wir immer Wege finden, es für das zu loben, was es ist, zum Beispiel: „Es macht mich glücklich, wenn du deine Aufträge gern erfüllst.“
Wenn ein Kind ein Schulzeugnis erhält, können wir es wegen seiner guten Noten loben. Aber es für seinen Fleiß zu loben kann von größerem, dauerhaftem Nutzen sein: „Du hast immer deine Hausaufgaben gemacht. Du weißt, wie man schwierige Aufgaben angeht und meistert, und ich bin stolz auf dich.“
Achten Sie beim Schriftstudium in der Familie auf Charaktereigenschaften, über die sie an dem Tag etwas gelesen haben, und sprechen Sie darüber. Da christliche Eigenschaften Gaben von Gott sind, die nicht ohne seine Hilfe entwickelt werden können,3 beten Sie beim Familiengebet und im persönlichen Gebet um diese Gaben.
Sprechen Sie am Esstisch ab und zu über Charaktereigenschaften, insbesondere über diejenigen, die Sie am Morgen in den heiligen Schriften entdeckt haben. „Inwiefern warst du heute ein guter Freund? Inwiefern hast du Mitgefühl gezeigt? Wie hat dir dein Glaube geholfen, mit den Problemen des Tages fertig zu werden? Inwiefern warst du zuverlässig, ehrlich, großzügig, demütig?“ In den heiligen Schriften gibt es unzählige gute Eigenschaften, die gelehrt und gelernt werden müssen.
Die wichtigste Methode, das Sein zu lehren, besteht darin, dass man dem Kind die Sorte Vater oder Mutter ist, die der Vater im Himmel uns ist. Er ist der einzig vollkommene Vater, und er hat uns seinen Ratgeber für Eltern mitgegeben – die heiligen Schriften.
Ich habe heute in erster Linie zu Eltern gesprochen, aber diese Grundsätze gelten für jeden. Mögen Ihre Bemühungen, christliche Eigenschaften zu entwickeln, erfolgreich sein, damit Sie das Abbild Christi in Ihren Gesichtsausdruck aufnehmen und seine Charaktereigenschaften in Ihrem Verhalten offenbar werden. Wenn Ihre Kinder und andere Menschen dann Ihre Liebe spüren und Ihr Verhalten sehen, werden sie an den Erretter denken und sich ihm zuwenden. Darum bete ich und das bezeuge ich im Namen Jesu Christi. Amen.