2010–2019
Guter Hirt, Lamm Gottes
Frühjahrs-Generalkonferenz 2019


15:18

Guter Hirt, Lamm Gottes

Jesus Christus ruft uns mit seiner Stimme und seinem Namen; er sucht und sammelt uns; er zeigt uns, wie man anderen liebevoll dient

Liebe Brüder und Schwestern, haben Sie jemals Probleme beim Einschlafen gehabt und dann versucht, Schäfchen zu zählen? Während die flauschigen Schäfchen über einen Zaun springen, zählt man: 1, 2, 3, … 245, 246, … 657, 658 ….

Was mich betrifft, so macht mich das Schäfchenzählen nicht schläfrig. Ich habe Angst, eines zu verpassen oder zu verlieren, und das hält mich wach.

Zusammen mit dem jungen Schafhirten verkünden wir:

„Der Herr ist mein Hirt, nichts wird mir fehlen.

Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.

Meine Lebenskraft bringt er zurück.“

Der gute Hirt, Buntglasfenster

Jetzt zu Ostern feiern wir den guten Hirten, der auch das Lamm Gottes ist. Unter all seinen heiligen Titeln sind keine anderen liebevoller oder vielsagender. Wir lernen viel daraus, wenn sich unser Erretter selbst guter Hirt nennt, und auch aus den prophetischen Zeugnissen für ihn als das Lamm Gottes. Diese Aufgaben und Symbole ergänzen einander auf überzeugende Art und Weise – wer könnte jedem einzelnen Schaf besser beistehen als der Hirt und wer könnte ein besserer Hirt für uns sein als das Lamm Gottes?

„Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab“, und Gottes einziggezeugter Sohn gehorchte seinem Vater bereitwillig und gab sein Leben hin. Jesus bezeugt: „Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe.“ Jesus hatte die Macht, sein Leben hinzugeben, und die Macht, es wieder aufzunehmen. Gemeinsam mit seinem Vater segnet uns unser Erretter auf unvergleichliche Weise – als unser guter Hirt wie auch als das Lamm Gottes.

Als unser guter Hirt ruft Jesus Christus uns mit seiner Stimme und seinem Namen. Er sucht und sammelt uns. Er zeigt uns, wie man anderen liebevoll dient. Schauen wir uns diese drei Punkte genauer an. Beginnen wir damit, dass er uns mit seiner Stimme und seinem Namen ruft.

Erstens: Unser guter Hirt „ruft die Schafe, die ihm gehören, … beim Namen … Sie kennen seine Stimme.“ Und „mit seinem eigenen Namen ruft er euch, und das ist der Name Christi“. Wenn wir uns mit wirklichem Vorsatz bemühen, Jesus Christus nachzueifern, werden wir dazu inspiriert, Gutes zu tun, Gott zu lieben und ihm zu dienen. Wenn wir aufmerksam lesen, nachsinnen und beten, wenn wir regelmäßig unsere Abendmahls- und Tempelbündnisse erneuern und wenn wir alle einladen, das Evangelium Christi und dessen Verordnungen zu empfangen, hören wir auf seine Stimme.

In unserer Zeit rät uns Präsident Russell M. Nelson, die wiederhergestellte Kirche bei dem von Jesus Christus offenbarten Namen zu nennen: Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Der Herr sagte: „Was auch immer ihr tut, das sollt ihr in meinem Namen tun; darum sollt ihr die Kirche nach meinem Namen nennen; und ihr sollt den Vater in meinem Namen anrufen, dass er die Kirche segne um meinetwillen.“ Überall auf der Welt rufen wir den Vater in unserem Herzen und bei uns zuhause im Namen Jesu Christi an. Wir sind dankbar für den großzügigen Segen der auf das Zuhause ausgerichteten und von der Kirche unterstützen Gottesverehrung, des Evangeliumsstudiums und sinnvoller Familienaktivitäten.

Zweitens: Unser guter Hirt sucht uns und sammelt uns in seine Herde. Er fragt: „Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Wüste zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet?“

Unser Erretter wendet sich dem einen und den neunundneunzig zu, oft zur selben Zeit. Wenn wir geistlich dienen, nehmen wir uns der neunundneunzig an, die standhaft und unverrückbar sind, und verspüren gleichzeitig Sehnsucht nach dem einen, das sich verirrt hat. Unser Herr sucht uns und rettet uns aus allen Orten „von den vier Enden der Erde“. Er sammelt uns mit einem heiligen Bund und mit seinem sühnenden Blut.

Unser Erretter sagte seinen Jüngern im Neuen Testament: „Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind.“ In Amerika bezeugte der auferstandene Herr den Kindern Lehis, die den Bund eingegangen waren: „Ihr seid meine Schafe.“ Außerdem sagte Jesus, dass noch andere Schafe seine Stimme hören würden. Was für ein Segen das Buch Mormon doch ist – als weiterer Zeuge gibt es Zeugnis für die Stimme Jesu Christi!

Jesus Christus fordert die Kirche auf, alle zu empfangen, die seine Stimme hören und seine Gebote halten wollen. Zu der Lehre Christi gehört die Taufe im Wasser und durch Feuer und durch den Heiligen Geist. Nephi fragt: „Wenn das Lamm Gottes, er, der heilig ist, es nötig hat, im Wasser getauft zu werden, um alle Gerechtigkeit zu erfüllen, o um wie viel mehr haben dann wir, die wir unheilig sind, es nötig, getauft zu werden, ja, selbst im Wasser!“

Johannes tauft Jesus

Heute möchte unser Erretter, dass das, was wir tun, und das, was wir werden, andere dazu bewegt, ihm nachzueifern. Kommen Sie und finden Sie in ihm Liebe, Heilung, Verbundenheit und Zugehörigkeit durch Bündnisse – auch durch die in einem heiligen Tempel Gottes, wo heilige Handlungen der Errettung zu einem Segen für alle Mitglieder der Familie werden können und somit Israel auf beiden Seiten des Schleiers gesammelt wird.

Drittens: Als „Hirte Israels“ zeigt uns Jesus Christus beispielhaft, wie die Hirten in Israel liebevoll geistlich dienen. Wenn unser Herr fragt, ob wir ihn lieben, wie er es bei Simon Petrus gemacht hat, dann bittet unser Erretter inständig: „Weide meine Lämmer! … Weide meine Schafe! … Weide meine Schafe!“ Der Herr verheißt, dass alle in seiner Herde „sich nicht mehr fürchten und ängstigen und nicht mehr verlorengehen“ werden, wenn seine Hirten seine Lämmer und Schafe weiden.

Unser guter Hirt warnt die Hirten in Israel: Sie dürfen weder schlummern noch die Schafe zerstreuen oder in die Irre führen noch sich ihrem eigenen Weg zuwenden und auf ihren Gewinn bedacht sein. Gottes Hirten sollen die Schwachen stärken, das Kranke heilen und das Verletzte verbinden, das Vertriebene zurückholen und das Verlorene suchen.

Der Herr warnt auch vor bezahlten Knechten, denen „an den Schafen nichts liegt“, und vor „falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, die innerlich aber reißende Wölfe sind“.

Unser guter Hirt freut sich, wenn jeder von uns seine sittliche Entscheidungsfreiheit bewusst und voller Glauben wahrnimmt. Alle in seiner Herde blicken voll Dankbarkeit für sein Sühnopfer auf ihren Erretter. Wir verpflichten uns mit einem Bund, ihm nachzueifern – nicht passiv, blind oder zurückhaltend, sondern mit ganzem Herzen und ganzer Seele und mit dem Wunsch, Gott und unseren Nächsten zu lieben, die Last des anderen zu tragen und sich gemeinsam mit den anderen zu freuen. Genau so, wie Christus großzügig seinen Willen dem des Vaters geopfert hat, sollen auch wir ehrfürchtig seinen Namen auf uns nehmen. Freudig schließen wir uns seinem Werk an, alle Kinder Gottes zu sammeln und ihnen geistlich zu dienen.

Brüder und Schwestern, Jesus Christus ist unser vollkommener guter Hirt. Weil er sein Leben für uns niedergelegt hat und in Herrlichkeit auferstanden ist, ist Jesus Christus auch das vollkommene Lamm Gottes.

Das Opferlamm Gottes war von Anfang an vorherbestimmt. Der Engel sagte Adam, sein Opfer sei „ein Sinnbild für das Opfer des Einziggezeugten des Vaters“, durch das wir dazu angehalten werden, „um[zu]kehren und Gott im Namen des Sohnes an[zu]rufen immerdar“.

Vater Abraham, der mit einem Bund allen Nationen der Erde Segnungen ermöglichte, erlebte, was es bedeutet, seinen einzigen Sohn zu opfern.

„Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham. Er sagte: Mein Vater! Er antwortete: Hier bin ich, mein Sohn! Dann sagte Isaak: Hier ist Feuer und Holz. Wo aber ist das Lamm für das Brandopfer?

Abraham sagte: Gott wird sich das Lamm für das Brandopfer ausersehen.“

Apostel und Propheten haben die vorherordinierte Mission des Lammes Gottes vorhergesehen und sich darüber gefreut. Johannes in der Alten Welt und Nephi in der Neuen Welt gaben Zeugnis für „das Lamm Gottes“, „ja, selbst den Sohn des ewigen Vaters[,] den Erlöser der Welt“.

Abinadi hat für das Sühnopfer Christi Zeugnis gegeben: „Wir alle sind wie Schafe irregegangen; wir wandten uns jeder auf seinen eigenen Weg; und der Herr hat ihm die Übeltaten von uns allen auferlegt.“ Alma sagte über das große und letzte Opfer des Sohnes Gottes, dass es das Eine sei, was „wichtiger als alles andere [ist]“. Ermutigend sagte er: „[Habt] Glauben an das Lamm Gottes [und] kommt und fürchtet euch nicht.“

Eine liebe Freundin hat mir erzählt, wie sie ihr kostbares Zeugnis vom Sühnopfer Jesu Christi erlangt hat. Sie war in dem Glauben aufgewachsen, Sünde zöge stets große Strafen nach sich, die man dann ganz allein zu ertragen habe. Sie flehte zu Gott, weil sie verstehen wollte, wie Gott jemandem vergeben kann. Sie betete, weil sie verstehen und wissen wollte, wie Jesus jemandem, der umkehrt, vergeben kann und wie Barmherzigkeit der Gerechtigkeit Genüge tun kann.

Eines Tages wurde ihr Gebet mit einem Erlebnis beantwortet, das eine geistige Wandlung bewirkte. Ein verzweifelter junger Mann kam mit zwei Tüten voller gestohlener Lebensmittel aus einem Supermarkt herausgerannt. Er lief auf eine vielbefahrene Straße, der Filialleiter hinter ihm her. Als er ihn eingeholt hatte, fing er an, zu schreien und auf ihn einzuschlagen. Statt den verängstigten jungen Mann als Dieb zu verurteilen, wurde meine Freundin ganz unerwartet von großem Mitleid für ihn erfüllt. Ohne um ihre eigene Sicherheit zu fürchten, ging sie auf die beiden streitenden Männer zu. Sie hörte sich sagen: „Ich werde die Lebensmittel bezahlen. Bitte, lassen Sie ihn gehen. Bitte, lassen Sie mich die Lebensmittel bezahlen.“

Gedrängt vom Heiligen Geist und erfüllt von einer Liebe, die sie niemals zuvor verspürt hatte, sagte meine Freundin: „Ich hatte nur noch das Bedürfnis, diesem jungen Mann zu helfen und ihn zu retten.“ Sie sagte, da habe sie Jesus Christus und sein Sühnopfer allmählich verstanden – wie und warum sich Jesus Christus mit reiner und vollkommener Liebe bereitwillig als Opfer hergab, um sie zu erretten und zu erlösen, und warum sie sich dies von ihm wünschte.

Kein Wunder, dass wir singen:

All die verlorenen Lämmer

suchet der liebende Hirt;

die er so teuer erkaufte,

freudig nach Hause er führt.

Als Lamm Gottes weiß unser Erretter, wann wir uns einsam, minderwertig oder unsicher fühlen oder wann wir ängstlich sind. In einer Vision sah Nephi die Macht des Lammes Gottes „auf die Heiligen der Kirche des Lammes … und auf das Bundesvolk des Herrn [herabkommen]“. Obwohl sie „über das ganze Antlitz der Erde zerstreut [waren, waren sie] mit Rechtschaffenheit und mit der Macht Gottes in großer Herrlichkeit ausgerüstet“.

Diese Verheißung von Hoffnung und Trost gilt auch für unsere Zeit.

Sind Sie das einzige Mitglied der Kirche in Ihrer Familie oder Schule oder an Ihrem Arbeitsplatz oder in Ihrer Nachbarschaft? Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Ihr Zweig klein oder isoliert ist? Sind Sie an einen Ort mit vielleicht fremder Sprache und fremden Bräuchen umgezogen? Haben sich vielleicht auch Ihre Lebensumstände geändert, sodass Sie jetzt mit Dingen konfrontiert sind, die Sie nie für möglich gehalten hätten? Unser Erretter versichert uns – ungeachtet unserer Umstände und unserer Person –, wie Jesaja schrieb: „Auf seinem Arm sammelt er die Lämmer, an seiner Brust trägt er sie, die Mutterschafe führt er behutsam.“

Der gute Hirt sammelt seine Schafe

Brüder und Schwestern, unser guter Hirt ruft uns mit seiner Stimme und mit seinem Namen. Er sucht sein Volk, sammelt es und kommt zu ihm. Durch seinen lebenden Propheten und durch jeden von uns lädt er alle ein, Frieden, einen Sinn im Leben, Heilung und Freude an der Fülle seines wiederhergestellten Evangeliums und auf dem durch Bündnisse vorgezeichneten Weg zu finden. Durch sein Beispiel zeigt er den Hirten Israels, wie sie mit seiner Liebe geistlich dienen.

Die göttliche Mission Jesu als Lamm Gottes war vorherordiniert, und Apostel und Propheten haben darüber frohlockt. Sein Sühnopfer, unbegrenzt und ewig, ist für den Plan des Glücklichseins und den Sinn der Schöpfung von zentraler Bedeutung. Er versichert uns, dass wir seinem Herzen nahe sind.

Liebe Brüder und Schwestern, mögen wir den Wunsch haben, „demütige Nachfolger Gottes und des Lammes“ zu sein, sodass unser Name eines Tages vielleicht ins Lebensbuch des Lammes eingetragen wird, wir das Lied des Lammes singen und zum Hochzeitsmahl des Lammes eingeladen werden.

Als Hirte und als Lamm ruft er: Kommt zurück „zur wahren Erkenntnis [eures] Erlösers und [eures] großen und wahren Hirten“. Er verheißt uns, dass wir „durch seine Gnade in Christus vollkommen [werden können]“.

Jetzt zu Ostern preisen wir ihn:

„Würdig ist das Lamm.“

„Hosanna Gott und dem Lamm!“

Ich gebe Zeugnis für ihn, unseren vollkommenen guten Hirten, das makellose Lamm Gottes. Er ruft uns beim Namen in seinem Namen, ja, dem heiligen Namen Jesu Christi. Amen.