Generalkonferenz
Gottes Absicht ist es, Sie nach Hause zu bringen
Frühjahrs-Generalkonferenz 2024


11:35

Gottes Absicht ist es, Sie nach Hause zu bringen

Der gesamte Plan des Vaters für seine geliebten Kinder ist darauf ausgerichtet, jeden nach Hause zu bringen

Ich möchte mich für Ihre Gebete bedanken, da ich gerade begonnen habe, mich auf die Berufung durch Präsident Nelson einzustellen und als Apostel des Herrn Jesus Christus zu dienen. Sie können sich wahrscheinlich gut vorstellen, wie demütig mich das gestimmt hat. Es war ein richtiggehender Umbruch und ich habe mich einer ernüchternden Selbstbetrachtung unterzogen. Es ist jedoch eine große Ehre, dem Erretter zu dienen, in welcher Funktion auch immer, und gemeinsam mit Ihnen die gute Nachricht seines Evangeliums der Hoffnung weiterzugeben.

Allerdings heißt es aber auch, dass hinter jedem neuen Apostel eine verblüffte Schwiegermutter steht. Ich weiß nicht, ob das tatsächlich so gesagt wurde, aber in meinem Fall könnte es durchaus so sein. Und vermutlich sorgt die Tatsache, dass meine Schwiegermutter nicht mehr unter uns weilt, bei ihr nicht für weniger Erstaunen.

Als meine Frau und ich vor einigen Monaten wegen verschiedener kirchlicher Aufträge im Ausland unterwegs waren, wachte ich eines Morgens früh auf und schaute verschlafen aus dem Hotelfenster. Unten auf der belebten Straße war eine Straßensperre eingerichtet worden und ein Polizist war dort stationiert, der die Autofahrer an der Sperre wieder umkehren hieß. Zunächst waren nur ein paar Autos unterwegs und mussten wieder umdrehen. Doch mit der Zeit nahm der Verkehr zu und es bildete sich ein Stau.

Vom Fenster aus beobachtete ich, wie sich der Polizist seiner Macht zu erfreuen schien, den Verkehr blockieren und die Leute zurückweisen zu können. In der Tat schien er auf jedes Auto, das sich der Absperrung näherte, federnden Schrittes zuzugehen, als ob er gleich ein Tänzchen wagen wollte. Wenn ein Autofahrer wegen der Straßensperre unzufrieden war, wirkte der Polizist nicht gerade hilfsbereit oder mitfühlend. Er schüttelte nur wiederholt den Kopf und zeigte in die entgegengesetzte Richtung.

Meine Freunde, meine Mitjünger auf dem Weg des Erdenlebens, der schöne Plan unseres Vaters, ja, sein fabelhafter Plan,1 ist dazu bestimmt, Sie nach Hause zu bringen, und nicht, Sie fernzuhalten2. Es gibt da keine Absperrung und niemanden, der Sie abweist und zurückschickt. Ganz im Gegenteil. Gott bemüht sich unermüdlich um Sie. Er „möchte, dass alle seine Kinder sich dafür entscheiden, zu ihm zurückzukehren“3, und er unternimmt, was er nur kann, um Sie zurückzubringen.

Unser liebevoller Vater hat diese Erde ausdrücklich zu dem Zweck erschaffen lassen, es Ihnen und mir zu ermöglichen, die fordernden und läuternden Erfahrungen des Erdenlebens zu machen und unsere von Gott gegebene sittliche Entscheidungsfreiheit dazu zu nutzen, uns für ihn zu entscheiden,4 zu lernen und zu wachsen, Fehler zu machen, umzukehren, Gott und unseren Nächsten zu lieben und eines Tages zu ihm zurückzukehren.

Er sandte seinen kostbaren, geliebten Sohn in diese gefallene Welt, damit er die gesamte Bandbreite menschlicher Erfahrungen durchlebe und dem Rest seiner Kinder ein nachahmenswertes Beispiel gebe, und damit er sühne und erlöse. Die große Sühnegabe Christi beseitigt alle Absperrungen, die uns durch den physischen und den geistigen Tod von unserer ewigen Heimat trennen können.

Der gesamte Plan des Vaters für seine geliebten Kinder ist darauf ausgerichtet, jeden nach Hause zu bringen.

Wie nennen Gottes Boten – seine Propheten – diesen Plan in den heiligen Schriften der Wiederherstellung? Sie nennen ihn den Plan der Erlösung,5 den Plan der Barmherzigkeit,6 den großen Plan des Glücklichseins7 und den Plan der Errettung für alle Menschen, „durch das Blut meines Einziggezeugten“8.

Mit seinem großen Plan des Glücklichseins beabsichtigt der Vater, dass Sie hier und jetzt und in der Ewigkeit glücklich sind. Es geht nicht darum, Ihr Glück zu verhindern und Ihnen stattdessen Kopfzerbrechen und Angst zu bereiten.

Mit seinem Plan der Erlösung beabsichtigt der Vater tatsächlich Ihre Erlösung – dass Sie durch die Leiden und den Tod Jesu Christi9 gerettet werden und frei werden von der Gefangenschaft der Sünde und des Todes. Es geht nicht darum, Sie so zu belassen, wie Sie sind.

Mit seinem Plan der Barmherzigkeit beabsichtigt der Vater, Ihnen Barmherzigkeit zu gewähren, wenn Sie sich ihm erneut zuwenden und Ihren Treuebund ihm gegenüber in Ehren halten. Es geht nicht darum, Barmherzigkeit zu verweigern und Schmerz und Leid zuzufügen.

Mit seinem Plan der Errettung beabsichtigt der Vater in der Tat Ihre Errettung im celestialen Reich der Herrlichkeit, wenn Sie „das Zeugnis von Jesus empfangen“10 und ihm Ihre ganze Seele als Opfer darbringen11. Es geht nicht darum, Sie fernzuhalten.

Bedeutet das also, dass alles erlaubt ist, was unsere Lebensführung angeht? Dass die Art und Weise, wie wir unsere Entscheidungsfreiheit nutzen, keine Rolle spielt? Dass wir Gottes Gebote annehmen oder auch ablehnen können? Nein, natürlich nicht. Gewiss war eine der immer wiederkehrenden Aufforderungen und Bitten Jesu im Laufe seines irdischen Wirkens die, dass wir uns ändern und umkehren und zu ihm kommen.12 In all seinen Lehren dazu, dass man auf einer höheren Ebene des sittlichen Verhaltens leben soll,13 ist der grundsätzliche Aufruf zum persönlichen Fortschritt inbegriffen – zum transformierenden Glauben an Christus, zu einer mächtigen Wandlung des Herzens14.

Gott will für uns eine tiefgreifende Neuausrichtung unserer egoistischen und stolzen Impulse, die Vertreibung des natürlichen Menschen,15 dass wir hingehen und von jetzt an nicht mehr sündigen16.

Wenn wir daran glauben, dass der Vater mit seinem Plan, der für alle gilt, beabsichtigt, uns zu erretten, uns zu erlösen, uns Barmherzigkeit zu erweisen und uns dadurch Glücklichsein zu ermöglichen, was beabsichtigt dann der Sohn, durch den dieser große Plan zustande gebracht wird?

Der Sohn selbst sagt es uns: „Ich bin nicht vom Himmel herabgekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.“17

Der Wille Jesu ist der Wille des gütigen Vaters! Er möchte es jedem einzelnen Kind seines Vaters ermöglichen, das endgültige Ziel des Plans zu erreichen – nämlich ewiges Leben mit ihnen. Niemandem ist dieses göttliche Potenzial verwehrt.

Wenn Sie dazu neigen, sich Sorgen zu machen, dass Sie dem allen niemals gerecht werden oder dass das aus Liebe erbrachte unbegrenzte Sühnopfer Christi und seine Barmherzigkeit für jeden anderen gelten, aber nicht für Sie, ist das ein Missverständnis. Unbegrenzt heißt unbegrenzt. Unbegrenzt schließt Sie und Ihre Lieben mit ein.18

Nephi beschreibt diese schöne Wahrheit: „Er tut nichts, was nicht der Welt zum Nutzen ist; denn er liebt die Welt, sodass er sogar sein eigenes Leben niederlegt, damit er alle Menschen zu sich ziehen kann. Darum gebietet er niemandem, nicht an der Errettung durch ihn teilzuhaben.“19

Der Erretter, der gute Hirte, geht auf die Suche nach seinen verlorenen Schafen, bis er sie findet.20 Er will nicht, „dass jemand zugrunde geht“21.

„Mein Arm der Barmherzigkeit ist euch entgegengestreckt, und wer auch immer kommt, den werde ich empfangen.“22

„Habt ihr welche unter euch, die krank sind? Bringt sie her. Habt ihr welche, die lahm sind oder blind oder hinkend oder verkrüppelt oder aussätzig oder die verdorrt sind oder die taub sind oder die in irgendeiner Weise bedrängt sind? Bringt sie her, und ich werde sie heilen, denn ich habe Mitleid mit euch.“23

Er verstieß nicht die Frau, die an Blutfluss litt; er schreckte nicht vor dem Aussätzigen zurück; er wies nicht die Frau ab, die beim Ehebruch ertappt worden war; er verweigerte sich nicht den Reumütigen – ganz gleich, welche Sünde sie begangen hatten. Und er verweigert sich Ihnen oder Ihren Lieben nicht, wenn Sie Ihm Ihr reuiges Herz und Ihren zerknirschten Geist darbringen. Das entspricht nicht seiner Absicht oder seinem Ziel, auch nicht seinem Plan, seinem Zweck, seinem Wunsch oder seiner Hoffnung.

Nein, er stellt keine Straßensperren und Barrieren auf – er beseitigt sie. Er weist Sie nicht ab – er nimmt Sie freudig auf.24 Sein gesamtes Wirken war eine lebendige Erklärung dieser Absicht.

Dann ist da natürlich noch sein Sühnopfer, das für uns noch schwerer zu verstehen ist, da es unsere Fähigkeit, es zu begreifen, übersteigt. Aber, und das ist ein wichtiges „Aber“, wir verstehen die heilige, errettende Absicht hinter seinem sühnenden Opfer – das können wir begreifen.

Als Jesus am Kreuz starb, zerriss der Vorhang des Tempels. Das symbolisiert, dass der Zugang zurück in die Gegenwart des Vaters weit aufgerissen wurde – für alle, die sich ihm zuwenden, ihm vertrauen, ihre Sorgen auf ihn werfen und sein Joch durch einen Bund auf sich nehmen.25

Mit anderen Worten: Im Plan des Vaters geht es nicht um Straßensperren. Darum ging es nie und darum wird es auch niemals gehen. Gibt es etwas, was wir tun müssen – Gebote, die wir halten müssen, Aspekte unseres Wesens, die wir ändern müssen? Ja. Aber mit seiner Gnade kann uns das gelingen und ist nicht unerreichbar.

Das ist die gute Nachricht! Ich bin unsagbar dankbar für diese einfachen Wahrheiten. Das Vorhaben des Vaters, sein Plan, sein Zweck, seine Absicht, sein Wunsch und seine Hoffnung zielen einzig und allein darauf ab, Sie zu heilen, Ihnen Frieden zu schenken und Sie und die Menschen, die Sie lieben, nach Hause zu bringen. Dafür bin ich Zeuge. Im Namen seines Sohnes Jesus Christus. Amen.

Anmerkungen

  1. Siehe Russell M. Nelson, „Denken Sie celestial!“, Liahona, November 2023, Seite 117f.

  2. Siehe 2 Nephi 26:25,27

  3. Allgemeines Handbuch: Wie man in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage dient, 1.1, Archiv Kirchenliteratur

  4. Siehe Mose 7:33

  5. Siehe Jakob 6:8; Alma 12:30

  6. Siehe Alma 42:15

  7. Siehe Alma 42:8,16

  8. Mose 6:62

  9. Siehe Lehre und Bündnisse 45:4

  10. Siehe Lehre und Bündnisse 76:50-70

  11. Siehe Omni 1:26

  12. Siehe Matthäus 4:17

  13. Siehe Matthäus 5 bis 7. In Matthäus 5:43,44 etwa lehrte der Erretter seine Jünger, dass es nicht ausreiche, seinen Nächsten zu lieben und seinen Feind zu hassen. Um ihm nachzufolgen, muss man auch seine Feinde lieben.

  14. Siehe Mosia 5:2. Damit die Barmherzigkeit Jesu Christi in unserem Leben zum Tragen kommen kann, müssen wir uns ihm wieder zuwenden. Alma der Jüngere erklärt, dass dieser herrliche „Plan der Erlösung nicht anders als nur unter der Bedingung der Umkehr … zuwege gebracht werden [kann]; denn anders als unter dieser Bedingung [kann] die Barmherzigkeit nicht wirksam werden“ (Alma 42:13).

  15. Siehe Mosia 3:19

  16. Siehe Johannes 8:11

  17. Johannes 6:38

  18. Siehe Russell M. Nelson, „Das Sühnopfer“, Der Stern, Januar 1997, Seite 33: „Sein Sühnopfer ist unbegrenzt – es hat kein Ende. Es war auch unbegrenzt in dem Sinn, dass die gesamte Menschheit vom nie endenden Tod errettet wird. Es war unbegrenzt, was sein unendliches Leiden angeht. Es war unbegrenzt in der Zeit und setzte dem vorhergehenden Brauch des Tieropfers ein Ende. Es war unbegrenzt in seinen Ausmaßen – es wurde ein für allemal vollbracht. Und die Gnade des Sühnopfers erstreckt sich nicht nur auf eine unbegrenzte Anzahl von Menschen, sondern auch auf die unbegrenzte Anzahl von Welten, die er erschaffen hat. Es ist so unbegrenzt, dass es alle menschlichen Maßstäbe und alles menschliche Auffassungsvermögen übersteigt.“

  19. 2 Nephi 26:24

  20. Siehe Lukas 15:4

  21. 2 Petrus 3:9; siehe auch Lehre und Bündnisse 18:11,12

  22. 3 Nephi 9:14

  23. 3 Nephi 17:7; siehe auch Vers 6

  24. Als Jesus Christus darüber spricht, dass einige Menschen nicht das Himmelreich ererben werden, macht er deutlich, dass es nicht das ist, was er sich für sie wünscht, sondern das Ergebnis ihrer eigenen Entscheidungen (siehe Matthäus 7:13,14,21-25).

  25. Siehe Matthäus 27:50,51; Hebräer 9:6-12