2003
Es gab keine Frage
Februar 2003


Es gab keine Frage

Als die Missionare mir den Film von der ersten Vision des Propheten Joseph Smith zeigten, konnte ich die Tränen kaum zurückhalten. Die Geschichte seiner Suche nach der Wahrheit ähnelte in gewisser Weise meinen eigenen Erfahrungen.

Damals war ich 20 Jahre alt und wohnte in Italien, wo ich geboren bin. Seit fünf Jahren schon suchte ich nach Antworten, die mir die Religion meiner Eltern nicht geben konnte. Ich hatte in anderen Religionen und Weltanschauungen nach diesen Antworten gesucht, aber irgendwie schien allen etwas zu fehlen. Während des Jahres, ehe ich die Missionare traf, war diese Suche zur höchsten Priorität in meinem Leben geworden. Ich zog mich von meinen Freunden zurück und verließ sogar die Universität, an der ich studiert hatte. Meine Verwandten konnten mein Verhalten nicht verstehen.

Gegen Ende des Jahres 1984 lernte ich die Missionare auf der Straße kennen und gab ihnen meine Adresse. Ich wusste nur sehr wenig über die Kirche, aber aus irgendeinem Grund wollte ich mich mit ihnen unterhalten.

Einige Tage später schüttete ich Gott in meinem Zimmer das Herz aus und bat ihn, mir zu zeigen, was ich tun sollte. Beim Beten spürte ich, wie großer Frieden mich umgab. Genau in dem Augenblick klingelte es. Als die Missionare eintraten, wusste ich, dass ich die Antworten gefunden hatte, die ich suchte.

Während der zweiten Lektion forderten die Missionare meine Mutter und mich zur Taufe auf. Wir reagierten aber sehr verschieden. Ich hatte das Buch Mormon bereits zum größten Teil gelesen und hatte gefastet und gebetet und die Bestätigung erhalten, dass das, was die Missionare lehrten, wahr war. Meine Mutter jedoch hatte nicht die geringste Absicht, sich taufen zu lassen.

Als die Missionare wieder gegangen waren, stellte meine Mutter mich vor eine schwere Entscheidung. Wenn ich mich taufen ließ, musste ich zu Hause ausziehen. Doch für mich gab es keine Frage. Ich wusste, was richtig war. Also verließ ich das Haus meiner Mutter noch am selben Abend.

Am folgenden Tag ging ich zusammen mit den Missionaren und dem Zweigpräsidenten zu meiner Mutter. Gemeinsam versuchten wir, das Problem zu lösen. Im Gespräch ging ich auf die Bitte meiner Mutter ein, noch einen Monat zu warten, ehe ich mich taufen ließ. Das tat ich aber nur aus Achtung vor ihr und um ihr zu beweisen, dass es mir mit der Taufe ernst war.

Während dieser vier Wochen unterwiesen die Missionare uns weiter. Für meine Mutter änderte sich aber nichts, und es zeigte sich ganz deutlich, dass es ihr lieber gewesen wäre, wenn ich meine Taufe wieder verschoben hätte. Ich konnte aber nicht mehr warten und ließ mich am 15. Februar 1985 taufen. Das war der bis dahin schönste Tag in meinem Leben.

Meine Mutter ärgerte sich über meine Entscheidung, und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Also setzte ich mich mit dem Zweigpräsidenten zusammen und wir beteten. Da fühlte ich mich inspiriert, den Bruder meines Vaters zu fragen, ob ich bei ihm wohnen dürfe.

Mein Onkel war einverstanden, stellte aber die Bedingung, dass ich mein Studium wieder aufnahm. Doch schon bald verschlechterte sich unser Verhältnis, weil er nicht wollte, dass ich zur Kirche ging und mit den Missionaren zusammenarbeitete. Einmal, als ich zur Distriktskonferenz gehen wollte, wo mir das Melchisedekische Priestertum übertragen werden sollte, verbot er mir sogar, das Haus zu verlassen.

Wieder musste ich mich zwischen einem ruhigen Leben und dem Evangelium entscheiden. Für mich gab es keine Frage. Am darauf folgenden Samstag stand ich früh auf, packte meine Sachen und ging.

Es war nicht leicht, Mitglied der Kirche zu sein, aber der Herr segnete mich. Ich habe auch ohne die Hilfe meiner Familie meinen Weg gemacht. Eine der größten Segnungen überhaupt wurde mir zuteil, als ich im Auftrag des Ältestenkollegiums eine neu getaufte Familie zu Hause besuchte und dort ihre Tochter Giovanna kennen lernte.

Nach einiger Zeit ließ sich auch Giovanna taufen. Nun wollten wir heiraten. Doch an unserem Hochzeitstag bekamen wir die offizielle Nachricht, dass die Eheschließung nicht stattfinden konnte. Meine Mutter hatte eine Möglichkeit gefunden, unsere Heirat zu verhindern. Nach mehreren schwierigen Monaten gelang es uns, das Problem zu lösen. Wir konnten doch heiraten. Inzwischen haben wir vier wundervolle Kinder.

Unsere Familie hatte auch immer wieder Schwierigkeiten durchzustehen, aber diese Erfahrungen haben unser Zeugnis gefestigt. Der Herr hat uns sehr gesegnet. Er hat unsere Prüfungen und Schwierigkeiten zum Anlass genommen, uns zu führen und zu segnen. Da gibt es keine Frage.

Giuseppe Martinengo gehört zur Gemeinde Timpanogos Park 5, Pfahl Orem Utah Nord.