2011
Der Weihnachtsbaum
Dezember 2011


Der Weihnachtsbaum

Aus Harriet R. Uchtdorf, „‚Der Weihnachtsbaum‛: Memories Linger of Small Tree“, Church News, 12. Dezember 2009, Seite 11

Der Zweite Weltkrieg war gerade zu Ende, und die meisten Menschen in Deutschland hatten nur sehr wenig zu essen und kaum Geld. Wenige Wochen vor Weihnachten hatte ich Geburtstag. Ich erwartete keine Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenke, weil ich ja – selbst als kleines Mädchen – nur zu gut wusste, dass unsere Eltern es kaum schafften, das Notwendigste zu besorgen. In unserer großen Stadt war der Hunger allgegenwärtig. Es war eine traurige und düstere Zeit.

An meinem Geburtstag stand zu meiner großen Überraschung und Freude ein wunderschönes Geschenk – nur für mich – auf dem Küchentisch. Es war das schönste Geschenk, das ich mir jemals hätte vorstellen können: ein winziger Weihnachtsbaum, gerade einmal 30 Zentimeter hoch, geschmückt mit feinem selbstgebastelten Schmuck aus Alufolie. Die Alufolie reflektierte das Wohnzimmerlicht ganz zauberhaft. Als ich den Schmuck genauer betrachtete, stellte ich verwundert fest, dass er mit kleinen Stückchen Karamellzucker gefüllt war. Es war wie ein Wunder. Wo hatte meine Mutter den winzigen Baum, die Alufolie und den Zucker her, der kaum zu bekommen war?

Bis zum heutigen Tag weiß ich nicht, wie sie in einer Zeit, als nichts von all dem erhältlich war, dieses Wunder vollbracht hat. In meinem Herzen wird dies immer ein Symbol der tiefen Liebe meiner Eltern sein, ein Symbol der Hoffnung, der Liebe und der wahren Bedeutung von Weihnachten.

In der Weihnachtszeit wird auch heute noch bei uns zuhause ein Weihnachtsbaum aufgestellt, geschmückt mit elektrischen Kerzen und allerlei Schmuck. Wenn wir mit unseren Kindern und Enkelkindern zusammen sind, erwärmt der schöne Baum mit seinen strahlenden Lichtern mein Herz und ruft Erinnerungen hervor an jenen glücklichen Augenblick in meiner Familie, als der winzige Baum mit dem funkelnden Alufolienschmuck auf dem Tisch stand.

Illustrationen von Taia Morley