2014
Der Schritt in die Kirche ist manchmal schwer – Erfahrungsberichte Bekehrter
Dezember 2014


Wie ist das, wenn man FRISCHBEKEHRT ist?

Du kannst Neubekehrten helfen, wenn du weißt, was sie durchmachen.

Church attendance

Wenn man in der Kirche aufwächst, ist einem alles, was mit der Kirche zu tun hat, einfach vertraut. Man ist es gewohnt, regelmäßig die Versammlungen zu besuchen, man kennt sich im Gebäude aus und es ist einem klar, wie man sich für die Kirche kleidet. Eine Ansprache in der Abendmahlsversammlung, der Zehnte und das Fastopfer, einmal im Monat zu fasten – das alles gehört einfach zum Leben dazu. Man wächst damit auf, dass man das Wort der Weisheit hält, Berufungen zum Dienen annimmt und nach dem Gesetz der Keuschheit lebt.

Doch für einen Bekehrten ist es möglicherweise eine gewaltige Umstellung, sich mit alledem vertraut machen zu müssen. Ein Zeugnis von den Evangeliumswahrheiten ist sicherlich der erste Schritt zur Mitgliedschaft in der Kirche Christi. Aber ein Zeugnis bedeutet noch lange nicht, dass es einfach ist, sich auf das Leben als Mitglied der Kirche einzustellen.

Die Kirche kann einem ganz ungewohnt vorkommen

Nehmen wir zum Beispiel mich. Schon mit 13 hatte ich Freunde, die Mitglieder der Kirche Jesu Christi waren, und mit 19 schloss ich mich der Kirche an. Aber obwohl ich in all diesen Jahren schon viel über die Lebensweise der Mitglieder in Erfahrung gebracht hatte, fand ich die Umstellung schwierig. Die Gepflogenheiten und Gebräuche in der Kirche waren mir so fremd, dass sie mir recht seltsam vorkamen.

Ich war in einer Kirche aufgewachsen, die sich in vielerlei Hinsicht deutlich von der Kirche unterscheidet, die ihr kennt oder gerade kennenlernt. Bei uns in der Kirche trugen die Geistlichen und die Chormitglieder einen Talar. Der Gottesdienst – was ihr als Abendmahlsversammlung kennt – wurde nur von dem Geistlichen gestaltet, und nur er hielt die Predigt. Jeden Sonntag sagte die ganze Gemeinde gemeinsam das Vaterunser auf und sang das Lied: „Preist Gott, von dem all Segen fließt.“ Babys wurden getauft, indem man ihren Kopf mit Wasser besprengte, und mit etwa 14 wurde man konfirmiert.

Beim Abendmahl verwendeten wir kein Wasser, sondern Traubensaft, und die Jugendlichen besuchten zusammen mit den Erwachsenen die Sonntagsschule, wo über aktuelle gesellschaftspolitische Fragen diskutiert wurde.

Selbst unsere Kirchen sahen ganz anders aus als die Gemeindehäuser der Kirche Jesu Christi. Wir hatten eine große Kirche, den christlichen Kirchen in Europa nachempfunden, mit einem hohen Spitzdach und hohen Buntglasfenstern. Auf der Chorempore stand das Kreuz. Vorn am Gebäude war ein schöner, hoher Glockenturm. Mir machte es stets Freude, nach dem Gottesdienst die Glocke zu läuten. Sie war so schwer, dass ein kleines Kind vom Boden abgehoben wurde, wenn das Seil wieder nach oben schwang.

Aber auch unsere Gepflogenheiten und die in unserem Kreis vertretenen Ansichten waren anders. Wir fanden nichts dabei, wenn jemand Alkohol trank oder rauchte. Es war auch in Ordnung, wenn Jugendliche einen festen Freund oder eine feste Freundin hatten. Ja, es hieß auch, solange man sicher sei, dass man verliebt sei, spräche nichts gegen vorehelichen Geschlechtsverkehr. Nie war die Rede davon, dass man ein Zeugnis erlangen könne. Als ich das erste Mal eine Fast- und Zeugnisversammlung besuchte, war ich sprachlos! Es war so eigenartig, ich konnte es kaum fassen. In meiner Kirche gab es das nicht, dass jemand aufstand, um seinen Glauben auf diese Weise auszudrücken.

Als ich mich der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage anschloss, ging es nicht nur um neue Lehren wie das vorirdische Dasein oder die Taufe für Verstorbene. Vielmehr kam da eine völlig neue Kultur und Lebensweise mit ganz anderen Erwartungen auf mich zu. All dies zu bewältigen war ein steiniger Weg.

Die ersten sechs Monate nach meiner Taufe waren sehr schwer. Fast hätte ich es nicht geschafft. Alles war so anders, und dazu kam, dass ich ganz alleine, ohne meine Familie, in die Kirche ging. Manche Punkte der Lehre machten mir immer noch zu schaffen, und ich fühlte mich meiner Vergangenheit entfremdet.

Zum Glück waren meine Freunde in der Kirche geduldig, freundlich und verlässlich. Sie nahmen mich mit zu Aktivitäten und Veranstaltungen, luden mich zum Abendessen oder Familienabend ein und beteten mit mir. Sie hatten nicht nur großen Einfluss darauf, dass ich mich der Kirche anschloss, sondern auch darauf, dass ich aktiv blieb und immer wieder Kraft schöpfte, wenn mein Zeugnis ins Wanken geriet. Ich schulde ihnen großen Dank dafür, dass sie mir geholfen haben, meinen Weg zu finden.

Hier schildern zwei junge Mitglieder, wie sie die ersten Schritte in der Kirche erlebt haben und wie sie die Kraft gefunden haben, die Umstellung zu bewältigen. Wenn ihr ihre Erfahrungen lest, denkt einmal darüber nach, was ihr tun könnt, um einem Neubekehrten oder jemandem, der wieder zur Kirche zurückkommt, zu helfen, die Kraft dafür zu finden, die Umstellung zu bewältigen und geistig zu wachsen.

Ich habe Jahre auf meine Taufe gewartet

Portraits.Youth. Male

Ich besuchte noch die Schule, als ich mich der Kirche Jesu Christi anschließen wollte. Die Missionare hatte ich durch einen Englischkurs kennengelernt und hatte mich dann mit ihnen auch über das Evangelium unterhalten. Meine Eltern waren entsetzt, als ich ihnen mitteilte, dass ich mich taufen lassen wolle. Sie wussten nicht viel über die Kirche, und sie machten sich Sorgen, ich könne da in etwas Schlimmes hineingeraten. Sie meinten, die Kirche würde meiner weiteren Ausbildung im Weg stehen und ich würde wegen all der Regeln keinen Spaß mehr am Leben haben. Zweieinhalb Jahre lang durfte ich mich nicht taufen lassen.

Ich wurde von Anfang an geprüft. In den Jahren vor meiner Taufe betete ich immer wieder um die Kraft und den nötigen Glauben, um an meiner Überzeugung festzuhalten. Ich durfte weder in die Kirche gehen noch mich mit Mitgliedern oder Missionaren treffen. Ich musste meinen Glauben und mein Zeugnis mithilfe des Gebets, des Schriftstudiums und der Worte neuzeitlicher Propheten aufbauen – und zwar ganz alleine. Ich verpasste viele interessante Programme und schöne Aktivitäten.

Als ich nach Rom zog, um dort die Hochschule zu besuchen, wurde mein Bischof zu einem wahren Freund, der mir zur Seite stand, als meine Eltern wütend auf mich waren. Er legte mir immer wieder ans Herz, wie wichtig es sei, meine Eltern dennoch zu lieben.

Als ich schließlich getauft war, kamen viele Mitglieder der Gemeinde auf mich zu und unterstützten mich. Ich sang im Chor mit und fand auch dort viele Freunde. Dank dieser Freundschaften und dieser Herzlichkeit fühlte ich mich in der Kirche zuhause.

Wenn wir den Lehren Jesu Christi treu bleiben und seinem Beispiel folgen – wenn wir anderen liebevoll zur Seite stehen –, werden Neubekehrte und auch Freunde der Kirche sehen, dass unseren Worten auch Taten folgen.

Ottavio Caruso kommt aus Italien und ist derzeit auf Vollzeitmission.

Irgendwie gehörte ich nicht dazu

Christ standing at the base of a tree with His followers. He is beckoning to Zacchaeus, a Publican of short physical stature, who kneels on a branch in the tree. The painting depicts the event wherein Zacchaeus climbed a tree in order to see Christ amidst a large throng of people.

Ich schloss mich mit 13 der Kirche an. Ich hatte zwar ein Zeugnis vom Evangelium, doch ich hatte immer das unbehagliche Gefühl, dass ich in der Kirche nicht wirklich dazugehöre. Alle anderen kannten die Lieder und die Geschichten aus den Schriften, nur ich nicht. Alle anderen hatten Erinnerungen an PV-Aktivitäten oder an Familienabende, aber ich hatte nichts dergleichen erlebt.

Dazu kam, dass alle die gleichen Interessen und Ansichten zu haben schienen – teilweise sehr feste Ansichten, die grundverschieden waren von meinen –, ob über Filme oder Politik oder die Auslegung bestimmter Schriftstellen. Ich betrachtete dann immer die nickenden Köpfe und dachte: „Ihr seid alle gute Menschen und ich bin auch ein guter Mensch. Aber wir sind einfach zu verschieden. Ich gehöre hier nicht hin.“

Mehrere Jahre lang machten wir solche Gefühle zu schaffen. Dann erinnerte mich an die Geschichte von Zachäus in Lukas 19 und las sie wieder. Da Zachäus ein Zöllner war, war er nicht beliebt und wurde als Sünder betrachtet. Als Jesus durch seine Stadt kam, stieg Zachäus auf einen Baum, um über die Menschenmenge hinwegsehen zu können. Es war ihm egal, was die anderen von ihm hielten. Gerade weil er auf einen Baum geklettert war – und sich dadurch von der Masse abhob –, durfte er eine wunderschöne Begegnung mit dem Heiland erleben. Als ich die Geschichte las, erkannte ich, dass dieses Gefühl, nicht wirklich dazuzugehören, nicht von Jesus kam. Jesus schloss niemanden aus. Er war immer bereit zu vergeben. Er hielt nach denen Ausschau, die abgelehnt und ausgestoßen waren – die anders zu sein schienen.

Ich kann nicht behaupten, dass ich mich seither nie mehr fehl am Platz gefühlt habe. Das ist schon noch vorgekommen. Aber ich habe erkannt, dass das, was mich unterscheidet – wie ich aussehe, wie andere mich sehen, wofür ich mich leidenschaftlich einsetze, wie ich die Welt sehe – keine Gründe sind, vom Glauben abzufallen. Es gibt gute Gründe, warum die Kirche uns alle braucht – mit unseren verschiedenen Talenten, Stärken und Blickwinkeln.

Elaine Vickers lebt in Utah.