Immer
Robyn Casper, Utah
Eines Sonntags in der Abendmahlsversammlung dachte ich über das Gebet für das Brot nach: „Damit sein Geist immer mit ihnen sei“ (Moroni 4:3; LuB 20:77). Diese Worte gingen mir nicht mehr aus dem Sinn.
„Immer“ heißt es da – nicht nur zu bestimmten Zeiten. Warum hatten dann mein Mann und ich vor einigen Monaten keine Eingebung empfangen, ehe unser elfjähriger Sohn bei einem Verkehrsunfall mit dem Fahrrad tödlich verunglückt war? Hätten wir ihn nicht davor bewahren können? Sollte der Vater im Himmel nicht „immer“ über uns wachen und uns warnen?
Schon in der PV war mir beigebracht worden, dass uns der Heilige Geist beschützt. Ich glaubte daran. Mit der sanften, leisen Stimme sollte er doch über uns wachen, uns führen und uns vor Gefahr warnen. Dieser Gedanke ließ mich seit Bens Tod nicht mehr los. Ich vermisste Ben schmerzlich und wollte das Geschehene unbedingt begreifen und Frieden finden.
Wo war die warnende Stimme gewesen? Wo war der Heilige Geist gewesen? Wir bemühten uns doch nach besten Kräften, rechtschaffen zu sein. Wir bezahlten doch den Zehnten, besuchten die Versammlungen und übernahmen jede Aufgabe, die uns angetragen wurde. Natürlich waren wir bei weitem nicht vollkommen, aber wir führten den Familienabend und das gemeinsame Schriftstudium durch. Wir gaben uns Mühe.
Bald darauf berichtete eine Lehrerin in der FHV, was eine nahe Verwandte erlebt hatte. Die Frau stand mit dem Auto an der Ampel. Plötzlich hatte sie den klaren Gedanken, sie solle bei Grün unbedingt weiter stehenbleiben. Sie folgte der Eingebung. Gleich darauf raste ein großer Lastwagen quer über die Kreuzung. Der Fahrer hatte die rote Ampel nicht beachtet. Hätte sie die Stimme nicht beachtet, wären sie und ihre Kinder wahrscheinlich verletzt worden oder sogar umgekommen.
Diese Geschichte schnitt mir in die Seele. Die Tränen flossen, und ich wollte schon aufspringen und hinausgehen, da wurde ich von tiefem Trost erfüllt. Ich spürte Frieden, weil der Heilige Geist tatsächlich bei mir gewesen war – wenn auch nicht als warnende Stimme, sondern als Tröster.
Seit Bens Unfall spüre ich Kraft, die über meine eigene hinausgeht, und ich finde Trost in der Liebe meines Vaters im Himmel. Ich verstehe zwar nicht, warum manches geschieht, aber ich habe nie an Gottes Liebe gezweifelt.
Ich glaube daran, dass Gott alles versteht und mich nie alleine zurücklässt. Der Heilige Geist erfüllt viele Aufgaben. Er kann uns beschützen, aber er führt uns auch, tröstet uns, lehrt uns und schenkt uns Erkenntnis und weitere Segnungen.
Ich habe erfahren, dass der Vater im Himmel seine Verheißungen hält. Er ist „immer“ bei mir gewesen.