2015
Weshalb Ehe und Familie so wichtig sind – überall auf der Welt
Mai 2015


Weshalb Ehe und Familie so wichtig sind – überall auf der Welt

Die Familie stellt den Mittelpunkt im Leben dar und ist der Schlüssel zu ewigem Glück.

Vergangenen November hatten Präsident Henry B. Eyring, Bischof Gérald J. Caussé und ich die Freude, im Vatikan zu einem Kolloquium zum Thema Ehe und Familie eingeladen worden zu sein. Insgesamt waren 14 verschiedene Glaubensgemeinschaften aus allen Kontinenten vertreten. Sie wollten dort über die Umwälzungen, die die Familie in der heutigen Welt betreffen, beraten.

President Henry B. Eyring, Bishop Gerald Causse and Elder Perry in Rome

Papst Franziskus eröffnete die Tagung mit den Worten: „Wir leben in einer Kultur des Provisorischen, in der immer mehr Menschen auf die Ehe als öffentliche Verpflichtung verzichten. Diese Revolution der Sitten und der Moral hat häufig das ‚Banner der Freiheit‘ geschwungen, aber in Wirklichkeit geistliche und materielle Zerstörung für unzählige Menschen gebracht, vor allem für die [ärmsten und die] schwächsten. … Und immer sind sie es, die in dieser Krise am meisten zu leiden haben.“1

Mit Blick auf die heranwachsende Generation meinte er, es sei wichtig, „dass sie sich nicht von der schädlichen Mentalität des Provisorischen einwickeln lassen und dass sie revolutionär sind mit ihrem Mut, eine starke und dauerhafte Liebe zu suchen, das heißt, gegen den Strom zu schwimmen“2, denn genau das müsse sein.

Synod hall with the faith leaders on the marriage summit

Anschließend folgten drei Tage voller Vorträge und Gesprächsrunden, in denen religiöse Würdenträger die Ehe zwischen Mann und Frau thematisierten. Diese führenden Persönlichkeiten aus den unterschiedlichsten Glaubensgemeinschaften der Welt waren sich vollends einig darin und bestärkten einander in ihrer Auffassung davon, dass die Einrichtung Ehe heilig und die Familie als Grundeinheit der Gesellschaft unersetzlich ist. Ich verspürte ganz deutlich, welche Einigkeit aus diesem gemeinsamen Standpunkt erwuchs.

Diese Einigkeit wurde auf mannigfache Weise zum Ausdruck gebracht. Mit am besten gefiel mir, wie ein muslimischer Geistlicher aus dem Iran wortwörtlich zwei Absätze aus unserer Proklamation zur Familie zitierte.

Bei dem Kolloquium fiel mir noch etwas auf: Wenn unterschiedliche Kirchen, Glaubensgemeinschaften und Religionen beim Thema Ehe und Familie übereinstimmen, dann sind sie sich auch einig darin, was Werte, Treue und die Verbindlichkeit der Ehe anbelangt, denn diese Elemente sind naturgemäß mit der Familie verknüpft. Ich fand es bemerkenswert, wie Ehe und Familie – wenn sie in den Vordergrund gerückt werden – jedwede politischen, wirtschaftlichen oder theologischen Unterschiede in den Hintergrund treten lassen. Wenn es um die Liebe zwischen Eheleuten oder um unsere Hoffnungen, Sorgen und Träume um der Kinder willen geht, sind wir alle gleich.

President Henry B. Eyring speaking in a news room.

Es war großartig, an einer Tagung mit Vortragenden aus aller Welt teilzunehmen, die sich allesamt darüber austauschten, wie wichtig die Ehe zwischen Mann und Frau ist. Nach jedem einzelnen Vortrag bestätigten und bezeugten weitere religiöse Würdenträger das Gesagte. Präsident Henry B. Eyring war der Schlusssprecher. Er gab machtvoll Zeugnis davon, wie schön es ist, wenn Mann und Frau in der Ehe zueinander stehen, und dass wir an den verheißenen Segen glauben, dass die Familie auf ewig Bestand haben kann.

Mit Präsident Eyrings Zeugnis fanden diese drei erhebenden Tage einen würdigen Abschluss.

Jetzt fragen Sie sich vielleicht: „Wenn die Mehrheit eine ähnliche Sichtweise zu Stellenwert und Bedeutung der Familie vertritt, wenn all die Glaubensrichtungen und Religionsgemeinschaften sich zum Thema Ehe im Wesentlichen einig sind und wenn alle finden, auf die familiären Beziehungen müsse größter Wert gelegt werden – was ist dann das Besondere an uns? Worin unterscheidet sich die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage von der übrigen Welt?“

Die Antwort lautet: Es war zwar wunderbar, wie sehr wir im Hinblick auf die Familie mit allen anderen übereinstimmen, doch nur wir betrachten die Familie – dank des wiederhergestellten Evangeliums – aus dem Blickwinkel der Ewigkeit.

Die Diskussion über Ehe und Familie wird durch das wiederhergestellte Evangelium mit so viel Großem und Wesentlichem angereichert, dass man ohne Übertreibung sagen kann: Wir erweitern das Thema um die Ewigkeit! Wir heben die Verpflichtung und die Heiligkeit der Ehe auf eine höhere Ebene, da nach unserem Glauben und Dafürhalten die Familie ihren Ursprung schon vor dem Erdenleben hatte und sich bis in alle Ewigkeit erstrecken kann.

Diese Lehre kommt schlicht, überzeugend und zu Herzen gehend in Ruth Gardners Text zu dem PV-Lied „Immer und ewig vereint“ zum Ausdruck. Halten Sie einen Moment inne und stellen Sie sich PV-Kinder aus aller Welt vor, wie sie aus Leibeskräften in ihrer Muttersprache diese Zeilen singen, und zwar mit einer Begeisterung, wie sie nur der Liebe zur Familie entspringen kann:

Immer und ewig wolln wir vereint sein –

der Herr verheißt uns das.

Mit der Familie mein kann ich für immer sein,

wenn ich lebe nach des Vaters Plan.3

Im Mittelpunkt der gesamten Lehre des wiederhergestellten Evangeliums stehen die Familie und der neue und immerwährende Bund der Ehe. In der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage glauben wir an ein vorirdisches Dasein, wo wir als buchstäbliche Geistkinder unseres Vaters im Himmel gelebt haben. Wir glauben, dass wir zu seiner Familie gehört haben und auch heute noch gehören.

Wir glauben, dass die Ehe und die Familienbande über das Grab hinaus Bestand haben können und dass eine Ehe, die im Tempel mit der richtigen Vollmacht geschlossen wird, auch in der künftigen Welt gültig ist. In unserer Trauungszeremonie kommen die Worte „bis dass der Tod euch scheidet“ nicht vor. Stattdessen heißt es „für Zeit und alle Ewigkeit“.

Wir glauben außerdem, dass starke, traditionelle Familien aus Vater, Mutter und Kindern nicht nur die Grundeinheit einer stabilen Gesellschaft, einer stabilen Wirtschaft und einer stabilen Wertekultur sind, sondern darüber hinaus ein Grundpfeiler der Ewigkeit innerhalb des Reiches und der Herrschaftsordnung Gottes.

Wir glauben, dass die Ordnung und die Herrschaft des Himmels sich um die Familie und den Kreis der Verwandtschaft ranken.

Wir glauben daran, dass Ehe und Familie ewig sind. Daher wollen wir als Kirche sowohl die Initiative ergreifen als uns auch an weltweiten Bestrebungen beteiligen, die sich zum Ziel gesetzt haben, Ehe und Familie zu stärken. Doch nicht nur unter denen, die sich religiös engagieren, werden Werte wie eine dauerhafte Ehe und enge Familienbeziehungen hochgehalten. Auch viele eher weltlich orientierte Menschen kommen zu dem Schluss, dass Treue in der Ehe und eine stabile Familie die vernünftigste und wirtschaftlichste Lebensweise sind, die zudem auch am ehesten glücklich macht.

Niemand hat bis jetzt noch einen besseren Weg gefunden, die nächste Generation zu erziehen, als in einem Haushalt, der aus einem miteinander verheirateten Elternpaar und deren Kindern besteht.

Warum müssen Ehe und Familie eine bedeutende Rolle spielen – und zwar überall? Umfragen zufolge stellt die Ehe für die Mehrheit aller Altersgruppen immer noch das erstrebenswerte Ideal dar. Das gilt sogar für die sogenannte „Generation Y“, die angeblich das Dasein als Single und ihre Freiheit über alles stellt und auf den Trauschein verzichtet. Tatsache ist, dass sich die große Mehrheit weltweit Kinder und eine starke Familie wünscht.

Ist man einmal verheiratet und hat man Kinder, wird noch offensichtlicher, wie viel doch alle Menschen miteinander gemein haben. Als „Familienmenschen“ stehen wir – und das ganz unabhängig von Wohnort oder religiöser Ausrichtung – vor ähnlichen Herausforderungen und müssen lernen, miteinander auszukommen. Und uns beseelen dieselben Hoffnungen, Sorgen und Träume, was unsere Kinder anbelangt.

David Brooks, Kolumnist der New York Times, hat gesagt: „Gut geht es nicht dem, der die größtmögliche Freiheit hat, zu tun und zu lassen, was er will. Gut geht es dem, der in ein Netz an Verpflichtungen eingebunden ist, die über persönliche Befindlichkeiten hinausgehen – Verpflichtungen der Familie, Gott, dem Beruf oder dem Heimatland gegenüber.“4

Eines der Probleme besteht darin, dass vieles von dem, was in den Medien und in der Unterhaltungsbranche propagiert wird, nicht die Prioritäten und Ideale der Mehrheit widerspiegelt. Aus Gründen, die zu hinterfragen wären, handelt es sich bei allzu vielem, was uns Fernsehen, Kino, Musik und Internet vorsetzen, um den klassischen Fall, dass sich da eine Minderheit als Mehrheit tarnt. Unsittlichkeit und Amoralität, angefangen von Gewaltszenen bis hin zu Sex je nach Lust und Laune, werden als die Norm dargestellt und vermitteln denen, die die traditionellen Werte der Mehrheit vertreten, unter Umständen das Gefühl, altmodisch und ein Relikt vergangener Tage zu sein. Angesichts einer von den Medien und vom Internet dominierten Welt war es noch nie so schwer wie heute, Kinder zu verantwortungsbewussten Menschen großzuziehen und Ehe und Familie zusammenzuhalten.

Doch selbst wenn vieles in den Medien und der Unterhaltung so dargestellt wird und Ehe und Familie tatsächlich da und dort im Niedergang begriffen sind, so ist doch die große Mehrheit der Menschen nach wie vor der Ansicht, dass eine Ehe zwischen einem Mann und einer Frau geschlossen werden soll. Sie glauben an die eheliche Treue und an das Ehegelöbnis, worin es heißt „in guten und in schlechten Zeiten“ und „bis dass der Tod euch scheidet“.

Es ist eine beruhigende und tröstliche Tatsache – und das müssen wir uns, so wie ich neulich in Rom, gelegentlich vor Augen führen –, dass Ehe und Familie für die meisten Menschen noch immer ein erstrebenswertes Ideal darstellen und wir mit dieser Überzeugung also nicht alleine dastehen. Nie war es schwieriger als heute, das richtige Gleichgewicht zwischen Arbeit, Familie und der Erfüllung eigener Bedürfnisse zu finden. Als Kirche wollen wir alles tun, was wir können, um starke Ehen und Familien zu schaffen und zu bewahren.

Aus diesem Grund setzt sich die Kirche in unterschiedlichen Vereinigungen und in der Ökumene aktiv für die Stärkung der Familie ein und übernimmt auch leitende Aufgaben. Aus diesem Grund tun wir unsere Meinung vom Stellenwert der Familie in den Medien und in sozialen Netzwerken kund. Aus diesem Grund stellen wir unsere genealogischen Aufzeichnungen und die Unterlagen zur Familienforschung aller Welt zur Verfügung.

Wir wollen, dass sich unsere Stimme abhebt vom Sirenengesang derer, die alternative Lebensweisen propagieren und das ersetzen wollen, was Gott selbst eingerichtet hat: die Familie. Wir wollen auch unserer Stimme Gehör verschaffen, wenn wir von der Freude und Erfüllung sprechen, die die traditionelle Familie in sich birgt. So müssen wir weiterhin in aller Welt unsere Stimme erheben und für den hohen Stellenwert von Ehe und Familie eintreten – weshalb Ehe und Familie so wesentlich sind und weshalb das immer so bleiben wird.

Liebe Brüder und Schwestern, im wiederhergestellten Evangelium stehen Ehe und Familie im Mittelpunkt. Beim Thema Ehe und Familie stimmen wir im Großen und Ganzen mit den anderen Religionen überein. Beim Thema Ehe und Familie lassen sich auch die größten Gemeinsamkeiten mit dem Rest der Welt finden. Beim Thema Ehe und Familie hat die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage die größte Chance, ihr Licht leuchten zu lassen.

Zum Abschluss möchte ich Zeugnis geben – und mit meinen nunmehr 90 Lebensjahren weiß ich, wovon ich spreche. Je älter man wird, desto mehr stellt man fest, dass die Familie den Mittelpunkt im Leben darstellt und der Schlüssel für unser ewiges Glück ist.

Ich bin für meine Frau dankbar, für meine Kinder, Enkel und Urenkel, ebenso für meine Cousins und die angeheirateten Verwandten sowie für alle anderen Angehörigen, die mein Leben so reich machen und für die Ewigkeit von Bedeutung sind. Von dieser ewigen Wahrheit lege ich unmissverständlich und feierlich Zeugnis ab. Im Namen Jesu Christi. Amen.

Anmerkungen

  1. Papst Franziskus, Rede beim Kolloquium Humanum, einem internationalen interreligiösen Kolloquium über die Komplementarität von Mann und Frau, 17. November 2014, humanum.it/en/videos; siehe auch m.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2014/november/documents/papa-francesco_20141117_congregazione-dottrina-fede.html

  2. Papst Franziskus, Kolloquium zur Komplementarität von Mann und Frau

  3. „Immer und ewig vereint“, Gesangbuch, Nr. 201

  4. David Brooks, „The Age of Possibility“, New York Times, 16. November 2012, Seite A35; nytimes.com/2012/11/16/opinion/brooks-the-age-of-possibility.html