2017
Hinterfragen Sie Ihre Unterrichtsfragen
January 2017


Auf die Weise des Erretters lehren

Hinterfragen Sie Ihre Unterrichtsfragen

Die wichtigste Frage kann durchaus die Frage sein, die der Lehrer sich selbst stellt, bevor er vor die Schüler tritt.

Teacher at blackboard

Illustration von Augusto Zambonato

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit einigen Freunden beim Mittagessen und unterhalten sich über einen Film, den Sie gemeinsam angeschaut haben. Einer Ihrer Freunde fragt: „Wer kann mir sagen, welche Szene im Film am wichtigsten war?“

Die Frage verwirrt Sie ein wenig, doch Sie denken kurz nach und erwidern dann, dass die letzte Szene wohl die wichtigste war. „Das ist ein guter Gedanke“, erwidert Ihr Freund. „Aber ich hatte eigentlich an etwas anderes gedacht. Wer möchte sich noch dazu äußern? Jetzt will ich noch etwas von jemandem hören, der noch nichts gesagt hat.“

Unter Freunden würde man nicht so sprechen, aber aus irgendeinem Grund scheint es in unseren Unterrichten am Sonntag oft so abzulaufen. Anstatt ganz ungezwungen und sicher über Evangeliumswahrheiten zu sprechen, sagen wir als Lehrer manchmal Dinge, die unter anderen Umständen eher merkwürdig wären oder sogar den Anschein eines unangenehmen Gesprächs hätten. Wir hoffen, dass die Unterrichtsteilnehmer das Gefühl haben, unter Freunden zu sein, und wir wollen, dass sie sich trauen, über ihre Gefühle zu den behandelten Grundsätzen zu sprechen. Ein solcher Gedankenaustausch kann dazu beitragen, dass der Heilige Geist zu spüren ist und ein jeder erbaut wird.

Wie können wir sicherstellen, dass unsere Fragen zu mehr ungezwungenen und sinnvollen Unterrichtsgesprächen führen? Hier einige Anregungen, die viele Lehrer nützlich fanden: Stellen Sie keine Fragen, bei denen die Antwort offensichtlich ist. Stellen Sie Fragen, die mehrere Antworten zulassen. Die Fragen sollten nicht zu persönlich sein.

Bevor man beginnt, Fragen für den Unterricht zu planen, ist es sinnvoll, sich selbst zu fragen: Warum stelle ich überhaupt Fragen?

Warum fragen Sie?

Der Beweggrund für unsere Fragen spielt eine große Rolle. Stellen wir beispielsweise manchmal Fragen, weil wir etwas nicht selbst sagen, sondern lieber von einem Teilnehmer hören wollen? Mit Recht wollen wir keinen Monolog halten. Wir wollen aber auf etwas Wichtiges hinweisen und stellen deshalb manchmal eine Frage, von der wir wissen, dass sie die gewünschte Antwort herbeiführt. Diese Denkweise führt zu Fragen, die in Wirklichkeit versteckte Feststellungen sind, wie zum Beispiel: „Wie können Sie Ihre Gedanken rein halten, wenn Sie Pornografie meiden?“ oder „Ist es wichtig, jeden Tag zu beten?“

Mitunter kann es durchaus angebracht sein, Fragen zu stellen, die zu einer ganz bestimmten Antwort führen. Sie können dazu dienen, etwas zu betonen, oder dem Lehrer helfen, zum nächsten Punkt zu kommen. Derartige Fragen regen aber kaum zu einem sinnvollen Unterrichtsgespräch an.

Wenn wir dagegen Fragen stellen, weil wir wirklich wissen möchten, welche Gedanken und Gefühle die Teilnehmer haben und welche Erfahrungen sie gemacht haben, zeigt sich das in unseren Fragen.

Fragen, die die Unterrichtsteilnehmer zu einem offenen Gespräch und damit zu geistigem Lernen anregen, könnten zum Beispiel sein: „Was fällt Ihnen in diesem Vers auf?“ oder „Durch welche Erfahrungen haben Sie gelernt, auf die Verheißungen des Herrn zu vertrauen?“ oder fast jede Frage, die mit „Was denken Sie …?“ beginnt.

Denken Sie einmal über diese Beispiele aus den Schriften nach:

  • Der Heilige Geist fragt Nephi: „Was wünschst du?“ (1 Nephi 11:10)

  • Der Erlöser fragt seine Jünger: „Für wen haltet ihr mich?“ (Matthäus 16:15)

  • Zu Marta sagt er: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. … Glaubst du das?“ (Johannes 11:25,26)

Jede dieser Fragen regt jemanden dazu an, seine innersten Gedanken mitzuteilen. Und jedes Mal folgt ein machtvolles geistiges Erlebnis.

Fragen sind ein Ausdruck von Liebe

Ob Sie es glauben oder nicht: Fragen, die den Gedankenaustausch fördern, fallen fast jedem ein, auch jemandem, der sich selbst nicht für einen guten Lehrer hält. Jedes Mal, wenn wir ein gutes Gespräch mit Freunden oder in der Familie führen oder wenn wir beim Essen über einen Lieblingsfilm sprechen, stellen wir ganz spontan solche Fragen. Doch wenn wir vor vielen erwartungsvollen Schülern stehen, vergessen wir auf einmal alles, was uns sonst ganz selbstverständlich einfällt.

Vielleicht ist also ein Schlüssel zu guten Unterrichtsfragen, dass man überlegt: Wie würde ich diese Frage stellen, wenn ich nicht vor der Klasse stünde – wenn wir einfach zu Hause säßen und im Freundeskreis über das Evangelium sprächen? Wie würde ich sie bitten, über ihre Erkenntnisse und Empfindungen zu sprechen? Wenn man unterrichtet, ist es nicht genauso, als ob man ungezwungen mit Freunden plaudert. Eines ist aber bei beidem gleich: Beides sollte auf ehrlichem Interesse und aufrichtiger Zuneigung beruhen.

Machen Sie sich also keine Sorgen, wenn es Ihnen noch nicht leichtfällt, gute Fragen zu formulieren. Wenn Sie für die Menschen, die Sie unterrichten, Liebe empfinden, wird der Heilige Geist Sie leiten, und Sie werden immer besser darin, zu wissen, was Sie sagen sollen. Paulus hat gesagt: „Die Liebe hört niemals auf.“ (1 Korinther 13:8.) Und das gilt auch bei etwas so Einfachem, wie im Unterricht Fragen zu stellen.