2022
Was ich über Umkehr gelernt habe
Juni 2022


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Was ich über Umkehr gelernt habe

Der Verfasser lebt in Arizona.

Es gibt wohl kaum etwas, was sich mit der Freude vergleichen lässt, Gott näherzukommen

Fußabdrücke auf blauem Hintergrund

Die meiste Zeit meines Lebens machte das Thema Umkehr mir zu schaffen. Ich wusste: Umkehr ist wichtig und ich muss umkehren – aber ich verstand nicht so recht, was Umkehr ausmacht. Aufgrund des Gefühls, es nicht gut genug zu machen, war ich immer entmutigt, wenn jemand in einer Ansprache auf die Wichtigkeit der Umkehr hinwies.

Irgendwann konnte ich das Wort Umkehr schon nicht mehr hören, weil es mich an meine Versäumnisse erinnerte. Es schien, als würde ich in Rückstand geraten, und je länger dieses Problem andauerte, desto schlimmer lastete der Rückstand auf mir.

Was meine Einstellung schließlich änderte, war eine Aussage von Stephen W. Owen – seinerzeit Präsident der Jungen Männer der Kirche – bei einer Generalkonferenz: „Durch Umkehr empfängt man mehr Freude, als wenn man einfach nur ein gutes Leben führt. Man empfängt die Freude der Vergebung, die Freude, wieder rein zu sein und Gott näherzukommen. Hat man diese Freude einmal erfahren, gibt man sich mit keinem Ersatz mehr zufrieden.“1

Auch eine weitere Generalkonferenzansprache weckte in mir den stärkeren Wunsch, besser zu werden. Präsident Russell M. Nelson sagte: „Ob Sie nun auf dem durch Bündnisse vorgezeichneten Weg eifrig vorwärtsgehen, ob Sie ausgerutscht oder davon abgekommen sind oder ob Sie diesen Weg von Ihrem gegenwärtigen Standpunkt aus noch nicht einmal sehen können – ich bitte Sie inständig, umzukehren. Erleben Sie die stärkende Kraft der täglichen Umkehr, indem Sie jeden Tag ein wenig besser handeln und besser sind.“2

Als ich mein Bestes gab, diesen Rat zu befolgen, fand ich Antworten, die meine Bedenken zerstreuten, und erlangte ein besseres Verständnis von den Segnungen der Umkehr. Dennoch fragte ich mich weiterhin, was ich noch nicht begreife und was die Umkehr daher für mich so mühsam mache.

Eine Schwierigkeit bestand für mich darin, dass ich den Eindruck hatte, mich nicht mehr an all die Sünden erinnern zu können, die ich tagsüber jeweils begangen hatte. Ich war mir sicher, dass ich einige übersah. Wie konnte ich von all meinen Sünden umkehren, wenn ich mich nicht einmal an alle erinnern konnte?

Diese Frage beunruhigte mich schon als frischgetaufter Achtjähriger. Ich wusste, dass ich umkehren musste – aber welcher Achtjährige führt schon Buch über jede Sünde, die er begeht? Ich weiß noch, wie ich mich einmal zum Beten hinkniete und sagte: „Vater im Himmel, ich kehre von all meinen Sünden um!“ Ich bezweifelte, dass diese Absichtserklärung alleine ausreichte – aber ich wusste nicht, was ich sonst noch tun sollte.

Später fand ich im Buch Mormon eine Aussage hierzu. In Alma 38:14 steht: „Sage nicht: O Gott, ich danke dir, dass wir besser sind als unsere Brüder; sondern sage vielmehr: O Herr, vergib meine Unwürdigkeit, … ja, bekenne deine Unwürdigkeit vor Gott zu allen Zeiten.“

Wenn wir vor Gott unsere Unwürdigkeit bekennen, hilft uns das, demütig zu sein, was ja für die Umkehr unerlässlich ist. Außerdem können wir den Vater im Himmel bitten, uns zu zeigen, wovon wir umkehren müssen und in welchen Punkten wir uns ändern oder verbessern sollen. Er weiß gewiss, was wir ändern müssen, um mehr wie er zu werden. Er beflügelt unseren Verstand und unser Herz, wenn wir mit dem aufrichtigen Wunsch bitten, uns ändern und umkehren zu können.

Ein weiteres Problem, das ich mit der Umkehr hatte, war, dass ich nicht so recht verstand, was es bedeutet, von Sünde zu lassen. In Lehre und Bündnisse 58:43 heißt es: „Ob jemand von seinen Sünden umkehrt, könnt ihr daran erkennen: Siehe, er wird sie bekennen und von ihnen lassen.“

Ich glaubte, von Sünden zu lassen bedeute zu versprechen, diese Verfehlung nie wieder zu begehen. Wenn ich also eine Sünde erneut beginge, würde das dann heißen, ich hätte zuvor nicht wirklich von ihr gelassen? Wenn ich nun zum Beten auf die Knie ging, um meine Sünden zu bekennen und von ihnen zu lassen, bedeutete das Wissen um meine eigenen Schwächen – der Umstand also, dass ich die Sünde wiederholen könnte – dann, dass ich nicht wirklich von ihr lasse? Ich habe allerdings auch gelernt, dass es nicht ausreicht, wenn einem eine Sünde leidtut. Von Sünden zu lassen erfordert mehr. Wenn es mir einfach nur leidtut, dann habe ich wahrscheinlich nicht davon gelassen.

Elder Dale G. Renlund vom Kollegium der Zwölf Apostel hat über diese Erkenntnis gesprochen: „Der christliche Schriftsteller C. S. Lewis beschrieb die Notwendigkeit von Veränderung und wie man dabei vorgehen sollte. Zur Umkehr gehört, dass man ‚wieder auf den richtigen Weg gebracht wird‘, so Lewis. ‚Eine falsche Berechnung kann korrigiert werden, aber nur dadurch, dass man so weit zurückgeht, bis man den Fehler findet, und dann ab dem Punkt nochmals von vorn anfängt. Man kann die Berechnung nicht einfach fortführen.‘ Unser Verhalten zu ändern und auf den richtigen Weg zurückzukehren, [ist] ein Teil der Umkehr, aber nicht alles. Zur wahren Umkehr gehört auch, dass wir unser Herz und unseren Willen Gott zuwenden und der Sünde entsagen. Laut Ezechiel bedeutet umkehren: ‚[Man] gibt sein sündhaftes Leben auf, handelt nach Recht und Gerechtigkeit, gibt … das Pfand zurück, … richtet sich nach den Gesetzen, die zum Leben führen, und tut kein Unrecht mehr.‘ [Ezechiel 33:14,15.]“3

Als ich um Hilfe bei der Umkehr betete, sagte ich dem Vater im Himmel, dass ich mich wirklich ändern wolle und auch dazu bereit sei. Ich wusste, der Herrn würde mir helfen. Und tatsächlich hat er mir geholfen!

Anfangs war die Veränderung mitunter nicht von Dauer, und ich musste immer wieder daran arbeiten. Aber in den Augen des Herrn zählt, dass wir uns anstrengen. Elder Jeffrey R. Holland vom Kollegium der Zwölf Apostel hat gesagt: „Mit der Gabe des Sühnopfers Jesu Christi und der Kraft des Himmels auf unserer Seite können wir uns verbessern, und das Wunderbare am Evangelium ist, dass es uns auch dann angerechnet wird, wenn wir uns nur bemühen, selbst wenn wir nicht immer erfolgreich sind.“4

Seit ich das Prinzip der Umkehr solcherart verstehe, vertraue ich mehr auf meine Fähigkeit, den Rat Präsident Nelsons befolgen zu können: „Nichts ist befreiender, erhebender oder entscheidender für unseren persönlichen Fortschritt, als sich regelmäßig jeden Tag mit der Umkehr zu befassen. Umkehr ist kein Ereignis, sondern ein Vorgang. [Sie] ist der Schlüssel zu Glück und Seelenfrieden. In Verbindung mit Glauben eröffnet uns die Umkehr Zugang zur Macht des Sühnopfers Jesu Christi.“5

Als ich beschloss, beim Umkehren besser zu werden, hatte ich keine Ahnung, dass Umkehr einen so weitreichenden und dauerhaften Einfluss auf mein Leben haben sollte. Ich wurde wahrhaftig gesegnet. Ich habe begriffen, dass Mutlosigkeit vom Feind meiner Seele verursacht wird, der eben nicht will, dass ich umkehre. Ich habe auch erkannt, dass ich nicht so sehr durch mein Versäumnis umzukehren hinterherhinkte, sondern dass ich manchmal einfach Segnungen verwirkte, die ich hätte erhalten können, wenn ich mich mehr bemüht hätte.

Ich gebe weiterhin mein Bestes, um jeden Tag umzukehren. Seither verspüre ich Gottes Liebe und Führung so sehr, wie ich es mir früher kaum hätte vorstellen können. Ich fühle mich nicht mehr von der Sünde erdrückt. Mir ist bewusstgeworden, dass Umkehr wirklich ein Vorrecht und ein Segen ist. Jetzt verstehe ich, was Bruder Owen gemeint hat: „Hat man diese Freude [der Umkehr] einmal erfahren, gibt man sich mit keinem Ersatz mehr zufrieden.“