Kapitel 3
Die Nachfolge in der Präsidentschaft
Einleitung
Die Nachfolge in der Präsidentschaft der Kirche ist vom Herrn festgelegt. Die Kirche ist nie ohne inspirierte Führung und es gibt daher keinen Grund für Mutmaßungen oder Meinungsverschiedenheiten zur Frage, wer denn der nächste Präsident der Kirche wird. Präsident Harold B. Lee (1899–1973) hat erklärt: „[Der Herr] weiß, wer über die Kirche präsidieren soll, und er macht da keinen Fehler. Der Herr überlässt nichts dem Zufall. Er hat noch nie etwas dem Zufall überlassen.“ (Herbst-Generalkonferenz 1970.) Präsident Ezra Taft Benson (1899–1994) hat gesagt: „Gott weiß alles, sogar das Ende von Anfang an. Niemand wird aus Versehen Präsident der Kirche Jesu Christi, auch verbleibt er dort nicht ungewollt noch wird er zufällig heimgerufen.“ („Jesus Christ – Gifts and Expectations“, New Era, Mai 1975, Seite 16f.)
Gott hat durch den Propheten Joseph Smith (1805–1844) erklärt, dass er „den Getreuen Zeile um Zeile, Weisung um Weisung“ gibt (LuB 98:12; siehe auch LuB 42:61; 128:21). Diese schrittweise Darlegung von Lehren und Verfahrensweisen ist auch aus der inspirierten Weise ersichtlich, wie die Grundsätze für die Nachfolge in der Präsidentschaft der Kirche hervorgebracht worden sind.
Befass dich in diesem Kapitel auch mit der Frage, wie sich die Berufung eines neuen Präsidenten der Kirche von den politischen Abläufen unterscheidet, mit denen ein Politiker zu einem Amt gewählt wird. Wenn du verstehst, wie der Herr einen neuen Präsidenten der Kirche auswählt, nimmt dein Vertrauen in den derzeitigen Präsidenten der Kirche zu.
Kommentar
3.1
Der stellvertretende Präsident der Kirche
„Am 5. Dezember 1834 ordinierte der Prophet Joseph Smith Oliver Cowdery zum stellvertretenden Präsidenten der Kirche [siehe History of the Church, 2:176]. Oliver Cowdery hatte an der Seite des Propheten miterlebt, wie das Aaronische und das Melchisedekische Priestertum wiederhergestellt worden waren. Als 1830 die Kirche Jesu Christi gegründet wurde, stand er als ‚zweiter Ältester‘, was Vollmacht anbelangt, gleich hinter Joseph Smith [siehe LuB 20:2,3]. Aus diesem Grund war Oliver, wenn Priestertumsvollmacht oder -schlüssel wiederhergestellt wurden, stets an der Seite des Propheten. ‚In Übereinstimmung mit dem göttlichen Gesetz der Zeugen war es notwendig, dass Joseph Smith einen Gefährten hatte, der ebenfalls diese Schlüssel trug.‘ [Joseph Fielding Smith, Doctrines of Salvation, Hg. Bruce R. McConkie, 1954, 1:211.] Olivers Aufgabe bestand nicht allein darin, Joseph Smith darin zu unterstützen, dass er über die Kirche präsidiere. Er sollte auch als zweiter Zeuge der Wiederherstellung Seite an Seite mit dem Propheten stehen [siehe LuB 6:28; siehe auch 2 Korinther 13:1]. 1838 hatte Oliver Cowdery sein Amt als stellvertretender Präsident verloren, weil er von der Kirche abgefallen und ausgeschlossen worden war. 1841 berief der Herr jedoch Hyrum Smith zu diesem Amt (siehe LuB 124:94-96). Der Präsident und der stellvertretende Präsident oder der erste und zweite Zeuge sollten im Gefängnis zu Carthage ihr Zeugnis mit ihrem Blut besiegeln.“ (Church History in the Fulness of Times, 2. Auflage, CES-Leitfaden, Seite 153; Hervorhebung hinzugefügt.)
Präsident Joseph Fielding Smith (1876–1972) hat beschrieben, wie dem Gesetz der Zeugen (siehe 2 Korinther 13:1) dadurch Genüge getan wurde, dass Oliver Cowdery jedes Mal anwesend war, wenn Priestertumsschlüssel wiederhergestellt wurden:
„Der Herr berief Oliver Cowdery als zweiten Zeugen, damit er dem Propheten an der Spitze dieser Evangeliumszeit zur Seite stehe und diese Schlüssel innehaben solle. Aus den Aufzeichnungen wissen wir: Jedes Mal, wenn der Prophet Vollmacht und vom Himmel Schlüssel des Priestertums empfing, dann wurden diese Mächte Oliver gemeinsam mit dem Propheten übertragen. Wäre Oliver treu geblieben und hätte er den Propheten unter dieser Bedingung überlebt, so hätte er aufgrund der göttlichen Berufung die Nachfolge als Präsident der Kirche angetreten.“ (Doctrines of Salvation, Hg. Bruce R. McConkie, 1954, 1:213; Hervorhebung hinzugefügt.) Weil Oliver nicht treu blieb, „gebot der Herr am 19. Januar 1841, Joseph Smith solle ,Hyrum Smith ordinieren und ihm alle Schlüssel, Vollmachten und Rechte übertragen, die zuvor Oliver Cowdery gegeben worden waren, und Hyrum zum ‚zweiten Präsidenten‘ der Kirche machen“ (Doctrines of Salvation, 1:220).
Präsident Brigham Young (1801–1877) hat gesagt:
„Hätte Hyrum weitergelebt, wäre sein Platz nicht zwischen Joseph und den Zwölf gewesen. Er wäre dann an Josephs Stelle getreten. – Hatte Joseph jemanden ordiniert, seinen Platz einzunehmen? Hatte er. Und wen? Hyrum. Doch Hyrum starb noch vor Joseph als Märtyrer. Hätte Hyrum weitergelebt, wäre er an Josephs Stelle getreten.“ („Conference Minutes“, Times and Seasons, 15. Oktober 1844, Seite 683.)
Präsident Joseph Fielding Smith (1876–1972) hat erklärt, warum wir in der Kirche keinen stellvertretenden Präsidenten mehr haben:
„Mitunter wird die Frage gestellt: Wenn doch Oliver Cowdery dazu ordiniert worden war, die Schlüssel gemeinsam mit dem Propheten innezuhaben, und wenn diese Vollmacht Oliver infolge seiner Übertretung genommen worden und auf Hyrum Smith übertragen worden war, warum besteht dann heute nicht die gleiche Ordnung in der Kirche? Warum haben wir keinen stellvertretenden Präsidenten zusätzlich zu den beiden Ratgebern in der Ersten Präsidentschaft?
Die Antwort darauf ist einfach. Die besonderen Gegebenheiten, die bei der Gründung des Werks zwei Zeugen erforderlich machen, sind nun nicht mehr gegeben, seitdem das Werk bereits in Gange ist. Joseph und Hyrum Smith stehen gemeinsam an der Spitze dieser Evangeliumszeit. Sie sind die zwei Zeugen, die zur Erfüllung des Gesetzes erforderlich waren, und sie haben gemeinsam die Schlüssel inne, wie es vom Herrn in seiner Antwort an die Juden festgelegt worden ist [siehe Matthäus 18:16]. Das Evangelium muss nie mehr wiederhergestellt worden, daher ist diese Bedingung auch nicht mehr gegeben. So gedenken wir alle der beiden besonderen Zeugen, die berufen waren, in völligem Einklang mit dem Gesetz Gottes Zeugnis abzulegen.“ (Doctrines of Salvation, 1:222; Hervorhebung hinzugefügt.)
3.2
Das Kollegium der Zwölf Apostel
„Zu den wichtigsten Ereignissen im Zuge der Wiederherstellung der Kirche des Erretters gehörte die Bildung des Kollegiums der Zwölf Apostel. Die Mitglieder hatten noch vor Gründung der Kirche diesem wichtigen Schritt entgegengesehen. … [Im Juni 1829] wurden Oliver Cowdery und David Whitmer in einer Offenbarung angewiesen, nach den Zwölf zu suchen, die berufen werden sollten, ‚in alle Welt hinzugehen und [das] Evangelium jedem Geschöpf zu predigen‘ [siehe LuB 18:26-37]. Später wurde auch Martin Harris berufen, bei der Auswahl mitzuhelfen. Das bedeutet, dass die drei Zeugen des Buches Mormon auf Weisung und mit Zustimmung der Ersten Präsidentschaft die Zwölf Apostel auswählen sollten, die in dieser Evangeliumszeit als besondere Zeugen für den Erretter dienen.“ (Church History in the Fulness of Times, Seite 153f.) Diese Auswahl wurde am 14. Februar 1835 während einer besonderen Konferenz getroffen.
„Mehrere Jahre bereitete der Herr … das Kollegium der Zwölf Apostel sorgsam darauf vor, die Führung der Kirche zu übernehmen. Als die Zwölf 1835 berufen wurden, beschränkte sich ihr Aufgabenbereich auf Gebiete außerhalb der organisierten Pfähle. Mit der Zeit wurden ihre Aufgaben aber dahingehend erweitert, dass sie aufgrund ihrer Vollmacht für alle Mitglieder der Kirche zuständig waren. …
Die Mission in Großbritannien schweißte die Zwölf unter Brigham Young zu einem geeinten Kollegium zusammen. Nachdem die Apostel nach Amerika zurückgekehrt waren, übertrug ihnen der Prophet Joseph Smith in zeitlichen sowie in geistlichen Angelegenheiten mehr Verantwortung. … Die Zwölf waren unter den Ersten, die von Joseph Smith über die Mehrehe und die heiligen Handlungen des Tempels unterrichtet wurden. Den Mitgliedern der Zwölf wurde Verantwortung für die Veröffentlichungen der Kirche übertragen. Sie leiteten die Berufung, Beauftragung und Unterweisung von Missionaren, präsidierten außerhalb von und auch in Nauvoo über Konferenzen und kümmerten sich um die auswärtigen Zweige der Kirche.
Vor allem bereitete Joseph Smith, der das Gefühl hatte, der Zeitpunkt seines Todes stehe kurz bevor, die Zwölf in den letzten sieben Monaten seines Lebens mit großer Sorgfalt und Umsicht vor. Er kam fast täglich mit dem Kollegium zusammen, unterwies die Brüder und übertrug ihnen weitere Verantwortung. In einer außerordentlichen Ratsversammlung Ende März 1844 erklärte er den Zwölf feierlich, dass er nun von ihnen gehen könne, da sein Werk getan und die Grundlage gelegt sei, auf der das Reich Gottes errichtet werden könne.“ (Church History in the Fulness of Times, Seite 293f.)
Präsident Wilford Woodruff (1807–1898) gehörte 1844 dem Kollegium der Zwölf Apostel an. Er erinnerte sich an die Unterweisungen, die den Zwölf Aposteln damals von Joseph Smith gegeben worden waren:
„Ich selbst bin Zeuge für das Zeugnis, das [Joseph Smith] den Zwölf Aposteln gab, als wir alle unter seinen Händen unser Endowment empfingen. Ich erinnere mich gut an die letzte Rede, die er vor seinem Tode hielt. Es war, bevor wir unsere Mission in den Osten antraten. Er stand etwa drei Stunden vor uns. Der Raum war wie von verzehrendem Feuer erfüllt, sein Gesicht war so klar wie Bernstein, und er war mit der Macht Gottes bekleidet. Er legte uns unsere Pflichten vor. Er legte uns das große Werk Gottes in seiner ganzen Fülle vor und sagte: ‚Auf mein Haupt wurde jeder Schlüssel, jede Macht und jeder Grundsatz des Lebens und der Errettung gesiegelt, die Gott jemals irgendeinem Menschen, der auf der Erde gelebt hat, übertragen hat. Und diese Grundsätze, dieses Priestertum und diese Macht gehören zu dieser großen und letzten Evangeliumszeit, die der Gott des Himmels wieder auf der Erde errichtet hat.‘ Er sagte zu den Zwölf: ‚Nun habe ich auf euer Haupt jeden Schlüssel, jede Vollmacht und jeden Grundsatz gesiegelt, die der Herr auf mich gesiegelt hat.‘ …
Nachdem er so zu uns gesprochen hatte, sagte er: ‚Ich sage euch, die Last dieses Reiches ruht nun auf euren Schultern; ihr müsst es in alle Welt tragen.‘“ (Zitiert in Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, 2007, Seite 591ff.)
Elder Parley P. Pratt (1807–1857), damals ebenfalls Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel, hat erklärt, dass der Prophet Joseph Smith in ebendieser Versammlung „daranging, die Schlüssel der Siegelungsmacht auf Elder [Brigham] Young, den Präsidenten der Zwölf, zu übertragen. …
Dieser letzte Schlüssel des Priestertums ist der heiligste von allen. Er gehört ausschließlich der Ersten Präsidentschaft der Kirche“. („Proclamation“, Millennial Star, März 1845, Seite 151.)
Das Kollegium der Zwölf Apostel hat alle Schlüssel, alle Macht und Vollmacht des Priestertums inne, die man braucht, um die Kirche zu leiten (siehe LuB 107:23,24; 112:14,15). Jedem Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel werden zur Zeit seiner Ordinierung zum Apostel und der Berufung ins Kollegium die Schlüssel des Priestertums übertragen. Nur der Präsident der Kirche hat die Vollmacht, alle Schlüssel des Priestertums auszuüben, doch wie Präsident Gordon B. Hinckley (1910–2008) erklärt hat, hält jedes Mitglied des Kollegiums der Zwölf „die Schlüssel dieser Evangeliumszeit in Bereitschaft. Dadurch, dass die Schlüssel zwar ruhen, aber vorhanden sind, ist auf Dauer die Führung dieser Kirche gewährleistet“. („He Slumbers Not, nor Sleeps“, Ensign, Mai 1983, Seite 6; Hervorhebung hinzugefügt.)
3.3
Der Herr bestätigt den Heiligen, dass Brigham Young der Nachfolger Joseph Smiths ist
Nach dem Tod Joseph Smiths herrschte einige Verwirrung darüber, wer die Kirche leiten sollte. Sidney Rigdon, ein Mitglied der Ersten Präsidentschaft, war einer von denen, die Anspruch darauf erhoben, Joseph Smiths Nachfolger zu werden. Am 8. August 1844 tat der Herr den Mitgliedern öffentlich kund, dass Brigham Young, der Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel, als neuer Prophet der Kirche erwählt worden war.
Präsident George Q. Cannon (1827–1901), der später in die Erste Präsidentschaft berufen wurde, hat diese wundersame Kundgebung des Herrn beschrieben:
„Nach dem Märtyrertod des Propheten kehrten die Zwölf so schnell wie möglich nach Nauvoo zurück, wo sie von Sidney Rigdons Bestrebungen erfuhren. Er hatte behauptet, die Kirche brauche einen Treuhänder und dass er dieser Treuhänder sei. Auch hatte er den Tag festgesetzt, an dem der Treuhänder ausgewählt werden sollte. Natürlich war er bei der Versammlung anwesend, die unter freiem Himmel stattfand. Der Wind blies damals so heftig gegen die Rednertribüne, dass man aus einem Wagen eine behelfsmäßige Tribüne baute, die dann hinter die Anwesenden gezogen und von Rigdon sowie [William] Marks und einigen anderen eingenommen wurde. Rigdon unternahm den Versuch zu sprechen, war jedoch äußerst befangen. Obwohl er der Sprecher der Kirche gewesen war, verließ ihn bei diesem Anlass seine Redekunst und seine Worte erreichten die Zuhörer nicht. Währenddessen traf Brigham Young mit einigen Brüdern ein und trat auf die Tribüne. Der Wind hatte sich inzwischen gelegt. Nachdem Sidney Rigdon gesprochen hatte, erhob sich Präsident Young. Er sprach zu den Anwesenden, die sich ihm zuwandten, um ihn sehen und hören zu können, und folglich dem Wagen, auf dem Sidney Rigdon stand, den Rücken zukehrten.“ (Deseret News, 21. Februar 1883, Seite 67.)
„Es war das erste Mal, dass die Leute [Brighams] Stimme vernahmen, seit er seine Mission im Osten angetreten hatte, und sie hinterließ einen ganz besonderen Eindruck. Keiner von uns, der bei diesem Anlass anwesend war, wird je den Eindruck vergessen, den sie auf ihn hatte. Wäre Joseph Smith von den Toten auferstanden und hätte zu ihnen gesprochen, so hätte die Wirkung für viele, die bei dieser Versammlung anwesend waren, nicht erstaunlicher sein können. Es war Josephs eigene Stimme, und es war nicht nur Josephs Stimme, die wir hörten, sondern es schien den Leuten so, als stehe Joseph selbst vor ihnen. Was die Versammelten an jenem Tag erlebten, war das herrlichste und wunderbarste Ereignis, das man sich vorstellen kann. Der Herr gab seinem Volk ein Zeugnis, das keinerlei Zweifel daran ließ, welchen Mann er als ihren Führer erwählt hatte. Sie sahen und hörten mit ihren natürlichen Augen und Ohren. Dann drangen ihnen die Worte, die gesprochen wurden, mit der überzeugenden Macht Gottes ins Herz, und sie wurden vom Geist und von großer Freude erfüllt. Es hatte eine gedrückte Stimmung geherrscht und in manchem Herzen waren wohl auch Zweifel und Ungewissheit gewesen. Doch nun war einem jeden klar, wem der Herr die notwendige Vollmacht übertragen hatte, um an Josephs Stelle in ihrer Mitte zu wirken.“ („Joseph Smith, the Prophet“, Juvenile Instructor, 29. Oktober 1870, Seite 174f.)
Hunderte Mitglieder erlebten das Wunder mit, das sich in dieser Versammlung ereignete und das von Zera Pulsipher (1789–1872) von der Präsidentschaft der Siebziger so beschrieben wurde:
„Brigham Young begann zu sprechen. Zu diesem Zeitpunkt saß ich, wie viele andere, mit dem Rücken zur Rednertribüne. Als Brigham sprach, tat er es mit Josephs Stimme. Wir wandten uns um und sahen Brigham mit Josephs Stimme sprechen. Und siehe, der Mantel Josephs war auf Brigham gefallen. Die Anwesenden verstanden dies gleichfalls. Brigham stand an der Spitze der Zwölf. Deshalb wandte sich die Kirche ihm zu.“ (Zitiert in Lynne Watkins Jorgensen and BYU Studies staff, „The Mantle of the Prophet Joseph Passes to Brother Brigham: A Collective Spiritual Witness“, BYU Studies, Band 36, Nr. 4, 1996/1997, Seite 173; Hervorhebung hinzugefügt.)
Auch Drusilla Dorris Hendricks hat dieses Erlebnis beschrieben:
„Präsident Brigham Young begann zu reden. Ich sprang auf, um zu sehen, ob es nicht Bruder Joseph sei, denn gewisslich waren es seine Stimme und seine Gesten. Jeder Heilige der Letzten Tage konnte mühelos erkennen, auf wen das Priestertum überging, denn Brigham Young hatte die Schlüssel inne.“ (In Jorgensen and BYU Studies staff, „The Mantle of the Prophet Joseph“, Seite 163; Hervorhebung hinzugefügt.)
Nancy Naomi Alexander Tracy schrieb:
„Ich kann bezeugen, dass der Mantel Josephs an jenem Tag auf Brigham fiel – so, wie der Mantel Elijas auf Elischa fiel [siehe 1 Könige 19:19; 2 Könige 2:11-15], denn es schien so, als seien Brighams Stimme, seine Gesten und alles andere die Josephs. Es hatte den Anschein, als sei er wieder bei uns. Brigham wurde durch die Stimme der Anwesenden als Prophet, Seher und Offenbarer bestätigt.“ (In Jorgensen and BYU Studies staff, „The Mantle of the Prophet Joseph“, Seite 177; Hervorhebung hinzugefügt.)
3.4
Wichtige Grundsätze für die Nachfolge in der Präsidentschaft
Wichtige Grundsätze für die Nachfolge im Präsidentenamt der Kirche wurden 1996 in einem Artikel im Ensign hervorgehoben:
„Obwohl es seit dem Tod des Propheten Joseph Smith geringfügige Abänderungen im Ablauf und bei den Formalitäten für die Nachfolge in der Präsidentschaft gegeben hat, sind die maßgeblichen Grundsätze gleich geblieben und stützen sich fest und sicher auf Offenbarung. Vier elementare Grundsätze und Verfahrensweisen waren 1844 in Kraft und sind seither bei jeder Nachfolge im Präsidentenamt deutlich zu erkennen.
1. Die Schlüssel des Reiches sind den Zwölf übertragen. Der erste Grundsatz oder Schritt in der Nachfolge ist das Übertragen der Schlüssel des Reiches auf jeden Mann, der zum heiligen Apostelamt ordiniert und als Mitglied des Rates der Zwölf Apostel eingesetzt wird (siehe LuB 27:12,13). …
2. Bei der Nachfolge im Präsidentenamt ist das Dienstalter entscheidend. Durch den Grundsatz des Dienstalters wird festgelegt, wer unter den Zwölf beim Tod des Präsidenten der Kirche den Vorsitz führt und aktiv alle Schlüssel des Reiches ausüben darf. Als das Kollegium der Zwölf 1835 erstmals gebildet wurde, wurde der Dienstrang nach dem Alter bestimmt. Seither gilt: Wer der dienstälteste unter den Aposteln ist, richtet sich nach Datum und Reihenfolge der Ordinierung. …
3. Nach dem Tod des Präsidenten steht über den Zwölf keine Erste Präsidentschaft. Den vom Propheten Joseph Smith gelehrten Grundsätzen entsprechend löst sich mit dem Tod des Präsidenten der Kirche die Erste Präsidentschaft automatisch auf. Seine Ratgeber nehmen entsprechend ihrem Dienstalter ihren Platz im Kollegium der Zwölf Apostel ein, sofern sie diesem Kollegium zuvor angehört haben. Als Präsident des Kollegiums der Zwölf wird der dienstälteste Apostel kraft dieser Rangfolge zum ‚Präsidierenden Hohenpriester‘ der Kirche. Als solcher hat er aktiv alle Schlüssel des Reiches inne und übt sie auch aus. Er präsidiert ‚über die ganze Kirche‘ (siehe LuB 107:65,66,91). Der Ersten Präsidentschaft ‚an Vollmacht gleich‘, bildet auch das präsidierende Kollegium der Zwölf Apostel eine Präsidentschaft der Kirche – ebenso wie die Erste Präsidentschaft auch, wenn diese vollständig gebildet und im Amt ist (siehe LuB 107:23,24). Der Präsident des Kollegiums der Zwölf, der zu diesem Zeitpunkt dieses Amt innehat, ist an Position und Vollmacht nicht weniger Präsident der Kirche als dann, wenn er in einer neu gebildeten Ersten Präsidentschaft als solcher bestätigt wird. …
4. Neubildung der Ersten Präsidentschaft Als präsidierendem Beamten der Kirche steht es dem Präsidenten des Kollegiums der Zwölf Apostel zu, Offenbarung dazu zu empfangen, wann die Erste Präsidentschaft neu gebildet werden soll. Diese Entscheidung wird nach Beratung mit dem Kollegium der Zwölf und aufgrund dessen einstimmiger Befürwortung getroffen.
An dem Tag, als Präsident Howard W. Hunter (1907–1995) als Präsident der Kirche bestätigt wurde, bezeugte er:
‚Jeder Mann, der zum Apostel ordiniert und als Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel eingesetzt wird, wird als Prophet, Seher und Offenbarer bestätigt. Die Erste Präsidentschaft und das Kollegium der Zwölf Apostel, die dazu berufen und ordiniert sind, die Schlüsselgewalt des Priestertums innezuhaben, haben die Vollmacht und Verantwortung, die Kirche zu führen, deren heilige Handlungen zu vollziehen, die Lehre zu vermitteln und alles, was in der Kirche geschieht, festzulegen und darüber zu wachen.
Wenn ein Präsident der Kirche krank ist oder nicht alle mit seinem Amt verbundenen Aufgaben wahrnehmen kann, setzen seine beiden Ratgeber, die gemeinsam mit ihm das Kollegium der Ersten Präsidentschaft bilden, die Arbeit der Präsidentschaft fort. Alle wichtigen Fragen, Richtlinien, Programme und Lehren werden gebeterfüllt erwogen, und zwar in der Ratssitzung der Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft und des Kollegiums der Zwölf Apostel. Die Erste Präsidentschaft und das Kollegium der Zwölf geben keine Entscheidung heraus, ohne dass zwischen allen Beteiligten völlige Einstimmigkeit herrscht.
Wenn sich die Kirche an dieses inspirierte Muster hält, wird sie ohne Unterbrechung voranschreiten. Die Führung der Kirche und das Ausüben der prophetischen Gaben werden immer den apostolischen Autoritäten anvertraut, die alle Schlüssel des Priestertums innehaben und ausüben.‘ (Herbst-Generalkonferenz 1994; Ensign, November 1994, Seite 7.)“ (Brent L. Top und Lawrence R. Flake, „‚The Kingdom of God Will Roll On‘: Succession in the Presidency“, Ensign, August 1996, Seite 29, 31–34.)
3.5
Der Herr hat die Ordnung für die Nachfolge in der Präsidentschaft der Kirche festgelegt
Als Harold B. Lee nach Präsident Joseph Fielding Smiths Tod als Präsident der Kirche bestätigt wurde, wies Präsident Spencer W. Kimball (1895–1985) auf die Hand Gottes bei der Ernennung eines Präsidenten der Kirche hin:
„Es ist beruhigend zu wissen, dass Präsident Lee nicht von einem Komitee oder einer Versammlung mit all ihren Meinungsverschiedenheiten und ihrer Kritik oder durch das Votum von Menschen gewählt worden ist, sondern dass er von Gott berufen und dann von den Mitgliedern bestätigt worden ist. …
Im göttlichen Plan ist kein Platz für Irrtümer, Streitigkeiten, Karrieredenken oder sonstige niedrige Beweggründe. Der Herr hat es sich selbst vorbehalten, die Führer seiner Kirche zu berufen.“ („We Thank Thee, O God, for a Prophet“, Ensign, Januar 1973, Seite 33; Hervorhebung hinzugefügt.)
Schon bald nachdem Präsident Gordon B. Hinckley (1910–2008) Präsident der Kirche geworden war, legte er dar, nach welchem heiligen Schema der Herr vorgeht:
„Mit Präsident Hunters Tod wurde die Erste Präsidentschaft aufgelöst. Bruder Monson und ich, die ja seine Ratgeber gewesen waren, nahmen unseren Platz im Kollegium der Zwölf Apostel ein, das nun zur präsidierenden Autorität der Kirche wurde.
Heute vor drei Wochen versammelten sich alle lebenden ordinierten Apostel im Geist des Fastens und Betens im oberen Raum des Tempels. Hier sangen wir ein Kirchenlied und sprachen ein Gebet. Wir nahmen vom Abendmahl und erneuerten in dieser heiligen symbolischen Willensbekundung unsere Bündnisse und unsere Beziehung zu unserem göttlichen Erlöser.
Sodann wurde die Präsidentschaft neu gebildet, wobei wir uns an eine seit langer Zeit bestehende Vorgehensweise hielten.
Es gab keinen Wahlkampf, keinen Wettbewerb, kein Streben nach einem Amt. Alles war still, friedlich, schlicht und heilig. Es wurde so gemacht, wie der Herr selbst es eingerichtet hatte.“ („This Is the Work of the Master“, Ensign, Mai 1995, Seite 64; Hervorhebung hinzugefügt.)
Präsident Harold B. Lee (1899–1973) hat darauf hingewiesen, dass es „in den Augen des Herrn nicht angenehm“ ist, wenn man Vermutungen über die Nachfolge in der Präsidentschaft anstellt. Er sagte: „Wer im Voraus zu erraten versucht, wer wohl der nächste Präsident der Kirche wird, ergeht sich in reinen Spekulationen, wie etwa beim Pferderennen, denn nur der Herr kennt Zeit und Stunde.“ („Admonitions for the Priesthood of God“, Ensign, Januar 1973, Seite 107.)
3.6
Das Dienstalter im Kollegium der Zwölf Apostel
Präsident der Kirche ist immer der dienstälteste Apostel. Der Apostel, der im Dienstalter nach ihm kommt, wird Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel, es sei denn, dass er in der Ersten Präsidentschaft dient. In diesem Fall wird der dienstälteste Apostel nach ihm Amtierender Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel. Wer der dienstälteste Apostel ist, ergibt sich nicht nach dem Alter, sondern aus Datum und Reihenfolge der Ordinierung zum Apostel. Zum Beispiel wurden Spencer W. Kimball und Ezra Taft Benson beide am 7. Oktober 1943 zum Apostel ordiniert, wobei Spencer W. Kimball zuerst ordiniert wurde. Aus diesem Grund wurde Präsident Kimball 1973, als Harold B. Lee verstarb, Präsident der Kirche.
Präsident Spencer W. Kimball (1895–1985) hat erklärt, dass deswegen, weil die Nachfolge im Präsidentenamt auf dem Dienstalter beruht, der Herr allein die Nachfolge bestimmt:
„Seit Joseph Smith sind [bis 1972] an die achtzig Apostel auf diese Art [mit den Schlüsseln der Vollmacht] ordiniert worden, doch nur elf hatten das Amt des Präsidenten der Kirche inne, weil in den anderen Fällen der Tod eingegriffen hatte. Da der Tod seiner Diener in der Hand des Herrn liegt, lässt der Herr nur den an die erste Stelle rücken, der dazu bestimmt ist, die Führung der Kirche zu übernehmen. Tod und Leben sind somit die maßgeblichen Faktoren. Jeder neue Apostel wird wiederum vom Herrn erwählt. Dem jeweils lebenden Propheten wird dies kundgetan, und von diesem wird er dann auch ordiniert.“ („We Thank Thee, O God, for a Prophet“, Seite 34; Hervorhebung hinzugefügt.)
Präsident Gordon B. Hinckley (1910–2008) hat die Vorgehensweise aufgrund des Dienstalters bei der Nachfolge beschrieben. Diese Reihenfolge tritt in Kraft, sobald ein Mann in das Kollegium der Zwölf Apostel berufen wird:
„Dieser [Übergang] der Vollmacht, an dem ich schon mehrmals teilgenommen habe, ist großartig in seiner Schlichtheit. Er ist ein Hinweis darauf, wie der Herr vorgeht. Nach seinem Verfahren wird ein Mann vom Propheten als Mitglied des Rates der Zwölf Apostel ausgewählt. Er erwählt sich das Amt nicht selbst als Beruf, sondern er wird berufen, so wie die Apostel zur Zeit Jesu, denen der Herr gesagt hat: ‚Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.’ (Johannes 15:16.) Die Jahre vergehen. Er wird in den Aufgaben seines Amtes geschult. Er bereist im Rahmen seiner Berufung als Apostel die Erde. Es ist ein langer Weg der Vorbereitung, auf dem er die Heiligen der Letzten Tage kennenlernt, wo immer sie sind, und sie lernen ihn auch kennen. Der Herr prüft sein Herz und sein Wesen. Nach dem natürlichen Lauf der Welt werden in diesem Kollegium Plätze frei, und neue Berufungen werden ausgesprochen. So wird ein bestimmter Mann zum dienstältesten Apostel. Ihm und jedem seiner Amtsbrüder werden mit der Ordinierung alle Schlüssel des Priestertums übertragen. Die Vollmacht, diese Schlüssel auszuüben, ist allerdings dem Präsidenten der Kirche vorbehalten. Wenn er stirbt, geht die Vollmacht auf den dienstältesten Apostel über, der dann von seinen Amtsbrüdern im Rat der Zwölf zum Propheten und Präsidenten ernannt, eingesetzt und ordiniert wird.“ („Eine herzliche Einladung“, Der Stern, Juli 1986, Seite 44.)
Präsident Boyd K. Packer (1924–2015) vom Kollegium der Zwölf Apostel hat darüber gesprochen, dass ganz gewiss der dienstälteste Apostel dann Präsident der Kirche wird:
„Kurz nach dem Ableben von Präsident Gordon B. Hinckley versammelten sich die 14 Männer, denen die Schlüssel des Reiches übertragen wurden – die Apostel – im oberen Raum des Tempels, um die Erste Präsidentschaft der Kirche neu zu bilden. Niemand fragte, wie das geschehen soll, niemand zögerte. Wir wussten, dass der dienstälteste Apostel der Präsident der Kirche wird. Und in dieser heiligen Versammlung wurde Thomas Spencer Monson vom Kollegium der Zwölf Apostel als Präsident der Kirche bestätigt.“ („Die Zwölf“, Liahona, Mai 2008, Seite 83.)
3.7
Die Führung durch das Kollegium der Zwölf Apostel und der zeitliche Ablauf bei der Nachfolge im Präsidentenamt
Präsident Spencer W. Kimball (1895–1985) hat erklärt, dass nach dem Tod eines bisherigen Propheten die Vollmacht auf das Kollegium der Zwölf Apostel übergeht:
„Das Werk des Herrn ist endlos. Selbst wenn ein machtvoller Führer der Kirche stirbt, ist die Kirche dank der gütigen Vorsehung dessen, der dafür gesorgt hat, dass sein Reich auf ewig fortbesteht, nicht einmal einen Augenblick ohne Führung.
Zu dem Zeitpunkt, da das Leben aus dem Präsidenten der Kirche weicht, wird ein Gremium von erfahrenen Männern zur Führungsriege. Diese Männer haben Erfahrung und sind dafür geschult. Schon lang zuvor waren sie dazu berufen worden, Vollmacht und Schlüssel waren ihnen übertragen worden. … Unter diesem bereits mit Vollmacht ausgestatteten Kollegium schreitet das Gottesreich voran. Keine Kandidatur für das Amt, kein Wahlkampf, keine Wahlreden. Was für ein göttlicher Plan! Wie weise ist doch unser Herr, der so völlig abseits der Schwäche labiler oder ambitionierter Menschen für Führung sorgt!“ (Frühjahrs-Generalkonferenz 1970.)
„Als präsidierendem Beamten der Kirche steht es dem Präsidenten des Kollegiums der Zwölf Apostel zu, Offenbarung dazu zu empfangen, wann die Erste Präsidentschaft neu gebildet werden soll. Diese Entscheidung wird nach Beratung mit dem Kollegium der Zwölf und aufgrund dessen einstimmiger Befürwortung getroffen.“ (Top und Flake, „The Kingdom of God“, Seite 33; Hervorhebung hinzugefügt.) Nach dem Tod des Propheten Joseph Smith wurde die Kirche dreieinhalb Jahre vom Kollegium der Zwölf Apostel geleitet, bevor die Erste Präsidentschaft neu gebildet wurde. Das Kollegium der Zwölf führte die Kirche nach dem Tod Präsident Brigham Youngs etwas mehr als drei Jahre. Und beinahe zwei Jahre dauerte es, bis nach dem Tod von Präsident John Taylor die Erste Präsidentschaft neu gebildet wurde. In jüngerer Zeit wird die Kirche üblicherweise nur ein paar Tage vom Kollegium der Zwölf Apostel geführt, dann wird die Erste Präsidentschaft neu gebildet und ein neuer Präsident wird eingesetzt.
Am 18. September 1898 sprach Präsident George Q. Cannon (1827–1901) von der Ersten Präsidentschaft, nachdem Präsident Wilford Woodruff am 2. September verstorben war, über das Prozedere bei der Bildung der Ersten Präsidentschaft:
„Am 13. September kamen die Apostel zusammen. Während sie darüber sprachen, dass es notwendig sei, für die Kirche einen Treuhänder zu ernennen, schien es den Brüdern auch klar zu sein, dass eine Erste Präsidentschaft gebildet werden müsse, und ein Apostel nach dem anderen sprach sich zum damaligen Zeitpunkt für diese Maßnahme aus. Nachdem sich Präsident Snow die Meinung angehört hatte, erhob er sich und sagte den Brüdern, er habe sich seit dem Tod Präsident Woodruffs gedrängt gefühlt, in seinen priesterlichen Gewändern im Tempel vor den Herrn zu kommen, und der Herr habe ihm offenbart, dass die Erste Präsidentschaft gebildet werden solle. Er habe ihm auch offenbart, wer die beiden Ratgeber sein sollen. Dies äußerte er jedoch erst, nachdem die Apostel das Thema erörtert hatten. Was Präsident Snow gesagt hatte, war für sie ein Hinweis darauf, dass der Geist Gottes ihre Ausführungen inspiriert und das von ihnen beabsichtigte Werk gutgeheißen habe. Dies war für sie Anlass zu großer Freude. Für mich war es sehr überraschend, dass damals gleich etwas unternommen werden sollte, obwohl ich von Herzen dafür und immer der Meinung gewesen war, die Erste Präsidentschaft solle so bald wie möglich – oder sobald der Herr zu einer solchen Maßnahme inspiriere – gebildet werden.“ (Deseret News, 8. Oktober 1898, Seite 514.)
3.8
Neubildung der Ersten Präsidentschaft
1974 beschrieb Präsident N. Eldon Tanner (1898–1982) von der Ersten Präsidentschaft den Übergang der Vollmacht und das Prozedere, wie ein neuer Präsident der Kirche vom Kollegium der Zwölf Apostel bestätigt und wie die Erste Präsidentschaft neu gebildet wird. Er berichtete eingehend darüber, was sich vor und nach Präsident Harold B. Lees Tod ereignet hatte:
„Es ist wichtig, dass man sich vergegenwärtigt, was sich zutrug, als Präsident Harold B. Lee von uns schied. Präsident Romney war ins Krankenhaus gerufen worden, und als sie sich unterhielten, sagte Präsident Lee, dem bewusst war, dass er für einige Zeit ausfallen könnte, zu Präsident Romney: ‚Präsident Tanner ist nicht da und ich möchte, dass Sie übernehmen und die Angelegenheiten der Kirche weiterführen.‘ Präsident Kimball, der später hereinkam, bot Präsident Romney seine Hilfe an. Präsident Romney wandte sich jedoch gleich, nachdem bekannt geworden war, dass Präsident Lee verstorben war, mit den Worten an Präsident Kimball: ‚Jetzt haben Sie als Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel das Sagen. Ich stehe Ihnen zur Verfügung und bin bereit, alles zu tun, womit ich Ihnen helfen kann.‘
Das entsprach ganz und gar der Ordnung der Kirche und ist ein großartiges Beispiel dafür, wie doch die Kirche nie ohne Präsidentschaft gelassen wird und wie reibungslos der Übergang vonstatten geht. Als Präsident der Zwölf wurde Präsident Kimball sogleich die präsidierende Autorität in der Kirche.
Ich möchte gern einen Überblick über die Schritte geben, die unternommen wurden, als er damals zum Präsidenten der Kirche ernannt und ordiniert wurde. …
Vier Tage nach Präsident Lees Tod rief Präsident Kimball, der Präsident der Zwölf, die Mitglieder des Kollegiums der Zwölf im oberen Raum des Tempels zu dem Zweck zusammen, die erneute Bildung der Ersten Präsidentschaft zu besprechen und gemäß dem Beschluss, der gefasst werden sollte, dann auch zu handeln. Diejenigen, die die Ratgeber des Präsidenten gewesen waren, das heißt Präsident Romney und ich, nahmen ihren jeweiligen Platz im Kollegium der Zwölf ein.
Präsident Kimball brachte seinen großen Kummer über Präsident Lees Tod und sein Gefühl der Unzulänglichkeit zum Ausdruck und forderte daraufhin die Mitglieder des Kollegiums in der Reihenfolge ihres Dienstalters auf, sich einzeln dazu zu äußern, wie sie darüber dachten, dass die Präsidentschaft der Kirche neu gebildet werden solle.
Jeder der Brüder äußerte sich dahingehend, dass jetzt die Zeit sei, die Erste Präsidentschaft neu zu bilden, und dass Präsident Spencer W. Kimball derjenige sei, von dem der Herr wolle, dass er zu dieser Zeit präsidiere. Der beglückende Geist des Herrn war in reichem Maß zu spüren und es herrschte völlige Einigkeit und Übereinstimmung im Sinn und in den Worten der Brüder. Sie hatten allein die Absicht und den Wunsch, den Willen des Herrn zu tun, und es bestand kein Zweifel daran, dass der Wille des Herrn zum Ausdruck gebracht worden war.
Elder Ezra Taft Benson stellte dann in aller Form den Antrag, dass die Erste Präsidentschaft der Kirche neu gebildet und dass Spencer W. Kimball als Präsident, Prophet, Seher, Offenbarer und Treuhänder der Kirche bestätigt, eingesetzt und ordiniert werden solle. Dieser Antrag wurde befürwortet und einstimmig angenommen.
In aller Demut trat Präsident Kimball nach vorn, nahm die Berufung an und betete darum, dass der Geist und die Segnungen des Herrn bei ihm sein mögen, damit er den Willen des Herrn ausführen könne. Er sagte, er habe stets darum gebetet, dass Präsident Lee Gesundheit, Kraft und Energie haben möge und dass die Segnungen des Herrn ihm bei seinen Aufgaben als Präsident der Kirche zur Seite stehen. Er betonte, dass er mit seiner lieben Frau Camilla aufrichtig darum gebetet habe, dass dieses Amt ihm niemals auferlegt werden möge, und dass er sicher gewesen sei, dass Präsident Lee bestimmt länger leben würde als er. …
Er erwählte und benannte dann als seinen Ersten Ratgeber N. Eldon Tanner und als seinen Zweiten Ratgeber Marion G. Romney. Beide äußerten sich in aller Demut und verpflichteten sich, Präsident Kimball als Präsidenten der Kirche zu unterstützen und ihr Amt nach besten Kräften auszufüllen. Sie beteten, dass die Segnungen des Herrn mit ihnen seien.
Daraufhin wurde Präsident Benson als Präsident des Kollegiums der Zwölf bestätigt. Präsident Kimball nahm dann in der Mitte des Raumes Platz, und als alle Anwesenden die Hände auf sein Haupt legten, spürten wir, dass der Geist des Herrn wirklich bei uns war, und dieser beglückende Geist erfüllte unser Herz. Präsident Benson war der Sprecher, und Spencer Woolley Kimball wurde mit einem wunderschönen Gebet und Segen als Prophet, Seher und Offenbarer und als Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ordiniert und eingesetzt.“ („Chosen of the Lord“, Ensign, Mai 1974, Seite 84f.)
3.9
Was ist eine feierliche Versammlung?
Präsident Thomas S. Monson wurde zwar am 3. Februar 2008 nach Präsident Gordon B. Hinckleys Tod der Präsident der Kirche, doch wurde er erst in der Versammlung am Samstagvormittag der Frühjahrs-Generalkonferenz 2008, die eine feierliche Versammlung war, von den Mitgliedern der Kirche in aller Welt nach Kollegien und Gruppen getrennt als Prophet, Seher und Offenbarer und als Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bestätigt (siehe „Die Bestätigung der Beamten der Kirche“, Liahona, Mai 2008, Seite 4–6).
In einer früheren feierlichen Versammlung hatte Elder David B. Haight (1906–2004) vom Kollegium der Zwölf Apostel darüber gesprochen, was eine feierliche Versammlung ist und wie heilig solch eine bedeutsame Zusammenkunft ist:
„Wir sind heute Zeugen und Beteiligte bei einem überaus heiligen Anlass, nämlich einer feierlichen Versammlung, bei der heilige Handlungen vorgenommen werden. Wie vor alters haben die Heiligen in aller Welt viel gefastet und gebetet, damit der Geist des Herrn über sie ausgegossen werde, was ja heute Vormittag in so reichem Maße geschehen ist.
Eine feierliche Versammlung ist, wie der Begriff schon sagt, ein heiliger, ernsthafter und andachtsvoller Anlass, zu dem die Heiligen auf Weisung der Ersten Präsidentschaft zusammenkommen. Für eine feierliche Versammlung gibt es drei Gründe: die Weihung eines Tempels, spezielle Anweisungen an die Priestertumsführer und die Bestätigung eines neuen Präsidenten der Kirche. Diese Konferenzversammlung heute ist eine feierliche Versammlung, in der ein neu berufener Präsident und weitere Beamte der Kirche bestätigt werden.
Für die feierliche Versammlung gibt es ein Muster, wodurch sie sich von anderen allgemeinen Versammlungen der Kirche unterscheidet, in denen Beamte der Kirche bestätigt werden. Dieses Muster, das vom Propheten Joseph Smith festgelegt wurde, besteht darin, dass jedes Priestertumskollegium, angefangen bei der Ersten Präsidentschaft, aufsteht und durch das Erheben der rechten Hand seine Bereitschaft bekundet, den Präsidenten der Kirche als Propheten, Seher und Offenbarer zu bestätigen und ihn durch Vertrauen, Glauben und Gebete zu unterstützen. Die Priestertumskollegien der Kirche zeigen dies alle auf die gleiche Weise. Dann stehen alle Mitglieder auf und bringen ebenfalls diese Bereitschaft zum Ausdruck. Die anderen Führer der Kirche werden auf ähnliche Weise in ihrem Amt und ihrer Berufung bestätigt.
Wenn wir den Präsidenten der Kirche mit der erhobenen Hand bestätigen, bedeutet das nicht nur, dass wir ihn vor Gott als rechtmäßigen Inhaber aller Schlüssel des Priestertums anerkennen. Es bedeutet auch, dass wir mit Gott den Bund schließen, dass wir der Weisung und dem Rat, die uns durch seinen Propheten zuteilwerden, Folge leisten. Es ist ein feierlicher Bund.
Am Gründungstag der Kirche hat der Herr der Kirche dieses Gebot gegeben:
‚Denn sein Wort [nämlich das des Präsidenten der Kirche] sollt ihr empfangen, als sei es aus meinem eigenen Mund, voller Geduld und Glauben.
Denn wenn ihr dies alles tut, werden die Pforten der Hölle euch nicht überwältigen; ja, und der Herr, Gott, wird die Mächte der Finsternis vor euch zerstreuen und die Himmel zu eurem Guten und um der Herrlichkeit seines Namens willen erbeben lassen.
Denn so spricht der Herr, Gott: Ihn habe ich inspiriert, die Sache Zions mit großer Macht zum Guten zu bewegen.‘ (LuB 21:5-7.)
Die erste feierliche Versammlung fand am 27. März 1836 im Kirtland-Tempel statt. Nach der Abstimmung, deren Verlauf ich geschildert habe, berichtete der Prophet Joseph Smith: ‚Ich prophezeite allen, wenn sie die Männer in ihrem Amt unterstützten …, werde der Herr sie im Namen Jesu Christi segnen … und die Segnungen des Himmels sollten ihnen gehören.‘ (History of the Church, 2:418.)
Dadurch, dass wir den Grundsatz der allgemeinen Zustimmung anwandten, haben wir heute unseren Willen zum Ausdruck gebracht. Wie heilig sind dieses Recht und diese Pflicht? So heilig, dass der Herr in der großartigen Offenbarung über das Priestertum sagt, diese Angelegenheiten könnten ‚einer allgemeinen Versammlung der verschiedenen Kollegien vorgelegt werden, welche die geistigen Autoritäten der Kirche bilden‘ (LuB 107:32; Hervorhebung hinzugefügt).“ („Solemn Assemblies“, Ensign, November 1994, Seite 14f.; Hervorhebung hinzugefügt.)
3.10
Wie man den Präsidenten der Kirche unterstützt
Am Ende der feierlichen Versammlung, in der Thomas S. Monson als 16. Präsident der Kirche bestätigt wurde, sprach Präsident Henry B. Eyring von der Ersten Präsidentschaft über die großen Segnungen, die unser sind, und auch über das Versprechen, das wir geben, wenn wir zur Bestätigung der Führer der Kirche die Hand heben:
„Das Volk Gottes war nicht immer des wunderbaren Erlebnisses würdig, woran wir heute teilgehabt haben. Die Apostel übten nach der Himmelfahrt Christi weiterhin die Schlüssel aus, die er ihnen hinterlassen hatte. Doch der Ungehorsam der Mitglieder und ihre Abkehr vom Glauben führten dazu, dass die Apostel starben, ohne dass die Schlüssel an Nachfolger weitergegeben wurden. Dieses tragische Geschehen nennen wir ‚den Abfall vom Glauben‘. Hätten die Mitglieder der Kirche damals die Möglichkeit und den Willen gehabt, dergestalt Glauben auszuüben, wie Sie es heute getan haben, dann hätte der Herr die Schlüssel des Priestertums nicht von der Erde genommen. Heute ist also ein Tag von historischer Bedeutung in der Geschichte der Welt und von ewiger Tragweite für die Kinder des himmlischen Vaters.
Nun müssen wir des Glaubens würdig bleiben, den wir brauchen werden, um unser Versprechen, die heute Berufenen zu unterstützen, auch erfüllen zu können. … Um diejenigen zu unterstützen, die heute berufen worden sind, müssen wir unser Leben prüfen, wenn nötig umkehren, geloben, die Gebote des Herrn zu halten, und seinen Dienern folgen. Der Herr warnt uns, dass sich der Heilige Geist zurückzieht, wenn wir das nicht tun. Dann verlieren wir das Licht, das wir empfangen haben, und können das Versprechen, das wir heute gegeben haben, nämlich die Diener des Herrn in seiner wahren Kirche zu unterstützen, nicht halten.“ („Die wahre und lebendige Kirche“, Liahona, Mai 2008, Seite 21.)