Die Pflichten des Bischofs im Bereich Wohlfahrt
Die Bedürftigen ausfindig machen und für sie sorgen
Guten Tag, ich bin Bischof David Burton und habe heute die Ehre, mit sechs wunderbaren Bischöfen aus dem Pfahl Centerville Nord in Utah zusammenzusein. Wir befinden uns am Welfare Square in Salt Lake City. Danke, dass Sie sich zuschalten zu unserem Gespräch über die Verantwortung des Bischofs, diejenigen ausfindig zu machen und sich um sie zu kümmern, die nicht auf eigenen Füßen stehen können.
Ich erinnere mich an zwei Zitate von Präsident J. Reuben Clark, der viele Jahre der Ersten Präsidentschaft der Kirche angehörte und entscheidend an der Entwicklung des Wohlfahrtsplans der Kirche mitwirkte, den man seinerzeit noch Sicherheitsplan der Kirche nannte.
Präsident J. Reuben Clark rief einmal einen Bischof an, um ihm mitzuteilen, dass eine alleinerziehende Mutter mit drei kleinen Kindern an diesem Tag in dessen Gemeindegebiet gezogen war. Präsident Clark bat den Bischof, sich so schnell wie möglich zu ihrer neuen Wohnung zu begeben und ihr zu helfen, so gut er konnte.
Er sagte zu ihm: „Wenn ich könnte, würde ich dieser Schwester helfen, aber ich bin lediglich Erster Ratgeber des Präsidenten der Kirche und nicht bevollmächtigt, eine Bestellung des Bischofs für das Vorratshaus auszustellen. Sie haben dieses Recht und dürfen das“, fügte er hinzu, „und deshalb rufe ich Sie an und bitte Sie zu veranlassen, was in diesem Fall Ihrer Meinung nach notwendig ist.“
Ein andermal betonte Präsident Clark in einer sehr beeindruckenden Ansprache:
„Gemäß dem Wort des Herrn liegt der Auftrag, für die Armen zu sorgen, und die Pflicht dazu einzig und allein beim Bischof. … Er und nur er allein hat die Aufgabe, zu entscheiden, welche Mitglieder seiner Gemeinde wann, wie und in welchem Umfang Zuwendungen aus den Mitteln der Kirche erhalten. …
Das ist seine hohe und heilige Pflicht, die der Herr selbst ihm auferlegt hat. Dieser Pflicht kann sich der Bischof nicht entziehen; er kann sich davor nicht drücken, er kann sie nicht jemand anders übertragen und sich ihrer auf diese Weise entledigen. Ganz gleich, an wen er sich um Hilfe wendet – verantwortlich bleibt immer er.“ (Zitiert von Thomas S. Monson bei der Herbst-Generalkonferenz 1980.)
Welche Aufgaben hat der Bischof im Rahmen der Wohlfahrt? Es gibt mindestens drei, und zwar:
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Die Mitglieder die Grundsätze der Selbständigkeit lehren und sie dazu anhalten, selbständig zu werden. Die beiden unlängst herausgegebenen Broschüren Bereitet alles vor, was nötig ist – die Familienfinanzen und Bereitet alles vor, was nötig ist – Vorratshaltung in der Familie können sehr hilfreich dabei sein, den Mitgliedern klarzumachen, wie wichtig Eigenständigkeit ist.
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Dafür sorgen, dass die Mitglieder des Gemeinderats ihre Aufgaben kennen und sie auch erfüllen.
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Nach den Grundsätzen der Wohlfahrt Hilfe leisten.
Die gerade erschienene Broschüre Vorsorge auf die Weise des Herrn: Kurzanleitung für Führungsbeamte im Bereich Wohlfahrt behandelt noch einmal das eigentliche Ziel der Wohlfahrt, nämlich die Selbständigkeit, und die Grundsätze, auf der sie beruht.
Das Vorratshaus des Herrn
Der Herr hat offenbart, dass die Mitglieder der Kirche von ihrer Habe mit den Armen teilen sollen, „und [sie] soll vor den Bischof … gelegt … [und] in meinem Vorratshaus aufbewahrt werden, … sodass den Armen und den Bedürftigen zuteilwerden kann“ (LuB 42:31,32,34).
Jedem Bischof steht eine Reihe von „Werkzeugen“ zur Verfügung, mit denen er den Armen helfen kann. Dieser „Werkzeugkasten“ wird Vorratshaus des Bischofs genannt.
Zu diesem Vorratshaus gehören:
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Geldspenden von Mitgliedern, die nach dem Gesetz des Fastens leben und die Segnungen empfangen, die damit einhergehen
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Artikel des täglichen Bedarfs, die von der Kirche hergestellt oder für die Bischöfe angeschafft werden
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Die Zeit, die Talente und die sonstigen Mittel der Mitglieder
Diese Talente, die jeweils hilfreich und erforderlich sind, bilden mitsamt dem Geld und den Bedarfsartikeln das Vorratshaus des Herrn. Das Vorratshaus des Herrn steht jedem Bischof zur Verfügung und es gibt in jeder Gemeinde eines. Entgegen der vorherrschenden Meinung ist das Vorratshaus des Herrn nicht auf ein Gebäude oder ein Warenhaus voller versandfertiger Gebrauchsartikel beschränkt.
Grundsätzliches
Wenn ein Bischof seinem göttlichen Auftrag nachkommt, die Armen ausfindig zu machen und sich ihrer Bedürfnisse anzunehmen, muss er häufig schwierige Entscheidungen treffen. Der Bischof, der vor dieser Aufgabe steht, ist jedoch mit der Gabe der Unterscheidung gesegnet und hat einen großen Anspruch darauf. Jeder einzelne Fall, mit dem man zu tun hat, erfordert Inspiration. Mit der Führung des Geistes kann ein Bischof, dem die Grundlagen der Wohlfahrt bewusst sind, am besten entscheiden, wer bedürftig ist, wie viel Hilfe von welcher Art benötigt wird und wie lange sie wohl benötigt wird.
Sie mögen sich fragen: Was gehört denn zu den bewährten Grundlagen der Wohlfahrt, die dem Bischof helfen, die bestmögliche Entscheidung zu fällen?
1. Ermitteln Sie, wer bedürftig ist.
Der Bischof muss daran denken, dass er verpflichtet ist, die Armen ausfindig zu machen. Es reicht nicht, nur zu helfen, wenn man darum gebeten wird. Der Bischof soll die Priestertumsführer und die FHV-Leitung dazu anhalten, gemeinsam mit den Heimlehrern und Besuchslehrerinnen herauszufinden, wer Hilfe benötigt.
2. Die persönliche Verantwortung fördern.
Der Bischof muss, wenn er jemandem hilft, daran denken, dass er dem Betreffenden zu mehr Eigenverantwortung verhelfen muss. Jeder Mensch ist für sich selbst verantwortlich. Wenn jemand nicht in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, haben die nächsten Angehörigen sowie die weitere Verwandtschaft die Pflicht und die Gelegenheit, zu helfen.
3. Das Leben, nicht den Lebensstil erhalten.
Für uns gilt der Satz: das Leben erhalten, nicht den Lebensstil. Um das Leben zu erhalten, ist die Hilfe der Kirche darauf ausgerichtet, Lebensmittel, Kleidung, eine angemessene Unterkunft sowie weitere Hilfe zur Verfügung zu stellen, die nach Auffassung des Bischofs erforderlich ist, um dem Betreffenden zur Selbständigkeit zu verhelfen. Es wird erwartet, dass der Betreffende alles, was er besitzt, für seinen Unterhalt gebraucht und auf geregelte Weise seine Ausgaben verringert, damit er mit seinem Einkommen auskommt.
4. Besser Artikel für den täglichen Bedarf ausgeben als Geld.
Ein weiterer Grundsatz, nach dem wir für gewöhnlich handeln, lautet: Helfen Sie mit Waren, bevor Sie mit Geld helfen. Nach Möglichkeit versorgt der Bischof die Mitglieder mit Artikeln des täglichen Bedarfs, statt ihnen Geld zu geben oder ihre Rechnungen zu bezahlen. Wo es kein Vorratshaus des Bischofs gibt, können die benötigten Artikel aus dem Fastopfer beschafft werden.
5. Möglichkeiten anbieten, zu arbeiten oder etwas für andere zu tun.
Einer der wichtigsten Grundsätze lautet: Gelegenheiten zur Arbeit oder zum Dienen verschaffen. Damit jemand, der sich in einer Notlage befindet, seine Würde bewahrt, soll man seinen Lebensumständen entsprechend Möglichkeiten finden, dass er arbeitet oder etwas für andere tut. Der Wert der Arbeit oder der Dienstleistung muss der empfangenen Unterstützung nicht entsprechen, aber genügen, um die Nachteile eines Almosens zu vermeiden und kein Anspruchsdenken zu fördern. Der Gemeinderat kann dabei helfen, indem er eine Liste sinnvoller Arbeitsmöglichkeiten erstellt und pflegt.
Fragen von den Bischöfen
Lassen Sie uns vor diesem Hintergrund auf einige Fragen eingehen, die sich Ihnen im Zusammenhang mit Ihrer wichtigen Aufgabe, die Armen ausfindig machen und für sie zu sorgen, stellen.
Frage: In Anbetracht dessen, dass wir als Bischöfe konkret für die Wohlfahrtsunterstützung zuständig sind: Gibt es noch jemanden, den wir bei dieser Aufgabe ohne Bedenken um Hilfe bitten können?
Antwort: Dem Bischof steht es frei, eine ganze Reihe von Helfern bei dieser Aufgabe hinzuzuziehen. Vor allem die Mitglieder des Gemeinderats, die Priestertumskollegien und die FHV können dem Bischof helfen, sich um die kurz- und langfristigen Wohlfahrtsbedürfnisse der Mitglieder zu kümmern. Diese Führer werden von den Heimlehrern und Besuchslehrerinnen unterstützt sowie von anderen, die besondere Fähigkeiten haben.
Frage: Was die Frage der Wohlfahrt betrifft: Wie kann ich als Bischof die Führungsbeamten in meiner FHV und in den Kollegien besser einsetzen?
Antwort: Die Führungsbeamten der FHV und der Kollegien können in diesem Betätigungsfeld ausgesprochen hilfreich sein. Die Wohlfahrt soll ein Hauptanliegen der Priestertumskollegien und auch der FHV sein. In den Leitungsversammlungen soll regelmäßig darüber gesprochen werden. Unter der Leitung des Bischofs sollen die Priestertumskollegien und die FHV den Mitgliedern helfen, Lösungen sowohl für kurzfristige wie auch für langfristige Wohlfahrtsbedürfnisse zu finden und selbständig zu werden.
Der FHV-Leiterin kommt dabei eine besondere Rolle zu. Üblicherweise arbeitet sie dem Bischof zu, indem sie Mitglieder besucht, die Unterstützung brauchen. Sie hilft diesen, ihre Bedürfnisse abzuschätzen und schlägt dem Bischof vor, welche Unterstützung gegeben werden soll. Der Bischof und die FHV-Leiterin können für diese Ermittlung das Formular „Analyse der Bedürfnisse und der verfügbaren Mittel“ verwenden.
Frage: Bischof Burton, was meinen Sie, wie wir das Gesetz des Fastens ansprechen können, um den Mitgliedern ein tieferes Verständnis davon zu vermitteln?
Antwort: Das Gesetz des Fastens ist eine der Grundlagen des geistigen Wohlbefindens der Kinder unseres himmlischen Vaters. Er hat das Gesetz des Fastens genau wie das Gesetz des Zehnten zum Segen seines Volkes eingerichtet. Ein Bischof muss allen Mitgliedern klarmachen, wie wichtig es ist, nach diesen Gesetzen zu leben. Er soll sie auch über die Segnungen belehren, die der Herr dafür verheißt, dass man nach diesen Gesetzen lebt. Diese bestehen unter anderem darin, dass man dem Herrn nahe ist, in vermehrter geistiger Kraft, zeitlichem Wohlergehen, mehr Mitgefühl und einem stärkeren Wunsch zu dienen.
In einigen Gebieten der Welt gibt es für die Versorgung mit Nahrung und Kleidung Vorratshäuser des Bischofs. Wo kein Vorratshaus des Bischofs zur Verfügung steht, verwendet man für die Versorgung mit Nahrung und Kleidung das Fastopfer. Man bezahlt daraus auch Wohnkosten, medizinische Versorgung und weitere lebenserhaltende Hilfen.
Es ist jedoch nicht erforderlich, dass in einer Gemeinde oder einem Pfahl genau so viel vom Fastopfer ausgegeben wird, wie gespendet wurde.
Frage: Bei der derzeitigen Wirtschaftslage beobachten wir, wie immer mehr Familien und einzelne Mitglieder Schwierigkeiten haben, ihre Hypothekendarlehen abzuzahlen. Ist es statthaft, mit unseren Mitteln bei Hypothekendarlehen zu helfen?
Antwort: Wie Sie zweifellos wissen, ist Wohlfahrtsunterstützung normalerweise nur auf vorübergehende Zeit ausgelegt. Der Bischof soll gemeinsam mit den Führungsbeamten der Kollegien und der FHV und bei Bedarf auch mit anderen Fachleuten den Empfängern helfen, einen Plan aufzustellen, wie sie selbständig werden können, damit sie keine Wohlfahrtsunterstützung mehr brauchen.
Sollte die Bezahlung einer Hypothekenrate sie in die Lage versetzen, ihren Plan für die Selbständigkeit kurzfristig zu verwirklichen, könnte dies durchaus wünschenswert und statthaft sein.
Frage: Ist es vertretbar, wenn jemand Wohlfahrtshilfe vom Staat bekommt, zusätzlich Wohlfahrtsunterstützung von der Kirche zu gewähren?
Antwort: Es kann schon vorkommen, dass ein Mitglied die Allgemeinheit oder den Staat für seine Grundbedürfnisse in Anspruch nimmt. Der Bischof sollte sich mit solchen Angeboten vertraut machen. Zu den gern genutzten Quellen gehören:
Krankenhäuser, Ärzte und andere medizinische Hilfsangebote
Berufsbildungseinrichtungen und Stellenvermittlungen, soweit sie allgemein zugänglich sind
Hilfsangebote für behinderte Menschen
professionelle Berater und Sozialarbeiter; in den meisten Kommunen findet sich ein Berufsberater oder Sozialarbeiter, der unsere Wertvorstellungen teilt
Hilfen für die Genesung von Suchtkrankheiten stehen weitaus mehr Menschen offen als je zuvor
Aber auch wenn Mitglieder der Kirche solche Angebote in Anspruch nehmen, kann der Bischof ihnen mit Mitteln der Kirche helfen. Dabei soll er darauf hinwirken, dass sie von jeglicher Form der Unterstützung nicht abhängig werden. Nach Möglichkeit arbeiten die Mitglieder als Gegenleistung für die erhaltene Unterstützung. Wir müssen aufpassen, dass jemand nicht zum Almosenempfänger wird und glaubt, er könne Ansprüche stellen.
Brüder und Schwestern, wir hatten nun die Gelegenheit, in Kürze über die heiligen Grundlagen dafür zu sprechen, wie man jemandem in Not hilft. Möge der Herr Sie alle segnen, wenn Sie Ihrer Aufgabe nachkommen, sich den Kindern des himmlischen Vaters zuzuwenden und Ihre Liebesfähigkeit und das Mitgefühl, das sich einstellt, wenn man dient, zu beweisen. Ich bitte den Herrn demütig um seinen Segen für Sie, und tue dies im Namen Jesu Christi. Amen.