Endlich im Tempel
Wenn man auf einer kleinen Insel in der Karibik lebt, kann der Besuch des Tempels unmöglich erscheinen.
Die Verfasserin lebt auf Barbados.
Bis vor einigen Jahren hatte ich noch nie von einem Tempel gehört. Auch nachdem ich die Kirche dann vor knapp drei Jahren kennengelernt hatte, schien mir der Tempel doch eher der Fantasie der Missionare entsprungen zu sein. Auf meiner kleinen karibischen Insel Barbados schien die Vorstellung eines Tempels hier auf Erden wie aus dem Märchen – zu gut, um wahr zu sein. Wenn ein Tempel so etwas Wunderbares ist, warum gab es dann keinen auf Barbados?
Als ich bereits ein Jahr der Kirche angehörte, verstand ich schließlich etwas besser, welche Rolle der Tempel in unserem Leben als Mitglieder der wahren Kirche des himmlischen Vaters spielt. Ich hatte den innigen Wunsch, den Tempel zu besuchen, der meiner kleinen Insel am nächsten lag: den Santo-Domingo-Tempel in der Dominikanischen Republik.
Rückschläge und Vorbereitungen
Die Kosten für ein Flugticket in die Dominikanische Republik überstiegen jedoch das magere Guthaben auf meinem Bankkonto bei weitem. Ein Rückschlag nach dem anderen entfernte mich weiter von meinem schier unerreichbaren Ziel, den Tempel zu besuchen. Ich hatte es mir jedoch zur Gewohnheit gemacht, mir dieses Zitat von Präsident Thomas S. Monson (1927–2018) immer wieder in Erinnerung zu rufen: „Richtet euren Blick stets auf den Tempel. Tut nichts, was euch davon fernhält, den Tempel zu betreten und an den heiligen und ewigen Segnungen dort teilzuhaben.“ („Der heilige Tempel – ein Leuchtfeuer für die Welt“, Liahona, Mai 2011, Seite 93.)
Eine der größten Freuden in diesem Leben ist die Freude, die der Tempel uns bringt. Wenn ich hörte, wie die Missionare von der Freude und dem unbeschreiblichen Frieden sprachen, den sie beim Besuch des Tempels verspürten, war ich immer ein bisschen neidisch. Denn auch wenn ich meinen Bündnissen treu war, konnte ich nicht einfach zum nächsten Tempel laufen oder fahren. Da der Tempel in der Dominikanischen Republik weit entfernt war, schien es mir allmählich unmöglich, die Segnungen zu erlangen, die mich dort erwarteten.
Gerade als ich alle Hoffnung aufgegeben hatte, je den Tempel zu besuchen, wurde der Traum vom Tempel dank einer JAE-Tempelfahrt der Barbados-Mission Bridgetown in die Dominikanische Republik wahr. Die Vorbereitung war entscheidend. In den Tempel zu gehen, ist keineswegs ein kleines oder unbedeutendes Unterfangen. Deshalb habe ich zu Beginn des Jahres einen Zahn zugelegt und Veränderungen vorgenommen, um meine Geistigkeit zu vertiefen. Ich nahm bewusster vom Abendmahl, war in der Abendmahlsversammlung aufmerksamer, legte, wann immer es mir möglich war, Zeugnis ab und ließ mich nicht mehr durch technische Geräte ablenken. Ich beschloss, meine Zeit in der Kirche so zu nutzen, dass ich den Geist noch reichlicher verspüren konnte.
Endlich war es so weit
Wenn wir geistig vorbereitet und würdig sind, bevor wir in den Tempel gehen, stellen wir sicher, dass wir die Segnungen, die der Vater im Himmel für uns bereithält, empfangen können. Nach monatelangen Strapazen, Prüfungen und sogar dem Tod meiner lieben Großmutter kann ich gar nicht in Worte fassen, wie ich mich fühlte, als ich das Gelände des Tempels in der Dominikanischen Republik erstmals betrat. Mit Tränen in den Augen stand ich da und verspürte den Heiligen Geist stärker als je zuvor.
Bei den vielen Besuchen im Tempel während dieser Reise schlug ich immer wieder eine Schriftstelle im Buch Mormon auf. Es war die Stelle, die ich meiner Großmutter oft vorgelesen hatte, auch wenn sie bis zu ihrem Tod nicht der Kirche angehörte. Es handelt sich um 1 Nephi 3:7, wo es heißt: „Und es begab sich: Ich, Nephi, sprach zu meinem Vater: Ich will hingehen und das tun, was der Herr geboten hat; denn ich weiß, der Herr gibt den Menschenkindern keine Gebote, ohne ihnen einen Weg zu bereiten, damit sie das vollbringen können, was er ihnen gebietet.“
Ich weiß ganz sicher, dass der Vater im Himmel einen Weg für mich bereitet hat, damit ich zum Tempel kommen konnte. Dank seiner göttlichen Intervention war es mir schließlich möglich, in den Tempel zu gehen. Wenn uns Schwierigkeiten oder Stolpersteine den Weg versperren, bereitet der Vater im Himmel uns einen Weg, damit wir weiter vorwärtsstreben können, auch wenn der Weg finster scheint. Der Tempel ist wahrhaft ein heiliger Ort, wo wir hier auf Erden die Liebe unseres Vaters im Himmel verspüren können.