Die erste Vision: ein Muster für persönliche Offenbarung
Der Prophet Joseph Smith hat uns mit seinem Erlebnis im heiligen Hain gezeigt, wie wir im täglichen Leben persönliche Offenbarung empfangen können.
Der 200. Jahrestag der von uns so genannten „ersten Vision von Joseph Smith“ bietet uns die großartige Gelegenheit, unseren Glauben an seine prophetische Mission zu stärken und aus seinem Beispiel zu lernen, wie wir unsere Fähigkeit, persönliche Offenbarung von Gott zu empfangen, ausbauen können.
Als der 14-jährige Joseph Smith aus dem Wald in Palmyra im US-Bundesstaat New York zurückkam, wusste er aus eigener Erfahrung, dass Gott mit seinen Kindern auf der Erde spricht. Er glaubte an die Worte, die er in der Bibel gelesen hatte:
„Fehlt es aber einem von euch an Weisheit, dann soll er sie von Gott erbitten; Gott wird sie ihm geben, denn er gibt allen gern und macht niemandem einen Vorwurf.
Wer bittet, soll aber im Glauben bitten und nicht zweifeln; denn wer zweifelt, gleicht einer Meereswoge, die vom Wind hin und her getrieben wird.“ (Jakobus 1:5,6.)
Joseph Smith stellte diese Verheißung unerschrocken auf die Probe, so wie wir alle es tun können. Präsident Russell M. Nelson hat dazu gesagt: „Wenn uns Joseph Smiths außergewöhnliches Erlebnis im heiligen Hain etwas lehrt, dann, dass der Himmel offen ist und dass Gott zu seinen Kindern spricht.“1
Gott hält sein Versprechen, zu seinen Kindern auf der Erde zu sprechen, wenn sie darum bitten und sich bereitmachen, das zu empfangen, was er ihnen kundtut. Der Prophet Joseph Smith hat basierend auf seinem Erlebnis, nämlich der ersten Vision, und auf dem reichen Strom an Offenbarungen, die ihm im Laufe der Wiederherstellung gegeben wurden, erklärt, wie wir im täglichen Leben persönliche Offenbarung empfangen können.
„Wenn wir bereit sind, zu [Gott] zu kommen“, so der Prophet, „ist er bereit, zu uns zu kommen.“2
Der Himmel ist offen
Die Schwierigkeit besteht darin, so zu handeln, dass wir die Botschaft von der Wahrheit empfangen können, die der Vater im Himmel uns offenbaren möchte, und zu erkennen, was er uns bereits mitgeteilt hat. Das Erlebnis von Joseph Smith ist ein Beispiel dafür. Er hatte wahrscheinlich, wie wir auch, das Buch Jakobus und andere Bücher aus der Bibel mehrfach gelesen. Aber eines Tages erkannte er durch den Einfluss des Heiligen Geistes die Botschaft, die ihn schließlich in den heiligen Hain führte. Hier erzählt er, wie er eine Botschaft von Gott, die lange Zeit zuvor ausgesandt worden war, für sich entdeckte:
„Während ich also mit diesen äußersten Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, die durch den Glaubensstreit dieser Religionsparteien ausgelöst worden waren, las ich eines Tages im Jakobusbrief den fünften Vers im ersten Kapitel, der lautet: Fehlt es aber einem von euch an Weisheit, dann soll er sie von Gott erbitten; Gott wird sie ihm geben, denn er gibt allen gern und macht niemandem einen Vorwurf.
Nie ist einem Menschen eine Schriftstelle mit mehr Macht ins Herz gedrungen als diese damals mir. Es war so, als ergieße sie sich mit großer Stärke in jede Regung meines Herzens. Wieder und wieder dachte ich darüber nach, denn ich wusste, wenn überhaupt jemand Weisheit von Gott brauchte, so war ich es; denn wie ich mich verhalten sollte, wusste ich nicht, und solange ich nicht mehr Weisheit erlangte, als ich damals besaß, würde ich es auch nie wissen; denn die Religionslehrer der verschiedenen Glaubensgemeinschaften verstanden ein und dieselbe Schriftstelle so unterschiedlich, dass dadurch alles Vertrauen darauf zerstört wurde, die Frage durch Berufung auf die Bibel zu entscheiden.“ (Siehe Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:11,12.)
Joseph Smiths Erlebnis ist ein Muster, dem wir folgen können, um persönliche Botschaften von Gott zu erkennen. Weshalb drang ihm eine Schriftstelle so machtvoll in jede Regung seines Herzens? Und warum dachte er immer wieder darüber nach?
Es mag viele Gründe dafür geben, weshalb Gott so eindringlich zu dem jungen Joseph Smith sprechen konnte, aber mit der wichtigste war, dass sein Herz bereit war.
Ein reuiges Herz ist ein Herz, das bereit ist
Aus mindestens zwei Gründen hatte Joseph Smith ein reuiges Herz: Er wollte Vergebung für seine Sünden und Schwächen erlangen, und er wusste, dass dies nur durch Jesus Christus möglich war. Und er wollte unbedingt wissen, welche der gegeneinander streitenden Kirchen Recht hatte und welcher er sich anschließen sollte.
Joseph Smith war vorbereitet, weil er daran glaubte, dass Jesus der Messias ist, sein Erlöser. Mit diesem Glauben und mit seinem demütigen Herzen war er bereit. Über seine Empfindungen zu jener Zeit sagte er: „Ich [flehte] den Herrn um Gnade an, denn es gab niemand sonst, zu dem ich gehen konnte, um Gnade zu erlangen.“3
Er war bereit, wie wir es sein können, die Verheißung des Jakobus in Anspruch zu nehmen. Durch den darauffolgenden Strom an Offenbarung konnte der Herr das Leben Joseph Smiths verändern, und zwar zum Segen aller Kinder des himmlischen Vaters, die je auf Erden geboren wurden oder noch geboren werden, samt ihrer Familien.
Ein unvergleichlicher Segen für uns alle besteht darin, dass wir aus Joseph Smiths Beispiel lernen können, wie wir Licht und Erkenntnis von Gott empfangen. Wenn wir seinem Beispiel folgen, können wir denen, die wir lieben und denen wir im Namen des Herrn dienen, dauerhafte Freude bringen. Und deren Beispiel wiederum kann diese Segnung, persönliche Offenbarung zu empfangen, in einer weitreichenden Kette weitertragen, deren Ende wir nicht sehen können. Aber der Vater im Himmel sieht es.
Wie man sich für Offenbarung bereitmacht
Das Muster, wie Joseph Smith sich bereitgemacht hat, Offenbarung zu empfangen, war einfach und ist leicht zu befolgen, aber es muss nicht zwingend aus einer Reihe einzelner Schritte bestehen, von denen einer dann zum anderen führt. Sie sind als Kind Gottes einzigartig und lernen deshalb auf Ihre individuelle Weise und erkennen auf Ihre Weise Wahrheit. Aber am Beispiel von Joseph sieht man, wie wichtig es ist, dass man einige wenige Offenbarungen an Licht und Wahrheit empfängt, um darauf vorbereitet zu sein, fortdauernd persönliche Offenbarung zu empfangen. Der Herr war sich dessen bewusst, als er uns die Abendmahlsgebete gab. Sie dienen jedem von uns als Vorlage dafür, wie wir uns vorbereiten, durch den Heiligen Geist persönliche Offenbarung zu empfangen.
Vielleicht geht es Ihnen nicht so, aber wenn ich die Worte „O Gott, ewiger Vater“ (Lehre und Bündnisse 20:77,79) höre, verspüre ich Geborgenheit und Liebe. Die Worte der Abendmahlsgebete erinnern mich daran, was ich im Alter von acht Jahren verspürt habe, als ich in Philadelphia aus dem Taufbecken stieg. Da wusste ich, dass Jesus mein Erretter war, und ich verspürte die Freude, rein zu sein. Manchmal denke ich an ein Bild von ihm, wie er am Kreuz hängt oder wie er aus dem Grab hervorkommt. Meistens verspüre ich tiefe Dankbarkeit für ihn und Liebe zu ihm.
Wenn ich die Worte höre, dass ich nun meine Bereitschaft bezeuge, „immer an ihn zu denken und seine Gebote … zu halten“, stimmt mich das demütig und ich weiß, dass ich Umkehr und Vergebung brauche. Wenn ich dann die Verheißung höre, dass sein Geist mit mir sein kann (siehe Lehre und Bündnisse 20:77), spüre ich, dass dies wahr ist. Und jedes Mal dringen Licht und Frieden in mein Innerstes sowie das Vertrauen, dass ich offenbarte Botschaften von Gott hören kann.
Der vierzehnjährige Joseph Smith kannte die Abendmahlsgebete nicht, als er auf die persönlichen Offenbarungen vorbereitet wurde, die ihm im heiligen Hain und im weiteren Verlauf seines Lebens zuteilwurden. Aber er folgte einem Muster, dem wir alle folgen können, um uns für fortlaufende persönliche Offenbarung bereitzumachen:
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Er forschte in den Worten, die Gott bereits in den heiligen Schriften offenbart hatte.
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Er dachte über das nach, was er gelesen und verspürt hatte.
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Er wandte sich oft und aufmerksam den Schriften zu.
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Mit dem Glauben, den er durch Studium und Nachsinnen erhielt, beschloss er zu beten.
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Mit der Offenbarung empfing er Wahrheit und Licht, lebte nach der Wahrheit, die ihm gegeben worden war, und suchte nach mehr Wahrheit.
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Er wandte sich abermals den Schriften zu und erhielt weitere Offenbarung von Gott, die er aufschrieb.
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Er betete weiter und war gehorsam und erhielt so noch mehr Licht und Anweisungen.
Präsident Nelson hat beschrieben, welch wunderbare Gelegenheit sich einem bietet, wenn man Joseph Smiths Beispiel folgt: „In diesem Sinne: Was wird Ihr Streben Ihnen eröffnen? Welche Weisheit fehlt Ihnen? Was möchten Sie unbedingt wissen oder verstehen? Folgen Sie dem Beispiel des Propheten Joseph Smith. Finden Sie einen ruhigen Ort, den Sie regelmäßig aufsuchen können. Demütigen Sie sich vor Gott. Schütten Sie vor dem Vater im Himmel Ihr Herz aus. Wenden Sie sich an ihn, um Antworten und Trost zu finden.“4
Der Satan widersetzt sich der Offenbarung
Wenn Sie dem Beispiel Joseph Smiths folgen, befassen Sie sich auch mit seinem Beispiel an Mut und Ausdauer. Sie werden beim Beten wohl nicht auf den Widerstand stoßen, den er im heiligen Hain erlebt hat, aber Sie täten gut daran, sich daran zu erinnern. Joseph beschrieb diesen Widerstand wie folgt:
„Nachdem ich mich an den Ort zurückgezogen hatte, den ich vorher dazu ausersehen hatte, und mich umblickte und sah, dass ich allein war, kniete ich nieder und fing an, Gott die Wünsche meines Herzens vorzutragen. Kaum hatte ich das getan, wurde ich sogleich von einer Macht gepackt, die mich gänzlich überwältigte und eine so erstaunliche Wirkung auf mich hatte, dass sie mir die Zunge lähmte und ich nicht sprechen konnte. Dichte Finsternis zog sich um mich zusammen, und ich hatte eine Zeit lang das Gefühl, als sei ich plötzlicher Vernichtung anheimgegeben.
Ich nahm aber alle Kraft zusammen und rief Gott an, er möge mich aus der Macht dieses Feindes befreien, der mich gepackt hatte; und gerade in dem Augenblick, wo ich in Verzweiflung versinken und mich der Vernichtung preisgeben wollte – und nicht etwa einem eingebildeten Verderben, sondern der Macht eines wirklichen Wesens aus der Welt des Unsichtbaren, das eine so unglaubliche Macht hatte, wie ich sie nie zuvor bei irgendeinem Wesen verspürt hatte – eben in diesem Augenblick höchster Angst sah ich gerade über meinem Haupt, heller als das Licht der Sonne, eine Säule aus Licht, die allmählich herabkam, bis sie auf mich fiel.“ (Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:15,16.)
Dieser schreckliche Widerstand, der sich durch das ganze Leben von Joseph Smith zog, kam, weil Luzifer die Offenbarung aufhalten wollte, die zur Wiederherstellung des Evangeliums Jesu Christi führen sollte. Ihre Gebete um Offenbarung von Gott werden auf weniger Widerstand stoßen, aber Sie brauchen wie Joseph Smith Mut und Ausdauer.
Der Satan wird wahrscheinlich subtilere Mittel einsetzen, um sich Ihren Bemühungen, persönliche Offenbarung zu empfangen und zu bewahren, entgegenzustellen. Unter anderem wird er versuchen, Ihnen Lügen einzugeben – seine Methode falscher Offenbarung. Er wird versuchen, Sie mit Botschaften zu erreichen, die Sie glauben lassen sollen, dass es keinen Gott gibt, keinen auferstandenen Jesus Christus, keine lebenden Propheten oder Offenbarung, dass Joseph Smith getäuscht wurde und dass Ihre Gefühle und die Einflüsterungen des Heiligen Geistes die Einbildung „eines wirren Sinnes“ (Alma 30:16) sind.
Er wird diese Lügen auf Sie loslassen, so wie er Joseph Smith angegriffen hat, und zwar in dem Moment, wo Sie beten wollen, und erneut, nachdem Sie eine Offenbarung erhalten haben. Ich kenne zwei Möglichkeiten, diesen Angriffen zu entkommen.
Erstens: Schieben Sie es niemals auf, wenn Sie die Eingebung bekommen, zu beten. Lassen Sie keine Zweifel aufkommen. Präsident Brigham Young (1801–1877) hat erklärt, dass jemand, der darauf wartet, bis ihm nach Beten zumute ist, wahrscheinlich weniger betet.5
Zweitens: Schreiben Sie die Botschaften, die Sie von Gott erhalten, rasch auf. Ich habe festgestellt, dass die geistige Eingebung, die in einem Moment deutlich war, nur wenige Momente später verschwommen oder sogar verschwunden sein kann. Selbst mitten in der Nacht stehe ich auf und schreibe Eingebungen auf, das hat mich die Erfahrung gelehrt. Andernfalls können sie verlorengehen.
Diesbezüglich lernen wir von Joseph Smith noch etwas anderes. Er schrieb mehrfach auf, was er bei der ersten Vision erlebt hatte, und beschrieb das Erlebte im Laufe der Jahre mehreren Menschen. Wie andere Propheten erfuhr auch der Prophet Joseph Smith, wie wichtig und wie schwierig es ist, offenbarte Wahrheit in Worte zu fassen.
Offenbarung ist auch unseren Nachkommen ein Segen
Wie bei Joseph Smith können die offenbarten Worte, die wir von Gott empfangen, unseren Kindern und Kindeskindern ein Segen sein. Da wir alle unterschiedlich sind und jeder etwas anderes braucht, trifft vielleicht nur ein Teil der Offenbarung, die wir für uns selbst empfangen, auf diejenigen zu, für die wir vor Gott Verantwortung tragen. Aber das schriftliche Zeugnis, dass Gott zu uns gesprochen hat, kann für sie ebenso ein Segen sein wie die Worte, die wir durch den Propheten Joseph Smith erhalten haben.
Die erste Vision zeigt uns, dass der Himmel offen ist. Gott hört unsere Gebete. Er offenbart sich uns und offenbart uns seinen Sohn. Der Heilige Geist spricht zum Herzen derer, die bereit sind, die leise, sanfte Stimme zu hören und zu verspüren. Wir können solche Erfahrungen und diese Botschaft an diejenigen weitergeben, die wir lieben und die nach uns kommen.
Dank sei unserem gütigen Vater im Himmel, der uns liebt, unsere Gebete hört und in dieser Zeit über den Erretter gesagt hat: „Dies ist mein geliebter Sohn. Ihn höre!“ (Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:17.) Dank sei dem Herrn Jesus Christus, der seine Kirche durch den Propheten Joseph Smith wiederhergestellt hat. Und dank sei dem Heiligen Geist, der nur zu gern unser ständiger Begleiter sein will.
Ich bezeuge, dass die Antwort auf das Gebet des Kindes „Ja“ lautet:
Himmlischer Vater, bist du wirklich da?
Und wenn ich bete, gibst du Antwort, bist mir nah?6
Ich bete, dass wir, wie der Prophet Joseph Smith und unser lebender Prophet heute, die Aufforderung unseres liebevollen himmlischen Vaters, unseres Erretters und des Heiligen Geistes annehmen und an jedem Tag unseres Lebens persönliche Offenbarung und somit Licht und Wahrheit empfangen mögen.