2021
Bewirke ich durch meine Betreuungsarbeit überhaupt etwas?
November 2021


Bewirke ich durch meine Betreuungsarbeit überhaupt etwas?

Wenn wir von Liebe erfüllt im Glauben handeln, zählt jedes Bemühen

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Drei Frauen gehen die Straße entlang

In der Kirche wird häufig über das Dienen gesprochen. Und wie ich es deute, lässt es sich oft so ausdrücken: „Sieh den Bedarf, befriedige den Bedarf.“ Darum geht es zumindest meistens bei den Geschichten, die auf der Generalkonferenz erzählt werden. Und die werden dann kirchenweit als Beispiel dafür bekannt, wie man sich anderer Menschen annimmt. Zwar tragen sich solch schöne Begebenheiten ja tatsächlich zu, aber zum Glück haben wir auch zahlreiche weitere Möglichkeiten, uns um andere zu kümmern. Meiner Erfahrung nach gestaltet sich die Betreuungsarbeit für gewöhnlich nämlich ein wenig anders.

Wenn wir uns bei jemandem, den wir betreuen, nach seinen Bedürfnissen erkundigen, lautet die Antwort oft, man brauche nichts, man hätte ja alles. Eine solche Antwort kann jemandem, der aufrichtig bemüht ist, seinen Betreuungsaufträgen nachzukommen, den Wind aus den Segeln nehmen. Mit der Zeit hat er vielleicht das Gefühl, er könne für den Betreffenden nämlich wirklich rein gar nichts tun.

Was wäre, wenn wir uns von dem Gedanken lösten, Bedürfnisse befriedigen zu wollen, und uns stattdessen so um unsere Mitmenschen kümmerten, wie es Jesus Christus getan hat? Was wäre, wenn wir einfach dem sanften, freigebigen Drängen folgten, das uns der Geist in Bezug auf die zu Betreuenden zukommen lässt? Elder Gerrit W. Gong vom Kollegium der Zwölf Apostel hat dies auf den Punkt gebracht: „Jeden Tag brauchen wir alle auf vielfältigste Art und Weise Zuwendung, Liebe und Unterstützung und können auch selbst welche geben – in Form von kleinen, einfachen Taten, die viel bewirken und eine dauerhafte Veränderung herbeiführen können.“1

Die Führer der Kirche ermutigen uns also, unserem Nächsten durch kleine, einfache Taten zu dienen. Was hält uns denn zurück? Manchmal stehen uns unsere Gedankengänge im Weg. Was mich in meiner Begeisterung, anderen Gutes zu tun, zuweilen gebremst hat, ist die Frage, ob meine Taten überhaupt „zählen“. Müssen wir etwas Konkretes, Handfestes tun – Essen zubereiten, eine Mitfahrgelegenheit anbieten –, damit unsere Bemühungen zählen?

Sicherlich nicht.

Was ist, wenn niemand davon Notiz nimmt oder unsere Bemühungen nicht erwidert werden? Haben wir uns dann vergeblich angestrengt?

Sicherlich nicht.

Jedes Mal, wenn wir bei dem, was wir tun, auf den Geist hören, weiden wir doch die Schafe des Herrn.

Jean B. Bingham, Präsidentin der Frauenhilfsvereinigung der Kirche, hat dazu erklärt: „Manchmal glauben wir, wir müssten etwas Großes und Heldenhaftes tun, damit es als Dienst am Nächsten ‚zählt‘. Einfache gute Taten können jedoch eine tiefgreifende Wirkung auf andere haben – und auf uns selbst.“2

Dienst am Nächsten beginnt mit dem einfachen Wunsch, für andere da zu sein, und geht oftmals Hand in Hand damit, dass wir auf unspektakuläre geistige Eingebungen hören und entsprechend handeln. Falls wir nicht wissen, wie wir uns um diejenigen, die wir betreuen, am besten kümmern sollen, können wir immer um Hilfe beten. Hier ein paar Vorschläge, wie wir einem Mitmenschen den Tag versüßen können:

  • Wir können ihm einen Podcast schicken.

  • Wir können ihm in der Mittagspause etwas zu essen bringen.

  • Wir können ihn einladen, etwas mit uns und unseren Freunden zu unternehmen.

  • Wir können ihm unser Lieblingsbuch leihen.

  • Wir können regelmäßige Zusammenkünfte veranstalten – für gemeinsame Abendessen, Buchbesprechungen oder dergleichen.

  • Wir können eine Veranstaltung besuchen, die der Betreffende organisiert hat.

  • Wir können ihm in den sozialen Medien folgen und positive Kommentare schreiben.

  • Wir können uns auf den Unterricht vorbereiten, den er in der Kirche hält, und ihn durch Mitarbeit unterstützen.

Die Liste ist natürlich längst nicht vollständig. Es gibt endlos viele Möglichkeiten, wie wir für andere da sein können. Wichtig hierbei ist vor allem, dass wir uns um Offenbarung bemühen, um zu wissen, was diejenigen brauchen, die wir betreuen. Wir können darum beten, dass der Geist uns eingibt, wie wir uns um jeden Einzelnen kümmern können. Wir können mit ihm Freundschaft schließen, die Eintracht fördern oder das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken.

Unser aktiver Dienst am Nächsten darf aber auch nicht dazu führen, dass wir selbst dann keinerlei Hilfe annehmen. Wir sollten nicht diejenigen sein, die darauf beharren, alles zu haben und nichts zu brauchen. Geben wir unseren betreuenden Brüdern und Schwestern die Chance, uns kennenzulernen, und bemühen wir uns auch, sie kennenzulernen. Achten wir darauf, ob uns jemand unerwartet Gutes tut, und zeigen wir, dass wir uns darüber freuen. Betrachten wir den Dienst am Nächsten als weiter gefasst und halten wir uns vor Augen: Wenn wir von Liebe erfüllt im Glauben handeln, zählt jedes Bemühen.

Anmerkungen

  1. Gerrit W. Gong, „Das Wunder der Zugehörigkeit durch Bündnisse“, Liahona, Februar 2019, Seite 30

  2. Jean B. Bingham, „Anderen dienen, wie der Erretter es tut“, Liahona, Mai 2018, Seite 104

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