Auf der Suche nach Sabrinas Zeugnis
Die Verfasserin lebt in North Carolina.
Sabrina war sich nicht sicher, ob sie ein Zeugnis hatte.
„Durch dies alles wissen wir, dass es einen Gott im Himmel gibt.“ (Lehre und Bündnisse 20:17)
Sabrina und ihre Mutter blätterten in Sabrinas Taufbuch. Sabrina war gerade acht Jahre alt geworden, und in zwei Wochen wollte wollte sie sich taufen lassen. Sie freute sich auf die Taufe, war aber auch ein bisschen nervös.
„Schau nur, was wir heute alles geschafft haben!“, sagte ihre Mutter. Sie durchblätterte das Buch erneut. Es sollte Sabrina auf die Taufe vorbereiten. Auf einige Seiten hatten sie geschrieben, was Sabrina gerne mochte, eine andere Seite war der Familie gewidmet. Dann kamen sie zu einer Seite mit der Überschrift „Mein Zeugnis“.
„Die will ich nicht ausfüllen“, sagte Sabrina.
„In Ordnung“, sagte ihre Mutter und blätterte weiter. „Das können wir später noch machen.“
„Ich will die überhaupt nicht ausfüllen“, meinte Sabrina.
„Warum denn nicht?“, fragte ihre Mutter.
„Weil ich nicht weiß, was ein Zeugnis ist.“ Sabrina spürte, wie ihre Wangen glühten.
Ihre Mutter hielt inne. „Ein Zeugnis bedeutet, dass du weißt, dass der Vater im Himmel dich liebhat.“
„Aber der Vater im Himmel erhört meine Gebete nicht.“ Tränen stiegen Sabrina in die Augen. „Ich bete schon einen Monat lang darum, dass ich meine Decke finde. Aber sie ist einfach unauffindbar!“
Die Decke bedeutete Sabrina sehr viel. Sie war kuschelweich und rosa. Ihre Großmutter hatte sie zu ihrer Geburt angefertigt. Jede Nacht hatte sie sich in sie gekuschelt – bis sie sie verloren hatte.
Ihre Mutter nahm Sabrina in die Arme. „Manchmal erhört der Vater im Himmel unsere Gebete nicht sofort. Manchmal lautet seine Antwort auch Nein. Das bedeutet aber nicht, dass er unsere Gebete nicht hört oder dass er uns nicht liebhat.“
„Wenn du meinst“, schluchzte Sabrina.
Am Sonntag las Schwester Lee, Sabrinas PV-Lehrerin, eine Geschichte aus dem Kleinen Liahona vor. Es ging um einen Jungen, den es störte, wenn er im Bus Schimpfwörter hörte. Er betete, um zu wissen, was er tun konnte. Dann kam ihm der Gedanke, Kopfhörer aufzusetzen und im Bus Musik zu hören. Dieser Gedanke war die Antwort auf sein Gebet.
„Ach, das ist schon alles?“, fragte Sabrina. „Ich dachte, eine Antwort aufs Gebet muss irgendwas Großartiges sein. Dass man eine Stimme hört oder einen Engel sieht!“
„Manchmal geschieht auch das“, erklärte Schwester Lee. „Aber meistens antwortet der Heilige Geist auf unsere Gebete mit leiser Stimme. Das kann ein Gedanke sein oder ein warmes Gefühl.“
Sabrina schaute auf das Bild von dem Jungen im Bus. Sie dachte daran, wie unbeschwert und glücklich sie wegen ihrer Taufe war. Vielleicht war das der Heilige Geist und ließ sie wissen, dass sie eine gute Entscheidung getroffen hatte.
Vielleicht hatte sie ja eigentlich ein Zeugnis.
Schließlich kam Sabrinas Tauftag. Ihr Vater nahm sie an der Hand, und sie stieg ins warme Wasser. Als sie wieder aus dem Wasser stieg, war sie glücklich. Und als ihr Vater ihr die Hände auflegte und die Gabe des Heiligen Geistes übertrug, erfüllte sie erneut innere Wärme.
Am nächsten Sonntag war Fastsonntag. Die Mitglieder gaben Zeugnis. Sabrina sprang von ihrem Sitz auf und lief nach vorne zum Podium. Sie holte tief Luft und lächelte. Sie wusste schon, was sie sagen würde. Und sie wusste, was sie auf die leere Seite in ihrem Taufbuch schreiben konnte.
Sie hatte zwar ihre Decke noch nicht gefunden, aber dafür ihr Zeugnis.