Es geht in diesem Werk um die Menschen
Wir sind im Begriff, eine große, erdumspannende Gesellschaft zu werden. Aber unser Interesse und unsere Anteilnahme müssen immer dem einzelnen gelten.
Danke, Brüder, daß Sie sich die Mühe gemacht haben, zu dieser großen weltweiten Priestertumsversammlung zu kommen. Wo Sie auch sind, wir danken Ihnen. Wir freuen uns über Ihren Glauben, für Ihre Treue gegenüber dem Werk des Herrn, dafür, daß Sie im täglichen Leben darum bemüht sind, des heiligen Priestertums, das Sie tragen, würdig zu leben.
Heute morgen haben wir alle an einer Feierlichen Versammlung teilgenommen. Sie ist genau das, was der Name aussagt. Es handelt sich um eine Versammlung der Mitglieder, in der jeder Anwesende mit gleichem Recht wie alle anderen feierlich diejenigen, die, so wie es nach den Offenbarungen vorgesehen ist, zu Führern erwählt worden sind, bestätigen kann oder auch nicht.
Eine solche Bestätigung ist viel mehr als ein bloßes Aufzeigen. Wir gehen damit nämlich die Verpflichtung ein, diejenigen, die ausgewählt worden sind, zu unterstützen und ihnen zu helfen.
In bezug auf die Erste Präsidentschaft hat der Herr gesagt: „Aus dem Melchisedekischen Priestertum … drei präsidierende Hohe Priester - aus der Körperschaft erwählt, zu diesem Amt bestimmt und ordiniert und vom Vertrauen und Glauben und Gebet der Kirche getragen.” (LuB 107:22.)
Ich betone diese Worte: „Vom Vertrauen und Glauben und Gebet der Kirche getragen.”
Als Sie heute morgen in der Feierlichen Versammlung aufgezeigt haben, haben Sie damit bekundet, daß Sie bereit sind, uns, Ihre Brüder und Diener, mit Ihrem Vertrauen, Ihrem Glauben und Ihrem Gebet zu tragen. Dafür bin ich zutiefst dankbar. Ich danke Ihnen, jedem einzelnen von Ihnen. Ich versichere Ihnen, und Sie wissen das eigentlich schon, daß es gemäß den Verfahrensweisen des Herrn kein Streben nach Ämtern gibt. Der Herr hat zu seinen Jüngern gesagt: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und … bestimmt.” (Johannes 15:16.) Nach diesem Amt strebt man nicht. Das Recht, den Amtsinhaber auszuwählen, behält der Herr sich vor. Er ist der Herr über Leben und Tod. Er hat die Macht, zu berufen. Er hat die Macht hinwegzunehmen. Er hat die Macht zurückzubehalten. Es ist alles in seiner Hand.
Ich weiß nicht, warum in seinem erhabenen Plan einer wie ich seinen Platz hat. Da ich nun aber dieses Amt innehabe, weihe ich von neuem alles, was ich an Kraft und Zeit und Talenten und Leben besitze, dem Werk meines Herrn und dem Dienst an meinen Brüdern und Schwestern. Ich danke Ihnen noch einmal für das, was Sie heute getan haben. Vor allem bete ich darum, ich möge würdig sein. Und ich hoffe, daß Sie in Ihren Gebeten an mich denken.
Das Werk geht voran, und manchmal gibt es administrative Änderungen. Die Lehre bleibt konstant. Aber von Zeit zu Zeit gibt es organisatorische und administrative Änderungen, die den Offenbarungen gemäß vorgenommen werden.
Beispielsweise wurde die Erste Präsidentschaft vor achtundzwanzig Jahren dazu inspiriert, bestimmte Männer als Regionalrepräsentanten der Zwölf zu berufen. Das war damals eine neue Berufung. Die Präsidentschaft sagte, sie sei notwendig geworden, weil „die stetige Entwicklung der Kirche es mit sich bringe, daß die Führer in Pfahl und Gemeinde in den Programmen der Kirche geschult würden, damit sie ihrerseits die Mitglieder in ihren Aufgaben vor dem Herrn schulen können”.
Damals gab es 69 Regionalrepräsentanten. Heute sind es 284. Die Organisation ist inzwischen etwas schwerfällig geworden.
In etwas jüngerer Zeit wurde die Präsidentschaft dazu inspiriert, Siebziger als Gebietspräsidentschaften zu berufen. Das Werk geht in aller Welt voran, und es war einfach notwendig, die administrative Vollmacht weiter zu dezentralisieren, damit die Generalautoritäten näher bei den Mitgliedern sind. Inzwischen haben sich diese Gebietspräsidentschaften etabliert, und sie funktionieren sehr gut.
Wir halten es nun für wünschenswert, die Organisation, die den Gebietspräsidentschaften untersteht, ein wenig zu straffen. Deshalb geben wir bekannt, daß ab dem 15. August dieses Jahres alle Regionalrepräsentanten entlassen sind - in Ehren entlassen. Ihnen, unseren engagierten und fähigen Brüdern, sprechen wir unsere Dankbarkeit für die hervorragende Arbeit aus, die Sie geleistet haben, für Ihre Treue und für das Engagement, mit dem Sie die Sache des Vaters im Himmel vorangebracht haben. Ich kann über diese Männer gar nicht genug Gutes sagen. Sie haben ihre Zeit und ihr Geld geopfert. Sie sind hingegangen, wohin sie gehen sollten und wann sie hingehen sollten. Sie waren den Pfahlpräsidenten und Bischöfen mit ihrem weisen Rat, mit ihrer fachmännischen Schulung und Unterweisung sehr behilflich. Wir danken jedem einzelnen von ihnen und beten, der Herr möge sie mit der Gewißheit segnen, daß jeder von ihnen einen bedeutsamen Beitrag zu diesem Werk geleistet hat und daß er ihre Arbeit angenommen hat.
Wir geben nun bekannt, daß es vor Ort eine neue Berufung geben wird, nämlich die der Gebietsautorität. Das werden Hohe Priester sein, die bereits in kirchlichen Führungspositionen Erfahrungen gesammelt haben. Sie werden ihren Beruf weiter ausüben, ihren Wohnsitz beibehalten und ehrenamtlich dienen. Sie werden nicht für eine feste Amtszeit berufen, aber es werden wohl im allgemeinen sechs Jahre sein. Sie werden eng mit der Gebietspräsidentschaft zusammenarbeiten. Es werden weniger sein als jetzt die Regionalrepräsentanten. Wir lassen uns mit der Berufung dieser neuen Gebietsbeamten genauso wie damals unsere Brüder, die die Regionalrepräsentanten berufen haben, von dem leiten, was in Abschnitt 107 in, Lehre und Bündnisse’, in der Offenbarung über das Priestertum, vorgesehen ist. Im Anschluß an die Anweisungen an die Zwölf und die Siebziger steht dort:
„Dagegen sind andere Beamte der Kirche, die nicht den Zwölf und auch nicht den Siebzig angehören, nicht verpflichtet, zu allen Nationen zu reisen, sondern sie sollen reisen, wie es ihre Umstände zulassen; dessen ungeachtet können sie ebenso hohe und verantwortungsvolle Ämter in der Kirche innehaben.” (LuB 107:98.)
Ich wiederhole: diese Änderungen werden erst am 15. August dieses Jahres in Kraft treten.
Ich möchte noch etwas sagen, was damit zusammenhängt. Die Kirche wird eine immer größere und kompliziertere Organisation. Wir haben jetzt in über 150 Ländern Mitglieder, und zwar insgesamt neun Millionen, und alle dreieinhalb Jahre kommt eine weitere Million dazu. Neben den regulären Programmen wie der Abendmahlsversammlung, dem Heimlehren, den Versammlungen der Priestertumskollegien und der Hilfsorganisationen, die alle auf die Bedürfnisse der lebenden Mitglieder der Kirche abgestimmt sind, haben wir ein gewaltiges Programm in Gang gesetzt, zu dem beispielsweise die größten genealogischen und familiengeschichtlichen Datensammlungen der Welt gehören. Wir betreiben hier die größte Privatuniversität des Landes, wenn nicht gar der ganzen Welt. Außerdem haben wir das Seminar- und das Institutsprogramm mit Hunderttausenden von Teilnehmern; wir betreiben die größte missionarische Organisation, die ich kenne; es sind inzwischen rund 50000 Missionare. Wir haben ein Bauprogramm in nie gekanntem Ausmaß; wir haben ein sehr umfangreiches und effizientes Verlagsprogramm. Wir schulen unsere Mitglieder in der größten Organisation von ehrenamtlichen kirchlichen Mitarbeitern, die mir bekannt ist. Ich verwende nicht gern Superlative, aber in diesem Fall sind sie wohl angebracht.
Wir sind im Begriff, eine große, erdumspannende Gesellschaft zu werden. Aber unser Interesse und unsere Anteilnahme müssen immer dem einzelnen gelten. Jedes Mitglied der Kirche ist ein einzelner Mensch - ob Mann, ob Frau, ob Junge oder Mädchen. Unsere große Aufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, daß jeder „durch das gute Wort Gottes genährt” wird (siehe Moroni 6:4), daß es jedem möglich ist, sich auf seine Weise zu entwickeln und im Werk und in den Wegen des Herrn geschult zu werden, daß niemandem fehlt, was er zum Leben braucht, daß an die Bedürfnisse der Armen gedacht wird, daß jedes Mitglied Ansporn, Schulung und die Möglichkeit erhält, auf dem Weg zu Unsterblichkeit und ewigem Leben voranzugehen. So ist meiner Meinung nach das Werk des Herrn beschaffen. Die Organisation kann wachsen und an Zahl zunehmen, wie es gewiß der Fall sein wird. Das Evangelium muß zu jedem Land, jedem Geschlecht, jeder Sprache, jedem Volk gebracht werden. Es kann in der vorhersehbaren Zukunft keinen Stillstand geben, wir dürfen nicht aufhören, uns der Menschen anzunehmen, voranzugehen und Zion in aller Welt aufzubauen. Aber bei alledem muß es die enge seelsorgerische Beziehung zwischen dem einzelnen Mitglied und dem weisen, teilnahmsvollen Bischof oder Zweigpräsidenten geben. Sie sind die Hirten der Herde, und es ist ihre Aufgabe, über eine relativ kleine Zahl von Mitgliedern zu wachen, damit keiner vergessen, übersehen oder vernachlässigt wird.
Jesus war der wahre Hirte, der sich derer annahm, die bedrückt waren, und der jedem seinen ganz persönlichen Segen gab.
Präsident Lee hat uns mehr als einmal gesagt, daß man sich über große Felder einen Überblick verschafft und die kleinen beackert. Das heißt, wir brauchen den Überblick über das Große, Ganze und arbeiten dann eifrig an dem Platz, der uns zugewiesen ist, und konzentrieren uns auf die Bedürfnisse des einzelnen.
Es geht bei diesem Werk um den Menschen, um den einzelnen Sohn, die einzelne Tochter Gottes. Wenn wir über das Erreichte sprechen, nennen wir zwar Zahlen, aber bei allen unseren Anstrengungen muß es immer um den einzelnen gehen.
Präsident Hunter hat uns beispielsweise aufgefordert, mehr im Tempel zu arbeiten. Diese heilige Arbeit betrifft das ganze Menschengeschlecht in Vergangenheit und Gegenwart. Aber geleistet wird diese Arbeit auf einer ganz individuellen Basis: jeder, der für sich die heiligen Handlungen erhalten hat, ist ein ganz persönlicher Stellvertreter für einen anderen.
Desgleichen ist die Missionsarbeit eine persönliche Arbeit: der Missionar unterrichtet den Untersucher und gibt ihm Zeugnis, und der Untersucher muß im stillen für sich forschen und beten, um die Wahrheit erkennen zu können.
Jedes einzelne Mitglied der Kirche kann ein starkes, festes Zeugnis erlangen. Der Herr hat gesagt: „Wer bereit ist, den Willen Gottes zu tun, wird erkennen, ob diese Lehre von Gott stammt oder ob ich in meinem eigenen Namen spreche.” (Johannes 7:17.)
Dienst am Nächsten, Studium und Gebet führen zum Glauben an dieses Werk und dazu, daß man erkennt, daß es wahr ist. Das ist seit jeher ein persönliches Unterfangen und muß es auch in Zukunft bleiben.
Wir sprechen häufig darüber, wie Wilford Woodruff die Vereinigten Brüder in England bekehrt hat, von denen sich dann rund achtzehnhundert taufen ließen. Aber wir dürfen nicht vergessen, daß jeder einzelne von ihnen den einsamen Weg der Umkehr und des Glaubens an den Herrn Jesus Christus gehen und akzeptieren mußte, daß das Evangelium von damals in dieser, der verheißenen Evangeliumszeit der Fülle, wieder auf die Erde gekommen war.
Die persönlichen Entscheidungen, die wir treffen, machen den Stoff unseres Lebens aus. Wie schön oder wie häßlich dieser Stoff ist, hängt von den Fäden ab, mit denen wir weben. Ich möchte vor allem den jungen Männern, die hier sind, sagen: ihr könnt nichts Unpassendes tun, ohne daß der Stoff eures Lebens darunter leidet. Unsittliches Verhalten jeglicher Art wird einen häßlichen Faden mit einweben. Unehrlichkeit jeglicher Art sorgt für Flecken. Schmutzige Sprache nimmt dem Muster seine Schönheit. Entscheidet euch immer richtig, dazu möchte ich euch heute aufrufen.
Zum Abschluß möchte ich sagen: ich staune über die wundervolle, mutige, siegreiche Vergangenheit dieses großen Werks. Ich staune über die Gegenwart, in der wir alle als Wächter auf dem Turm stehen. Und ich sehe die Zukunft vor mir - voll Hoffnung, Zuversicht und festem Glauben.
Gott, unser ewiger Vater, lebt. Dies ist sein Werk, das ihm helfen soll, „die Unsterblichkeit und das ewige Leben” seiner Söhne und Töchter in allen Generationen der Zeit zustande zu bringen (siehe Mose 1:39).
Jesus ist der verheißene Messias, der unter den bescheidensten Umständen zur Erde kam, der auf den staubigen Straßen Palästinas wandelte und lehrte und heilte, der auf Golgota am grausamen Kreuz starb und der am dritten Tag auferstand. Dies ist seine Kirche. Sie trägt seinen Namen. Wir sind seine Diener, ein jeder von uns. Wir tragen sein Priestertum, und wir üben es in seinem Namen aus. Es wurde Joseph Smith und Oliver Cowdery von denen übertragen, die es in alter Zeit innehatten. Das Evangelium ist der Weg des Friedens, des Fortschritts, der Sicherheit, der Errettung und der Erhöhung. Diese - die letzte - Evangeliumszeit wurde eingeleitet, als Gott der Vater und der Sohn dem jungen Joseph Smith erschienen. Wir alle haben das Priestertum erhalten, indem uns jemand, der dazu bevollmächtigt war, die Hände aufgelegt hat. Wir müssen seiner würdig leben. Wir müssen darauf achtgeben. Wir müssen es ehren. Wir müssen es rechtschaffen gebrauchen - zum Nutzen unserer Mitmenschen. Gott helfe uns, unserer großen Verantwortung gerecht zu werden. Das erflehe ich demütig, und ich gebe Ihnen meinen Segen. Im Namen Jesu Christi. Amen.