Nach dem Geist Gottes streben
„Wenn wir mehr mit dem Heiligen Geist vertraut werden, wird unser Leben geläutert. Schmutz und Gemeines ziehen uns nicht an.“
In Italien gibt es eine majes-tätische Mose-Skulptur, die in einem der Knie einen Sprung hat. Ein Touristenführer wird vielleicht erzählen, dass Michelangelo, als er das Meisterstück sah, einen Meißel nach der Skulptur warf und voll Verachtung rief: „Warum spricht sie nicht?“
Anders als der leblose Stein ist die wahre Kirche Jesu Christi von Leben erfüllt. Stimme, Geist und Macht Gottes sind in unseren Gottesdiensten und überall dort, wo die heiligen Handlungen des Priestertums vollzogen werden, zu finden.
Elija sagte zu Elischa: „Sprich eine Bitte aus, die ich dir erfüllen soll.“ Elischa sagte: „Möchten mir doch zwei Teile deines Geistes zufallen.“1 Er hätte um nichts Größeres bitten können.
Elder Joseph Fielding Smith hat geschrieben: „Der Geist Gottes, der zum Geist des Menschen spricht, hat die Macht, die Wahrheit kundzutun.... Durch den Heiligen Geist wird die Wahrheit mit allen Fasern und Sehnen des Körpers verwoben, so dass man sie nicht vergessen kann.“2
Bei der Konfirmierung als Mitglied der Kirche wird uns die Tür dafür geöffnet, nach diese Kraft aus dem Himmel zu streben. Dies sollte ein dringliches und lebenslanges Streben sein.
Wenn wir mehr mit dem Heiligen Geist vertraut werden, wird unser Leben geläutert. Schmutz und Gemeines ziehen uns nicht an. Die geistige Gesinnung, die wir entwickeln, trennt uns vom Weltlichen.
Ein geistig gesinnter Mensch ist sich der Schönheit in der Welt, die ihn umgibt, bewusst. Als die Erde geformt war, sah der Herr, „dass es gut war.“ Dann: „Es war sehr gut.“3 Es gefällt unserem Vater im Himmel, wenn auch wir innehalten, um die Schönheit unserer Umgebung zu bemerken, und wir tun dies ganz selbstverständlich, wenn wir geistig einfühlsamer werden. Unser Bewusstsein für großartige Musik, Literatur und erhabene Kunst ist oft ein natürliches Ergebnis geistiger Reife. In einer poetischen Anspielung an die Erscheinung Gottes, die Mose erlebte, und den brennenden Busch hat Elizabeth Barrett Browning geschrieben: „Die Erde ist überladen mit dem Himmel und jeder einfache Busch in Gott entbrannt; und nur wer sieht, zieht die Schuhe aus.“4
Wenn wir nach dem Geist streben, wird unser Schriftenstudium nachdenklicher. Wir entdecken die Tugend des langsamen Lesens wieder. Es wird mehr vorgelesen, wie möglicherweise die heiligen Schriften eigentlich gelesen werden sollen. Brigham Young hat gesagt: „Alles, was ich tun muss, ist, meinen Geist, meine Gefühle und mein Bewusstsein wie ein leeres Blatt Papier zu behalten, und den Geist und die Macht Gottes darauf schreiben lassen, was ihm gefällt. Wenn er schreibt, lese ich, aber wenn ich lese, bevor er geschrieben hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass ich mich irre.“5
Ein Zeichen wachsender geistiger Gesinnung ist es, dass wir wählerischer werden in dem, was wir lesen. J. Reuben Clark hat gesagt: „Ich habe es mir zur Regel gemacht, nichts zu lesen, was es nicht wert ist, dass ich mich daran erinnere.“6 Thomas Jefferson hat immer, bevor er schlafen ging, etwas Erhebendes gelesen „worüber dass man nachsinnen kann, während man wach liegt.“7
Eine weitere Frucht geistiger Reife ist das verbesserte Beten. Vor über dreißig Jahren berief mich Präsident Kimball als Pfahlpräsident. Am Ende eines langen Konferenzwochenendes fragte ich ihn, ob er einen Ratschlag für mich habe. Er antwortete: „Gehen Sie und lehren Sie die Heiligen der Letzten Tage zu beten. Als Volk dürfen wir nie vergessen, wie wir uns mit dem himmlischen Vater beraten können. Das ist alles.“ Die meisten der größten und wichtigsten Lehren in der Kirche sind einfach.
Diejenigen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den Heiligen Geist tatsächlich als ständigen Begleiter zu haben, werden im Jenseits als geistige Riesen erwachen, im Gegensatz zum Säuglingsalter anderer, die in dieser Welt ohne Gott gelebt haben.
Präsident Joseph F. Smith gehörte zu denen, die in Bezug auf die geistige Gesinnung weit vorangekommen sind. Ein Mitglied der Zwölf hat über ihn gesagt: „In geistiger Hinsicht war er der hochgesinnteste aller Menschen, denen ich je begegnet bin. Ich besuchte das Tabernakel, wo Präsident Smith die Heiligen der Letzten Tage segnete. Er segnete sie zwanzig Minuten lang. Zwanzig Minuten lang gab es im Tabernakel kein trockenes Auge.“8
Bischof Charles W. Nibley sagte zum Tod von Joseph F. Smith: „Niemals hat es einen Menschen gegeben, der bis in die letzte Faser seines Wesens sittlicher und keuscher und tugendhafter war als er. Er stand jeglichem Gedanken und jeder Form von Unzüchtigkeit entgegen und war dabei unverrückbar wie ein Berg ... Wer könnte sich alsVerkündiger der Rechtschaffenheitmit ihm vergleichen? Er war dergrößte, den ich je gehört habe – stark, mächtig, deutlich, mitreißend. Es war wundervoll, wie die Worte lebendigen Lichts und Feuers aus ihm hervorströmten... Wenn das Herz von Präsident Smith auf himmlische Weisen eingestimmt war – konnte er sie hören und er tat es auch.“9
Ein anderer, der dieses große Fähigkeit der geistigem Gesinnung entwickelt hat, war Präsident David O. McKay. Elder Bryant S. Hinckley wurde dadurch veranlasst, folgendes zu schreiben: „David O. McKay hat viele gute Dinge getan und viele wunderbare Dinge gesagt, doch irgendwie ist er noch besser als alles, was er je gesagt oder getan hat.“10
Die große Schlacht im Vorherdasein war ein Kampf um den einzelnen. Es ist die gleiche Schlacht, die wir hier führen, und die uns zu höchst geistigen Wesen machen soll. Präsident McKay hat gesagt: „Geistig gesinnt sein heißt, sich des Sieges über sich selbst bewusst zu sein.“11 Es ist das sichere Wissen, dass wir den Kampf um die Seele gewinnen. Die Lust ist das Feld der Hemmungslosigkeit. Die geistige Gesinnung ist das Felddes Sieges über sich selbst.
Ich habe einen Unterricht in der Kirche besucht, in dem der Lehrer gefragt hat, welchen Rat wir unseren Kindern auf dem Sterbebett geben würden. Ich antwortete: „Erstens: Haltet eure Bündnisse. Gott hält seine. Es ist von großer Bedeutung, vor dem himmlischen Vater zu stehen und zu berichten: Ich bin zu Hause. Ich bin rein. Ich habe alles getan, was ich zu tun gelobt habe.
Zweitens: Strebt nach dem Geist Gottes. Die heiligen Schriften bitten inständig: Löscht den Geist nicht aus!‘12 Beleidigt nicht den Heiligen Geist.’13 Er kommt nicht zum unreinen Herz oder Verstand. Er kommt leise und ohne Aufsehen. Ein lauschendes Ohr kann ein schwaches Flügelrauschen hören. Wenn wir nicht hinhören, verlässt er uns.“
Ich bezeuge, dass der Geist tatsächlich wirkt und dass er in dieser Kirche zu finden ist. Ich gebe Zeugnis von Christus, dem Erlöser und dem Werk, das er in dieser Evangeliumszeit aufgerichtet hat. Im Namen Jesu Christi, amen.