Die Spiegel der Ewigkeit im Tempel – ein Zeugnis von der Familie
Wenn wir bei der Bekehrung zum Evangelium und bei den Tempelbündnissen die Ewigkeit im Blick haben, erkennen wir leichter, wie reich jede Generation unserer ewigen Familie dadurch gesegnet wird.
Liebe Brüder und Schwestern, als unser Sohn in Provo in der Missionarsschule war, schickte meine Frau ihm und seinen Mitarbeitern frisch gebackenes Brot. Ich habe hier einige Notizen, die meine Frau von den Missionaren zum Dank erhielt: „Schwester Gong, dieses Brot schmeckte wie zu Hause.“ „Schwester Gong, das war einfach super! Dieses Brot war das Beste, was ich seit den Enchiladas meiner Mutter zwischen die Zähne bekommen habe.“ Am besten gefällt mir aber diese hier: „Schwester Gong, das Brot war wunderbar.“ Dann folgte noch ein Scherz: „Denken Sie an mich, falls es mit Ihnen und Mr. Gong schiefgeht.“
Wir haben unsere Missionare lieb – jeden jungen Bruder, jede junge Schwester, jedes Missionarsehepaar. Insbesondere sind wir dem Missionar ewig dankbar, der unserer Familie das wiederhergestellte Evangelium Jesu Christi brachte. Dankbar bezeuge ich: Wenn wir bei der Bekehrung zum Evangelium und bei den Tempelbündnissen die Ewigkeit im Blick haben, erkennen wir leichter, wie reich jede Generation unserer ewigen Familie dadurch gesegnet wird.
Die erste zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage Bekehrte in der Familie Gong war unsere Mutter, Jean Gong. In Honolulu, Hawaii, hörte sie als Jugendliche zu, erlangte Gewissheit, ließ sich taufen und konfirmieren und steht seither fest im Glauben. Treue Mitglieder der Kirche standen meiner Mutter zur Seite – sie fand Freunde im Evangelium, bekam Berufungen und wurde beständig durch das gute Wort Gottes genährt. Jeder Neubekehrte, jeder junge Alleinstehende, diejenigen, die in der Kirche wieder aktiv werden, und andere sind ganzen Generationen ein Segen, wenn sie Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes werden.1
Eine Familie, die sich meiner Mutter annahm, war die von Gerrit de Jong Jr. Großvater de Jong, der von Beruf Linguist war und ganz besonders die Sprache des Herzens und des Geistes mochte, half meiner Vorstellungskraft als kleiner Junge mit Sprüchen auf die Sprünge wie „Rote Brombeeren sind noch grün“. [Brombeere heißt auf Englisch Blackberry; Anm. d. Ü.] Heute sage ich zu Jugendlichen: „Wer in der Kirche aufs Blackberry starrt, treibt einem Bischof, der noch grün hinter den Ohren ist, die Röte ins Gesicht.“
Meine Eltern, Walter und Jean Gong, heirateten dreimal: in einer chinesischen Zeremonie für die Familie, in einer amerikanischen für Freunde und in einer heiligen Zeremonie im Haus des Herrn für Zeit und Ewigkeit.
Die PV-Kinder singen: „Ich freu mich auf den Tempel. Bald werd auch ich hingehn.“2 Unsere Jugend gelobt, „die heiligen Handlungen des Tempels zu empfangen“.3
Vor kurzem stand ich mit einem würdigen Paar, das durch einen Bund Segnungen erlangen sollte, in einem Haus des Herrn. Ich forderte es auf, die ersten Flitterwochen 50 Jahre dauern zu lassen und nach Ablauf der 50 Jahre mit den zweiten Flitterwochen zu beginnen.
Dann blickte ich mit dem reizenden Paar in die Spiegel des Tempels – ein Spiegel auf einer Seite, ein Spiegel auf der gegenüberliegenden Seite. Diese beiden Spiegel reflektieren das Bild hin und zurück, sodass der Eindruck entsteht, es erstrecke sich in die Ewigkeit.
Diese Spiegel der Ewigkeit im Tempel erinnern uns daran, dass jeder Mensch „ein göttliches Wesen und eine göttliche Bestimmung“ hat, dass „heilige Handlungen und Bündnisse, die in einem heiligen Tempel zugänglich sind“, es dem Einzelnen ermöglichen, „in die Gegenwart Gottes zurückzukehren, und der Familie, auf ewig vereint zu sein“4, und dass wir unseren Kindern Wurzeln geben und Flügel verleihen, wenn wir in Liebe und Treue zusammenwachsen.
Als ich im Tempel in die Spiegel der Ewigkeit blickte, dachte ich an Drachen Gong den Ersten, geboren 837 n. Chr. (späte Tang-Dynastie) in Südchina, außerdem die nachfolgenden Generationen der Familie Gong bis hin zu meinem Vater, der 32. schriftlich belegten Generation unserer Familie. Mein Bruder, meine Schwester und ich bilden die 33. Generation, meine vier Söhne und ihre Cousins die 34. Generation, unser Enkel die 35. verzeichnete Generation der Familie Gong. Im Tempel konnte ich in den Spiegeln der Ewigkeit weder einen Anfang noch ein Ende der Generationen erkennen.
Dann hielt ich mir nicht nur die Kette der Generationen vor Augen, sondern auch die Kette der familiären Beziehungen. In der einen Richtung sah ich mich selbst als Sohn, Enkel, Urenkel zurück bis zu Drachen Gong dem Ersten. In den Spiegeln in der anderen Richtung sah ich mich als Vater, Großvater, Urgroßvater. Meine Frau Susan sah ich als Tochter, Enkelin, Urenkelin und in der anderen Richtung als Mutter, Großmutter, Urgroßmutter.
Dank der Spiegel der Ewigkeit im Tempel sah ich meine Frau und mich als Kinder unserer Eltern und Eltern unserer Kinder, als Enkel unserer Großeltern und Großeltern unserer Enkel. Die großen Lektionen des Erdenlebens dringen uns ins Innerste, wenn wir im Rahmen unserer ewigen Aufgaben – unter anderem als Kinder und Eltern, Eltern und Kinder – lernen und lehren.
In den heiligen Schriften wird der Erlöser als „der Vater und der Sohn“ bezeichnet.5 Da der Erlöser im Fleische wohnte und das Fleisch dem Willen des Vaters unterwarf, weiß er, wie er uns – seinem Volk – in Schmerzen, Bedrängnissen, Versuchungen, Krankheit und sogar im Tod beistehen kann.6 Er ist unter alles hinabgefahren7, und so kann er unsere Krankheit tragen und unsere Schmerzen auf sich laden. „Er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt … durch [die Wunden unseres Erlösers] sind wir geheilt.“8
Seit den Ratsversammlungen im Himmel hatte der Heiland nie etwas anderes im Sinn, als den Willen des Vaters zu tun. Diese Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn kann einem die widersprüchliche Aussage „Wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen“9 verständlicher machen. In der Welt zählt nur aufgeklärte Ichbezogenheit. Wir haben jedoch nicht die Macht, uns selbst zu erretten. Aber er besitzt sie. Allein das unbegrenzte und ewige Sühnopfer10 unseres Erlösers überwindet Zeit und Raum und verschlingt Tod, Zorn, Bitterkeit, Ungerechtigkeit, Einsamkeit und Kummer.
Manchmal geht alles schief, obwohl wir unser Allerbestes gegeben haben. Als unschuldiges und reines Lamm weint der Heiland mit uns und für uns. Wenn wir immer an ihn denken11, kann er uns „allzeit und in allem und überall, wo auch immer [wir uns] befinden“12, beistehen. Seine Treue ist stärker als die Fesseln des Todes.13 Dadurch, dass er uns zu sich zieht, zieht uns der Erlöser auch zum Vater im Himmel. Während auf der Erde einiges unvollkommen ist, können wir darauf vertrauen, dass der himmlische Vater den Erlösungsplan ausführt und „Lieb, Gerechtigkeit und Gnad uns führen himmelan“.14
Etwas Wunderbares an den Bildern in den Spiegeln der Ewigkeit im Tempel ist, dass sie sich – dass wir uns – verändern können. Als Jean und Walter Gong in den neuen und immerwährenden Bund eintraten, ebneten sie den Weg dafür, dass ihre Vorfahren (beispielsweise Drache Gong der Erste) gesiegelt und ihre Nachkommen im Bund geboren werden konnten. Vergessen Sie bitte nicht: Wenn wir uns um jede Schwester und jeden Bruder bemühen, nützt es ganzen Generationen.
Die Welt ist in Aufruhr15, aber in der einzigen wahren und lebendigen Kirche des Herrn16 üben wir Glauben und haben keine Angst. Wie der Apostel Paulus gebe auch ich feierlich Zeugnis:
„Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, …
weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“17
Voller Demut bezeuge ich: Gott lebt. Er „wird alle Tränen von [unseren] Augen abwischen“18 – außer die Freudentränen, wenn wir durch die Spiegel der Ewigkeit im Tempel hindurchblicken und uns zu Hause sehen, rein und unbefleckt, wenn die Generationen unserer Familie durch die Priestertumsvollmacht in Liebe aneinander gesiegelt sind, sodass wir ausrufen: „Hosianna, Hosianna, Hosianna.“ Im Namen Jesu Christi. Amen.