Das Priestertum Aarons
Das Priestertum, das ihr tragt, ist eine besondere Gabe, denn es stammt vom Herrn selbst. Nutzt es, macht es groß, und bleibt würdig, es zu tragen.
Als ich vor 25 Jahren bei einer Generalkonferenz eine Ansprache hielt, stellte ich jemanden vor, der als Anschauungsobjekt an meiner Seite stand. Es war mein ältester Enkel. Er hatte kurz zuvor das Aaronische Priestertum empfangen und war zum Diakon ordiniert worden. Ich nutzte die Gelegenheit, meine Worte an ihn zu richten, und sprach darüber, was es bedeutet, das Aaronische Priestertum zu empfangen.
Ich sagte meinem Enkel:
„Mir machen die weltlichen Zustände wenig Freude, in denen du und andere Jungen euch befindet, jetzt, da du deine Aufgabe annimmst, dich zu einem Mann zu entwickeln. Wir Älteren haben zwar aufgrund unserer Jahre und unserer Stellung die Möglichkeit gehabt, die Welt zu beeinflussen, aber wir haben euch, glaube ich, schwer enttäuscht, wenn wir sehen, was für Zustände wir zugelassen haben. Deshalb sind viele aus deinem Bekanntenkreis nicht so erzogen worden, dass sie die traditionellen Werte verstehen oder achten. Deshalb bist du in deinem Freundeskreis vermehrtem Gruppenzwang ausgesetzt.
Wir haben Radio, Plattenspieler und Fernsehen im Haus. Das kann einem alles vernünftige Unterhaltung bieten, aber vieles, was wir nun zu unserem Vergnügen ansehen und anhören sollen, ist nicht dazu geeignet, einen Jungen zu inspirieren und anzuspornen. In Wirklichkeit ist das meiste davon herabwürdigend. Zu Hause einfach einen Schalter zu betätigen – das kann in dir den Sinn für Recht und Unrecht absterben lassen.“ („I Confer the Priesthood of Aaron“, Ensign, November 1985, Seite 46.)
Je mehr sich ändert, desto mehr bleibt sich alles gleich – außer bei der Technik. Ich frage mich, ob die Jungen Männer vom Aaronischen Priestertum überhaupt wissen, was ein Plattenspieler ist. Für die, die es nicht wissen: So etwas stand bei uns im Wohnzimmer, und wir mussten dort hingehen und es einschalten, um Musik zu hören. Stellt euch das vor: Wir mussten hingehen, anstatt das Gerät überall mit uns herumzutragen.
Ich lehrte meinen Enkel Terry auch vier Grundsätze, die auf der Geschichte Daniels im Alten Testament beruhen. Ich sagte ihm, er solle 1.) seinen Körper gesund und rein halten, 2.) seinen Verstand entwickeln und weise werden, 3.) stark sein und den Versuchungen in einer Welt widerstehen, die voll davon ist, und 4.) dem Herrn vertrauen – besonders, wenn er seinen Schutz benötige.
Meinen Rat an Terry schloss ich mit diesen Worten: „Die Geschichten in den heiligen Schriften werden niemals alt. Sie werden für dich immer gleich spannend sein – ob du nun Diakon oder Lehrer bist, Priester oder Missionar, Heimlehrer oder Ältestenkollegiumspräsident, oder wozu auch immer der Herr dich berufen wird. Sie werden dir zu Glauben, Mut, Nächstenliebe, Zuversicht und Gottvertrauen verhelfen.“ (Ensign, November 1985, Seite 48.)
Ich freue mich, berichten zu können, dass Terry den Auftrag, den ich ihm vor 25 Jahren gegeben habe, treu erfüllt hat. Er empfing später das Melchisedekische Priestertum, erfüllte treu eine Mission, dient derzeit als Ältestenkollegiumspräsident und ist natürlich Vater einer wunderschönen Tochter.
Im letzten Vierteljahrhundert hat sich viel verändert. Dazu gehört auch, dass viele meiner Enkelkinder erwachsen geworden sind und jetzt selbst Kinder haben. In diesem Sommer durfte ich mit Priestertumsträgern im Kreis stehen und meinem ältesten Urenkel die Hände auflegen, während ihm sein Vater das Aaronische Priestertum übertrug. Mein Urenkel steht heute zwar nicht an meiner Seite, ich möchte meine Worte aber trotzdem an ihn und all die wunderbaren Jungen Männer richten, die das Aaronische Priestertum tragen.
Das Aaronische Priestertum zu empfangen ist ein ganz besonderer Segen. An jenem herrlichen Tag, als das Priestertum auf der Erde wiederhergestellt wurde, das dem Menschen das Recht verleiht, abermals als Stellvertreter Gottes heilige Handlungen des Priestertums zu vollziehen, wurde Geschichte geschrieben. Am 5. April 1829 traf Oliver Cowdery im Haus von Joseph Smith in Harmony in Pennsylvania ein. Oliver erkundigte sich beim Propheten über dessen Arbeit an der Übersetzung eines alten Berichts, dem Buch Mormon. Da er von der Erhabenheit dieser Arbeit überzeugt war, stimmte Oliver zu, sich bei der Fertigstellung der Übersetzung als Schreiber zu betätigen. Nachdem sich Oliver als Schreiber zur Verfügung gestellt hatte, ging die Übersetzungsarbeit zügig voran.
Am 15. Mai 1829 waren Joseph und Oliver bereits bei 3 Nephi angelangt. Der Bericht darüber, wie der auferstandene Erlöser auf dem amerikanischen Kontinent war und was er über die Taufe lehrte, fesselte sie. Als sie in 3 Nephi lasen, kamen ihnen Fragen über die Taufe in den Sinn. Auf welche Weise wird die Taufe richtig vollzogen, und wer besaß die Vollmacht, diese heilige, errettende Handlung zu vollziehen? Sie wollten eine Antwort auf diese fundamentalen Fragen zur Lehre. Um eine Antwort zu erhalten, beschlossen sie zu beten, und so begaben sie sich an einen nahegelegenen Ort am Ufer des Susquehanna. Sie schütteten ihr Herz aus, und die Himmel öffneten sich ihnen. Ein Engel erschien, der sich als Johannes der Täufer vorstellte und Joseph und Oliver sagte, er handle auf Weisung von Petrus, Jakobus und Johannes, die das höhere Priestertum trügen (siehe Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:72).
Er legte ihnen die Hände auf und sprach: „Euch, meinen Mitknechten, übertrage ich im Namen des Messias das Priestertum Aarons, das die Schlüssel des Dienstes von Engeln und die des Evangeliums der Umkehr und die der Taufe durch Untertauchen zur Sündenvergebung innehat; und es wird nie mehr von der Erde genommen werden, bis die Söhne Levi dem Herrn wieder in Rechtschaffenheit ein Opfer opfern.“ (LuB 13:1.)
Später berichtete Oliver von diesem Ereignis: „Aber … überlege, überlege noch einen Augenblick lang, welche Freude unser Herz erfüllte und mit welcher Überraschung wir uns wohl niederbeugten, … als wir unter seiner Hand das heilige Priestertum empfingen.“ (Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:71, Fußnote.)
Nachdem die Menschheit jahrhundertelang auf die Wiederherstellung der Vollmacht Gottes gewartet hatte, kehrten die Macht und die Herrlichkeit des heiligen Aaronischen Priestertums wieder zur Erde zurück. In Abschnitt 107 des Buches Lehre und Bündnisse erfahren wir, warum das geringere Priestertum das Aaronische Priestertum genannt wird:
„Das zweite Priestertum wird das Priestertum Aarons genannt, weil es Aaron und seinen Nachkommen in all ihren Generationen übertragen wurde.
Es wird deshalb das geringere Priestertum genannt, weil es eine Beigabe zum größeren oder Melchisedekischen Priestertum ist und die Macht hat, äußerliche Verordnungen zu vollziehen. …
Die Macht und Vollmacht des geringeren oder Aaronischen Priestertums ist es, die Schlüssel des Dienstes von Engeln innezuhaben und die äußerlichen Verordnungen zu vollziehen, den Buchstaben des Evangeliums, die Taufe der Umkehr zur Sündenvergebung, im Einklang mit den Bündnissen und Geboten.“ (LuB 107:13,14,20.)
Die Jungen Männer im Aaronischen Priestertum empfangen nicht nur Macht und Vollmacht, um als Stellvertreter Gottes ihre Priestertumsaufgaben zu erfüllen, sondern sie empfangen auch die Schlüssel des Dienstes von Engeln.
Ihr Jungen Männer vom Aaronischen Priestertum, ich bezeuge euch, dass der Herr durch einen feierlichen Bund verpflichtet ist, euch gemäß eurer Glaubenstreue zu segnen. Wenn ihr der warnenden Stimme des Heiligen Geistes Beachtung schenkt und seiner Weisung folgt, werdet ihr mit dem Dienst von Engeln gesegnet. Dieser Segen wird euer Leben mit Weisheit, Erkenntnis, Macht und Herrlichkeit anreichern. Ihr könnt euch dieses Segens, der euch vom Herrn verheißen wurde, sicher sein.
Vor einigen Monaten besuchte ich die Fast- und Zeugnisversammlung einer Gemeinde. Unter denen, die ihr Zeugnis gaben, war auch ein Berater für das Aaronische Priestertum. Durch sein Zeugnis lernte ich erneut zu schätzen, was es für einen Träger des Aaronischen Priestertums bedeutet, die Schlüssel des Dienstes von Engeln innezuhaben.
Dieser Berater schilderte einige seiner Erfahrungen, die er am Morgen mit den Trägern des Aaronischen Priestertums gemacht hatte. Als er zur Kirche ging, fielen ihm zwei junge Diakone auf, die mit Fastopferumschlägen unterwegs waren und die Mitglieder zu Hause besuchten. Es beeindruckte ihn, wie adrett sie in ihrer Sonntagskleidung aussahen und wie ruhig und würdevoll sie ihrer Aufgabe nachgingen. Später begleitete er zwei Priester, um in einem Heim für körperlich und geistig behinderte Männer das Abendmahl zu reichen. Es war für diese beiden Jungen Männer der erste Besuch in einem solchen Heim, und ihr Berater bemerkte, mit wie viel Respekt und Umsicht sie an ihre Priestertumsaufgabe herangingen.
Dann berichtete der Berater kurz von einem Erlebnis, das ihn tief berührt hatte, weil einer der Priester ihn daran erinnerte, was es wirklich bedeutet, im Auftrag Christi – im wahrsten Sinne des Wortes wie ein Engel – zu dienen. Der junge Priester, der den Versammelten das Abendmahlswasser reichte, kam an einem Mann mit Downsyndrom vorbei. Der Mann war nicht dazu in der Lage, den Becher vom Abendmahlsgeschirr zu nehmen und daraus zu trinken. Dieser junge Priester wusste sofort, was zu tun war. Mit der linken Hand stützte er den Kopf des Mannes, damit dieser trinken konnte, und mit der rechten Hand nahm er einen Becher vom Geschirr und führte ihn behutsam und langsam an dessen Lippen. Im Gesicht des Mannes zeigte sich Dankbarkeit, wie bei jemandem, dem von einem Mitmenschen ein Dienst erwiesen wird. Dieser wundervolle junge Priester ging dann seiner Arbeit weiter nach, das gesegnete Wasser den anderen Versammelten zu reichen.
Der Berater erzählte in seinem Zeugnis, wie ihn dieser besondere Moment bewegt hatte. Er sagte, er habe im Stillen vor Freude geweint, und er wisse, dass die Kirche bei diesen jungen, fürsorglichen und gehorsamen Trägern des Aaronischen Priestertums in guten Händen sei.
Präsident Ezra Taft Benson hat einmal gesagt: „Zeigen Sie mir einen jungen Mann, der sich sittlich rein gehalten und die Versammlungen der Kirche treu besucht hat. Zeigen Sie mir einen jungen Mann, der sein Priestertum groß gemacht und sich die Auszeichnung Pflicht vor Gott verdient hat und der ein Adlerscout ist. Zeigen Sie mir einen jungen Mann, der das Seminar erfolgreich abgeschlossen hat und ein brennendes Zeugnis vom Buch Mormon in sich trägt. Zeigen Sie mir einen solchen jungen Mann, dann zeige ich Ihnen einen jungen Mann, der für den Herrn Wunder wirken kann – im Missionsfeld und sein ganzes Leben lang.“ („To the ‚Youth of the Noble Birthright‘“, Ensign, Mai 1986, Seite 45.)
Liebe Eltern dieser hervorragenden Jungen Männer und Jungen Damen, wir erlegen Ihnen die heilige Aufgabe auf, Ihren Kindern die Lehren des heiligen Priestertums zu vermitteln. Ihre Kinder müssen schon in jungen Jahren erfahren, welche Segnungen man durch das ewige Priestertum des Herrn empfängt, und was sie selbst tun müssen, um sich für diese Segnungen bereit zu machen.
Liebe Bischöfe, Sie haben die Schlüssel des Priestertums, um über die Jungen Männer vom Aaronischen Priestertum zu präsidieren, mit ihnen Rat zu halten und sie in ihren Priestertumspflichten zu unterweisen. Stellen Sie bitte sicher, dass jeder Junge, der würdig ist, das Aaronische Priestertum zu empfangen, begreift, welche Pflichten und Segnungen ihm als Priestertumsträger offenstehen. Helfen Sie ihm dabei, das Priestertum groß zu machen, indem Sie ihm wichtige Aufgaben übertragen und ihm helfen, anderen zu dienen.
Ihr Jungen Männer, ich fordere euch auf, euer Leben auf das Fundament von Wahrheit und Rechtschaffenheit zu gründen. Das ist das einzige Fundament, das dem Druck dieses Lebens standhalten und bis in Ewigkeit fortbestehen kann. Das Priestertum, das ihr tragt, ist eine besondere Gabe, denn es stammt vom Herrn selbst. Nutzt es, macht es groß, und bleibt würdig, es zu tragen. Ich möchte, dass ihr wisst, dass ich persönlich ein besonderes Zeugnis von dessen Macht habe. Es hat mich in meinem Leben auf so vielfältige Weise gesegnet.
Ich fordere euch auf, euch heute zu entschließen, diesen großen Segen in Ehren zu halten und euch vorzunehmen, in jedes Amt im Aaronischen Priestertum aufzusteigen – zum Diakon, Lehrer und Priester. Bereitet euch auf die großartige Segnung vor, das Melchisedekische Priestertum zu empfangen. Ihr müsst dafür würdig sein, noch ehe ihr als Vollzeitmissionar dient. Der Herr braucht euch und erwartet, dass ihr euch auf seinen Dienst vorbereitet, ganz besonders auf die große Verantwortung, der Welt sein Evangelium zu verkünden. Ich verheiße euch: Wenn ihr euch darauf vorbereitet, sein heiliges Priestertum zu empfangen, wird er reichlich Segnungen über euer Haupt ausgießen. Dieses Zeugnis gebe ich euch im Namen unseres Herrn und Heilands Jesus Christus. Amen.