Eure heilige Pflicht zu dienen
In dem Moment, als ihr zum Priestertum ordiniert wurdet, habt ihr die Macht, die Vollmacht und die heilige Pflicht empfangen, anderen zu dienen.
Freude am Dienen
Junge Männer des Aaronischen Priestertums, ihr seid geliebte Söhne Gottes, und er hat eine bedeutende Arbeit für euch. Damit ihr diese Arbeit verrichten könnt, müsst ihr der heiligen Pflicht nachkommen, euren Mitmenschen zu dienen.1
Wisst ihr, was es bedeutet, anderen zu dienen? Denkt einmal über diese Frage nach, während ich euch von einem Mädchen namens Chy Johnson erzähle.
Als Chy letztes Jahr in die Oberstufe kam, wurde sie Opfer von gemeinem, gedankenlosem Mobbing. Auf dem Weg zum Unterricht wurde sie schikaniert, angerempelt und verspottet. Einige Mitschüler bewarfen sie sogar mit Abfall. Vielleicht wird auch an eurer Schule jemand auf diese Weise schikaniert.
Für zu viele Jugendliche ist die Teenagerzeit eine Zeit voller Einsamkeit und Ängste. Das müsste aber nicht sein. Zum Glück gab es an Chys Schule einige Jungen, die begriffen hatten, was es bedeutet, seinen Mitmenschen zu dienen.
Chys Mutter hatte die Lehrer gebeten, dem Mobbing Einhalt zu gebieten, aber es ging trotzdem weiter. Dann wandte sie sich an Carson Jones, einen Träger des Aaronischen Priestertums und Stammspieler als Quarterback in der Footballmannschaft. Sie bat ihn, herauszufinden, wer hinter dem Mobbing steckt.
Carson half gerne, aber er spürte, dass er weitaus mehr tun könne, als nur herauszufinden, wer die Übeltäter waren. Der Geist flüsterte ihm ein, er müsse Chy das Gefühl geben, dass man sie gern hat.
Also bat Carson ein paar aus seiner Mannschaft, gemeinsam mit ihm Chy zu dienen. Sie luden sie ein, sich beim Mittagessen zu ihnen zu setzen. Sie begleiteten sie zum Unterricht, damit ihr unterwegs niemand etwas antat. Da die Footballspieler nun ihre Freunde waren, ist es wohl nicht weiter verwunderlich, dass niemand mehr Chy schikanierte.
Die Spielsaison lief sehr gut für die Mannschaft, und obwohl sie als ungeschlagene Sieger daraus hervorgingen, vergaßen diese Jungen Chy nicht. Sie luden sie ein, nach den Spielen auf dem Feld mit ihnen zu feiern. Chy fühlte sich gemocht und geschätzt. Sie fühlte sich geborgen. Sie war glücklich.
Die Footballmannschaft gewann schließlich den Meistertitel des Bundesstaats. Und doch ging an der Schule etwas noch viel Wichtigeres vor sich als bloß dieser Titelgewinn: Das Beispiel dieser Jungen brachte weitere Schüler dazu, toleranter und freundlicher zu werden. Sie gehen nun freundlicher und respektvoller miteinander um.
Als Vertreter der Medien mitbekamen, was diese Jungen erreicht hatten, berichteten sie landesweit davon. Was als Vorhaben begann, einem einzelnen Menschen zu helfen, inspiriert nun Tausende, das Gleiche zu tun.
Chys Mutter bezeichnet diese Jungen als „Engel in Menschengestalt“. Carson und seine Freunde halten dem jedoch schnell entgegen, Chy sei für sie ein viel größerer Segen als umgekehrt. Genau das geschieht, wenn man sich im Dienst am Nächsten verliert – man findet sich selbst.2 Ihr ändert und entwickelt euch dadurch auf eine Art und Weise, wie es anders gar nicht möglich wäre. Diese Jungen haben die Freude am Dienen erlebt und halten nun weiterhin nach Gelegenheiten Ausschau, anderen ein Segen zu sein. Sie freuen sich schon darauf, diesen Dienst in den nächsten Monaten noch ausgiebiger zu leisten, wenn sie als Vollzeitmissionare unterwegs sind.3
Ein Bedürfnis und eine Pflicht
Es gibt Tausende Chy Johnsons in aller Welt – Menschen, die die Liebe des himmlischen Vaters verspüren müssen. Sie gehen mit euch zur Schule, sind in eurem Kollegium oder gehören sogar zu eurer Familie. Einige kommen euch sicher gleich in den Sinn, andere brauchen Hilfe, die nicht ganz so offensichtlich ist. Nahezu jeder, den ihr kennt, kann irgendwie von eurem Dienst profitieren. Der Herr zählt darauf, dass ihr auf diese Menschen zugeht.
Ihr braucht kein berühmter Sportler zu sein, damit ihr anderen dienen könnt. In dem Moment, als ihr zum Priestertum ordiniert wurdet, habt ihr die Macht, die Vollmacht und die heilige Pflicht empfangen, anderen zu dienen. Präsident James E. Faust hat gesagt: „Das Priestertum ist die dem Menschen verliehene Vollmacht, im Namen Gottes zu wirken.“4 Das Aaronische Priestertum hat die Schlüssel des Dienstes von Engeln inne.5
Wenn ihr den Kindern des himmlischen Vaters Liebe erweist, führt er euch und Engel stehen euch zur Seite.6 Euch wird dann die Macht gegeben, ein Segen zu sein und Seelen zu retten.
Jesus Christus ist dabei euer Vorbild. Er „ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen“7. Dienen heißt, andere zu lieben und sich um sie zu kümmern. Man nimmt sich ihrer leiblichen und geistigen Bedürfnisse an. Einfach ausgedrückt: Man tut das, was der Heiland tun würde, wäre er hier.
Eure Familie
Beginnt damit bei euch zu Hause. Hier könnt ihr den wichtigsten Dienst verrichten.8
Möchtet ihr mal etwas Interessantes ausprobieren? Wenn euch eure Mutter das nächste Mal auffordert, im Haushalt mitzuhelfen, sagt etwas wie: „Danke, dass du fragst, Mama! Ich helfe sehr gern!“ Dann achtet darauf, wie sie reagiert. Der eine oder andere sollte vielleicht erst noch seine Erste-Hilfe-Kenntnisse auffrischen, ehe er das ausprobiert. Es kann gut sein, dass ihr eurer Mutter damit einen Schock versetzt. Nachdem ihr sie wiederbelebt habt, werdet ihr feststellen, dass sich eure Beziehung merklich verbessert hat und der Geist bei euch daheim mehr zugegen ist.
Das ist nur eine Möglichkeit, in der Familie zu dienen. Es gibt viele weitere. Ihr dient, indem ihr zu jemandem aus der Familie etwas Nettes sagt. Ihr dient, indem ihr eure Geschwister wie euren besten Freund behandelt.
Am wichtigsten ist aber wohl, dass ihr dient, indem ihr euren Vater in seinen Aufgaben als geistiger Führer der Familie unterstützt. Unterstützt den Familienabend, das Familiengebet und das Schriftstudium in der Familie mit ganzem Einsatz. Tut euren Teil, damit der Geist in der Familie zugegen sein kann. Das stärkt euren Vater in seiner Rolle und bereitet euch darauf vor, eines Tages selbst Vater zu sein. Wenn es daheim keinen Vater gibt, ist eure Aufgabe, in der Familie zu dienen, sogar noch wichtiger.
Euer Kollegium
Ihr habt auch die Pflicht, in eurem Kollegium zu dienen.
Das Priestertum breitet sich in aller Welt aus. Viele von euch beherzigen Präsident Monsons Aufruf, zur Rettung zu eilen. Es gibt heute mehr aktive Träger des Aaronischen Priestertums als jemals zuvor in der Geschichte der Kirche. Dennoch gibt es auch welche, die nicht aktiv sind und die euch brauchen.
Als im vergangenen Juni ein neuer Zweig in Bangalore in Indien gegründet wurde, war der einzige Junge Mann in der Priestertumsversammlung ein gerade erst ordinierter Diakon namens Gladwin.
Gemeinsam mit dem Leiter der Jungen Männer und dem Zweigpräsidenten rief Gladwin die weniger aktiven Jungen an und besuchte sie zu Hause. Bald kam auch ein zweiter Junge wieder in die Kirche – Samuel.
Jede Woche riefen Gladwin und Samuel die Jungen an, die nicht an der Kollegiumsversammlung teilgenommen hatten, und berichteten, was sie dazugelernt hatten. Außerdem riefen sie sie zu ihrem Geburtstag an oder besuchten sie. Der Reihe nach freundeten sich die weniger aktiven Jungen mit ihnen an, sie nahmen die Einladungen zu den Aktivitäten und Versammlungen des Kollegiums an, und begannen schließlich selbst damit, anderen zu dienen. Heute sind alle Jungen Männer dieses Zweiges in der Kirche aktiv.
In den heiligen Schriften lesen wir, dass die Kollegien des Aaronischen Priestertums zu Rate sitzen und einander erbauen und stärken sollen.9 Ihr erbaut einander, wenn ihr Evangeliumswahrheiten lehrt, von geistigen Erfahrungen berichtet und Zeugnis gebt. Im Lehrplan für Jugendliche ist ein solcher Gedankenaustausch in den Kollegiumsversammlungen vorgesehen, aber er findet nur statt, wenn sich jedes Mitglied des Kollegiums geliebt und geachtet fühlt. Spott und Hänselei haben in einer Kollegiumsversammlung nichts zu suchen, besonders dann nicht, wenn jemand gerade offen über seine Gefühle spricht. Die Kollegiumspräsidentschaft muss mit gutem Beispiel vorangehen und dafür sorgen, dass jeder im Kollegium sich so wohlfühlt, dass er sich gern beteiligt.
Der Apostel Paulus hat uns ermahnt: „Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt und dem, der es hört, Nutzen bringt.“10
Ein Priestertumsträger verwendet niemals vulgäre oder schmutzige Ausdrücke. Niemals würdigt er andere herab oder kränkt sie. Stets erbaut und stärkt er andere. Das ist eine einfache, aber machtvolle Art zu dienen.
Dient jederzeit
Der Dienst am Nächsten beschränkt sich nicht auf heilige Handlungen, Heimlehrbesuche oder gelegentliche Dienstprojekte. Wir tragen das Priestertum immer – nicht nur am Sonntag und wenn wir Hemd und Krawatte anhaben. Wir haben die Pflicht, anderen zu dienen, wo auch immer wir uns befinden. Dienen ist nicht nur etwas, was wir tun – es definiert, wer wir sind.
Dient jeden Tag. Es gibt überall Gelegenheiten dazu. Haltet nach ihnen Ausschau. Bittet den Herrn, dass ihr sie erkennen könnt. Meistens sind es kleine Taten, die von Herzen kommen und bewirken, dass ein anderer ein Nachfolger Jesu Christi wird.11
Bemüht euch, des Geistes würdig zu sein, und ihr werdet die Gedanken und Gefühle erkennen, die euch zum Dienen anhalten. Wenn ihr auf diese Eingebungen hört, werdet ihr weitere empfangen, und eure Gelegenheiten und und eure Befähigung zum Dienen werden zunehmen und sich ausweiten.
Meine jungen Brüder, ich bezeuge, dass ihr die Macht und Vollmacht des erhabenen Aaronischen Priestertums empfangen habt, im Namen Gottes zu dienen.
Ich bezeuge euch: Wenn ihr das tut, werdet ihr ein Werkzeug in Gottes Hand sein, um anderen zu helfen. Euer Leben wird erfüllter sein und mehr Sinn haben. Ihr werdet mehr Kraft finden, dem Bösen zu widerstehen. Ihr werdet wahres Glück finden – ein Glück, das nur ein wahrer Nachfolger Jesu Christi kennt.
Dass ihr die Freude erleben mögt, die man verspürt, wenn man der heiligen Pflicht nachkommt, seinen Mitmenschen zu dienen, darum bete ich im Namen Jesu Christi. Amen.