„Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten“
Wenn man seine Entscheidungsfreiheit nutzt, um gehorsam zu sein, tut man, was recht ist, ohne sich um die Folgen zu sorgen.
Brüder und Schwestern, von allem, was wir aus dem Leben des Erlösers lernen können, ist nichts offenkundiger und machtvoller als sein Gehorsam.
Das Beispiel des Erlösers
Beim vorirdischen Rat im Himmel lehnte sich Luzifer gegen den Plan des himmlischen Vaters auf. Wer Luzifer nachfolgte, setzte seinem ewigen Fortschritt ein Ende – überlegen Sie sich also gut, wem Sie nachfolgen!
Jesus brachte seinen Gehorsam mit den Worten zum Ausdruck: „Vater, dein Wille geschehe, und die Herrlichkeit sei dein immerdar.“1 Während seines geistlichen Wirkens „litt [er] Versuchungen, schenkte ihnen aber keine Beachtung“2. Ja, „er [hat] durch Leiden den Gehorsam gelernt“3.
Weil unser Heiland gehorsam war, sühnte er für unsere Sünden. Er ermöglichte uns die Auferstehung und bereitete uns den Weg zurück zum Vater im Himmel, der ja wusste, dass wir im irdischen Leben Fehler machen würden, während wir lernen, gehorsam zu sein. Wenn wir gehorsam sind, erkennen wir sein Opfer an, denn „wir glauben, dass durch das Sühnopfer Christi alle Menschen errettet werden können, indem sie die Gesetze und Verordnungen des Evangeliums befolgen“4.
Mit einfachen und leicht verständlichen Worten hielt Jesus uns dazu an, gehorsam zu sein: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“5 Und:„Komm und folge mir nach!“6
Bei der Taufe nehmen wir den Namen Christi auf uns und gehen mit Gott den Bund ein, dass wir bis ans Ende unseres Lebens gehorsam sein wollen.7 Jeden Sonntag erneuern wir diesen Taufbund, indem wir vom Abendmahl nehmen und bezeugen, dass wir gewillt sind, die Gebote zu halten. Wir suchen Vergebung für alle Gedanken, Gefühle oder Taten, die mit dem Willen des himmlischen Vaters nicht in Einklang stehen. Und wir kehren um, indem wir uns vom Ungehorsam abwenden und wieder gehorsam werden. Dadurch zeigen wir ihm, dass wir ihn lieben.
Arten des Gehorsams
Wenn wir nach dem Evangelium leben, verstehen wir immer besser, was Gehorsam wirklich ist. Manchmal sind wir vielleicht versucht, den (wie ich es nenne) „Gehorsam des natürlichen Menschen“ auszuüben. Wir weisen dann das Gesetz Gottes zugunsten unserer eigenen Weisheit und unserer Wünsche oder unserer Beliebtheit zurück. Da diese Pervertierung des Gehorsams weithin und von vielen praktiziert wird, haben die Grundsätze Gottes auf unsere Kultur und unsere Gesetze immer weniger Einfluss.
Manchmal üben Mitglieder auch „selektiven Gehorsam“ und geben vor, Gott zu lieben und zu ehren, picken sich jedoch aus seinen Geboten und Lehren – und aus den Lehren und dem Rat seiner Propheten – das heraus, was sie voll und ganz befolgen wollen.
Manch einer ist vielleicht deswegen selektiv gehorsam, weil er nicht alle Gründe für ein Gebot verstehen kann, geradeso, wie ein Kind nicht immer genau versteht, warum seine Eltern etwas sagen oder bestimmte Regeln aufstellen. Wir kennen aber stets den Grund, weshalb wir den Propheten folgen: Dies ist ja die Kirche Jesu Christi, und in allen Evangeliumszeiten führt der Heiland seine Propheten.
Wenn wir ein tieferes Verständnis vom Gehorsam erlangen, erkennen wir, welch wichtige Rolle dabei der Entscheidungsfreiheit zukommt. Im Garten Getsemani betete Jesus dreimal zum Vater im Himmel: „Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.“8 Gott würde sich nie über die Entscheidungsfreiheit des Erlösers hinwegsetzen, aber voll Erbarmen sandte er einen Engel, um seinen geliebten Sohn zu stärken.
Auf Golgota stand der Erlöser vor einer weiteren Prüfung. Dort hätte er eine Legion Engel rufen können, ihn vom Kreuz zu holen. Aber er traf die Entscheidung, gehorsam bis zum Ende auszuhalten und sein Sühnopfer zu vollenden, auch wenn es außerordentliche Qualen und schließlich sogar den Tod mit sich brachte.
Gehorsam, der auf geistiger Reife beruht, ist der „Gehorsam des Erlösers“. Er wird durch wahre Liebe zum Vater im Himmel und zu seinem Sohn hervorgerufen. Wenn wir, wie Christus, aus freien Stücken gehorsam sind, erfreuen wir uns an den Worten des Vaters im Himmel: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.“9 Und wir freuen uns darauf, in die Gegenwart des Vaters im Himmel einzutreten und von ihm zu hören:„Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. … Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!“10
Wenn man seine Entscheidungsfreiheit nutzt, um gehorsam zu sein, tut man, was recht ist, ohne sich um die Folgen zu sorgen.11 Dies erfordert Selbstbeherrschung und bringt uns – und durch unser Beispiel auch den Menschen in unserer Nähe –, Selbstvertrauen, ewiges Glück und Erfüllung. Und es schließt immer die tiefe innere Verpflichtung mit ein, die Priestertumsführer zu unterstützen und ihre Lehren und ihren Rat zu befolgen.
Folgen
Wenn wir überlegen, ob wir gehorsam sein wollen, empfiehlt es sich immer, die Folgen unserer Entscheidungen zu bedenken. Waren dem Luzifer und seinen Anhängern die Folgen bewusst, die sich aus ihrer Entscheidung ergaben, den Plan des himmlischen Vaters abzulehnen? Falls ja, warum trafen sie dann eine so schreckliche Entscheidung? Wir könnten uns selbst eine ähnliche Frage stellen: Warum entscheidet sich jemand von uns, ungehorsam zu sein, wenn wir doch um die ewigen Folgen der Sünde wissen? In den heiligen Schriften finden wir eine Antwort: Kain und einige andere Kinder Adams und Evas hatten sich dafür entschieden, ungehorsam zu sein, weil sie „den Satan mehr [liebten] als Gott“12.
Unsere Liebe zum Erlöser ist der Schlüssel dazu, so gehorsam zu sein wie er. Wenn wir uns bemühen, in der heutigen Welt gehorsam zu sein, bekunden wir damit, dass wir alle Kinder des himmlischen Vaters lieben und achten. Und doch kann diese Liebe für andere die Gebote Gottes, die zu unserem Nutzen gegeben wurden, nicht ändern! So beruht zum Beispiel das Gebot „du sollst … nicht töten, noch irgendetwas Derartiges tun“13 auf einem geistigen Gesetz zum Schutz aller Kinder Gottes, selbst der ungeborenen. Jahrelange Erfahrung zeigt, dass unermessliches Leid folgt, wenn wir dieses Gesetz missachten. Und doch leben viele in dem Glauben, es sei vertretbar, aus persönlichen Gründen oder der Bequemlichkeit halber das Leben eines ungeborenen Kindes zu beenden.
Ungehorsam schönzureden ändert nichts an geistigen Gesetzen oder an den Folgen. Es führt vielmehr auf Abwege und zu Verwirrung, Haltlosigkeit und Kummer. Als Jünger Christi unterliegen wir einer heiligen Verpflichtung: Wir müssen seine Gesetze und Gebote und die Bündnisse, die wir auf uns nehmen, achten.
Im Dezember 1831 wurden einige Brüder gebeten, bei der Beschwichtigung unguter Gefühle, die gegen die Kirche aufgekommen waren, zu helfen. Durch den Propheten Joseph Smith gab ihnen der Herr eine ungewöhnliche, ja überraschende Weisung:
„Macht eure Feinde zuschanden; ruft sie auf, euch sowohl öffentlich als auch allein gegenüberzutreten. …
Darum lasst sie ihre starken Gründe gegen den Herrn vorbringen. …
Keiner Waffe, die gegen euch geformt ist, wird etwas gelingen;
und wenn jemand seine Stimme gegeneuch erhebt, so wird er zu der von mir selbst bestimmten Zeit zuschanden werden.
Darum haltet meine Gebote; sie sind wahr und treu.“14
Beispiele aus den heiligen Schriften
Die heiligen Schriften sind voller Beispiele von Propheten, die durch eigene Erfahrung Gehorsam gelernt haben.
Joseph Smith erlebte die Folgen davon, dass er dem Druck seines Förderers, Freundes und Schreibers Martin Harris nachgegeben hatte. Auf Martins Drängen hin bat Joseph den Herrn um Erlaubnis, Martin die ersten 116 Manuskriptseiten des Buches Mormon zu überlassen, damit Martin sie seiner Familie zeigen könne. Doch der Herr sagte Joseph, die Antwort laute Nein. Martin überredete Joseph, den Herrn noch einmal zu fragen. Nach Josephs dritter Anfrage gab der Herr die Erlaubnis, dass fünf bestimmte Personen das Manuskript ansehen dürften. „Mit einem überaus feierlichen Versprechen verpflichtete sich Martin, diese Vereinbarung einzuhalten. Als er nach Hause kam und Druck auf ihn ausgeübt wurde, vergaß er seinen feierlichen Eid und gestattete noch anderen, das Manuskript anzusehen, woraufhin er es durch eine List aus den Händen verlor“15, und es blieb verloren. Daraufhin wurde Joseph vom Herrn zurechtgewiesen und es war ihm nicht mehr gestattet, das Buch Mormon zu übersetzen. Joseph litt und kehrte von seiner Übertretung, dem Druck anderer nachgegeben zu haben, um. Nach einer Weile erhielt Joseph die Erlaubnis, die Übersetzungsarbeit wieder aufzunehmen. Joseph hatte eine wertvolle Lektion über Gehorsam gelernt, die ihm sein ganzes Leben von Nutzen war!
Der Prophet Mose gibt uns ein weiteres Beispiel. Als Mose gehorsam war und eine Äthiopierin zur Frau nahm, machten Mirjam und Aaron ihm Vorwürfe. Doch der Herr tadelte sie und sagte: „Mit [Mose] rede ich von Mund zu Mund.“16 Diesen außergewöhnlichen Vorfall nahm der Herr zum Anlass, um auch den Mitgliedern in unserer Evangeliumszeit etwas beizubringen. 1830 behauptete Hiram Page, Offenbarung für die Kirche zu empfangen. Der Herr wies ihn zurecht und belehrte die Mitglieder: „Du sollst das, was ich [Joseph] gebe, befolgen, ja, gleichwie Aaron“,17 „denn er empfängt [es] gleichwie Mose.“18
Gehorsam bringt Segen mit sich, „und wenn wir irgendeine Segnung von Gott erlangen, dann nur, indem wir das Gesetz befolgen, auf dem sie beruht“19.
Gehorsam wird durch Beispiel gelehrt. Durch unsere Lebensweise bringen wir unseren Kindern bei: „Lerne Weisheit in deiner Jugend; ja, lerne in deiner Jugend, die Gebote Gottes zu halten.“20
Durch Gehorsam werden wir nach und nach stärker und fähig, zukünftige Prüfungen und Widrigkeiten gläubig zu bestehen. Der Gehorsam in Getsemani machte den Erlöser bereit, auch auf Golgota zu gehorchen und bis zum Ende auszuharren.
Meine lieben Brüder und Schwestern, die Worte Almas drücken meine innersten Gefühle aus:
„Und nun, meine geliebten Brüder, habe ich euch dies gesagt, damit ich in euch das Bewusstsein eurer Pflicht vor Gott erwecke, damit ihr untadelig vor ihm wandelt. …
Und nun möchte ich, dass ihr demütig seid und fügsam und sanft seid; … eifrig seid im Halten der Gebote Gottes zu allen Zeiten.“21
Ich gebe mein besonderes Zeugnis, dass der Erlöser lebt. Weil er gehorsam war, wird „jedes Knie … sich vor ihm beugen und jede Zunge bekennen …, dass er [unser Erlöser] ist“22. Mögen unsere Liebe zu ihm so tief und unser Glaube an ihn so umfassend sein, dass auch wir gehorsam sind, seine Gebote halten und zurückkehren, um für immer mit ihm im Reich unseres Gottes zu leben. Darum bete ich im Namen Jesu Christi. Amen