Was er euch sagt, das tut
Wenn wir uns entscheiden, zu tun „was [Gott uns] sagt“, verpflichten wir uns aufrichtig, unser tagtägliches Verhalten mit seinem Willen in Einklang zu bringen.
Der Erretter vollbrachte das erste Wunder, von dem berichtet wird, auf einer Hochzeitsfeier in Kana in Galiläa. Seine Mutter Maria und seine Jünger waren ebenfalls dort. Maria fühlte sich wohl ein wenig für das Gelingen des Festes verantwortlich. Während der Feier gab es ein Problem – den Gastgebern ging der Wein aus. Besorgt wandte sich Maria an Jesus. Sie wechselten einige Worte, dann sagte Maria zu den Dienern:
„Was er euch sagt, das tut!
Es standen dort sechs steinerne Wasserkrüge. … [Es waren keine Krüge zur Aufbewahrung von Trinkwasser, sondern für zeremonielle Waschungen nach dem Gesetz des Mose.]
Jesus sagte zu den Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis zum Rand.
Er sagte zu ihnen: Schöpft jetzt, und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist. Sie brachten es ihm.
Er kostete das Wasser, das zu Wein geworden war“ und war erstaunt, dass der beste Wein erst gegen Ende der Feier gereicht wurde.
Wir erinnern uns an dieses Ereignis meist, weil die Verwandlung von Wasser in Wein die Macht Gottes zeigte – es war ein Wunder. Das ist zwar wichtig, aber im Bericht des Johannes steckt eine weitere wichtige Botschaft. Maria war „ein kostbares und erwähltes Gefäß“, von Gott berufen, den Sohn Gottes zu gebären und aufzuziehen. Sie wusste mehr über ihn als sonst jemand auf Erden. Sie kannte die Wahrheit über das Wunder seiner Geburt. Sie wusste, dass er ohne Sünde war, sie wusste, „er sprach nicht wie andere Menschen, auch konnte man ihn nicht lehren; denn er brauchte keine Belehrung von irgendeinem Menschen“. Maria wusste von seinen außerordentlichen Fähigkeiten, Probleme zu lösen, selbst ein so privates wie Wein bei einer Hochzeit anbieten zu können. Sie hatte unerschütterliches Vertrauen in ihn und seine göttliche Macht. Ihre einfache und direkte Anweisung an die Diener war nicht an Vorbehalte, Bedingungen oder Einschränkungen geknüpft: „Was er euch sagt, das tut!“
Als ihr der Engel Gabriel erschien, war Maria noch sehr jung. Am Anfang „erschrak“ sie, als sie „Begnadete“ genannt wurde, „und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe“. Gabriel versicherte ihr, dass sie nichts zu befürchten habe, dass er gute Nachrichten bringe. Sie werde „ein Kind empfangen“, den „Sohn des Höchsten“, und „einen Sohn … gebären“, der „über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen“ wird.
Maria sprach die Frage aus, die sie bewegte: „Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“
Der Engel erklärte es ihr in aller Kürze und versicherte ihr: „Für Gott ist nichts unmöglich.“
Demütig erwiderte Maria, dass sie tun werde, was Gott verlangte, ohne Einzelheiten zu fordern, obwohl sie bestimmt unzählige Fragen dazu hatte, was das alles für ihr Leben bedeuten würde. Sie ging diese Verpflichtung ein, ohne genau zu verstehen, warum er das von ihr verlangte oder wie es ausgehen würde. Sie nahm Gottes Wort bedingungslos und im Voraus an. Sie wusste nur sehr wenig darüber, was auf sie zukommen sollte. Mit einfachem Vertrauen auf Gott sagte sie: „Ich bin die Magd des Herrn. Es soll geschehen, was du mir gesagt hast.“
Wenn wir uns entscheiden, zu tun „was [Gott uns] sagt“, verpflichten wir uns aufrichtig, unser tagtägliches Verhalten mit seinem Willen in Einklang zu bringen. Solch einfache von Glauben getragene Taten wie das tägliche Lesen in den heiligen Schriften, das regelmäßige Fasten und das Beten mit wirklichem Vorsatz machen unseren Quell geistiger Leistungsfähigkeit tiefer, sodass wir den Anforderungen des Lebens gewachsen sind. Im Laufe der Zeit führen solche einfachen von Glauben geprägten Gewohnheiten zu Ergebnissen, die Wundern gleichkommen. Sie verwandeln unseren Glauben von einem Samenkorn in eine dynamische Macht, die in unserem Leben Gutes bewirkt. Wenn uns dann Schwierigkeiten begegnen, ist unsere Seele standhaft, weil wir in Christus verwurzelt sind. Gott federt unsere Schwächen ab, vermehrt unsere Freude und lässt „alles zu [unserem] Guten zusammenwirken“.
Vor einigen Jahren sprach ich mit einem jungen Bischof, der jede Woche viele Stunden damit zubrachte, Mitglieder seiner Gemeinde zu beraten. Ihm war etwas Erstaunliches aufgefallen. Die Probleme der Mitglieder seiner Gemeinde waren seiner Meinung nach die gleichen, mit denen die Mitglieder überall zu kämpfen haben: wie man eine glückliche Ehe führt, wie man Verpflichtungen im Beruf, in der Familie und der Kirche unter einen Hut bringt, Schwierigkeiten mit dem Wort der Weisheit, im Beruf oder mit Pornografie oder Beunruhigung wegen einer Richtlinie der Kirche oder einer geschichtlichen Frage, die man nicht versteht.
Sehr häufig bestand sein Rat für die Mitglieder seiner Gemeinde unter anderem darin, sich wieder auf die einfachen Glaubenspflichten zu besinnen wie etwa: täglich im Buch Mormon lesen – wie Präsident Thomas S. Monson es uns ans Herz gelegt hat –, den Zehnten zahlen und engagiert in der Kirche mitarbeiten. Die Reaktion der Mitglieder auf seine Hinweise war jedoch häufig skeptisch: „Das sehe ich nicht so, Bischof. Wir wissen alle, dass es gut ist, so etwas zu tun. Wir reden dauernd darüber in der Kirche. Aber ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen. Was haben denn meine Probleme damit zu tun, ob ich irgendetwas davon tue?“
Das ist eine gute Frage. Mit der Zeit haben dieser junge Bischof und ich bemerkt, dass diejenigen, die bewusst „Kleines und Einfaches“ tun – die in den scheinbar unbedeutenden Dingen gehorsam sind –, mit Glauben und Kraft gesegnet werden, die weit über die eigentlichen von Gehorsam motivierten Taten hinausgehen und sogar scheinbar gar nichts damit zu tun haben. Es mag schwerfallen, die Verbindung zwischen den täglichen von Gehorsam motivierten Taten und der Lösung für die großen, schwierigen Probleme herzustellen, vor denen wir stehen. Aber es gibt eine Verbindung. Ich habe die Erfahrung gemacht: Wenn wir uns die kleinen alltäglichen Gewohnheiten, die unseren Glauben zeigen, richtig aneignen, wappnen wir uns damit am besten gegen die Schwierigkeiten des Lebens, worin diese auch bestehen mögen. Kleine von Glauben getragene Taten, auch wenn sie unbedeutend wirken oder scheinbar gar nichts mit den Problemen, die uns plagen, zu tun haben, bringen uns Segen bei allem, was wir tun.
Denken Sie an Naaman. Er war „Feldherr des Königs von Aram … Der Mann war tapfer, aber an Aussatz erkrankt.“ Eine junge Dienerin erzählte ihm von einem Propheten in Israel, der ihn heilen könnte, und so reiste er mit einer Eskorte an Dienern und Soldaten und mit Geschenken nach Israel und erreichte schließlich Elischas Haus. Elischas Diener, nicht Elischa selbst, erklärte Naaman, dass das Gebot des Herrn laute, er solle sich „siebenmal im Jordan“ waschen. Eine einfache Sache. Vielleicht erschien diese einfache Vorschrift dem mächtigen Krieger so unlogisch, so simpel oder so unter seiner Würde, dass er allein schon den Vorschlag als Kränkung empfand. Zumindest aber erschien ihm Elischas Anweisung sinnlos und „voll Zorn wandte er sich ab und ging weg“.
Aber Naamans Diener gingen vorsichtig auf ihn zu und merkten an, dass er doch „etwas Schweres“ getan hätte, wenn Elischa es von ihm verlangt hätte. Sie fragten ihn, ob er es nicht doch tun solle, da ja nur etwas Kleines von ihm verlangt werde, auch wenn er den Grund nicht verstehe. Naaman überdachte seine Reaktion und ging – vielleicht voller Skepsis, aber jedenfalls gehorsam – „zum Jordan hinab und tauchte siebenmal unter“ und wurde durch ein Wunder geheilt.
Manchmal wird Gehorsam sofort belohnt, manchmal werden wir zuerst geprüft. In der Köstlichen Perle lesen wir von Adams unermüdlichem Eifer, mit dem er das Gebot hielt, Opfer darzubringen. Als der Engel Adam fragte, warum er Opfer darbringe, antwortete er: „Ich weiß nicht, außer dass der Herr es mir geboten hat.“ Der Engel erklärte, diese Opfer seien „ein Sinnbild für das Opfer des Einziggezeugten des Vaters“. Doch diese Erklärung kam ja erst, nachdem Adam seine Entschlossenheit bewiesen hatte, dem Herrn „viele Tage“ zu gehorchen ohne zu wissen, warum er diese Opfer darbringen sollte.
Gott wird uns für unseren standhaften Gehorsam gegenüber seinem Evangelium und unsere Treue gegenüber seiner Kirche immer segnen, aber er zeigt uns nur selten im Voraus, nach welchem Zeitplan er das tun wird. Er zeigt uns das Gesamtbild nicht schon von Anfang an. Da kommen Glaube, Hoffnung und Gottvertrauen ins Spiel.
Gott bittet uns, Geduld mit ihm zu haben – ihm zu vertrauen und nachzufolgen. Er fleht uns an: „Bestreitet nicht, weil ihr nicht seht.“ Er weist uns warnend darauf hin, dass wir vom Himmel keine einfachen Antworten oder schnellen Lösungen erwarten sollen. Alles wird sich regeln, wenn wir standhaft bleiben, während unser „Glaube geprüft“ wird, ganz gleich, wie schwer die Prüfung zu ertragen ist oder wie lange die Antwort auf sich warten lässt. Damit meine ich aber keinen blinden Gehorsam, sondern bewusstes Vertrauen auf die vollkommene Liebe und den vollkommenen Zeitplan Gottes.
Zur Prüfung unseres Glaubens gehört auch immer, ob wir den einfachen täglichen Glaubenspflichten treu bleiben. Nur unter dieser Vorraussetzung – und unter keiner anderen – verspricht der Herr die göttliche Antwort, nach der wir uns sehnen. Erst nachdem wir unsere Bereitschaft bewiesen haben, seinen Willen zu tun, ohne die Antwort auf die Frage nach dem Wann, dem Warum und dem Wie zu verlangen, ernten wir „den Lohn für [unseren] Glauben und Eifer und [unsere] Geduld und Langmut“. Wahrer Gehorsam nimmt Gottes Gebote bedingungslos im Voraus an.
Ob es uns bewusst ist oder nicht, wir alle entscheiden uns täglich, „wem [wir] dienen“ wollen. Wir zeigen unsere Entschlossenheit, dem Herrn zu dienen, indem wir uns treu jeden Tag hingebungsvollen Taten widmen. Der Herr verspricht, dass er unsere Pfade ebnet. Damit er das aber tut, müssen wir uns in Bewegung setzen und dabei darauf vertrauen, dass er den Weg kennt, denn er ist „der Weg“. Wir müssen unsere eigenen Wasserkrüge bis zum Rand füllen. Wenn wir ihm vertrauen und nachfolgen, wird unser Leben verwandelt wie das Wasser in Wein. Es wird mehr und etwas Besseres aus uns, als wir sonst je sein könnten. Vertrauen Sie auf den Herrn, und „was er [Ihnen] sagt, das [tun Sie]“! Im Namen Jesu Christi. Amen.