Tempelbegeisterte Jugendliche in Aberdeen
Für die Jugendlichen im Pfahl Aberdeen ist die jährliche Fahrt zum Tempel ein prägendes Erlebnis.
Ich würde für nichts auf der Welt darauf verzichten wollen“, erklärt Bethany Gilmour, 17, aus der Gemeinde Bridge of Don. „Diese eine Woche im Tempel stärkt mein Zeugnis mehr als alles andere. Außerdem weckt sie bei mir den Wunsch, jedes Jahr wieder dorthin zu fahren. Bei diesen Tempelfahrten habe ich einiges gelernt, was mir wohl für den Rest meines Lebens erhalten bleibt – was mir hilft, die richtigen Entscheidungen im Leben zu treffen.“
Mit so einer Antwort muss man rechnen, meint der Präsident des Pfahls Aberdeen in Schottland, Christopher Payne, wenn man die Jugendlichen seines Pfahles nach ihrer jährlichen Fahrt zum Preston-Tempel in England fragt. Er hat nicht übertrieben.
Jeden Sommer unternehmen die sechzig bis siebzig Jungen Männer und Jungen Damen aus dem Pfahl Aberdeen zusammen mit ihren Führungsbeamten und einigen jungen alleinstehenden Erwachsenen aus dem Pfahl die sechseinhalbstündige Fahrt nach Preston. Dort verbringen sie dann sechs Tage im und am Tempel. Jeden Vormittag sind sie im Baptisterium, wo sie an Taufen und Konfirmierungen teilnehmen, am Nachmittag haben sie Aktivitäten und Dienstprojekte und abends treffen sie sich zu Firesides und zum Schriftstudium. Ihre Tempelwoche endet mit einer Zeugnisversammlung, die für gewöhnlich etwa vier Stunden dauert. Doch das wirklich Beeindruckende an diesen sechs Tagen im Tempel ist, wie sie sich auf die anderen 359 Tage des Jahres auswirken.
Das ganze Jahr über tempelwürdig
Die Änderungen, die der Tempel bei diesen Jugendlichen bewirkt, sind nicht kurzfristig, sondern eine langfristige Wandlung. Melanie Bews, 17, aus der Gemeinde Aberdeen formuliert das so: „Ab dem Tag, an dem man vom Tempel abreist, bereitet man sich schon auf die nächste Tempelfahrt vor. Das ganze Jahr über ist man würdig für etwas. Man trachtet danach, würdig zu sein, wieder in den Tempel zu gehen.“ Melanie erzählt, dass die Pfahl-Jugendführer in einem Unterricht einmal ein Poster gezeigt haben, auf dem acht Schritte standen, wie man sich besser auf den Tempel vorbereiten kann. „Diese Schritte habe ich für mich als Checkliste übernommen, damit ich sicher sein kann, dass ich alles tue, um mich vorzubereiten. Einiges davon hatte ich bis dahin noch nicht gemacht, fing dann aber damit an. Zum Beispiel habe ich jetzt ein extra Tagebuch für geistige Erlebnisse. Das führe ich auch jetzt noch.“
Nathan Cumming, 18, aus dem Zweig Elgin sagt: „Meine Vorbereitung auf den Tempel geht Hand in Hand mit meiner Vorbereitung auf die Mission.“ Er erklärt, dass sein tägliches Gebet und Schriftstudium ihm mehr bringen, weil er das Ziel verfolgt, würdig zu sein. „Vor der letzten Tempelfahrt habe ich viel häufiger gebetet“, berichtet er. „Manchmal habe ich nicht so viel Selbstbewusstsein und bin schüchtern. In Vorbereitung auf diese Tempelfahrt betete ich um Selbstbewusstsein, damit ich mich besser mit den anderen unterhalten kann, denn das konnte ich eigentlich noch nie besonders gut.“ Er ist davon überzeugt, dass ihm dies auch helfen wird, ein besserer Missionar zu sein.
Mylie Payne, 15, aus der Gemeinde Aberdeen, erklärt, wie die Vorbereitung auf den Tempel im Laufe der Jahre für sie etwas sehr Persönliches geworden ist: „In den vergangenen Jahren haben wir als Gruppe gemeinsam gefastet, um uns auf den Tempel vorzubereiten.“ Jetzt nimmt Mylie das auch selbst in die Hand. „Dieses Jahr habe ich allein gefastet, damit ich so viel wie möglich von der Tempelfahrt profitiere und mein Zeugnis gestärkt wird.“ Sie erzählt auch, was sich bei ihrem Schriftstudium geändert hat, vor allem, wenn sie das Buch Mormon liest: „Ich versuche, die Schriften besser und bis ins Detail zu ergründen. Vor allem, wenn ich etwas über die Taufe lese, möchte ich das ganz genau verstehen.“
Bethany Gilmour fasst es so zusammen: „Das, was ich bei der Tempelfahrt gelernt habe, begleitet mich jeden Tag. Wenn ich nach Hause komme, denke ich an die nächste Tempelfahrt. Ich überlege, was ich bei der letzten Tempelfahrt gelernt habe und was ich das ganze Jahr über tun kann, um diese Gefühle, die ich im Tempel hatte, zu bewahren, bis wir wieder hinfahren.“
Der Höhepunkt der Höhepunkte
„Die Tempelfahrt ist der Höhepunkt des Jahres“, meint Hope Fraser, 18, aus der Gemeinde Bridge of Don. „Jeder freut sich darauf.“ Aber bei diesem Höhepunkt des Jahres gibt es wiederum Höhepunkte für jeden Jugendlichen. Was Hope von der diesjährigen Tempelfahrt besonders in Erinnerung geblieben ist, ist eine besondere Versammlung für die Lorbeermädchen. „Es war unglaublich“, erzählt sie. „Eigentlich wollten wir über Verabredungen sprechen und Situationen, die man lieber umgehen sollte. Doch letzten Endes sprachen wir darüber, wie dankbar wir füreinander waren.“ Auch die Beraterinnen für die Lorbeermädchen denken sehr gern an diese Stunde zurück.
James Bowcutt, 18, aus dem Zweig Elgin berichtet, was für ihn einen Höhepunkt darstellte: Während der Zeit im Tempel konnte er sich für einige seiner Vorfahren taufen lassen. Schon einige Zeit vor der Fahrt hatte James die Namenskarten für seine Vorfahren, für die er sich taufen lassen wollte, immer dabei. „Ich konnte ihre Namen lesen und mehr über sie erfahren. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass diese Menschen zu mir gehörten, und ich war stolz, die Namen von Angehörigen in Händen zu halten“, erzählt er. „Ich konnte ganz deutlich eine stärkere Verbindung zu den Menschen jenseits des Schleiers spüren.“
Mylie Payne berichtet voller Begeisterung, dass sie im Tempel dienen konnte – nicht nur, indem sie drinnen an heiligen Handlungen teilnahm, sondern auch dadurch, dass sie draußen beim Aufräumen und Jäten half. „Es hat mir so viel Freude gemacht, bei den Arbeiten auf dem Grundstück zu helfen. Es war etwas Besonderes, dazu beizutragen, dass das Haus des Herrn noch schöner wirken kann“, meint sie. „Es war toll.“
„Mir hat am besten gefallen, dass ich mit Freunden zusammen war – einfach so, ohne wie sonst einkaufen zu gehen“, erklärt Melanie Bews. „Es hat solchen Spaß gemacht, mit meinen Freunden am Tempel zu sein und sie besser kennenzulernen und Erinnerungen zu schaffen, die nicht so weltlich geprägt sind. Am schönsten war es, zusammen zu sein und gegenseitig unser Zeugnis zu stärken.“
Der von den Jugendlichen am häufigsten genannte Höhepunkt ist die Zeugnisversammlung. Janine Gall, 17, aus der Gemeinde Buchan meint: „Obwohl die Zeugnisversammlung lange dauerte, fand ich sie nicht anstrengend. Es kam mir vor, als hätte sie nur zehn Minuten gedauert.“ Sie sagt weiter: „Es tat gut, das Zeugnis der anderen zu hören. Das hat das eigene Zeugnis gestärkt und wir Jugendlichen sind einander nähergekommen. Da wir ja nur so eine kleine Gruppe Jugendlicher sind, müssen wir einander besser kennenlernen, und ich finde, am Tempel gelingt uns das sehr gut.“
Einigkeit und Unterstützung
Auch wenn die Jugendlichen in der Kirche wirklich nur eine kleine Gruppe sind, sind die Jungen Männer und die Jungen Damen aus dem Pfahl Aberdeen doch stark. Simon Robertson, 18, aus der Gemeinde Aberdeen erklärt, dass das Jahr über „alle an verschiedenen Orten sind, aber wenn wir zum Tempel fahren, fühlen wir uns wie eine Familie. Wir freuen uns alle so, weil wir am Tempel sind, und wir können fast ununterbrochen den Geist spüren. Ich verspüre immer großen Frieden, wenn ich dort bin. Der Tempel stärkt meinen Entschluss, nicht nur nach dem Evangelium zu leben, sondern es noch besser zu machen. Ich sehe, was wir erreichen können, wenn wir zusammen sind. Ich möchte mich anstrengen, dieses Gefühl immer zu haben.“
Janine Gall meint: „Die nächste Junge Dame wohnt etwa 45 Minuten von mir entfernt. Es ist fast unmöglich, dass wir uns zu Aktivitäten oder zum Seminar treffen, deshalb ist es schwer, immer geistig stark zu sein. Darum fahre ich so gerne zum Tempel, denn das ist wie eine geistige Tankfüllung. Meine Freunde können mich aufbauen, und ich baue sie auf.“
Ob sie nun in weißer Kleidung zusammensitzen und darauf warten, getauft und konfirmiert zu werden, unter der Statue des Engels Moroni, die oben auf der Spitze des Tempels steht, sitzen und in den heiligen Schriften lesen oder zusammen auf dem Tempelgrundstück Unkraut jäten – diese Jugendlichen ziehen am selben Strang. Paige Payne, 13, aus der Gemeinde Aberdeen erinnert sich an eine Aktivität, bei der sie einander nicht nur näherkamen, sondern auch klatschnass wurden: „Wir jäteten Unkraut. Eine bestimmte Sorte Blumen war von Unkraut umwuchert, und wir sollten das ganze Unkraut zupfen – Unmengen davon. Es goss in Strömen, und wir waren mit Schlamm bedeckt. Wir arbeiteten auf hügeligen Gelände, und immer, wenn man ein paar Schritte gehen wollte, rutschte man aus. Das war wirklich lustig. Die Tempelarbeiter konnten gar nicht fassen, dass wir weitermachten. Weil wir alle zusammenarbeiteten, hat es uns auch irgendwie Kraft gegeben.“
Ethan Fraser, 18, aus der Gemeinde Bridge of Don sagt auch, dass es sich auf seinen Alltag auswirkt, dass er Freunde hat, die stark im Evangelium sind. „Ich finde es toll, dass ich so gute Freunde in der Kirche habe“, meint er. „Wenn ich schlimme Zeiten durchmache, weiß ich, dass es jemanden gibt, der mir beisteht.“
Etwas ist anders
Präsident Payne versucht zu erklären, was bei den Jugendlichen im Pfahl Aberdeen so anders ist. Sie gehen zur Kirche und zu den Aktivitäten, sie nehmen am Seminar teil, sie bemühen sich, nach dem Evangelium zu leben. Das machen die Jugendlichen in jedem Pfahl, in dem er bisher gewohnt hat.
„Dann zog ich in den Pfahl Aberdeen und nahm an meiner ersten Tempelfahrt teil“, erzählt er. „Inzwischen ist diese Fahrt der Termin, nach dem sich alle anderen Termine richten. Und das mache ich so, weil ich sehe, was mit unseren Jugendlichen geschieht. Ich glaube, diese Tempelfahrt bewahrt den Geist im Leben dieser jungen Leute. Das ganze Jahr über reden sie von der Tempelfahrt. Wenn wir fragen: ,Kommst du mit auf die Tempelfahrt?‘, antworten sie: ,Ich würde für nichts auf der Welt darauf verzichten wollen.‘
In den Tempel zu gehen – an dieser heiligen Stätte zu stehen – verändert etwas bei ihnen. Nicht nur an dem Tag oder in dem Augenblick, auch nicht für diese eine Stunde oder Woche. Es bewirkt eine dauerhafte Veränderung.“