Es wird Bericht geführt
Die Beschäftigten des Church History Departments arbeiten hinter den Kulissen, um die Geschichte der Kirche – und auch die Ihre! – zu bewahren.
Von den Besuchern des Historischen Archivs der Kirche werden die in der Nähe der Eingangshalle aufbewahrten Tagebücher, Zeitungen und Familienchroniken des Archivs immer eingehend studiert. Dort steht in großen Lettern hoch oben an der Wand: „Siehe, ein Bericht soll unter euch geführt werden.“ (LuB 21:1.)
Seit 1830, als der Prophet Joseph Smith von Gott den Auftrag erhielt, bis in die Gegenwart hinein sind Unmengen an Archivalien der Kirche – historische Dokumente, Textilien und andere Gegenstände – nicht nur gesammelt, sondern dank eines kleinen, aber engagierten Teams von Restauratoren auch bewahrt worden.
Die Konservierungsbemühungen der Kirche
Das Hauptanliegen der Restauratoren der Kirche besteht darin, Historisches zu bewahren, indem sie den natürlichen Zerfall aufhalten.
Im dritten Stock des Historischen Archivs gehen die Restauratoren in einem hochmodernen Labor ihrer Arbeit nach: Sie verstärken beispielsweise brüchige, rissige, jahrzehntealte Seiten mit transparentem Japanpapier und restaurieren fast schon unbrauchbare Negative. Die restaurierten und haltbar gemachten Archivalien werden anschließend entweder in Regale einsortiert, wo man schnell auf sie zugreifen kann, oder in technisch ausgefeilten Tresoren, in deren Innerem Temperatur und Luftfeuchte regulierbar sind, eingelagert. Dort können sie dann regelmäßig begutachtet werden.
Nur zwei Straßenblöcke entfernt, im Historischen Museum der Kirche, werden von geschickten Händen Puppen angefertigt, Metall und Holz geschliffen, Steppdecken genäht sowie Halterungen und Verstärkungen für Exponate gefertigt. Viele dieser Arbeiten werden im Museum ausgestellt oder an historische Stätten der Kirche versandt, während andere angefertigt werden, um dann eingelagert zu werden.
„Aufheben bedeutet ,bewahren‘“, erklärt Christopher McAfee, ein Restaurator der Kirche. „Da geht es nicht nur darum, die Geschichte aufzuschreiben, sondern auch dafür zu sorgen, dass sie erhalten bleibt.“
Die Restauratoren der Kirche sind sich darin einig, dass jeder Gegenstand – vom Tagebuch des Propheten bis hin zu einer Familienchronik – von großem Wert ist.
„Man hat das Gefühl: Wenn es jemandem wichtig genug war, es aufzuheben, ist es auch wichtig genug, dass wir uns darum kümmern“, meint Bruder McAfee. „Wir sind die Hüter der Sammlung.“
Ein Leben, das nicht dokumentiert ist, gerate schnell in Vergessenheit, erklärt er, und genauso tragisch seien der Verlust oder die Beschädigung irgendwelcher Dokumente.
„In den Schriften werden wir aufgefordert, einen Bericht zu führen“, erläutert Jennifer Hadley, eine Restauratorin im Historischen Museum der Kirche. „Auf diese Weise können wir in Erinnerung behalten, was der Herr für sein Volk getan hat.“
Die Konservierung von Dokumenten
Im Konservierungslabor wird mit einer Vielzahl von Dokumenten gearbeitet, einschließlich Büchern, Tagebüchern, Zeitungen, Sammelalben und Fotografien. Jeder Gegenstand wird individuell, seinem Zustand entsprechend, bearbeitet.
Interessante Instrumente und Geräte wie etwa Stanzer, Goldstempel, Klemmbindevorrichtungen und ein hochmodernes Laminiergerät sind im geräumigen Labor aufgestellt und kommen zum Einsatz, wie es das jeweilige Projekt erfordert.
Oftmals wird der Einband eines Buches entfernt und der Rücken gereinigt und repariert. Risse in Dokumenten werden mit hochwertigem Japanpapier ausgebessert, dessen längere Fasern die Seiten verstärken, ohne dabei die Elastizität zu verringern. Als Klebemittel verwenden die Restauratoren eine Paste aus Weizenstärke und Wasser. Die ursprüngliche Struktur wird damit verstärkt, und es bleibt dabei so viel wie möglich vom Original erhalten.
„Wir versuchen nicht, etwas vollkommen neu aussehen zu lassen“, sagt Bruder McAfee, „vielmehr wollen wir die Authentizität des Werkes erhalten. Alles, was wir tun, lässt sich wieder rückgängig machen.“
Eine weitere Konservierungsmethode ist das Waschen. Dokumente werden in Behälter mit gefiltertem, entionisiertem Wasser und anschließend in alkalisiertes Wasser getaucht. Mit jedem Durchgang wird durch das Wasser und die Chemikalien Schmutz vom Papier entfernt, und die Säuren im Papier werden neutralisiert, sodass die Zersetzung verlangsamt wird.
Die Konservierung von Textilien und anderen Gegenständen
Es gehört auch zur Aufgabe der Restauratoren, Gegenstände zu erhalten, die für die Geschichte der Kirche von Bedeutung sind, wie etwa Textilien, Möbel, Gemälde und so weiter.
„Jeder Gegenstand hat eine Geschichte“, meint Schwester Hadley. „Alles, was wir hier haben, hat etwas mit den Mitgliedern in aller Welt zu tun.“
Im Museum gibt es unzählige Exponate historischer Kleidung, Bücher, Gemälde, Modelle und weitere Gegenstände – Sättel, Werkzeuge und sogar ein Modell vom Innenraum des Tabernakels. Die Restauratoren, die an solchen Exponaten arbeiten, müssen erfinderisch sein, da jeder neue Gegenstand sie vor neue Herausforderungen stellt.
„Jeder Gegenstand ist so einzigartig wie ein Mensch und stellt spezielle Anforderungen, die spezielle Lösungen erfordern“, berichtet Hadley.
Jeder Gegenstand wird sorgfältig untersucht. Die Restauratoren arbeiten oftmals gemeinsam daran, ein geeignetes Verfahren für die Konservierung auszuarbeiten. Die meisten Gegenstände werden gereinigt und haltbar gemacht; es wird alles unternommen, was nötig ist, um den Verfall aufzuhalten. Manchmal muss man einen Gegenstand entsäuern, seine ursprüngliche Struktur verstärken, ihn beschichten, damit er vor Umwelteinflüssen geschützt ist, oder man muss einen Behälter konstruieren, der ihn aufnimmt, oder einen Ständer oder ein Gestell, das fest mit dem Gegenstand verbunden wird und seine Struktur stützt. Manchmal reicht es schon, wenn man einen Gegenstand einfach nur abstaubt.
Eine Haube aus der Zeit der Pioniere war beispielsweise im Begriff zu verfallen. Es wurde eine einfache runde Stütze eingenäht, damit die Haube ihre Form behielt. Zusätzlich besorgte Schwester Hadley ein gleichartiges Stück Seide, das mit winzigen Stichen von Hand auf das Original aufgenäht wurde.
James Raines, selbst ernannter „Restaurator für alles und jedes“, befasst sich mit allen Gegenständen, die nicht in die Kategorien Dokumente, Textilien oder Gemälde fallen. So war der mit Blei gefüllte Knauf einer Lederpeitsche ausgefranst, weshalb die Peitsche ihre Biegsamkeit verloren hatte. Wegen des austretenden Bleis stellte sie auch ein Gesundheitsrisiko dar. Die Restauratoren entfernten das noch vorhandene Blei und setzten eine Acrylstange in den Knauf ein, um so die ursprüngliche Form und Biegsamkeit wiederherzustellen.
„Die Aufgabe besteht darin, das Artefakt so zu erhalten, wie es zur damaligen Zeit beschaffen war“, sagt Schwester Hadley. „Ich finde, das Konservieren schafft eine greifbare Verbindung zur Vergangenheit.“