2011
Bruder, ich bin fest entschlossen
Juli 2011


Botschaft von der Ersten Präsidentschaft

Bruder, ich bin fest entschlossen

President Dieter F. Uchtdorf

Zwei junge Brüder standen oben auf einer kleinen Klippe, unter ihnen ein See mit klarem blauem Wasser. Es war eine beliebte Absprungstelle. Die Brüder hatten schon oft darüber gesprochen, dass sie diesen Sprung wagen wollten, wie sie es bei anderen gesehen hatten.

Beide hatten vor, zu springen, aber keiner wollte der Erste sein. Obwohl die Klippe nicht sehr hoch war, kam den beiden Jungen jedes Mal, wenn sie hinunterspähten, die Entfernung zum Wasser noch größer vor. Ihr Mut schwand zusehends.

Schließlich setzte einer der Brüder einen Fuß an den Rand der Klippe und machte entschlossen eine Bewegung nach vorn. Da flüsterte sein Bruder: „Vielleicht warten wir bis zum nächsten Sommer.“

Doch der andere ließ sich nicht mehr bremsen. „Bruder“, antwortete er, „ich bin fest entschlossen!“

Schon tauchte er ins Wasser ein und kam mit einem triumphierenden Schrei wieder an die Oberfläche. Sein Bruder sprang sofort hinterher. Am Ende mussten beide über das lachen, was der eine vor seinem Sprung gesagt hatte: „Bruder, ich bin fest entschlossen.“

Sich selbst zu verpflichten ist ein wenig wie ein Sprung ins Wasser. Entweder man verpflichtet sich oder man verpflichtet sich nicht. Entweder bewegt man sich vorwärts oder man steht still. Es gibt nichts dazwischen. Wir alle stehen manchmal vor einer Entscheidung, die sich auf unser ganzes weiteres Leben auswirken wird. Als Mitglieder der Kirche müssen wir uns fragen: „Tauche ich ein, oder bleibe ich am Rand stehen? Mache ich den Schritt nach vorn, oder prüfe ich nur mit den Zehen die Wassertemperatur?“

Manche Sünden bestehen darin, dass man etwas Falsches tut, andere bestehen darin, dass man gar nichts tut. Wenn man sich dem Evangelium nur halbherzig verpflichtet, kann dies zu Enttäuschung, Unzufriedenheit und Schuldgefühlen führen. Auf uns sollte dies aber nicht zutreffen, denn wir sind ein Bundesvolk. Wir schließen Bündnisse mit dem Herrn, wenn wir uns taufen lassen und wenn wir ins Haus des Herrn gehen. Ein Mann schließt einen Bund mit Gott, wenn er zum Priestertum ordiniert wird. Nichts kann wichtiger sein, als ein Versprechen einzuhalten, das wir dem Herrn gegeben haben. Rufen wir uns ins Gedächtnis, was Rahel und Lea im Alten Testament zu Jakob sagten. Ihre einfache, direkte Antwort zeigte ihre Entschlossenheit: „Nun also, tu jetzt alles, was Gott dir gesagt hat.“ (Genesis 31:16.)

Wer sich nur „ein bisschen“ verpflichtet, kann davon ausgehen, dass er nur „ein bisschen“ von den Segnungen empfängt, wie ein Zeugnis, Freude und Frieden. Die Schleusen des Himmels öffnen sich für ihn nur „ein bisschen“. Wäre es nicht töricht zu denken: „Ich setze mich jetzt zu fünfzig Prozent ein, wenn aber Christus beim Zweiten Kommen erscheint, gebe ich hundert Prozent“?

Zu den Früchten unserer Bekehrung gehört, dass wir uns treu an unsere Bündnisse mit dem Herrn halten. Wenn wir dem Erlöser und seiner Kirche treu sind, festigt sich unser Charakter und unser Geist wird stark. Dann wird Christus, wenn wir ihm begegnen, uns in die Arme schließen und sagen: „Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener.“ (Matthäus 25:21.)

Es gibt einen Unterschied zwischen der Absicht und der Tat. Wer nur vorhat, sich dem Herrn gänzlich zu verpflichten, findet vielleicht an jeder Ecke eine Ausrede. Die sich ihm wirklich verpflichten, fassen ihre Herausforderungen klar ins Auge und sagen sich: „Ja, das wäre ein triftiger Grund, es aufzuschieben, aber ich habe Bündnisse geschlossen. Deshalb halte ich mich an das, was ich versprochen habe.“ Sie erforschen die heiligen Schriften und trachten ernsthaft nach Führung vom Vater im Himmel. Sie nehmen Berufungen an und machen sie groß. Sie besuchen die Versammlungen. Sie erfüllen ihren Auftrag als Heimlehrer oder Besuchslehrerin.

Ein Sprichwort besagt: „Versprechen sind wie der Vollmond. Löst man sie nicht sofort ein, nimmt ihre Kraft von Tag zu Tag ab.“ Als Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage haben wir uns verpflichtet, den Weg eines Jüngers zu gehen. Wir haben uns verpflichtet, dem Beispiel unseres Erlösers nachzueifern. Stellen Sie sich vor, wie die Welt gesegnet und zum Guten verändert werden würde, wenn alle Mitglieder der Kirche des Herrn ihr ganzes Potenzial entfalteten – wenn sie in der Tiefe ihrer Seele bekehrt wären und sich dem Aufbau des Reiches Gottes verschrieben hätten.

Auf die eine oder andere Weise steht jeder von uns vor einer Entscheidung und blickt auf das Wasser. Ich bete darum, dass wir Glauben haben, nach vorn gehen, uns mutig unseren Ängsten und Zweifeln stellen und uns sagen: „Ich bin fest entschlossen!“

Illustration von bjorn thorkelson

Illustration von Steve Kropp